Ammoniak
Definition: eine giftige und ätzende chemische Verbindung mit wesentlicher technischer Bedeutung für die Herstellung von Stickstoffdüngern, die Abgasreinigung in Kraftwerken und als Kältemittel
Chemische Formel: NH3
Englisch: ammonia
Kategorie: Ökologie und Umwelttechnik
Autor: Dr. Rüdiger Paschotta
Wie man zitiert; zusätzliche Literatur vorschlagen
Ursprüngliche Erstellung: 23.02.2020; letzte Änderung: 20.08.2023
Ammoniak ist eine chemische Verbindung von Stickstoff und Wasserstoff; die Summenformel ist NH3. Bei Normaldruck und Raumtemperatur ist es ein Gas, bei Abkühlung unter den Siedepunkt von −33 °C oder bei Kompression auf knapp 9 bar kondensiert es zu einer farblosen Flüssigkeit mit einer Dichte von 0,68 kg/m3. Somit kann Ammoniak in flüssiger Form, damit bei wesentlich höherer Dichte als in gasförmige Form, transportiert und gespeichert werden, und zwar entweder in Drucktanks bei Raumtemperatur oder in tiefgekühlter Form.
Bereits geringe Konzentrationen von Ammoniak in der Atemluft riechen stark stechend; man kann diesen charakteristischen Geruch auch als Bestandteil des Gestanks in Ställen oder auf frisch mit Gülle gedüngten Feldern erkennen. Obwohl Ammoniak auch bei natürlichen chemischen Umsetzungen im Körper eine Rolle spielt, nämlich bei der Bildung und dem Abbau von Aminosäuren, wirkt Ammoniak stark giftig. Die ersten akuten Wirkungen bei einer starken Exposition mit Ammoniak, etwa wenn Ammoniak aus einer Kältemaschine ausläuft, sind Reizungen bis hin zu Verätzungen der Schleimhäute, auch der Lunge. Wegen des stark stechenden Geruchs erkennt man Ammoniak aber in der Regel lange bevor es gefährlich wird.
Ammoniak hat in diversen Bereichen der Technik eine große Bedeutung. Der größte Teil des Ammoniaks wird für die Herstellung von synthetischen Düngemitteln (Stickstoffdünger) eingesetzt. Ammoniak dient jedoch auch der Abgasreinigung und als Kältemittel, zukünftig eventuell als Wasserstoffspeicher und Kraftstoff.
Ammoniak ist brennbar, jedoch mit einem relativ geringen Brennwert von 17,2 MJ/kg und einer geringen Entflammbarkeit. Er könnte also auch als Energieträger eingesetzt werden, aber nur mit mäßiger Energiedichte.
In Verbindung mit Wasser greift Ammoniak diverse Metalle wie z. B. Kupfer chemisch an. Seine Verwendung erfordert also eine geeignete Auswahl von Materialien.
Herstellung von Ammoniak
Konventionelles Verfahren
Ammoniak wird großtechnisch durch die Synthese von Stickstoff und Wasserstoff mit dem Haber-Bosch-Verfahren hergestellt (und kann deswegen zu den Synthesegasen gezählt werden). Hierbei reagieren die beiden Gase bei sehr hohem Druck (z. B. 200 bar) und einer Temperatur von z. B. 450 °C an einem Eisenkatalysator. Zwar wird in jedem Durchlauf durch den Reaktor nur ein kleinerer Teil der Ausgangssubstanzen in Ammoniak umgesetzt, aber die nicht umgesetzten Anteile können nach Abtrennung des Ammoniaks wieder in diesen Prozess zurückgeschickt werden, sodass letztendlich eine praktisch vollständige Umsetzung erzielt wird.
Der benötigte Stickstoff wird aus Luft gewonnen; die dafür nötige Luftzerlegung verursacht einen Teil des Energieverbrauchs.
Wasserstoff wird heute vor allem durch Reformierung von Erdgas gewonnen, zum Teil aber auch mit Kohlevergasung; in jedem Fall entsteht dabei eine Menge des klimaschädlichen Kohlendioxids (CO2). Pro Tonne erzeugten Ammoniaks werden typischerweise ca. 1,9 t CO2 freigesetzt.
Obwohl Ammoniak selbst nicht klimaschädlich ist, ist es ein mit großen Mengen grauer Energie (und damit auch grauer Emissionen) belastetes Produkt. Weltweit verursacht die Herstellung von Ammoniak ca. 2 % der gesamten CO2-Emissionen. In Deutschland werden jährlich rund 3 Millionen Tonnen Ammoniak industriell produziert.
Das bei der Herstellung von Wasserstoff aus Erdgas entstehende CO2 wird teils nach einer Reinigung für bestimmte Anwendungen genutzt, beispielsweise in der Getränkeherstellung. Dies hat leider zur Folge, dass Einschränkungen der Ammoniakproduktion in der Energiekrise von 2022 auch Engpässe bei der Versorgung mit CO2 zur Folge hatten.
CO2-freie Herstellung von Ammoniak
Zukünftig könnte Ammoniak auch CO2-frei hergestellt werden, wobei man beispielsweise Wasserstoff durch Elektrolyse mithilfe erneuerbarer Energie oder mit Kernenergie gewinnen würde. Derzeit werden auch neue elektrochemische Verfahren erforscht, die eine direkte Erzeugung von Ammoniak mit Elektrolyse ermöglichen würden, d. h. ohne das Haber-Bosch-Verfahren. Es besteht die Hoffnung, dadurch den Energieaufwand deutlich zu reduzieren und gleichzeitig die Wirtschaftlichkeit zu verbessern. Dies könnte dazu führen, dass die Herstellung von Ammoniak und weiteren Produkten wie Calciumammoniumnitrat an Standorten mit einem guten Angebot an kostengünstiger erneuerbarer Energie erfolgen wird; ein vermehrter Transportaufwand würde im Vergleich zu den erzielten CO2-Reduktionen bei der Herstellung nicht allzu stark ins Gewicht fallen.
Die Herstellung von Ammoniak mit (CO2-freier) elektrischer Energie wird als Power to Ammonia (PtA) bezeichnet, allgemeiner als Power to X. Hierfür käme einerseits überschüssige elektrische Energie in Industrieländern infrage und andererseits kostengünstig gewinnbare erneuerbare Energie an dafür günstigeren Standorten.
Denkbar wäre z. B. eine großindustrielle Ammoniak-Herstellung in Nordafrika und im Nahen Osten mit Hilfe von Photovoltaik und Windenergie, ggf. auch mit Verschiffung des Ammoniaks für die Versorgung von Mitteleuropa. Die Schiffe könnten mit einem Teil des Ammoniaks betrieben werden.
Energiegehalt von Ammoniak
Die Reaktion von Stickstoff und Wasserstoff zu Ammoniak ist exotherm, d. h. es wird Energie (80,8 kJ/mol) in Form von Wärme frei, die im Prinzip z. B. für andere chemische Prozesse wieder nutzbar ist. Andererseits ist der Energiegehalt des Ammoniaks dadurch entsprechend geringer als der des eingesetzten Wasserstoffs. Der spezifische Brennwert beträgt 17,2 MJ/kg, wobei 1 kg Ammoniak 0,176 kg Wasserstoff enthält, der einen Brennwert von 25 MJ hätte (nämlich 141,8 MJ/kg). Der Ammoniak enthält also bzgl. Brennwert 31 % weniger Energie als der eingesetzte Wasserstoff, oder nur rund die Hälfte des Brennwerts des Erdgases (im konventionellen Verfahren).
Zum Vergleich beträgt der Brennwert von Benzin mit 43 MJ/kg wesentlich mehr. Immerhin ist die Energiedichte von Ammoniak aber hoch genug zum Einsatz als Kraftstoff z. B. für Schiffe.
Ammoniak als Kraftstoff
Ammoniak könnte als Kraftstoff dienen, etwa zur Verwendung in speziell umgerüsteten Schiffs-Dieselmotoren sowie in Gasturbinen. Seine Verbrennung führt zu Stickstoff und Wasserdampf, ggf. auch zu gewissen Anteilen von Stickoxiden.
Solange Ammoniak aus fossilen Energieträgern erzeugt wird, wäre seine Verwendung als Kraftstoff freilich alles andere als sinnvoll; der direkte Einsatz fossiler Energieträger ist effizienter und einfacher. Denkbar wäre aber ein Einsatz als klimaneutraler Kraftstoff im Falle der CO2-freien Herstellung mithilfe erneuerbarer Energie. Hierbei besteht allerdings das Problem der niedrigen Energieeffizienz wegen der großen Energieverluste bei der Ammoniak-Synthese. Hinzu kämen wesentliche praktische Nachteile von Ammoniak als Kraftstoff, insbesondere die niedrige Energiedichte, die Notwendigkeit von Drucktanks oder tiefgekühlten Tanks sowie die Toxizität, die spezielle Vorkehrungen gegen tödliche Unfälle erfordert. Für einen idealen Kraftstoff fehlt Ammoniak also einiges an Eigenschaften.
Interessanterweise wurde Ammoniak bereits im 19. Jahrhundert vereinzelt als Kraftstoff eingesetzt, beispielsweise für Straßenbahnen in New Orleans.
Ammoniak für Brennstoffzellen
Es werden derzeit Brennstoffzellen entwickelt, die direkt mit Ammoniak betrieben werden können; es ist dann eben nicht notwendig, zunächst gasförmigen Wasserstoff aus dem Ammoniak zu gewinnen. Bislang sind die erreichten Energieeffizienz noch zu gering, aber weitere Forschung und Entwicklung verspricht dabei wesentliche Fortschritte. Wenn solche Brennstoffzellen effizient betrieben werden können, würde das eine effiziente Nutzung von Ammoniak zur Stromerzeugung im kleinen Maßstab bieten, etwa in Fahrzeugen. Denkbar während beispielsweise Lokomotiven für nicht elektrifizierte Bahnstrecken.
Natürlich gibt es auch die Möglichkeit, Ammoniak außerhalb einer herkömmlichen Wasserstoff-Brennstoffzelle in Stickstoff und Wasserstoff aufzuspalten.
Ammoniak als Kältemittel
Ammoniak wird unter der Bezeichnung R-717 schon sehr lange als Kältemittel verwendet, vor allem in industriellen Anlagen und auch in Kleinanlagen. Auch für Absorptionswärmepumpen ist es geeignet. Es ist in einem recht weiten Temperaturbereich einsetzbar, und seine hohe Verdampfungswärme ist technisch günstig.
Im Vergleich zu den sonst breit eingesetzten halogenierten Kohlenwasserstoffen hat Ammoniak den großen Vorteil, nicht klimaschädlich zu sein. Jedoch entstehen Probleme durch die hohe Giftigkeit und ätzende Wirkung. Deswegen ist die Verwendung von Ammoniak heute weitgehend auf größere Anlagen eingeschränkt, etwa in Tiefkühllagern, Schlachthäusern und Brauereien. Gegen den Einsatz in Klimaanlagen z. B. für die Gebäudeklimatisierung gibt es dagegen Bedenken.
Ammoniak in Wärmekraftmaschinen
Ammoniak kann im Kalina-Kreisprozess als Arbeitsmedium verwendet werden. Hier geht es um Wärmekraftmaschinen, die Wärme auf recht niedrigem Temperaturniveau (z. B. aus der tiefen Geothermie) für die Stromerzeugung nutzen können. Hierbei wird Ammoniak nicht verbraucht, da er eim Kreisprozess erhalten bleibt.
Ammoniak als Wasserstoffspeicher
Zukünftig könnte Ammoniak als ein chemischer Wasserstoffspeicher interessant sein, vor allem weil Ammoniak im Vergleich zu reinem Wasserstoff besser mit hoher Dichte transportiert und gelagert werden kann. In diesem Bereich konkurriert Ammoniak aber mit diversen anderen technischen Ansätzen, beispielsweise mit Adsorptions- und Metallhydridspeichern sowie mit bestimmten organischen Trägersubstanzen (LOHC = liquid organic hydrogen carriers). Letztere haben den Vorteil einer sehr viel besseren Handhabbarkeit, weil sie bei Zimmertemperatur und Normaldruck flüssig sind und nicht die hohe Toxizität und ätzende Wirkung von Ammoniak aufweisen.
Die Gewinnung von Wasserstoff aus Ammoniak ist relativ einfach mithilfe eines Katalysator, der die Spaltung der Ammoniakmoleküle bei mäßigen Temperaturen erlaubt. Es sind außerdem Anwendungen absehbar, bei denen Ammoniak auch direkt eingesetzt werden kann (z. B. Ammoniak-Brennstoffzelle), etwa weil die Aufspaltung in Stickstoff und Wasserstoff intern geschieht.
Für weitere Details siehe den Artikel über Wasserstoffspeicher.
Grüne Ammoniak-Wirtschaft
Die Verwendbarkeit von CO2-frei hergestelltem Ammoniak als Kraftstoff und in Brennstoffzellen (siehe oben) sowie für chemische Synthesen z. B. von Düngemitteln führte zur Idee einer grünen Ammoniakwirtschaft als eine modifizierte Variante einer Wasserstoffwirtschaft. Entsprechende Projekte zur Untersuchung der Chancen dieser Technologie werden derzeit an verschiedenen Orten untersucht, etwa im Rutherford Appleton Laboratory in England unter Beteiligung von Siemens.
Ein erster großer Schritt wäre der zunehmenden Einsatz von CO2-neutral hergestellten Ammoniak für die Düngemittelproduktion. Dafür werden so große Mengen benötigt, dass die Suche nach anderen Einsatzfeldern (z. B. Kraftstoffe) wenig vordringlich erscheint. Die größte Herausforderung ist die Herstellung großer Mengen erneuerbarer Energie und die Etablierung einer großen Ammoniak-Produktion an dafür geeigneten Standorten.
Ammoniak für die Abgasreinigung
Ammoniak wird technisch oft für die Abgasreinigung eingesetzt. In SCR-Katalysatoren fördert es den Abbau von Stickoxiden; hier versucht man überschüssiges Ammoniak zu vermeiden und notfalls durch einen zusätzlichen Ammoniak-Katalysator zu entfernen; ein Ammoniak-Schlupf einer solchen Abgasreinigung würde sich sehr schnell durch üblen Geruch bemerkbar machen. Von Katalysatoren benötigtes Ammoniak wird an Bord aus einer Harnstofflösung (AdBlue) gewonnen.
Auch in großen Kraftwerken wird Ammoniak weit verbreitet eingesetzt, da es insbesondere mit sauren Substanzen wie Schwefeldioxid und Salpetersäure reagiert und deren Abscheidung ermöglicht.
Ammoniak als Schadstoff
Ammoniak wird auch in den Industrieländern vorwiegend durch die Landwirtschaft emittiert (z. B. in Deutschland zu rund 95 %), und zwar vor allem im Zusammenhang mit der Massentierhaltung, in geringerem Maße durch den Einsatz von Düngemitteln sowie durch Gärreste der Biogasproduktion [1]. Durch diverse atmosphärische chemische Reaktionen trägt Ammoniak zur Bildung von Stickoxiden, Ozon und Feinstaub bei. Beispielsweise in Deutschland trägt die Landwirtschaft dadurch nicht viel weniger als der Verkehrssektor zur Bildung von Luftschadstoffen sowie den dadurch resultierenden Todes- und Krankheitsfällen bei. Weltweit rechnet man mit ca. 800 000 Todesfällen pro Jahr durch Ammoniak-Emissionen. Außerdem trägt Ammoniak in der Atmosphäre zur Bildung des sehr klimaschädlichen Lachgases bei und ist daher effektiv klimaschädlich (also ein indirektes Treibhausgas), obwohl es selbst kein Treibhausgas ist.
Durch technische Anlagen entstehen nur relativ geringfügige Ammoniak-Emissionen, beispielsweise durch Leckagen in Kältemaschinen oder Ammoniak-Schlupf von SCR-Katalysatoren.
Literatur
[1] | Informationen über Ammoniak-Emissionen vom Umweltbundesamt, https://www.umweltbundesamt.de/daten/luft/luftschadstoff-emissionen-in-deutschland/ammoniak-emissionen#entwicklung-seit-1990 |
[2] | "Ammonia – a renewable fuel made from sun, air, and water – could power the globe without carbon", Science 12.07.2018, https://www.science.org/news/2018/07/ammonia-renewable-fuel-made-sun-air-and-water-could-power-globe-without-carbon |
Siehe auch: graue Energie, Kältemittel, Wasserstoffspeicher, Power to Ammonia
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