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TN-System

Definition: eine Form von Niederspannungsnetz, die in verschiedenen Varianten wie TN-C, TN-S und TN-C-S vorkommt

Spezifischere Begriffe: TN-C-System, TN-S-System, TN-C-S-System

Englisch: TN system

Kategorie: elektrische Energie

Autor:

Wie man zitiert; zusätzliche Literatur vorschlagen

Ursprüngliche Erstellung: 21.08.2020; letzte Änderung: 20.08.2023

URL: https://www.energie-lexikon.info/tn_system.html

Niederspannungsnetze können in verschiedenen Formen realisiert werden, die sich in Details wie den verwendeten Phasen (Einphasen-Wechselstrom-Netz, Dreiphasen-Drehstromnetz, Dreileiter-Einphasennetz etc.) und Erdungstechniken und auch bezüglich des erreichten Sicherheitsniveaus wesentlich unterscheiden können. Eine grundsätzliche, häufig realisierte Form ist das TN-System, welches wiederum in verschiedenen Varianten wie TN-C, TN-S und TN-C-S vorkommt. TN steht hier für französisch terre neutre, was "neutrale Erde" oder deutlicher gesagt geerdeter Neutralleiter bedeutet.

Grundlegend geht es bei TN-Systemen immer um Dreiphasen-Wechselstrom (Drehstrom), der mit vier Leitern übertragen wird (→ Vierleitersystem). Hierbei wird der Sternpunkt auf der Seite der Transformatorenstation, die die Energie normalerweise aus einem Mittelspannungsnetz in das Niederspannungsnetz einspeist, geerdet (mit einem Betriebserder). Zusätzlich erfolgt eine Erdung auf der Seite der Verbraucheranlagen, beispielsweise mit Erdungssystemen für die einzelnen angeschlossenen Gebäude. Damit sind jedoch noch nicht alle wichtigen Details der Erdung festgelegt; es gibt verschiedene Varianten, die in den folgenden Abschnitten erklärt werden.

Für Fachpersonen im Bereich der Elektrotechnik ist es von entscheidender Bedeutung, die technischen Unterschiede dieser Ansätze und deren Konsequenzen insbesondere für die Sicherheit genau zu verstehen. Fehler in Installationen können nämlich leicht zu erheblichen Gefahren insbesondere für Personen führen, unter Umständen auch zur Zerstörung von Geräten oder zur Störung deren Funktion.

Dieser Artikel erklärt die Grundprinzipien, ohne jedoch auf die Details verschiedener Normen einzugehen, was den Rahmen eines Lexikons sprengen würde.

TN-C-System

TN-C steht für französisch terre neutre combiné. Bei diesem Ansatz verwendet man einen sogenannten PEN-Leiter, der eine kombinierte Funktion (Doppelfunktion) hat, nämlich gleichzeitig als Neutralleiter und als Schutzleiter fungiert. Dies ist zunächst insofern vorteilhaft, dass nicht noch ein zusätzlicher Schutzleiter benötigt wird.

TN-C-S-System
Abbildung 1: Ein TN-C-System im Niederspannungsnetz, beginnend mit einer Netzstation (Transformatorenstation). (Nur die Sekundärseite des Transformators ist gezeigt.) Man verwendet nur einen PEN-Leiter, der die Funktionen von PE und N vereint. Erst bei den Anschlüssen der Geräte erfolgt eine Aufspaltung in PE und N. eine zusätzliche Erdung mit Verbindung zum PEN-Leiter erfolgt in den Gebäuden. Dieses System wird in Deutschland in Gebäuden aus Sicherheitsgründen kaum mehr verwendet, aber nach wie vor auf dem Weg von der Netzstation zu den Stromkunden.

Die Verwendung eines PEN-Leiters hat prinzipiell erhebliche sicherheitstechnische Nachteile, die allerdings in manchen Situationen gut beherrscht werden können. Insbesondere ist wichtig, dass eine Unterbrechung des PEN-Leiters unbedingt vermieden wird, solange die Phasen (Außenleiter) mit dem Verbraucher verbunden sind. Sonst kann nämlich an einem metallischen Gerätegehäuse eine erhebliche Spannung gegen Erde auftreten, die schwere Stromschläge verursachen kann. Zusätzlich kann es dann auch zu Überspannungen kommen, die Geräte zerstören – was allerdings auch bei Systemen mit separatem Schutzleiter passieren kann, wenn der Neutralleiter unterbrochen wird. Auch mit der Funktion von Fehlerstrom-Schutzschaltern gibt es gewisse Probleme. Weitere Details erklärt der Artikel über PEN-Leiter.

Die Größe der genannten Gefahren hängt aber erheblich von den jeweiligen Umständen ab. TN-C-Systeme in Wohnhäusern, wie sie vor längerer Zeit auch in Deutschland regelmäßig errichtet wurden, sind als durchaus gefährlich zu betrachten, da in dieser Situation die Unterbrechung eines PEN-Leiters nicht allzu unwahrscheinlich ist. Deswegen wurden diese mittlerweile weitestgehend von TN-C-S-Systemen (siehe unten) verdrängt, wo PEN-Leiter zumindest innerhalb der Gebäude weitestgehend vermieden werden. Lediglich gibt es noch einen Bestandsschutz für alte Anlagen, deren Umrüstung auf ein sichereres System sehr aufwendig wäre. Dies liegt zum Teil daran, dass zweiadrige und vieradrige Leitungen verlegt wurden, sodass ein zusätzlicher Leiter (für den Schutzleiter) fehlt.

PEN-Leiter sind übrigens auch ungünstig bezüglich der elektromagnetischen Verträglichkeit (EMV), jedenfalls wenn sie innerhalb von Gebäuden verlaufen. Diesen Aspekt erklärt der Artikel über PEN-Leiter genauer. Er ist ein weiterer Grund für die Bevorzugung von TN-C-S-Systemen (oder TN-S-Systemen).

TN-C-S-System

TN-C-S steht für französisch terre neutre combiné séparé. Dies ist quasi eine Mischung zwischen TN-C (siehe oben) und TN-S (siehe unten), weil teils ein PEN-Leiter (mit Doppelfunktion), teils aber auch separate Leiter verwendet werden:

  • Man verwendet nach wie vor einen PEN-Leiter zwischen Transformatorenstation und den versorgten Gebäuden.
  • Innerhalb der Gebäude erfolgt aber eine Aufspaltung des PEN-Leiters in den Schutzleiter (PE) und den Neutralleiter (N). Die PEN-Aufspaltung erfolgt bevorzugt gleich nach der Eintritt der Versorgungsleitungen in das Gebäude. Nahe dieser Verzweigung erfolgt zusätzlich eine Erdung mit der eigenen Erdungsanlage durch Verbindung mit der Haupterdungsschiene (siehe Abbildung 2). Nach der Verzweigung (meist im Hausanschlusskasten) dürfen diese PE- und N-Leiter nirgends mehr elektrisch miteinander verbunden werden.
TN-C-S-System
Abbildung 2: Das in Deutschland übliche TN-C-S-System. Bis zum Hauseintritt verwendet man einen PEN-Leiter, der dann aber sogleich in PE und N aufgespalten wird.

Im Haus benötigt man dann fünfadrige Kabel (3 Phasen + Neutralleiter + Schutzleiter) für Drehstrom (z. B. für Drehstromsteckdosen) und dreiadrige Kabel (eine Phase + Neutralleiter + Schutzleiter) für Einphasen-Wechselstrom, etwa für normale Schutzkontakt-Haushaltssteckdosen. PEN-Kabel gibt es dort dann nirgends, außer das kurze Stück beim Hauseintritt.

Das TN-C-S-System bietet einen guten Kompromiss zwischen Materialeinsatz und Sicherheit. Bei einer (unwahrscheinlichen) Unterbrechung des PEN-Leiters auf dem Weg zum Haus bliebe dort immerhin noch die eigene Erdungsanlage, wenn auch nicht unbedingt mit einer besonders kleinen Erdungsimpedanz.

Fehlerstrom-Schutzschalter funktionieren in TN-C-S-Systemen ziemlich problemlos und sind in vielen Fällen heute auch vorgeschrieben – nicht mehr nur für Badezimmer oder andere besonders sensible Bereiche. Sie vermindern die verbleibenden Gefahren durch Stromschläge nochmals erheblich.

In Deutschland werden für Wohnhäuser und ähnliche Gebäude seit Jahrzehnten praktisch nur noch TN-C-S-Systeme gebaut, weil die früheren TN-C-Systeme als nicht mehr ausreichend sicher betrachtet werden. Jedoch ist die nachträgliche Umrüstung von TN-C auf TN-C-S meist sehr aufwendig; man wird in der Regel praktisch alle elektrischen Leitungen ersetzen, alle Verteilerdosen neu verdrahten und weitere Details anpassen müssen. Deswegen erfolgen solche Umrüstungen nur relativ selten.

TN-S-System

TN-S steht für französisch terre neutre séparé. Hier verwendet man von der Transformatorenstation bis zu den Verbrauchergeräten überall separate Leitungen für die Funktionen von Neutralleiter und Schutzleiter.

TN-S-System
Abbildung 3: Ein TN-S-System.

Dieser Ansatz bringt im Prinzip die höchste Sicherheit, erfordert aber fünf statt vier Leiter für alle Verbindungen zwischen Transformatorenstationen und versorgten Gebäuden. Der Mehrbedarf vor allem von Kupfer bedeutet erhebliche Mehrkosten. Deswegen ist dieses System nicht allzu verbreitet. Es kommt am ehesten vor in gewerblichen Anlagen, die direkt mit Mittelspannung versorgt werden und eigene Transformatoren verwenden. Hier sind die Leitungswege oft relativ kurz, sodass sich der Mehraufwand für den zusätzlichen Schutzleiter in Grenzen hält.

Alternative Konzepte

Es gibt auch vom Konzept des TN-Systems abweichende Konzepte, die gelegentlich (aber deutlich seltener) eingesetzt werden:

  • Beim TT-System erfolgt die Schutzerdung von Gerätegehäusen nur über die eigene Erdungsanlage des Gebäudes. Deren elektrisches Potential kann somit deutlich von dem des von der Transformatorenstation kommenden Neutralleiters abweichen, zumal bei Stromfluss durch den Neutralleiter ein Spannungsabfall entsteht.
  • Bei IT-Systemen werden nur drei Leiter (für die drei Phasen) zwischen Transformatorenstation und Verbrauchern verlegt. Letztere arbeiten dann normalerweise mit der Dreieckschaltung, sodass sie keine Neutralleiter benötigen. Die Schutzerdung von Geräten erfolgt wie beim TT-System nur über die eigene Erdungsanlage. Ein Vorteil ist, dass ein Erdschluss nicht unbedingt den sofortigen Ausfall einer Anlage verursacht.

Siehe auch: Niederspannungsnetz, Stromnetz, PEN-Leiter

Fragen und Kommentare von Lesern

26.08.2022

Beim TN-C-S Netz in einem Haus wird der PEN Leiter im Hausanschlusskasten in den N-Leiter und den PE-Leiter aufgeteilt. Ist es richtig, dass der durch den Neutralleiter fließende "Rückstrom" durch den PEN zum Umspannwerk geführt wird? Er wird nicht etwa zum Erder geführt, weil Erder und Neutralleiter dasselbe Potential haben.

Antwort vom Autor:

Teil des Stroms wird durch den Neutralleiter geführt, aber ein kleinerer Teil kann auch über die Erde fließen. Erder und Neutralleiter haben in der Regel nicht exakt dasselbe Potenzial.

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