Bewegungsenergie
Definition: Energie eines Objekts aufgrund seiner Bewegung
Alternativer Begriff: kinetische Energie
Allgemeiner Begriff: mechanische Energie
Spezifischerer Begriff: Rotationsenergie
Gegenbegriff: potenzielle Energie
Englisch: kinetic energy
Kategorien: Fahrzeuge, Grundbegriffe, physikalische Grundlagen
Autor: Dr. Rüdiger Paschotta
Wie man zitiert; zusätzliche Literatur vorschlagen
Ursprüngliche Erstellung: 27.12.2019; letzte Änderung: 20.08.2023
Wenn ein Körper in Bewegung gesetzt wird, so ist hierfür eine antreibende Kraft notwendig, und diese überträgt Energie auf den Körper. Anschließend besitzt der Körper diese Energie als sogenannte Bewegungsenergie. Deren Betrag ergibt sich in der klassischen Mechanik als die halbe Masse multipliziert mit dem Quadrat der Geschwindigkeit, wenn eine lineare Bewegung vorliegt (nicht etwa eine Rotation):
$$E_{\textrm{kin}} = \frac{m}{2} v^2$$
Dies gilt jedenfalls bei nicht allzu großen (nicht-relativistischen) Geschwindigkeiten, d. h. weit unterhalb der Lichtgeschwindigkeit. Bei Annäherung der Geschwindigkeit eines Körpers oder Teilchens an die Lichtgeschwindigkeit wächst die Bewegungsenergie grenzenlos an; das hängt damit zusammen, dass die Masse des Teilchens dann anwächst.
Man beachte, dass die Geschwindigkeit eines Körpers und damit auch seine Bewegungsenergie davon abhängt, in welchem System sich der Beobachter befindet. Beispielsweise hat ein ruhig in einem Zug sitzender Fahrgast aus der Sicht eines anderen Fahrgastes keine Bewegungsenergie, außer wenn dieser seine Überlegungen gedanklich auf das System der Erdoberfläche bezieht, gegenüber der sich der Zug bewegt.
Interessanterweise ist auch die Größe von Änderungen der Bewegungsenergie vom Bezugssystem abhängig. Dasselbe gilt für den Energieaufwand für eine Beschleunigung. Wenn etwa jemand einen Gegenstand im Zug nach vorne schubst, braucht er dafür weniger Energie, als wenn dasselbe durch einen Stoß bewirkt würde, der von einer Person neben dem Gleis von außen angewandt würde (etwa über eine Stange). Das hängt damit zusammen, dass der Stoß im Zug eine bremsende Wirkung auf das Fahrzeug hat, also diesem Bewegungsenergie entzieht (aus der Sicht des Bezugssystems der ruhenden Erde).
Bewegungsenergie tritt natürlich auch bei Rotationen starrer Körper auf. Hier bewegen sich die Bestandteile des Körpers mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten, je nach ihrem Abstand von der Drehachse. Die gesamte Bewegungsenergie ist in diesem Fall das halbe Trägheitsmoment multipliziert mit dem Quadrat der Winkelgeschwindigkeit. Bewegungsenergie rotierender Körper (auch Rotationsenergie genannt) wird beispielsweise in Schwungradspeichern technisch genutzt.
Bewegungsenergie und potenzielle Energie
Bewegungsenergie ist gewissermaßen eine offenkundig manifeste Form von Energie, da sie an der Bewegung unmittelbar erkennbar ist. Im Gegensatz dazu steht so genannte potenzielle Energie, die quasi versteckt existiert und ggf. später in andere Formen wie Bewegungsenergie umgewandelt werden kann. Häufig kommt es zu Umwandlungen von Bewegungsenergie in potenzielle Energie – etwa wenn ein sich nach oben bewegender Körper durch den Einfluss der Schwerkraft immer langsamer wird – oder umgekehrt (etwa beim Fallen mit entsprechender Zunahme der Geschwindigkeit). Unter Umständen geht auch ein Teil der Energie dabei verloren, etwa durch Reibung, also durch eine Umwandlung in andere, oft nicht mehr nutzbare Energieformen wie Wärme.
Auswirkungen von Bewegungsenergie
Die Beschleunigung beispielsweise von Fahrzeugen (Autos, Zügen, etc.) braucht oft erhebliche Mengen von Energie. Diese werden zwar im Prinzip wieder frei, wenn das Fahrzeug abgebremst wird – jedoch häufig nur in nicht nutzbaren oder sogar lästigen Formen von Energie (etwa Bremswärme oder Schallenergie durch Geräusche von Bremsen). In manchen Fällen kann Bewegungsenergie aber zumindest teilweise zurückgewonnen werden; dies bezeichnet man als Rekuperation.
Da die Bewegungsenergie mit dem Quadrat der Geschwindigkeit zunimmt, braucht man beispielsweise dreimal mehr Antriebsenergie, um ein Auto von 100 km/h auf 200 km/h zu beschleunigen (ohne Beachtung des Luftwiderstand) also von 0 auf 100 km/h. Energieverluste durch Bremsen können stark reduziert werden, indem man die Fahrgeschwindigkeiten reduziert. Beispielsweise kann ein Tempolimit auf 30 km/h zum Teil dadurch Energie sparen, dass deutlich weniger Energie in den Bremsen der Fahrzeuge z. B. an Kreuzungen und Abbiegungen "vernichtet" werden muss.
Eine andere Möglichkeit der Reduktion von Bewegungsenergie und damit verbundenen Energieverlusten ist natürlich die Reduktion der Fahrzeugmasse, etwa durch Leichtbau oder Reduktion der Größe.
Eine hohe Bewegungsenergie wirkt sich oft ungünstig aus, wenn sie ungeplant und rapide in andere Energieformen umgewandelt wird – etwa beim Zusammenprall von Fahrzeugen oder beim Einschlag von Meteoren.
Nennenswerte Mengen von Bewegungsenergie können auch in sehr kleinen Massen enthalten sein, wenn die Geschwindigkeiten entsprechend hoch sind. Beispielsweise kann der in einem großen Beschleunigerring zirkulierende Strahl hochenergetischer Teilchen (etwa Protonen im LHC des CERN) trotz minimaler Masse eine ähnliche kinetische Energie aufweisen wie ein auf einer Autobahn fahrender Lastkraftwagen. In diesem Beispiel liegen die Teilchengeschwindigkeiten sehr nahe an der Lichtgeschwindigkeit.
Bewegungsenergie bei Wärme und Teilchenstrahlung
Wärme gilt etwa in der Mechanik nicht als Bewegungsenergie. Jedoch kann in physikalischen Modellen Wärme zum Teil als Bewegungsenergie mikroskopischer Teilchen gedeutet werden. Beispielsweise bewirkt die Zufuhr von Wärme bei einem Gas die Zunahme der mittleren Bewegungsenergie der Gasteilchen (Atome oder Moleküle), die sich ungeordnet im Raum bewegen. (Ein Teil der Energie kann allerdings auch die Anregung in höhere Energieniveaus der Elektronen bewirken.)
Ähnliches gilt für Formen von Teilchenstrahlung, etwa <$\alpha$>-Strahlung, <$\beta$>-Strahlung oder Neutronenstrahlung im Zusammenhang mit Radioaktivität. Mikroskopisch gesehen ist die Energie solcher Strahlung die Bewegungsenergie von Teilchen. Die besonderen Wirkungen solcher Strahlung hängen wesentlich damit zusammen, dass die Energie pro Teilchen meist um viele Größenordnungen höher liegt als etwa bei der Wärmebewegung. (Die involvierten Teilchengeschwindigkeiten liegen oft nahe der Lichtgeschwindigkeit.) Deswegen können diese Teilchen auch lokal sehr konzentriert Energie deponieren und damit beispielsweise Schäden am Erbgut betroffener Zellen verursachen.
Siehe auch: mechanische Energie, potenzielle Energie, Rekuperation
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