RP-Energie-Lexikon
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Niedertemperaturheizkessel

Definition: ein Heizkessel, der auch für den Betrieb mit niedrigen Vorlauftemperaturen geeignet ist

Alternativer Begriff: Niedertemperaturkessel

Allgemeiner Begriff: Heizkessel

Englisch: low-temperature boiler

Kategorien: Haustechnik, Wärme und Kälte

Autor:

Wie man zitiert; zusätzliche Literatur vorschlagen

Ursprüngliche Erstellung: 02.05.2010; letzte Änderung: 27.08.2023

URL: https://www.energie-lexikon.info/niedertemperaturheizkessel.html

Ein Niedertemperaturheizkessel (oder Niedertemperaturkessel) ist ein Heizkessel, der durch Verwendung geeigneter Materialien (z. B. Edelstahl statt Gusseisen) auch für den Betrieb mit niedrigen Vorlauftemperaturen geeignet ist. Dies gilt heute für fast jeden Heizkessel, war aber früher (vor den 1980er Jahren) nicht der Fall. Damals wurden in Heizkesseln Materialien wie Gusseisen verwendet, die bei zu niedrigen Betriebstemperaturen korrodieren konnten. Vor allem der Schwefelgehalt von Heizöl führt dann nämlich zur Bildung saurer und chemisch recht aggressiver Kondensate. Deswegen wurde der Kessel mit einer etwa Temperatur von z. B. 70 °C betrieben (unabhängig von Außentemperatur und Heizwärmebedarf), und eine niedrigere Vorlauftemperatur wurde ggf. durch einen Mischer erzielt, der das heiße Kesselwasser geeignet mit dem kälteren Rücklaufwasser der Zentralheizungsanlage mischte. Ebenfalls wurde teilweise eine Rücklaufanhebung vorgenommen: Die Rücklauftemperatur für den Heizkessel wurde durch Beimischen von Vorlaufwasser angehoben. Die Bereitschaftsverluste solcher Konstanttemperaturheizkessel waren oft sehr hoch.

Bei Einführung von Niedertemperaturkesseln wurden der Mischer und die Rücklaufanhebung völlig unnötig; ein Niedertemperaturheizkessel kann direkt mit der jeweils gewünschten Vorlauftemperatur betrieben werden, und auch niedrige Rücklauftemperaturen schaden ihm nicht. Dies reduziert nicht nur die Komplexität der Anlage, sondern auch die Wärmeverluste durch Abstrahlung und Kaminzug und somit den Brennstoffverbrauch. Allerdings liegt die Abgastemperatur doch noch relativ hoch – unter Umständen bis zu 200 °C. Allzu niedrige Abgastemperaturen könnten oft auch zu Problemen beim Betrieb an einem konventionellen (nicht feuchtebeständigen) Schornstein führen. Bei alten Schornsteinen ist unter Umständen eine Querschnittsverminderung nötig, um eine Durchfeuchtung beim Betrieb mit einem Niedertemperaturkessel zu vermeiden.

Heizkessel mit Niedertemperaturtechnik werden teils immer noch als besonders energieeffizient beworben, obwohl diese Technik schon recht alt ist (seit 1980er Jahren verwendet wird) und nicht annähernd die Energieeffizienz von modernen Brennwertkesseln erreicht. Jedenfalls für Erdgas und Heizöl sind Brennwertkessel Stand der Technik. Sie arbeiten nicht nur mit einer niedrigen Kesseltemperatur, sondern auch mit sehr niedrigen Abgastemperaturen, und sie können die Kondensationswärme des Wasserdampfs im Abgas nutzen. Allerdings muss hierfür in aller Regel der Schornstein mit einer Abgasleitung versehen werden, so dass ein konventioneller Niedertemperaturkessel oft billiger zu installieren ist (zumindest wenn keine Querschnittsverminderung am Schornstein notwendig ist). Für neue Gebäude wird allerdings eine Lösung mit Brennwertkessel meist wesentlich günstiger sein, da eine Abgasleitung wesentlich billiger ist als ein konventioneller Schornstein, beim Abgassystem also hohe Kosten eingespart werden können.

Siehe auch: Heizkessel, Brennwertkessel, Zentralheizung, Vorlauftemperatur, Niedertemperaturheizung, Konstanttemperaturheizkessel

Fragen und Kommentare von Lesern

25.09.2016

Der Artikel fasst die Historie der Kessel sehr anschaulich zusammen und macht sie für Monteure verständlich, die nach den 80ern in den Beruf eingestiegen sind. Danke!

10.11.2016

Immer wieder werden Öl-Brennwertkessel propagiert. Das Brennwertverfahren ist bei Öl so gut wie wirkungslos, weil der Wasserdampfgehalt der Abluft zu niedrig ist. Es gilt einzig das Argument, dass es praktisch keine modernen Heizkessel ohne Brennwerttechnik mehr gibt.

Antwort vom Autor:

Es ist zwar bei Heizöl im Vergleich zu Erdgas schwieriger, eine weitgehende Kondensation zu erreichen und so den Brennwert wirkungsvoll zu nutzen. Jedoch funktioniert es zumindest mit einem Luft-Abgas-System doch einigermaßen. Außerdem ist im Vergleich zum Niedertemperaturkessel auch die Abgastemperatur niedriger, also auch der Verlust fühlbarer Wärme erheblich geringer. Insgesamt sollten so einige Prozent Heizöl eingespart werden können.

08.04.2017

Guter, anschaulicher Artikel. Aber was geht bei Einrohrheizung?

Antwort vom Autor:

Für Einrohrheizungen gilt im Prinzip nichts anderes als für andere Zentralheizungen, außer dass sie höhere Vorlauftemperaturen benötigen. Von daher mag der Ersatz durch einen modernen Brennwertkessels hier tendenziell etwas weniger attraktiv sein. Allerdings ist die etwas höhere Vorlauftemperatur zumindest bei Verwendung eines Luft-Abgas-Systems kein so großes Problem.

01.03.2018

Gibt es einen Tipp, wie man bei "exotischen" Bestandsheizkesseln zuverlässig erkennen kann, ob es ein Niedertemperaturkessel ist (wegen der Austauschpflicht)?

Antwort vom Autor:

Am Kessel selbst mag das nicht unbedingt einfach erkennbar sein. Jedoch gehört dazu meist die passende Steuerung, die die Kesseltemperatur je nach benötigter Vorlauftemperatur variiert (beim Niedertemperaturkessel) oder eben konstant hält (beim Konstanttemperaturkessel). Bei mildem Wetter erkennt man also schon mit einem Blick auf die Kesseltemperatur, was da los ist. Außerdem sollte man im Falle eines Konstanttemperaturkessels den Mischer finden, mit dem die Vorlauftemperatur herabgesetzt wird.

Im Zweifelsfall sollte jedenfalls ein Heizungsbauer keine Schwierigkeit haben, diese Frage zu beantworten.

24.10.2019

Wir betreiben eine Umluftheizung Baujahr 1988 (also ein Ölbrenner, der auf einem Schrag-Wärmegebläse steht), die die erwärmte Luft durch Rohre und Schächte in die Räume bringt. Kann man diese Wärmetechnik auch als Niedertemperatur bezeichnen?

Insbesondere nach dem gerade diskutierten GEG-Gesetz-Entwurf ist das nicht unerheblich, weil das Verbot nach 30 Jahre von Konstanttemperaturkesseln spricht und die Lösung Niedertemperatur sein könnte … was wir ja haben, wenn auch alt.

Antwort vom Autor:

Selbst wenn Sie einen Niedertemperaturkessel hätten, wäre das sicherlich so ein Uralt-Modell, das als Argument hier nicht taugt. Ich weiß aber noch nicht, was genau die GEG-Regeln sein werden. Es sieht so aus, als würden große Schlupflöcher eingebaut. Andererseits sollte es auch in Ihrem eigenen Interesse sein, irgendwann einmal von einer sicherlich ziemlich ineffizienten und vermutlich auch nicht sehr komfortablen Heizung loszukommen.

12.05.2020

Soll ich bei meiner Einrohrheizung mit Konstanttemperaturkessel lieber noch einen Niedertemperaturkessel einbauen lassen anstatt eines Brennwertkessels?

Antwort vom Autor:

Nein, auch bei einer Einrohrheizung würde ich nicht auf die völlig veraltete Technik der Niedertemperaturkessel setzen. Zwar wird vermutlich die Rücklauftemperatur relativ hoch sein, was für einen Brennwertkessel ungünstig ist. Trotzdem ist zumindest bei Verwendung eines Luft-Abgas-Systems eine einigermaßen effiziente Brennwertnutzung noch möglich. Ohnehin wird diese Lösung nicht unbedingt wesentlich teurer sein, außer wenn die Umgestaltung des Abgassystems aufwendig ist.

Vielleicht lässt sich ja auch bei einer energetischen Sanierung des Gebäudes die Rücklauftemperatur so absenken, dass auch dieses Problem noch reduziert wird.

Jedenfalls sehe ich für die Kombination von unsaniertem Gebäude (mit hohem Wärmebedarf), Einrohrheizung und Niedertemperaturkessel keine Zukunft. Allenfalls noch für eine kurze Übergangszeit halte ich so etwas für akzeptabel.

20.04.2023

Gilt meine Heizung als Niedertemperaturheizung im Sinne GEG §72, wenn die Kesseltemperatur nur mittels Einsteller vorgegeben werden kann (und dann über einen simplen Thermostatkontakt an- und abgeschaltet wird und so die eingestellte Temperatur im Kessel bei z. B. 55°C hält - mit fester Hysterese), aber keine regeltechnische Abhängigkeit zum Wärmebedarf besteht? Einen Außentemperaturfühler gibt es zwar, aber eine Änderung dort hat ja keinen Einfluß auf die Kesseltemperatur, sondern nur auf den Mischer, der die Vorlauftemperatur anpaßt.

Wenn Nein, könnte ich dann evtl. einem Betriebsverbot wegen Übersteigen der Betriebszeit von 30 Jahren entgehen, indem ich nachträglich eine entsprechenden Regelung einbaue, die die Abhängigkeit der Kesseltemperatur vom Wärmebedarf gewährleistet?

Antwort vom Autor:

Das ist keine Niedertemperaturheizung. Die angedachte Umrüstung könnte zur Versottung des Kessels führen.

Nach über 30 Jahren dürfte ein Weiterbetrieb in den seltensten Fällen sinnvoll sein – Gesetz hin oder her.

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