Irrtümer und Propaganda
Über die massiven Klimagefahren vor allem als Folge der heutigen exzessiven CO2-Emissionen entsteht zunehmend Einigkeit – schon länger unter Wissenschaftlern, inzwischen auch in der Politik (jedenfalls in Europa). Deswegen wird allmählich wenigstens zaghaft der Klimaschutz betrieben. Über die Wirksamkeit diverser Instrumente für den Klimaschutz gibt es aber noch heftige Debatten – wobei mitunter extrem unfundierte Positionen selbst von Fachleuten (z. B. Ökonomen) vertreten werden, die es eigentlich besser wissen müssten. Lobbyisten nehmen diese Vorlagen natürlich dankbar auf.
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Kategorien: zu kurz gedacht
Bislang machen die anderen Länder tatsächlich nicht mit, während Europa aber auch nur bescheidene Fortschritte macht – in vielen Ländern (einschließlich Deutschland) mit Klimaschutzzielen, die einerseits für die Einhaltung des 2-Grad-Ziels klar unzureichend sind und andererseits mangels wirksamer Maßnahmen sogar oft noch deutlich verfehlt werden.
Sollten wichtige Länder wie die USA und China tatsächlich dauerhaft nicht mitmachen, würden wir in der Tat alle zusammen scheitern, d. h. im Laufe einiger Jahrzehnte ein völlig aus den Fugen geratendes Klimasystem mit katastrophalen Folgen erleben. Wer eine solche Möglichkeit zur Prämisse seiner Überlegungen macht, hat offenbar keine andere Perspektive als den Gang in die Katastrophe.
Die Vernunft gebietet natürlich eine völlig andere Denkweise. Sie sucht nach den erfolgversprechendsten Wegen, die dazu führen, dass zumindest die allermeisten Länder mit entschiedenem Klimaschutz anfangen, und zwar sehr bald. Sie versucht in der Folge die Voraussetzungen hierfür herzustellen. Was dann gar nicht infrage kommt, ist in Europa darauf zu warten, dass andere Länder wie China (mit erheblich geringeren Pro-Kopf-Emissionen als z. B. Deutschland) vorangehen, während wir die Hände in den Schoß legen. Das würde nämlich die Chancen, dass beispielsweise China mitmacht, ziemlich sicher zerstören.
Also: Tun wir das, was immerhin eine Chance zum Erfolg gibt. Eine Strategie, die scheitern kann, ist allemal besser als eine, die unweigerlich scheitern muss – vor allem wenn es um unsere Lebensgrundlagen geht.
Völlig abwegig ist ohnehin die Vorstellung, Europa mit seinen hohen Pro-Kopf-Emissionen sei in der Position, von anderen zu erwarten, dass sie vorangehen. Allenfalls gegenüber einigen bislang besonders verantwortungslos handelnden Ländern (Saudiarabien, Kanada, USA, Australien) kann eine führende Position beansprucht werden.
Man vergesse auch nicht die historischen Emissionen – diejenigen, die unsere Zeigefinger sehen, vergessen sie auch nicht. Wir haben einen überproportionalen Anteil zum existierenden Problem beigetragen, können also nicht erwarten, dass andere die Lösung für uns erledigen.
Kategorien: zu kurz gedacht
Die Grundidee dieses öfters gehörten Arguments ist einfach und scheinbar überzeugend: Wenn durch Energiesparen oder andere Methoden irgendwo in einem Land mit Cap & Trade (Emissionshandel) CO2-Emissionen reduziert werden, wird derjenige, der dies erreicht hat, Emissionszertifikate verkaufen. Dies erlaubt einem anderen Akteur, entsprechend höhere Emissionen zu verursachen. Die Summe der Emissionen wird durch das Cap (die gesetzte Obergrenze) bestimmt und nicht mehr durch einzelne Maßnahmen beeinflusst.
Diese Idee ist innerhalb eines sehr vereinfachten ökonomischen Modells logisch schlüssig. Jedoch beruhen die Folgerungen auf mehreren Prämissen, die in der Realität nicht erfüllt sind. Am besten überprüft man die Situation mit der Überlegung, was wohl konkret passiert wäre, wenn die Bundesregierung im Jahr 2000 darauf verzichtet hätte, das EEG auf den Weg zu bringen, und stattdessen allein auf den Emissionshandel gesetzt hätte. Theoretisch wären damit die gleichen Emissionsreduktion erzielbar gewesen, und theoretisch sogar billiger, weil die Marktteilnehmer jederzeit die billigsten (also effizientesten) Maßnahmen hätten auswählen können, ohne auf Vorgaben von der Politik achten zu müssen. In der Praxis wäre man jedoch aus mehreren Gründen gescheitert:
- Anfangs hätte man tatsächlich Geld gespart, indem man nur die "am niedrigsten hängenden Früchte" geerntet hätte – also z. B. auf Technologieentwicklung verzichtet hätte und stattdessen nur z. B. Kohle teilweise durch Erdgas und Holz (→ Co-firing) ersetzt hätte.
- Sobald dies nicht mehr ausgereicht hätte, hätten die EVU Ausschreibungen v. a. für Windenergieanlagen vorgenommen, so wie es in Großbritannien bis vor einiger Zeit praktiziert wurde. Vor allem wegen mangelnder Investitionssicherheit und deswegen teurerer Kapitalbeschaffung wäre dieser Windstrom allerdings erheblich teurer gekommen als im EEG-Regime. (Deswegen hat Großbritannien diesen Weg schließlich aufgegeben und orientiert sich nun mehr am EEG.)
- Theoretisch gefährden höhere Kosten die Zielerreichung nicht: Die Preise der Emissionszertifikate steigen eben so lange an, bis das Angebot stimmt. Nur wären dadurch auch die Preise am Strommarkt rasch angestiegen, und dann hätten die EVU eine andere Strategie verfolgt: Gemeinsam mit der Industrie hätten sie die Politik unter Druck gesetzt, die Wirksamkeit des Emissionshandels zu reduzieren, indem entweder mehr Zertifikate ausgegeben oder "heiße Luft" (etwa über den CDM-Mechanismus) eingeblasen wird. (Genau dies ist auf europäischer Ebene ja auch passiert, weswegen das europäische Emissionshandelssystem ETS weitgehend unwirksam wurde.) In der Praxis wäre dieser Ansatz wohl bald gescheitert, und man hätte von den EVU wie früher gehört, dass CO2-freie Stromerzeugung zwar theoretisch möglich, aber leider unbezahlbar sei, und Klimaschutz deswegen leider zurückgestellt werden müsse.
- Die Photovoltaik hätte nie eine Chance bekommen, da sie anfangs für den Markt weitaus zu teuer war. Es wäre damit niemals zu den gewaltigen Kostensenkungen gekommen, die das EEG bewirkt hat. Diese ermöglichen nun aber weltweit, diese Technologie mehr und mehr einzusetzen. Das EEG hat damit gerade auch außerhalb der EU, z. B. in USA und China, einen enormen Klimaschutzeffekt, der von den Verfechtern der beschriebenen Argumentation aber komplett ignoriert wird.
Es ist schon überraschend, dass eine Reihe auch von namhaften Wissenschaftlern (insbesondere Ökonomen) das EEG mit so realitätsfremden Argumenten bekämpfen. Beispielsweise hat der Vorsitzende der deutschen Monopolkommission (Prof. Daniel Zimmer) im September 2013 auf dieser falschen Grundlage behauptet: "Traurige Realität ist, dass das EEG – so teuer es ist – zum Klimaschutz nichts beitragen kann." Darin folgt er z. B. dem prominenten Ökonomen Hans-Werner Sinn, wie es auch andere tun – in 02/2014 beispielsweise die "Expertenkommission Forschung und Innovation" in ihrem Jahresgutachten 2014. In Wirklichkeit ist es aber
- erfreuliche Realität, dass das EEG sehr wohl wirksam ist (wohl mehr als alles andere, was wir bisher zustande gebracht haben),
- und traurige Realität, dass einige Fachleute, die es definitiv besser wissen müssten, groben Unsinn verbreiten, damit großen Schaden anrichten und sich meist auch nicht lernfähig zeigen.
Interessierte Kreise verwenden solche Aussagen renommierter Professoren natürlich allzu gerne im Bemühen, das EEG möglichst schnell abzuschaffen oder wirkungslos zu machen.
Beachten Sie auch unser ausführlicheres Dokument "Zur Klimaschutzwirkung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG)": Klimaschutzwirkung_des_EEG.pdf
Kategorien: Halbwahrheiten, Propaganda
Richtig ist, dass die Kraftwerke, mit denen in der Schweiz die Stromerzeugung erfolgt, weitgehend CO2-frei sind. Ein Großteil der elektrischen Energie wird in Wasserkraftwerken und Kernkraftwerken erzeugt.
Eine ganz andere Frage ist, ob für die in der Schweiz verbrauchte elektrische Energie dasselbe gilt. Dies ist eindeutig nicht der Fall: Die schweizerischen Stromversorger exportieren sehr viel Ökostrom aus Wasserkraftwerken z. B. nach Deutschland und importieren ähnliche Mengen von schmutzigem Strom z. B. aus deutschen Kohlekraftwerken. Ihren Kunden, den sie dann diesen Strom verkaufen, reiben sie das freilich nicht unaufgefordert unter die Nase. Selbst wenn diese nachfragen, wird ihnen oft nur mitgeteilt, es sei Strom aus "nicht überprüfbaren Quellen".
Indem man viele Kunden im Glauben lässt, sie bekämen ja sicherlich den sauberen Strom, der in ihrem Kanton erzeugt wird, verkauft man quasi den Ökostrom doppelt. Sicher ein gutes Geschäft, aber kein sauberes.
Noch ein anderer Gedanke hierzu: Selbst wenn ein Schweizer für seine Elektroheizung Wasserkraftstrom kauft, kann dies sehr wohl zusätzliche CO2-Emissionen verursachen. Es führt nämlich zumindest kurz- und mittelfristig kaum zu einer entsprechenden Erhöhung der Wasserkraft-Kapazitäten. Die entsprechenden Potenziale sind nämlich schon weitgehend ausgeschöpft. Viel eher wird ein anderer Kunde, der sonst den sauberen Wasserkraft-Strom bekommen hätte (ohne ihn explizit bestellt zu haben), auf dreckigen Importstrom umgestellt.
Generell wird das Risiko, dass weitere klimaschädigende Kohlekraftwerke in Europa gebaut werden, durch weitere Zuwächse des Stromverbrauchs zunehmen – wobei es nicht allzu viel ausmacht, in welchen Ländern diese Verbrauchszuwächse erfolgen und wofür der Mehrverbrauch anfällt (etwa für Elektroautos). Umgekehrt dürften z. B. zusätzliche Windkraftkapazitäten wie auch Einsparungen in die Gegenrichtung wirken.
Kategorien: mangelndes Faktenwissen, logische Fehlschlüsse
Der bekannte Ökonom Hans-Werner Sinn hat verschiedentlich, u. a. in einem Interview in der Neuen Zürcher Zeitung vom 05.06.2010, die folgende Argumentation präsentiert:
- Es sei unmöglich, mit CO2-Steuern, selbst wenn sie weltweit eingeführt würden, über die Ölnachfrage den Ölpreis so stark zu senken, dass die weltweite Ölförderung reduziert wird.
- Begründung: Die Förderkosten lägen überall so tief, dass die Förderung immer rentabel bleibt, selbst wenn der Ölpreis deutlich sinken sollte.
- Die Folge: Energiesparen und CO2-Steuern können die Ölförderung und damit den weltweiten Verbrauch nicht reduzieren. Somit können sie nichts zum Klimaschutz beitragen. Allenfalls würde erreicht, dass in einem Land nicht verbranntes Öl anderswo verbrannt wird.
Diese Argumentationskette enthält aber mehrere Fehler und bricht bei genauerer Analyse vollkommen zusammen.
Zunächst einmal reagiert der Ölpreis auf dem Weltmarkt bekanntlich sehr empfindlich auf tatsächliche oder vermutete Änderungen der Nachfrage. Bereits ein leichter Nachfragerückgang durch die Wirtschaftskrise ab 2008 hat den Erdöl-Preis in 2009 total einbrechen lassen. Auf jede neue Nachricht, die die Erwartungen der kommenden Ölnachfrage ändert, reagiert der Preis in geradezu nervöser Weise, nach unten wie nach oben. Es ist anzunehmen, dass wir erneut enorme Preisanstiege erleben werden, sobald die momentan noch bestehenden Kapazitätsreserven wieder ausgeschöpft sind. (Diese Zeilen sind im Juni 2010 geschrieben, bei einem Ölpreis unter 80 USD pro Barrel.)
Die Preisentwicklung beeinflusst auch die Fördermengen stark. Hans-Werner Sinn bestreitet dies mit der Behauptung, die Förderkosten lägen "überall nur bei einem winzigen Bruchteil der Preise". Dies ist erstens nicht richtig und zweitens weitgehend irrelevant:
- Niedrige Förderkosten gelten zwar für die OPEC-Länder, aber nicht überall, insbesondere nicht für neue Projekte. Die leichter zu fördernden Vorkommen versiegen zunehmend, und vor allem bei steigender Nachfrage werden immer aufwändigere Projekte in Angriff genommen. Genau diese aber reagieren empfindlich auf die erwarteten Ölpreise. Deswegen warnt die Internationale Energieagentur (IEA) seit Jahren davor, aufgrund temporär niedrigerer Ölpreise würde die Exploration vernachlässigt, was später zu Förderengpässen und in der Folge zu enormen Preisausschlägen führen kann. Selbst wenn man die Prioritäten der IEA nicht teilt, also Klimaschutz für vordringlicher hält als die Befriedigung jeder erdenklichen Ölnachfrage, unterstreicht dies den Einfluss der Ölpreise auf die Förderung.
- Selbst für die Ölscheichs mit tatsächlich niedrigen Förderkosten zielt Sinns Argument völlig ins Leere. Bekanntlich justiert die OPEC ihre Fördermengen regelmäßig anhand der erwarteten Nachfrage, um den Preis nicht einbrechen zu lassen. Deswegen wurden die Fördermengen im Zuge der Wirtschaftskrise reduziert, obwohl der Preis immer noch weit über den OPEC-Förderkosten liegt. Die Förderkosten sind hier also weitgehend irrelevant, und Sinns Argument hat mit der Logik gleichermaßen Probleme wie mit den Tatsachen, die man jeder ordentlichen Zeitung entnehmen kann.
Wenn wir also unseren Verbrauch drosseln, wird die OPEC ihre Förderung entsprechend drosseln. Falls sie dies nicht täte, würde sie einen Preisverfall hinnehmen und damit neue Förderprojekte stoppen – was für das Klima sogar noch besser wäre (außer wenn dies den Konsum wieder anheizt). Aus solchen Gründen justiert die OPEC die Fördermengen unmittelbar nach der Nachfrage und nicht mit Blick auf die Förderkosten: Die OPEC möchte weder durch zu hohe Preise den Konsum abwürgen und Konkurrenten anfüttern, noch durch zu niedrige Preise Geld verlieren. (Dass die Preise in 2008 trotzdem verrückt spielten, kann mit den begrenzten Kapazitäten der OPEC erklärt werden.)
Es ist aus ökologischer Sicht ebenfalls zu bedenken, dass neue, teure und aufwändige Ölförderprojekte z. B. in der Tiefsee oder Projekte mit "unkonventionellen" Ressourcen wie Ölsanden in Kanada häufig besonders umweltschädigend sind. Genau solche Projekte aber schießen aus dem Boden, wenn der Ölpreis ansteigt, und werden wieder gestoppt, wenn er fällt. Dasselbe gilt für Vorhaben wie Kohleverflüssigung. Deswegen ist es aus ökologischer Sicht dringlich, den Verbrauch einzudämmen, um Preissignale für extrem schädliche Aktivitäten möglichst zu vermeiden.
Somit wird klar, dass Energiesparen und CO2-Steuern sehr wohl dem Klimaschutz dienen. Außerdem gibt es noch einen wichtigen volkswirtschaftlichen Nutzen: Wenn es gelingt, die globale Nachfrage auch nur ein wenig zu verringern, sparen die Verbraucher über Preis und Menge Milliarden, die sie (wenn sie intelligent genug handeln) für die rechtzeitige Anpassung auf die kommenden Preisanstiege (Stichwort "Peak Oil") einsetzen können. Beispielsweise verpasst man lieber seinem Haus eine ordentliche Wärmedämmung, bevor einem die Heizkosten das Geld dazu auffressen und dann nur noch das Sparen durch Frieren bleibt.
Recht geben muss man Prof. Sinn immerhin in einem wichtigen Punkt: Eine Dämpfung der Nachfrage durch Energiesparbemühungen (mit den bis heute genutzten Methoden) wird kaum so stark ausfallen können, dass dies für den Klimaschutz genügt. Deswegen brauchen wir in der Tat dringend CO2-Steuern, Cap & Trade (Emissionshandel) oder ähnliche ergänzende Mechanismen. Erst durch diese kann das Energiesparen ausreichend effektiv werden, um das Klimaproblem zu entschärfen. Das ändert freilich nichts daran, dass energische Bemühungen um Energieeffizienz und -einsparung schon vor Cap & Trade sehr nützlich sein werden – allein schon deswegen, weil man die Caps niedriger ansetzen kann, wenn sich die Wirtschaft schon etwas darauf vorbereitet hat.
Kategorien: Halbwahrheiten
Richtig ist, dass der Erfolg des Klimaschutzes damit steht und fällt, wie die Wirtschaft Chinas agieren wird. Wenn China nicht kooperiert, werden europäische Bemühungen wirkungslos verpuffen.
Grundfalsch ist dagegen die Annahme, das Agieren Chinas hätte mit den Vorgängen in Europa und den USA nichts zu tun, sei also von dort aus auch nicht beeinflussbar.
Eine wichtige Einsicht ist die, dass sich China sehr stark an den USA und Europa orientiert: Man möchte dort den Wohlstand der westlichen Industriestaaten erreichen. Ist man deswegen dort empfänglich für Signale aus dem Westen? Es kommt sehr darauf an, welche:
- Sollte es uns gelingen, unseren CO2-Ausstoß mit raffinierten, aber teuren Methoden (z. B. Kernenergie oder Wasserstofftechnologie) zu reduzieren, so dürfte dies allein für China wenig interessant sein. Was China zu teuer kommt, wird China nicht realisieren.
- Erst recht wird China niemals überzeugt werden können, Kohlekraftwerke mit CCS-Technologie (CO_2-Abscheidung und -Speicherung) klimafreundlicher zu machen, solange diese Technologie den Wirkungsgrad der Kohlenutzung stark reduziert und daher Chinas Knappheitsprobleme noch drastisch verschärfen würde.
- Dagegen dürfte es sehr darauf ankommen, was wir unseren Energieverbrauch betreffend signalisieren. Wenn das Signal heißt, "Unmengen von Energie sind für den Wohlstand eben nötig, anders geht es nicht", dann wird sich China diese Unmengen besorgen – und zwar mit den Mitteln, die China zur Verfügung stehen, insbesondere also mit Kohle. Die Klimakatastrophe ist dann garantiert. Zeigen wir dagegen, dass sich durch verbesserte Energieeffizienz mit deutlich weniger Energie auch gut leben lässt, wird China diesem Beispiel nach Kräften folgen, denn China hat ein Interesse daran, dies zu erreichen.
Also ist das präsentierte Argument zwar zutreffend für gewisse Lösungsstrategien, vor allem für CCS, jedoch völlig falsch im Zusammenhang mit Energieeffizienz. Es wird somit klar: Gerade wegen China sind unsere Anstrengungen zu mehr Energieeffizienz enorm wichtig. Der Hauptnutzen davon könnte über diesen Einfluss erzielt werden. Und nebenbei sollte unsere Industrie auch noch etwas zu exportieren haben …
Mehr dazu bietet der Artikel "Alle Zeigefinger in Richtung China!?".
Kategorien: Propaganda
Die Schweiz wird im Vergleich mit anderen Industrieländern häufig als relativ klimafreundlich bezeichnet. Die Begründung hierfür sieht auf den ersten Blick überzeugend aus: Die äquivalenten Pro-Kopf-Emissionen von Kohlendioxid (CO2) liegen mit 7,2 Tonnen jährlich (Stand 2004) deutlich unter den von Ländern wie Deutschland (mit über 10 Tonnen).
Der Fehler dieses Vergleichs liegt darin, dass graue Energie in importierten (und exportierten) Gütern nicht berücksichtigt wurde. Wenn beispielsweise ein Auto in Deutschland hergestellt und in die Schweiz exportiert wird, müssten die Emissionen bei der Herstellung der Schweiz und nicht Deutschland angelastet werden. Eine detaillierte Studie des Bundesamts für Umwelt (BAFU) der Schweiz untersuchte solche Korrekturen und kam damit zu völlig anderen Resultaten. Allein schon den Importen von Gütern aus Deutschland in die Schweiz sind CO2-Emissionen von über 10 Millionen Tonnen jährlich anzulasten, zu vergleichen mit den jährlichen inländischen Emissionen der Schweiz von 53 Mio. Tonnen CO2. Bei Berücksichtigung aller Importe und Exporte, d. h. aller "grauen Emissionen", kommt die Schweiz auf ca. 12,5 Tonnen CO2-Äquivalenten pro Kopf und Jahr und liegt somit in etwa beim Durchschnitt der Werte der OECD-Länder. Somit erkennt man, dass die vermeintliche Klimafreundlichkeit der Schweiz nur darauf beruht, dass die Schweiz Produkte energieintensiver Industrien vorwiegend importiert, so dass die entsprechenden Emissionen im Ausland anfallen.
Oft wird auch behauptet, die Schweiz gehe bereits dermaßen effizient mit Energie um, dass hier kaum noch etwas zu verbessern sei. Dies hat ebenfalls wenig mit der Wirklichkeit zu tun. Beispielsweise bilden die in der Schweiz jährlich gekauften Neuwagen die energieineffizienste und somit klimaschädlichste Neuwagenflotte von ganz Europa. Dies hängt damit zusammen, dass in der Schweiz tendenziell größere und stärker motorisierte Fahrzeuge favorisiert werden und dass die Mineralölsteuer in der Schweiz u. a. durch die erfolgreiche Lobbyarbeit der Erdölvereinigung so niedrig ist, dass die Kraftstoffpreise in der Schweiz niedriger sind als in allen Nachbarländern (trotz des sonst hohen Preisniveaus der Schweiz!).
Kategorien: Halbwahrheiten
Auch wenn das Elektroauto selbst keinerlei klimaschädliche Emissionen erzeugt, entstehen solche bei der Herstellung und – falls nicht klimaneutral hergestellter Strom benutzt wird – auch im Betrieb, nur eben im Kraftwerk anstatt im Auto. Hinzu kommen kleinere Beiträge z. B. für die Entsorgung des Fahrzeugs und für die Infrastruktur (Straßenbau).
Durch die Verwendung von zertifiziertem Ökostrom kann man die Klimawirkungen der Stromerzeugung zumindest stark reduzieren, vorausgesetzt dass dieser Ökostrom wirklich zusätzlich erzeugt wird. (Wie im Artikel über Ökostrom ausgeführt, bleiben hierzu einige Fragezeichen.) Dagegen kann man als Käufer kaum Einfluss auf den Energieeinsatz bei der Herstellung des Autos nehmen. Man beachte, dass allein schon die Herstellung der Fahrzeugbatterie (typischerweise ein Lithium-Ionen-Akkumulator) so viel nicht erneuerbare Energie kostet, wie man für einige hundert Ladezyklen bräuchte.
Man könnte dieses Problem allenfalls durch CO_2-Kompensation angehen. In diesem Sinne ließe sich freilich auch mit jedem gewöhnlichen Benzinauto klimaneutral fahren. Mit dem, was ein Elektroauto mehr kostet, ließe sich so manches kompensieren …
Leider erweist sich also das Elektroauto keineswegs als die Wunderlösung für den Klimaschutz. Dies gilt viel eher für andere Formen der Elektromobilität, etwa mit Elektrofahrrädern oder mit der Bahn.
Kategorien: Halbwahrheiten
Es trifft zu, dass der Wasserdampfgehalt der Atmosphäre wesentlich stärker zum Treibhauseffekt beiträgt als das Kohlendioxid (CO2). Grundfalsch wäre aber, daraus zu folgern, dass es auf CO2 nicht ankomme.
Der Wasserdampfgehalt der Atmosphäre wird im Wesentlichen durch die Temperaturen bestimmt: Je wärmer es auf der Erde ist, desto mehr Wasser verdampft. Direkt menschliche Einflüsse sind an dieser Stelle nicht relevant: Beispielsweise werden die Wasserdampf-Emissionen von Kühltürmen durch höhere Niederschläge an anderer Stelle kompensiert.
Beim CO2 ist es aber anders. Vor allem durch den Verbrauch fossiler Energieträger steigt die CO2-Konzentration der Atmosphäre ständig an – in 2013 waren es bereits ca. 400 pm, im Vergleich zu 280 ppm in der vorindustriellen Zeit. Der direkte Treibhauseffekt des CO2 ist nun zwar nicht allzu stark – wie gesagt wesentlich schwächer als der des Wasserdampfs. Jedoch steigt durch diesen zunächst geringen Effekt die Temperatur, was wiederum die Wasserdampfmengen erhöht und damit deren Treibhauseffekt. Auf diese Weise führen die hohen weltweiten CO2-Emissionen zu enormen Klimagefahren – was unter Wissenschaftlern nur noch von absoluten Außenseitern bestritten wird.
Kategorien: mangelndes Faktenwissen und Verständnis
Das klingt für manche zunächst einmal wie eine plausible Argumentation und hat auch ein Körnchen von Wahrheit: Manche Pflanzen wachsen in der Tat schneller, wenn mehr CO2 in der Luft ist.
Allerdings darf man eine ganze Reihe weiterer Aspekte nicht übersehen:
- Zunächst einmal gilt dies nicht für alle Pflanzen. Man muss also erst einmal feststellen, wie verschiedene Pflanzen auf diese Veränderung reagieren.
- Es kommt nicht wirklich auf die Geschwindigkeit des Pflanzenwachstums an, sondern darauf, ob die den Kohlenstoff bindende Biomasse mit der Zeit zunimmt oder gar abnimmt. Ein schnelleres Wachstum bedeutet keineswegs unbedingt mehr Biomasse, da dann ja auch mehr absterben und verrotten kann.
- Das Pflanzenwachstum hängt nicht nur von der CO2-Konzentration ab, sondern von einer Reihe anderer Faktoren, etwa der Temperatur und den Niederschlägen. Wenn die Erwerbung beispielsweise Dürren verursacht, geht viel Biomasse kaputt und setzt entsprechend wieder CO2 frei.
Man möge sich auch mal beim Betrachten der riesigen Waldbrände etwa im Amazonas und in Australien überlegen, ob man da prächtiges Pflanzenwachstum sieht, welches zur Bindung von Kohlenstoff in der Biomasse führt, oder nicht etwa etwas ganz anderes.
Selbstverständlich haben sich Wissenschaftler eingehend mit diesen Dingen beschäftigt und das beispielsweise bei den Analysen des Weltklimarats (IPCC) berücksichtigt. Man darf getrost annehmen, dass dies mit größerer Sorgfalt geschah als bei diversen Propagandisten außerhalb des Faches. Es ist übrigens ziemlich schwierig, zuverlässig zu klären, wie sich die Bindung von Kohlenstoff in der gesamten Biosphäre bei veränderten Umweltbedingungen ändert.
Einfach mal aufgrund der genannten Idee anzunehmen, das würde schon irgendwie gut werden, zeigt eine gewaltige Ignoranz und Anmaßung – nämlich dass man die Komplexität der Angelegenheit nicht im Entferntesten begriffen hat, gleichzeitig sich aber für klüger hält als tausende von Fachwissenschaftlern.
Kategorien: mangelndes Verständnis
Das bisherige Klima ist insofern optimal, dass wir Menschen und die gesamte Biosphäre sich in Jahrtausenden daran angepasst haben. Unsere Anpassungsfähigkeit würde total überstrapaziert, wenn wir innerhalb einiger Jahrzehnte alles ändern müssten – etwa landwirtschaftliche Produkte anderswo anbauen, manche besiedelten Regionen mehr oder weniger aufgeben, eine neu angepasste Infrastruktur aufbauen usw. Auch große Teile der Biosphäre schaffen das nicht in diesem wahnsinnigen Tempo; schon jetzt gerät einiges arg durcheinander, und das ist erst der erste Anfang.
Einigermaßen stabile klimatische Verhältnisse sind die unabdingbare Voraussetzung für ein ordentliches Überleben.
Kategorien: mangelndes Faktenwissen und Verständnis
Die Menschheit unterhält heute einen sehr hohen Bestand an Rindern. In deren Mägen erzeugen diverse Mikroorganismen das Treibhausgas Methan (CH4). Pro Kilogramm ist dieses wesentlich wirksamer als Kohlendioxid (CO2), so dass trotz der insgesamt nicht allzu großen Mengen von Methan auch dieses deutlich zu den Klimagefahren beiträgt. Dies ist einer der Gründe, warum eine Reduktion des Ausmaßes der Viehhaltung (und damit einhergehend des Konsums tierischer Nahrungsmittel) segensreich wäre – übrigens nicht "nur" ökologisch gesehen, sondern auch in Bezug auf das Hungerproblem und betreffend medizinische Risiken (Stichwort als Beispiel: gefährliche Antibiotikaresistenzen durch Massentierhaltung).
Ob diese Einschätzung der rülpsenden Kühe lächerlich ist, lässt sich offenkundig nicht nach dem Gefühl beurteilen; man muss hierfür die betreffenden Methan-Mengen untersuchen, die Klimaschädlichkeit des Methans usw. Lächerlich ist aber auf jeden Fall die bei manchen Zeitgenossen zu findende Meinung, ihr Gefühl für solche Dinge sei zuverlässiger als alle wissenschaftlichen Untersuchungen. Dies – viel mehr als die mangelnde Kenntnis bestimmter wissenschaftlicher Erkenntnisse – ist das eigentlich Peinliche an solchen Äußerungen.
Lesetipp
Weitere falsche Meinungen und Propaganda im Bereich Klimapolitik finden Sie auf unterhaltliche Weise analysiert im "Klima-Lügendetektor".
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