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Schiefergas

Definition: Erdgas, welches in Tonsteinen gespeichert ist und nur mit unkonventionellen Methoden gefördert werden kann

Allgemeinere Begriffe: Brenngas, fossiler Energieträger

Englisch: shale gas

Kategorie: Energieträger

Autor:

Wie man zitiert; zusätzliche Literatur vorschlagen

Ursprüngliche Erstellung: 21.11.2012; letzte Änderung: 20.08.2023

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Das mit konventionellen Methoden geförderte Erdgas findet sich in Hohlräumen (Taschen) unter gasdichten Erdschichten. Durch Bohren in eine solche Tasche kann es relativ einfach gefördert werden. Dagegen ist Schiefergas (engl. shale gas) in Tonsteinen mit geringer Gasdurchlässigkeit nach seiner Bildung eingeschlossen worden. Wenn eine solche Schicht nur angebohrt wird, tritt kaum Gas aus. Eine Förderung dieses Erdgases ist deswegen nur mit "unkonventionellen" Fördermethoden möglich, die entsprechend aufwendiger sind. Ein wichtiger Teil solcher Förderverfahren ist das Fracking (siehe unten).

Die Bezeichnung Schiefergas ist insofern unglücklich, dass solche Tonsteine, die durch Hitzeentwicklung zu Schiefern geworden sind, das Gas bei diesem Prozess verloren haben. Das Schiefergas wird also gerade in solchen Tonsteinen gefunden, die nicht geschiefert wurden. Trotzdem ist der Begriff auch von der Fachwelt so gebildet worden, da der Begriff Schiefer früher weiter gefasst wurde. Auch im Englischen spricht man von shale gas.

Die relevanten Gesteine enthalten relativ viel organisches Material, welches durch Mikroben unter anaeroben Bedingungen (Sauerstoffmangel) teilweise zu Methan abgebaut wurde. Dieses Methan wurde dann im Gestein eingeschlossen. Es ist der Hauptbestandteil des Schiefergases wie auch sonst des Erdgases. Auch Erdöl ist in solchen Gesteinen enthalten, und es ist ebenfalls nur mit relativ aufwendigen Methoden förderbar.

Ähnlich dem Schiefergas ist das Grubengas in den Poren eines Kohleflözes (Kohleflözgas) sowie das Tight Gas aus Gesteinen mit einer ebenfalls geringen, aber im Vergleich zu den Schiefertonen etwas höheren Gasdurchlässigkeit.

Förderung von Schiefergas mit Fracking

Die Förderung von Schiefergas ist nur mit "unkonventionellen" Fördermethoden unter Verwendung von Fracking möglich, die entsprechend aufwendiger sind als die konventionelle Gasförderung.

Zunächst werden die gashaltigen Tongesteine angebohrt, und zwar wird zunächst wenige Kilometer nach unten gebohrt und dann horizontal z. B. einige hundert Meter oder auch mehr als einen Kilometer weit (durch Richtbohren). Häufig werden von einem Bohrplatz aus horizontal in verschiedene Richtung laufende Bohrungen durchgeführt, um den Bohrplatz mit allen dort gemachten Einrichtungen effizienter zu nutzen. Die vertikale Bohrung muss in den oberen Schichten, wo sie das Grundwasser durchstößt, sorgfältig abgedichtet werden.

Innerhalb der Schiefer-Region (z. B. auf einer Länge von mehreren hundert Metern) wird dann die Rohrleitung mit Hilfe kleiner Sprengladungen perforiert, und anschließend wird eine große Menge der Fracking-Flüssigkeit unter hohem Druck zugeführt. Hierbei erfolgt die hydraulische Rissbildung. Im Detail sind die Verfahren kompliziert; beispielsweise wird anfangs eine recht viskose Fracking-Flüssigkeit mit Stützmittel (Sand) verwendet, während später mit gering viskoser Flüssigkeit gespült wird. Diverse chemische Zusätze wirken gegen unerwünschte mikrobielle Aktivitäten, Korrosion von Leitungen etc.

Nach der Druckbehandlung (Stimulierung) wird ein wesentlicher Teil der Flüssigkeit über die Bohrung wieder entnommen. Das entstehende Abwasser enthält einerseits die Chemikalien und andererseits Stoffe, die aus dem Boden gelöst wurden – insbesondere diverse Mineralien, u. U. einschließlich radioaktiver Stoffe wie Radium und Uran. Seine Entsorgung ist oft problematisch, sofern es nicht wieder in tiefe Schichten verpresst werden kann.

Während der Förderung wird dem Bohrloch das Erdgas entnommen, das allerdings auch mit Resten der Frac-Flüssigkeit und von Formationswasser (Wasser aus den Gesteinen) vermischt ist. Mit entsprechenden Einrichtungen müssen diese Stoffe voneinander getrennt werden. Giftige Abwässer werden teils in Abwasserteichen temporär gelagert, dann oft mit vielen Lkw-Fahrten zu geeigneten Anlagen zwecks Entsorgung zugeführt.

Nach dem Fracking steigt die Erdgas-Förderrate schnell an, um dann kontinuierlich wieder abzusinken. Oft wird später erneut gefrackt (z. T. mehr als zehn mal), um die Förderrate und die gesamte Ausbeute an Gas nochmals zu erhöhen. Nach wenigen Jahren ist normalerweise keine Förderung mehr möglich. Insgesamt kann eine typische Bohrung eine Gasmenge von z. B. 50 Millionen m3 ergeben, was nur ca. einem halben Promille des jährlichen Erdgasverbrauchs von Deutschland entspricht. Zum Vergleich erfolgt die Ausbeutung großer konventioneller Erdgasfelder über einige Jahrzehnte, und ein einziges Gasfeld kann etliche tausend Milliarden m3 Gas abgeben, also z. T. über 100 000 mal mehr.

Die Förderung von Schiefergas birgt eine ganze Reihe von ökologischen Belastungen und Gefahren:

Vorbereitung der Gasförderung

Auf dem Förderplatz und in seiner Umgebung müssen mit schweren Lastwagen befahrbare Wege angelegt werden. Der Förderplatz selbst wird als eine meist mehrere tausend Quadratmeter große Freifläche angelegt. Dort werden große Mengen von Material gelagert: Die Bohrausrüstung, viele Lastwagen mit Wasser, Sand und all den Chemikalien, weitere Lastwagen mit Pumpen und für den Abtransport des Abwassers. Oft wird auch ein Abwasserteich für die vorübergehende Speicherung angelegt. Es ergeben sich tausende von Lkw-Fahrten mit entsprechenden CO2-Emissionen und einer Belastung für die Umgebung. Die vielen Bohrstellen, Frischwasser- und Abwasserteiche sowie Straßen, die in einigen Gegenden für die Gasförderung eingerichtet wurden, führten zu einem erheblichen Landschaftsverbrauch.

Stimulation durch Fracking

Die Fracking-Flüssigkeit wird in tiefe Schichten eingepresst, von denen sie normalerweise nicht in die Biosphäre gelangen kann. Jedoch kann es vorkommen, dass die Bohrung dort, wo sie eine Grundwasserschicht durchstößt, nicht dicht ist, so dass die giftige Flüssigkeit das Grundwasser verseucht. Angesichts der geringen Gasfördermengen pro Bohrung und der deswegen hohen Anzahl von Bohrungen genügt eine relativ kleine Versagenswahrscheinlichkeit der Abdichtungen, um eine nennenswerte kumulative Gefährdung des Grundwassers zu verursachen.

Ein erheblicher Teil der Fracking-Flüssigkeit wird durch die Bohrung wieder gefördert. Sie wird häufig zunächst lokal in einem Teich gespeichert. Soweit sie nicht wieder in tiefe Erdschichten verpresst werden kann, wird sie später in speziell hierfür vorgesehene Behandlungsanlagen gegeben. Nach der dort erfolgten Reinigung wird das Abwasser in natürliche Gewässer geleitet. Wegen der unvollständigen Reinigung können erhebliche Giftmengen im Abwasser verbleiben, und andererseits können auch problematische Reststoffe anfallen, die dann entsorgt werden müssen.

Giftige Substanzen wie z. B. flüchtige organische Stoffe (VOC) können aus dem Abwasser auch in die Luft gelangen, und zwar sowohl im Normalbetrieb als auch insbesondere bei Störfällen (Blow-outs). Aus Abwasserteichen kann es bei Undichtigkeiten in den Boden sickern.

Während der Stimulation oder kurz danach können Erdbeben auftreten. Im Normalfall sind diese freilich sehr schwach und können keine Schäden verursachen.

Austritt von Methan

Methan hat eine ca. 25 mal größere Klimaschädlichkeit als Kohlendioxid. Deswegen ist es sehr schädlich, wenn Methan in die Atmosphäre gelangt. Dies kann insbesondere direkt nach dem Fracking geschehen, wenn Gas zusammen mit Fracking-Flüssigkeit gefördert wird und in dieser Phase nicht sorgfältig abgetrennt und abgefackelt wird. Jedoch gibt es auch während des eigentlichen Gasförderbetriebs und sogar nach Beendigung der Förderung diverse Möglichkeiten für reguläre und unfallbedingte Methan-Austritte. In den USA gelangt dieses Gas bisher oft unverbrannt in die Atmosphäre. Gemäß der Umweltbehörde EPA stammen z. Zt. 40 % der gesamten Methanemissionen in den USA aus der Öl- und Gasförderung [5], wobei ein erheblicher Teil vom Schiefergas stammen dürfte.

Auch die Gefahr von Methan-Austritten durch Undichtigkeiten ist angesichts der vielen notwendigen Bohrstellen bei Schiefergas vermutlich wesentlich höher als bei der konventionellen Erdgasförderung. Es ist nicht nur an Blow-outs über das Bohrloch zu denken, sondern auch an Undichtigkeiten in geringer Tiefe, von denen das Gas durch Grundwasser und Boden nach oben kommen kann. In der Tat wurden in den USA an manchen Stellen dramatische Effekte beobachtet: Das gewonnene Trinkwasser enthielt dermaßen viel Gas, dass man dieses am laufenden Wasserhahn anzünden konnte. Allerdings scheint dies in manchen Fällen nicht als Folge von Fracking passiert sein, sondern aufgrund natürlicher Prozesse. Jedenfalls wurde aber bereits häufig ein erhöhter Gasgehalt von Trinkwasser im Umfeld von Fracking-Aktivitäten beobachtet. Grundsätzlich besteht dann immer auch die Sorge, dass zusätzlich zum Gas auch giftige Komponenten der Fracfluide ins Wasser gelangt sind.

Grundsätzlich birgt auch die konventionelle Förderung von Erdgas sowie dessen Transport die Gefahr von Methanemissionen; dieses Problem entsteht also nicht erst durch das Fracking. Jedoch steigert das Fracking diese Gefahren erheblich, da man mit einer Vielzahl kleiner Bohrungen zu tun hat, die nur kurzfristig genutzt werden, anstelle mit wenigen lange genutzten Bohrungen.

Es konnte in Studien gezeigt werden, dass bei Einsatz optimaler Technik die Methanemissionen zumindest im Normalbetrieb nicht allzu schwerwiegend sind. Jedoch wird vielfach (z. B. in den USA) veraltete Technik eingesetzt, mit der die Methanemissionen sehr erheblich oder sogar massiv sein können. Dies wird zudem bisher nur sehr unzureichend überwacht. Ebenso sind Unfälle möglich, die zu sehr hohen Emissionen führen können.

Clean Fracking

Es gibt Bemühungen, verbesserte Techniken für Fracking mit reduzierten Umweltbelastungen zu entwickeln (Clean Fracking):

  • Ein Ansatz ist die Entkeimung des Wassers durch UV-Bestrahlung, um den Einsatz von Bioziden zu vermeiden. Allerdings wirkt diese Methode nicht gegen Mikroben, die bereits im Boden sind.
  • Das rückgespülte Wasser soll in weiteren Bohrungen rezykliert werden. Im Idealfall würden alle Chemikalien am Ende in tiefen Erdschichten verbleiben.
  • Es gibt auch Versuche, die bisher genutzten Chemikalien durch harmlose oder wenigstens weniger schädliche Stoffe zu ersetzen. Angesichts der vielen Funktionen, die die Fracking-Flüssigkeit erfüllen muss (siehe oben), sind dem aber Grenzen gesetzt. Beispielsweise hat die Firma Exxon eine nur schwach wassergefährdende Fracking-Flüssigkeit vorgestellt, die nur zwei chemische Additive enthält, nämlich den Stabilisator Cholinchlorid (ein Alkohol) und den Reibungsminderer Butyldiglycol (sonst als Lösungsmittel verwendet). Dies dürfte jedoch nicht genügen, beispielsweise wenn schädliche Aktivitäten von Bakterien mit Bioziden bekämpft werden müssten oder wenn ein Korrosionsschutz erforderlich ist.
  • Eine konsequente Abfackelung nicht verwertbaren Gases und eine optimale Dichtigkeit der Anlagen könnten die Methan-Emissionen senken.
  • Möglichst viele Bohrungen von einem Bohrplatz aus und möglichst lange horizontale Bohrungen würden die Ausbeute erhöhen und damit die spezifischen Emissionen senken.

Nach dem jetzigen Stand des Wissens ist einerseits zu vermuten, dass die z. B. in den USA verursachten erheblichen Umweltschäden durch Fracking mit verbesserten Methoden wesentlich vermindert werden können. Andererseits erscheint eine weitestgehende Umweltfreundlichkeit solcher Verfahren zumindest sehr unsicher, bevor ein entsprechender Entwicklungs- und Forschungsaufwand betrieben wurde. Unter Fachleuten herrscht die Meinung vor, dass die Möglichkeit von umweltfreundlichen Fracking-Methoden zur Schiefergasgewinnung durchaus denkbar ist, aber ohne detaillierte Forschungsarbeiten nicht wirklich beurteilt werden kann.

Spezifische Umweltbelastung

Von Interesse muss in erster Linie die spezifische Umweltbelastung sein, d. h. die Belastung pro Kubikmeter nutzbaren Gases oder auch bezogen auf die nutzbaren Energiemengen. Hierfür kommt es offenkundig nicht nur auf die Umweltbelastung pro Bohrung oder Bohrplatz an, sondern auch auf die erzielte Ausbeute. Diese ist freilich recht unterschiedlich, nicht genau vorhersehbar und bei Schiefergas weitaus geringer als bei konventionellem Erdgas. Allerdings stammt die stärkste Klimabelastung trotzdem von der Verbrennung des Gases, was die Abhängigkeit der spezifischen Belastungen von der Ausbeute reduziert.

Gemäß einer Studie von der AEA [3] ist die spezifische Klimabelastung von Schiefergas zwar deutlich, aber nicht dramatisch höher als bei konventionell gewonnenem Erdgas, vorausgesetzt dass gute Technologie eingesetzt wird. Insbesondere die Klimabelastung stammt im Wesentlichen von der Verbrennung des Gases bei der Nutzung, außer wenn große Mengen von Methan bei der Förderung austreten und nicht abgefackelt werden. Wenn häufig Unfälle vorkommen, die in der AEA-Studie nicht berücksichtigt sind, können entsprechend höhere Belastungen resultieren. Unter den angenommenen Umständen (z. B. gute Technologie, keine wesentlichen Unfälle) ergeben sich für die Stromerzeugung aus Schiefergas ca. 400 bis 450 g CO2-Äquivalente pro Kilowattstunde, was verglichen mit Kohlestrom gut zweimal weniger ist und etwas niedriger liegt als die derzeitige CO2-Belastung des deutschen Strommix (Stand 2012).

In der Regel muss davon ausgegangen werden, dass die spezifische Umweltbelastung bei Schiefergas bei einer zukünftigen Förderung in Europa unter strengen Auflagen eher höher wäre als bei konventionell gefördertem Erdgas. Allerdings kann sich dieser Unterschied verkleinern oder sogar umkehren, wenn Erdgas aus fernen Gegenden importiert wird, z. B. von Sibirien nach Europa, zumal in Russland in Erdgas-Verluste durch Leckagen wesentlich höher sind als in Europa. Es ist zudem zu beachten, dass etliche Faktoren noch nicht genau bekannt sind.

Vorhandene Gasmengen

In den USA wurden in den letzten Jahren erhebliche Mengen von Schiefergas gefördert. Die Ausweitung des Gasangebots war so groß, dass der Marktpreis erheblich sank. In der Folge wird nun mehr Erdgas in Gaskraftwerken verstromt, die zunehmend auch Kohlekraftwerke verdrängen. Stark beschleunigt wurde diese Entwicklung anscheinend auch dadurch, dass die Umweltgesetzgebung wesentlich geschwächt wurde. Insbesondere wurden Regelungen des Save Drinking Water Act (zum Grundwasserschutz) außer Kraft gesetzt.

Aus dem Umstand, dass die Gewinnung von Schiefergas in den USA stark sinkende Gaspreise zur Folge hatte, darf nicht auf sehr niedrige Förderkosten geschlossen werden. Die sinkenden Gaspreise waren die Folge eines zeitweiligen Überangebots am Gasmarkt und haben schwere ökonomische Probleme für die Gasproduzenten zur Folge. Es ist deswegen klar, dass die Preise wieder steigen müssen. Ein massiver Rückgang der Investitionen und milliardenschwere Abschreibungen sind bereits zu verzeichnen.

Die langfristig verfügbaren Schiefergasmengen in den USA dürften wesentlich geringer sein als die Mengen von konventionell förderbarem Gas. Es darf nicht übersehen werden, dass eine momentan hohe Förderrate keineswegs bedeutet, dass eine solche über Jahrzehnte aufrechterhalten werden kann. Das Gas aus einer Schiefergas-Bohrung versiegt nämlich wesentlich schneller als bei konventionellen Gasfeldern. Es werden also immer weitere neue Bohrungen benötigt, und man wird zunehmend auch auf weniger ergiebige Lagerstätten stoßen.

Für begrenzte Zeit können die USA mit Schiefergas ihren gesamten Gasbedarf decken. Darüber hinaus sind Bemühungen im Gange, zusätzlich auch Flüssigerdgas (= durch Tiefkühlung verflüssigtes Erdgas) zu exportieren. Dies allerdings nicht, weil man dauerhaft mehr Gas haben wird als benötigt, sondern eher weil der starke wirtschaftliche Einbruch für die Gasindustrie als Folge des zeitweiligen Überangebots damit gemildert werden könnte. Es ist freilich nicht einfach, mit Flüssigerdgas aus Fracking auf den Weltmarkt zu treten, da die Förderkosten hoch sind, die Verflüssigung erhebliche Kosten und vor allem Energieverluste bewirkt und der Transport nochmals kostet.

In Europa erfolgt bisher keine kommerzielle Förderung von Schiefergas, und es ist bisher wenig bekannt über die Schiefergasvorkommen. Man weiß zwar, dass z. B. in Polen, Frankreich, Norwegen und Norddeutschland prinzipiell geeignete Gesteine großflächig vorkommen mit potenziell großen Gasmengen, aber man weiß nicht, wie viel Gas diese Formationen tatsächlich enthalten. Insbesondere für Polen wurden anhand alter Daten ursprünglich sehr große Vorkommen erwartet, aber hieran bestehen inzwischen erhebliche Zweifel; es kann sein, dass die tatsächlichen Mengen nur ein kleiner Bruchteil der erhofften sind. Es ist also momentan sehr unklar, wie viel Schiefergas vorhanden ist und wie viel davon gefördert werden könnte. In Deutschland laufen zur Zeit einige Erkundungen insbesondere in Niedersachsen, aber auch in der Bodenseeregion. Es wird vermutet, dass immerhin wesentlich mehr förderbares Schiefergas vorhanden ist als in den (kleinen) deutschen konventionellen Gasreserven; womöglich ließe sich insgesamt zehnmal mehr als der jährliche deutsche Gasverbrauch fördern. Insgesamt gesehen dürfte aber Schiefergas die Entwicklung, dass die Gasproduktion in Europa ständig zurückgeht, kaum aufhalten können.

Soll Schiefergas in Europa genutzt werden?

Wenn erhebliche Mengen von Schiefergas in verschiedenen europäischen Ländern auf einigermaßen umweltverträgliche Weise gefördert werden könnten, könnte dies im Prinzip sehr positive Auswirkungen haben:

  • Die bisherige Erdgasförderung in Europa (z. B. in der Nordsee) ist bereits stark rückläufig. Deswegen wird die Abhängigkeit von Importen z. B. aus Russland und dem Nahen Osten stark wachsen. Dies birgt erhebliche wirtschaftliche und politische Risiken. Wenn weitere umfangreiche Quellen etwa in Form von Schiefergas erschlossen werden könnten, würden diese Risiken erheblich gemindert.
  • Eine zusätzliche Verdrängung von Kohlekraftwerken in der Stromerzeugung durch Gaskraftwerke würde so große Umweltschäden (durch CO2 und diverse Schadstoffe) vermeiden, dass gewisse Belastungen durch Schiefergas toleriert werden sollten.
  • Im Rahmen der Energiewende, die vor allem in Deutschland begonnen wurde, aber auch etliche andere Länder betreffen dürfte, ist ein zunehmender Verbrauch von Erdgas in Gaskraftwerken zu erwarten, da diese nicht nur relativ niedrige spezifische CO2-Emissionen aufweisen, sondern auch schneller den zunehmenden Bedarfsschwankungen angepasst werden können und ebenfalls relativ kostengünstig errichtet werden können. Schiefergas könnte auf diese Weise also die Verdrängung von Kohlestrom zusätzlich begünstigen. Allerdings könnte, wenn z. B. die Energieeffizienz im Heizungsbereich forciert würde, der Erdgasverbrauch insgesamt in den nächsten Jahrzehnten deutlich nachlassen, so dass die Gewinnung zusätzlichen Gases weniger dringlich wäre.

Andererseits ist es wie oben ausgeführt zunächst unklar, welche Mengen an Schiefergas in Europa überhaupt vorhanden sind, und ob eine genügend umweltverträgliche Förderung tatsächlich möglich sein wird. Nachdem problematische Erfahrungen in den USA zu strengeren Umweltvorschriften dort und in Europa führen, ist auch die Wirtschaftlichkeit vieler Fördervorhaben fraglich.

In dieser Situation scheint es vernünftig, einerseits die Erkundung von Lagerstätten und die Entwicklung umweltfreundlicherer Fördermethoden im Rahmen von sorgfältig überwachten Pilotprojekten voranzutreiben, andererseits aber die kommerzielle Schiefergasförderung erst zu erlauben, wenn entsprechend positive Resultate erzielt sind. Fracking-Versuche und natürlich auch das kommerzielle Fracking sollten nur erlaubt sein nach einer Umweltverträglichkeitsprüfung (nicht nur einer Genehmigung gemäß Bergrecht), unter genügend strenger Aufsicht durch Umweltbehörden und wenn die Haftungsfragen zufriedenstellend geklärt sind. Insbesondere müsste sichergestellt sein, dass der Verursacher im Falle von Grundwasserverseuchungen entsprechend umfangreiche Sanierungen durchführen lassen muss und kann, und dass betroffene Grundstücksbesitzer ggf. angemessen entschädigt würden. Versicherungspflichten können hierbei helfen, nicht nur die Schadensdeckung sicherzustellen, sondern auch das Schadensrisiko zu vermindern durch die Einschaltung eines Versicherers als einer Instanz mit einem wirtschaftlichen Interesse, Risiken früh zu erkennen und geeignet zu minimieren.

Im Mai 2013 hat der deutsche Sachverständigenrat für Umweltfragen eine Stellungnahme zum Fracking [2] abgegeben, die ganz ähnliche Empfehlungen enthält. Die beteiligten Forscher halten die Unsicherheiten bezüglich der Umweltauswirkungen, aber auch der tatsächlich realisierbaren Potenziale für zu groß, als dass sich die Energiepolitik wesentlich auf Schiefergas konzentrieren sollte. Es wird ein vorsichtiges Vorgehen im Rahmen von sorgfältig überwachten Pilotprojekten empfohlen.

Literatur

[1]"Schiefergas als alternativer Energierohstoff -– nur eine goldrauschähnliche Euphorie?", http://www.eike-klima-energie.eu/climategate-anzeige/schiefergas-als-alternativer-energierohstoff-nur-eine-goldrauschaehnliche-euphorie/, eine Publikation des Europäischen Instituts für Klima und Energie (EIKE)
[2]Sachverständigenrat für Umweltfragen, "Fracking: Für die Energiewende entbehrlich", http://www.umweltrat.de/SharedDocs/Downloads/DE/04_Stellungnahmen/20122016/2013_05_AS_18_Fracking.html
[3]"Climate impact of potential shale gas production in the EU", https://www.osti.gov/etdeweb/biblio/22122326, ein Report der AEA Technology plc. im Auftrag der Europäischen Kommission
[4]SHIP – Shale Gas Information Platform des Helmholtz-Zentrums Postdam, http://www.shale-gas-information-platform.org/
[5]Studie der EPA über Hydraulic Fracturing, https://www.epa.gov/hfstudy
[6]W. Zittel, "Unkonventionelles Erdgas – ein Game Changer mit Fragezeichen", https://docs.google.com/uc?export=download&id=0B9AZj5ZYb55NWjN5eW0wRTV1OHM
[7]Oil & Gas Accountability Project von EarthWorks, https://earthworks.org/publications/oil_gas_accountability_report-winter20052006/

Siehe auch: Erdgas, Tight Gas, Fracking

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