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Bindungsenergie

Definition: die nötige Menge von Energie, um ein Molekül oder eine bestimmte Substanzmenge in einzelne Atome zu zerlegen

Allgemeiner Begriff: Energie

Englisch: binding energy

Kategorien: Grundbegriffe, physikalische Grundlagen

Autor:

Wie man zitiert; zusätzliche Literatur vorschlagen

Ursprüngliche Erstellung: 19.06.2020; letzte Änderung: 20.08.2023

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Die Bindungsenergie ist eine wichtige Größe in der Chemie, aber auch in der Atomphysik, Kernphysik und in anderen Bereichen – wobei das Grundkonzept dasselbe ist, aber unterschiedliche Details zu berücksichtigen sind und unterschiedliche Maßeinheiten verwendet werden.

Bindungsenergien in der Chemie

Bezogen auf ein einzelnes Molekül ist sie die Menge von Energie, die nötig ist, um ein Molekül oder eine bestimmte Substanzmenge in einzelne Atome zu zerlegen. Üblicherweise betrachtet man sie in der Chemie als negativ: Die Energie des Moleküls wird als negativ betrachtet im Vergleich zur Energie der einzelnen Bestandteile, weil man von diesem Molekül ausgehend erst noch Energie aufwenden müsste, um die Bestandteile separat zu erhalten. (Diesem Referenzzustand schreibt man die Energie 0 zu.) Es ist ggf. noch zu berücksichtigen, ob man ein einzelnes isoliertes Molekül betrachtet oder ein Molekül z. B. in der flüssigen oder festen Phase; davon können die erhaltenen Energiebeträge wesentlich abhängen.

Häufig werden Bindungsenergien nicht pro Molekül, sondern bezogen auf eine bestimmte Substanzmenge angegeben – beispielsweise pro Mol (ca. 6,022 · 1023 Moleküle) oder pro Kilogramm. Beispielsweise ist die Bildungsenergie von gasförmigem Kohlendioxid (CO2) (mit einzelnen Molekülen, die nicht nennenswert miteinander wechselwirken) ca. −393,5 kJ/mol. Da ein Mol CO2 ca. 44 g entspricht, kommt man auf −393,5 kJ/mol / 0,044 kg/mol = −8943 kJ/kg. Für in Wasser gelöstes Kohlendioxid ist der Betrag wesentlich höher: ca. −700 kJ/mol, weil die Moleküle wesentlich an das Wasser gebunden werden.

Wenn Bindungsenergien für einzelne Moleküle angegeben werden, verwendet man üblicherweise Einheiten von Elektronenvolt (eV), um handhabbare Zahlenwerte zu bekommen. Im Falle des gasförmigen Kohlendioxids (siehe oben) erhält man −393,5 kJ/mol / (6,022 · 1023 / mol) = −6,53 · 10−23 J = −4,06 eV.

Für chemische Reaktionen lassen sich Reaktionsenthalpien aus der Differenz der Bindungsenergien der Ausgangsstoffe und Endprodukte berechnen. Eine wesentliche Bedeutung hat hier das Grundprinzip der Energieerhaltung.

Bindungsenergien bei Adsorption

In manchen Fällen wird ein Stoff nicht chemisch gebunden, sondern nur physikalisch angelagert, wobei die Moleküle intakt bleiben. Beispielsweise lässt sich Wasserstoff in Metallhydridspeichern einlagern, wobei eine gewisse Bindungsenergie als Wärme frei wird. Beim Ausspeichern (Entnehmen) des Wasserstoffs muss man dann die entsprechende Menge von Wärme wieder einbringen.

Praktisch zu bevorzugen sind Speicher mit einer Bindungsenergie, die einerseits nicht zu hoch ist (wegen der Energieeffizienz), andererseits aber auch nicht allzu niedrig, da sonst ein allzu leichtes Entweichen des Wasserstoffs möglich wäre.

Bindungsenergien in der Atomphysik

In der Atomphysik kommt die Bindungsenergie ebenfalls vor, aber in diesem Fall geht es um die Bindung einzelner Elektronen an ein Atom und nicht um die Trennung verschiedener Atome. Üblicherweise betrachtet man die Bindungsenergie eines einzelnen Elektrons in Einheiten von Elektronenvolt, und man nimmt diese Werte häufig als positiv. Gebräuchlich ist auch der gleichbedeutende Begriff Ionisierungsenergie, da das Entfernen eines Elektrons aus einem Atom als Ionisierung bezeichnet wird. Die auftretenden Energiebeträge liegen wie in der Chemie typischerweise bei einigen Elektronenvolt.

Wieder kommt es darauf an, ob man ein isoliertes Atom betrachtet oder aber ein Atom beispielsweise in einem Festkörper. In diesem Fall bezeichnet man die zur Entfernung eines Elektrons nötige Energie auch als Austrittsarbeit, und diese kann deutlich geringer sein als die Bindungsenergie eines isolierten Atoms.

Bindungsenergien in der Kernphysik

In der Kernphysik betrachtet man die Energiemengen, die nötig sind, um einen Atomkern in einzelne Nukleonen (Kernbestandteile, d. h. Protonen und Neutronen) zu zerlegen. Hier kommt man normalerweise auf viel höhere Beträge als bei Elektronen im Atom. Verursacht wird die hier relevante Bindung durch die sogenannte starke Kraft, die eine starke Bindung trotz der abstoßenden elektrischen Kraft zwischen den Protonen ermöglicht. Bei schweren Kernen wird die Bindungsenergie durch den Einfluss der elektrischen Abstoßung betragsmäßig aber erheblich reduziert.

Beispielsweise ist die Bindungsenergie des Helium-4-Kerns 28,3 MeV (Millionen Elektronenvolt). Diese Energie würde frei, wenn ein solcher Kern aus zwei Protonen und zwei Neutronen entstehen würde. Diese direkte Bildung ist zwar praktisch kaum möglich; etwa in Sternen oder in Fusionsreaktoren bildet sich Helium durch kompliziertere Prozesse der Kernfusion. Der Wert ist trotzdem von großer theoretischer Bedeutung.

Da die Bindungsenergie pro Nukleon bei mittelschweren Atomkernen (in der Gegend von Eisen) am höchsten ist, kann einerseits viel Energie freigesetzt werden, wenn mittelschwere Kerne durch Kernfusion aus leichteren Kernen entstehen, andererseits aber auch, wenn sehr schwere Kerne (z. B. von Uran oder Plutonium) gespalten werden (→ Kernspaltung).

Bindungsenergien bei Gravitation

Bindungsenergien treten auch auf, wenn Körper durch Gravitation aneinander gebunden werden. Beispielsweise lässt sich für die Erde eine gravitative Bindungsenergie von ca. 2,5 · 1032 J abschätzen; diese Energiemenge wäre nötig, um die Bestandteile der Erde gegen ihre gravitative Anziehung voneinander zu trennen. Solche Bindungsenergien können als der Faktor betrachtet werden, der Himmelskörper zusammenhält. Energiebeträge dieser Größenordnung werden frei, wenn z. B. ein Stern aus einer dünnen Gaswolke gebildet wird, oder wenn bei der Explosion eines Sterns ein Neutronenstern entsteht.

Siehe auch: Energie, chemische Energie

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