RP-Energie-Lexikon
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Klimahysterie

Definition: ein politisches Schlagwort zur Bekämpfung einer angeblich übertriebenen Reaktion auf Klimagefahren

Gegenbegriff: Klimawandelleugnung

Englisch: climate hysteria

Kategorien: Energiepolitik, Ökologie und Umwelttechnik

Autor:

Wie man zitiert; zusätzliche Literatur vorschlagen

Ursprüngliche Erstellung: 18.02.2020; letzte Änderung: 28.10.2023

URL: https://www.energie-lexikon.info/klimahysterie.html

Die Resultate der Klimawissenschaft, wie sie u. a. vom Weltklimarat (IPCC) dargestellt werden, stützen immer detaillierter die Befürchtung, dass sich die in ihren Anfängen bereits beobachteten Klimaveränderungen in verschiedenen Regionen der Erde im Laufe der nächsten Jahrzehnte massiv verschärfen werden, falls dies nicht durch entschlossene Klimaschutzmaßnahmen verhindert wird. Nachdem für mehrere Jahrzehnte, nachdem diese Klimagefahren konkret einer breiten Öffentlichkeit und der Politik bekannt wurden, weltweit noch kaum Klimaschutz praktiziert wird und die jährlichen klimaschädlichen Emissionen sogar noch deutlich ansteigen, wird ein Szenario mit hohen CO2-Konzentrationen von z. B. 500 ppm oder noch wesentlich mehr zunehmend wahrscheinlich. Für diesen Fall prognostiziert die Wissenschaft auf der Basis ausgefeilter Klimamodelle massive Änderungen des Klimas, die vielerorts dramatische Folgen haben dürften – beispielsweise einen erheblichen Anstieg des Meeresspiegels und damit die Zerstörung vieler Küstenstädte, die Zunahme extremer Niederschläge wie auch Dürren mit entsprechenden Auswirkungen u. a. auf die Landwirtschaft, das Aussterben vieler Tier- und Pflanzenarten bzw. allgemeiner die massive Störung vieler Ökosysteme, von denen die Menschheit mehr oder weniger abhängig ist. Auch mit dem Zusammenbruch gesamter Gesellschaften und der Entstehung riesiger Migrationsbewegungen ist zu rechnen.

Soweit solche Prognosen als realistisch akzeptiert werden, erscheint auch das Wort "Klimakatastrophe" (nicht nur Klimakrise) keineswegs als übertrieben – auch wenn die genannten Veränderungen nicht schlagartig, sondern im Laufe etlicher Jahre eintreten. Daraus leiten viele die Forderung ab, dass nun ganz entschiedene Klimaschutzmaßnahmen dringend notwendig sind – insbesondere rasche Schritte hin zu einer Dekarbonisierung der Energieversorgung durch entsprechende Maßnahmen der Energiepolitik. Auch deutliche Wohlstandsverluste – verglichen mit einer Zukunft ohne Klimaschutz und trotzdem (hypothetisch) ohne wesentliche Klimaschäden – erscheinen vielen als ein angemessener Preis für die Abwendung katastrophaler Schäden.

Dagegen wenden hauptsächlich "rechte" politische Kreise ein, es handle sich in Wirklichkeit um eine Klimahysterie – also um eine hysterische (übertrieben emotionale) Reaktion auf die Klimagefahren, die in Wirklichkeit entweder gar nicht existierten oder nur in sehr viel milderem Ausmaß. In eher seltenen Fällen wird dies mit Sachargumenten untermauert, die allerdings regelmäßig in scharfem Kontrast zu den Erkenntnissen der Klimawissenschaft stehen; nur eine sehr kleine Minderheit von Klimawissenschaftlern unterstützt solche Einschätzungen. In den meisten Fällen wird aber eine angebliche Klimahysterie gar nicht mit faktenbasierten Argumenten unterstützt, sondern einfach als eine Meinung präsentiert oder mit nicht weiter erläuterten Verweisen auf den "gesunden Menschenverstand". Gleichzeitig wird ignoriert oder achselzuckend hingenommen, dass ohne entschiedenen Klimaschutz das globale CO2-Budget, welches beispielsweise für die Einhaltung des 2-Grad-Ziels unabdingbar wäre, bei weitem überschritten werden wird. In diesem Fall wären katastrophale Wirkungen nach dem vorhandenem Wissen nicht nur möglich, sondern garantiert.

In diesem Zusammenhang wird oft auch die Klimawissenschaft als Ganzes in Frage gestellt, oder es wird auch allgemein der Anspruch der Wissenschaft, Wissen mit besonders hoher Zuverlässigkeit zu erzeugen, zurückgewiesen. Insbesondere wird der Vorwurf der Klimahysterie als politisches Schlagwort zur Abwehr von Forderungen nach mehr Klimaschutz eingesetzt. (Dieses Muster kann im mittlerweile erreichten "postfaktischen Zeitalter" auch in anderen Bereichen oft beobachtet werden.) Dies verdeutlicht, dass es den Vertretern dieser Behauptung offenbar weniger um die eine angeblich notwendige bessere Wahrheitsfindung geht, sondern um die Abwehr von Forderungen, durch die sie ihren Wohlstand gefährdet sehen. Tatkräftige Unterstützung erhalten diese Vertreter von mächtigen Interessenvertretern, die häufig von der Ausbeutung von Vorkommen fossiler Energieträger abhängig sind. Wohl als Gegengewicht hierzu werden Verschwörungstheorien präsentiert – etwa dahingehend, dass Tausende von Klimawissenschaftlern aus aller Welt sich darauf geeinigt hätten, wohl koordiniert Lügen zu verbreiten. Den milliardenschweren Interessen der Kohle-, Öl- und Gasindustrie steht nach dieser Sichtweise das Interesse von Wissenschaftlern an mehr Forschungsgeldern gegenüber.

Das Wort "Klimahysterie" wurde zum "Unwort des Jahres 2019" gewählt. Ähnlich wie auch bei früheren Wahlentscheidungen für solche "Unwörter" hat sich die Jury davon leiten lassen, dass die präsentierte Grundbehauptung, ein globaler Klimawandel finde nicht statt oder jedenfalls nicht mit wesentlichen Folgen, angesichts genügend verdichteter wissenschaftlicher Erkenntnisse längst nicht mehr haltbar ist. Es geht also um Diffamierung, nicht um eine Argumentation. Zudem dürfte für die Wahl entscheidend gewesen sein, dass das Schlagwort ziemlich offenkundig von Interessen geleitet wird und auch eine erhebliche politische Wirkung hat. Erwartungsgemäß ist die Wahl in entsprechenden Kreisen auf entschiedene Ablehnung gestoßen.

Auch der Vorwurf des Klima-Alarmismus wird oft erhoben – mit den etwa demselben zugrunde liegenden Denkmuster und derselben Kritik. Alarmismus läge vor, wenn übertriebene Warnungen ohne sachliche Grundlage verbreitet würden. Im vorliegenden Fall ist es aber umgekehrt: Nicht die Warnungen, sondern Vorwürfe wie der des Klima-Alarmismus sind unbegründet und im Lichte der wissenschaftlich abgesicherten Fakten unhaltbar. Wohl deswegen wird meist auch auf den Versuch verzichtet, die vorliegende Evidenz zu widerlegen; stattdessen wird die entsprechende Haltung ohne Begründung als eine Meinung dargestellt, die genauso berechtigt sei wie andere auch.

Siehe auch: Klimagefahren, Klimaschutz, CO2-Budget

Fragen und Kommentare von Lesern

26.05.2021

Eine völlig realitätsfremde einseitige Betrachtung des Problems. Allein der Hinweis, dass "Klimaskeptiker" politisch rechts sein müssen, spricht für die mangelnde Qualifikation. Es gibt zahlreiche Wissenschaftler, die haarklein mit Argumenten nachweisen können, dass es keinen maßgeblichen physikalischen Zusammenhang der CO2-Konzentration zur Klimaentwicklung gibt. Ab ca. 350 ppm ist die Absorption des ohnehin kleinen Spectrums bei fast 100 %, und eine Strahlung zu 200 % absorbieren, wäre Nobelpreis-verdächtig.

Studieren sie ruhig mal die Eike Seite. Physik ist keine Volksabstimmung und läßt sich auch mit Massenpropaganda nicht ändern.

Antwort vom Autor:

Zunächst einmal ist es empirisch sehr klar, dass die Leugnung des Klimaproblems bei rechten und rechtsextremen Gruppen weitaus stärker verbreitet ist als bei der Linken oder auch der politischen Mitte. Ich muss hierfür wohl nicht aufzählen, welche politischen Parteien diese Propaganda betreiben und welche nicht.

Ihre pseudowissenschaftliche Argumentation ist vollkommen haltlos. Offenbar verstehen Sie von Physik und vor allem von der Klimawissenschaft nicht viel. Außerdem wissen Sie entweder nicht, dass die erdrückende Mehrheit der Klimawissenschaftler (und auch der Wissenschaftler aller Fachgebiete) solche Argumentationen vollkommen ablehnt, oder aber Sie hängen einer irren Verschwörungstheorie an, um dies zu erklären; eine andere Möglichkeit sehe ich nicht.

Mal sehen, wie lange es Eike und Co. noch schaffen, immerhin eine gewisse Schar von Gläubigen bei der Stange zu halten. Es wird ja von Jahr zu Jahr schwerer angesichts der erdrückenden Fülle von Fakten und der sich verbreitenden Einsichten darüber.

23.09.2023

Ich habe gehört, dass Abschätzungen der Wissenschaftler zum Thema "Klimaschutz" vornehmlich auf Rechenmodellen basieren. Ist dies so korrekt?

Antwort vom Autor:

Richtig ist, dass Rechenmodelle eine große Rolle bei dieser Arbeit spielen. Totaler Blödsinn ist dagegen, dass manche daraus schließen, das sei ja alles nicht real. Wenn jemand beurteilen kann, inwieweit die Resultate von Computersimulationen ernst genommen werden können, dann sind das Wissenschaftler, die sich tagtäglich damit beschäftigen. Selbstverständlich sind solche Fragen auch regelmäßig Gegenstand wissenschaftlicher Debatten und Publikationen.

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