RP-Energie-Lexikon
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Blower-Door-Test

Definition: ein Test für die Luftdichtigkeit eines Gebäudes

Englisch: blower door test

Kategorien: Energieeffizienz, Haustechnik, Wärme und Kälte

Autor:

Wie man zitiert; zusätzliche Literatur vorschlagen

Ursprüngliche Erstellung: 17.11.2013; letzte Änderung: 20.08.2023

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Der Blower-Door-Test, auch als Gebläse-Tür-Messung oder Differenzdruck-Messverfahren bezeichnet, ist das übliche Verfahren zur Überprüfung der Luftdichtheit eines Gebäudes. Es kann damit innerhalb einiger Stunden gemessen werden, wie groß die Luftwechselrate durch Undichtigkeiten bei einer gegebenen Druckdifferenz (meist 50 Pascal) zwischen innen und außen ist. Zweck der Messung ist einerseits die Überprüfung, ob die gewünschte Luftdichtheit erreicht wird, und andererseits das Aufspüren von Fehlstellen, damit diese repariert werden können.

Für den Blower-Door-Test wird eine Haustür oder eine Balkontür ausgehängt und durch einen Rahmen ersetzt, der einen starken Ventilator mit einstellbarer Drehzahl enthält. Der Ventilator kann die Luft nach außen blasen (aus dem Gebäude absaugen, Unterdruckmessung) oder auch nach innen drücken (Überdruckmessung). Vor Beginn der Messung werden alle Fenster und Türen geschlossen, ebenfalls ggf. Abgasklappen von Schornsteinen und alle anderen absichtlichen Öffnungen wie z. B. an Dunstabzugshauben. Die Zu- und Abluftöffnungen einer Lüftungsanlage (z. B. auch Außenluftdurchlässe) müssen dicht verschlossen werden. Innentüren werden aber geöffnet.

Die Drehzahl des Ventilators wird so gewählt, dass sich nach einiger Zeit die gewünschte Druckdifferenz von z. B. 50 Pa zwischen innen und außen einstellt. Bei dieser Leistung wird dann der Luftvolumenstrom am Ventilator gemessen – meist mit Hilfe einer Messblende. Je größer die Undichtigkeiten des Gebäudes sind, desto größer wird der sich ergebende Luftstrom. Die Luftwechselrate ergibt sich als der Quotient von Luftstrom und Gebäudevolumen. Sie kann für verschiedene Differenzdrucke von z. B. 10 bis 50 Pa ermittelt werden, um ein genaueres Bild zu erhalten. Unter Annahme von rein laminaren (also nicht turbulenten) Luftströmungen sollte die Luftwechselrate proportional zum Differenzdruck sein, und aus der Summe der Messungen lässt sich ein Mittelwert für die auf 50 Pa Druckdifferenz bezogene Luftwechselrate berechnen. Wenn dieser <$n_{50}$>-Wert z. B. 1,5 h−1 = 1,5 /h ist, bedeutet dies, dass bei 50 Pa Druckdifferenz pro Stunde das 1,5-fache des Luftinhalts des Gebäudes ausgewechselt wird. (Ohne Ventilator wäre es viel weniger, abhängig von den Wetterverhältnissen.) Wenn eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung eingesetzt wird, sollte der <$n_{50}$>-Wert deutlich unter 1,5 h−1 liegen, damit die Wirksamkeit der Wärmerückgewinnung nicht unterminiert wird. Für Passivhäuser wird <$n_{50}$> unterhalb von 0,6 h−1 angestrebt. Für Gebäude ohne Lüftungsanlage gelten Werte bis zu 3 h−1 als akzeptabel.

Während einer Unterdruckmessung kann und soll im Gebäude nach Stellen gesucht werden, wo Luft durch die Außenhülle eindringt – insbesondere wenn die erzielten Werte nicht gut sind. Zur Feststellung größerer Undichtigkeiten kann bereits das Erfühlen des Luftstroms mit einer Hand genügen. Genauere Untersuchungen sind möglich mit Hilfe eines Rauchspenders oder eines Luftgeschwindigkeitsmessers, weil damit bereits sehr schwache Luftbewegungen auffindbar sind. Eine weitere gute Methode ist, an einem kalten Tag mit einer Infrarotkamera die lokale Abkühlung durch in das beheizte Haus eindringende Kaltluft zu beobachten; so können auch schwache Undichtigkeiten zuverlässig gefunden werden. Naturgemäß funktioniert diese Methode aber nicht, wenn Innen- und Außentemperaturen ähnlich hoch liegen. Wenn Fehlstellen gefunden werden, sollten diese zwecks späterer Behebung klar dokumentiert werden.

Besonders große Undichtigkeiten werden häufig an Einzelöfen (z. B. Holzöfen) und offenen Kaminen gefunden. Deren Schornsteinanlagen führen auch bei geschlossener Rauchgasklappe häufig zu erheblichen Wärmeverlusten in den langen Stillstandszeiten, die bei geringen Einsatzzeiten pro Jahr sogar größer sein können als die gesamte Wärmeerzeugung pro Jahr. Solche Öfen tragen trotz ihres Brennstoffverbrauchs dann sogar zu einem Mehrverbrauch der Zentralheizungsanlage bei. Dies legt natürlich nahe, solche Öfen zu entfernen.

Zweck einer hohen Luftdichtheit und ihrer Messung

Bei geschlossenen Türen und Fenstern soll ein Gebäude eine hohe Luftdichtheit aufweisen, und diese soll überprüft werden, und zwar vor allem aus den folgenden Gründen:

  • Undichtigkeiten führen zu einem unkontrollierten Luftaustausch. Im Winter verursacht dies vor allem an windigen Tagen eine Abkühlung des Raums und in der Folge einen erhöhten Heizwärmebedarf, also einen erhöhten Energieverbrauch für die Beheizung des Gebäudes.
  • Die durch Undichtigkeit entstehenden Zugerscheinungen werden von den Bewohnern oft als unangenehm empfunden.
  • Undichtigkeiten können Folge von Baumängeln oder Bauschäden sein. Deren Entdeckung ist wichtig, weil nur so Nachbesserungen oder Reparaturen möglich werden, und oft nur dadurch eine weitere Ausweitung von Schäden (auch durch eindringende Feuchtigkeit) möglich ist.
  • Undichtigkeiten können wiederum zur Ursache von Bauschäden sein, vor allem wenn durch sie flüssiges Wasser in die Bausubstanz eintritt, wenn Kondenswasser entsteht als Folge einer lokalen Abkühlung durch eindringende Kaltluft, oder wenn Kondenswasser durch Eindringen feuchter Innenluft in Bauteile entsteht. Dies kann z. B. zur Bildung von Schimmel beitragen, der wiederum stark gesundheitsschädliche Stoffe in die Raumluft abgeben kann.

Aus diesen Gründen ist eine gute Luftdichtheit ein Qualitätsmerkmal für eine Gebäudehülle, und diverse Baunormen (z. B. die DIN 4108) definieren deswegen Mindeststandards für die Luftdichtheit von Gebäuden (insbesondere Wohn- und Bürogebäuden). Dies bedeutet keine absolute Dichtheit, z. B. keineswegs ein Unterbinden jeglicher Dampfdiffusion, aber eine wesentlich bessere Dichtheit als früher üblich war.

Besonders angezeigt sind Blower-Door-Messungen der Luftdichtheit direkt nach dem Bau oder einer energetischen Sanierung von Gebäuden, oder evtl. besser bereits vor der vollständigen Durchführung solcher Maßnahmen. Beispielsweise sind Nachbesserungen nach Entdeckung von Undichtigkeiten unter Umständen einfacher machbar, wenn die Malerarbeiten noch nicht fertig, die abdichtenden Teile also noch zugänglich sind. Es müssen aber all die Arbeiten beendet sein, bei denen eine Beschädigung mit der Folge einer Undichtigkeit auftreten könnte.

Der Nachweis einer guten Luftdichtheit ist für Passivhäuser und Niedrigenergiehäuser (z. B. KfW-Effizienzhaus 70 oder besser) Pflicht und dürfte mit der Zeit zumindest für alle neuen Gebäude verpflichtend werden.

Undichtigkeiten als Beitrag zur notwendigen Belüftung?

Man hört gelegentlich den Einwand, eine hohe Luftdichtheit eines Gebäudes führe zu einem zu geringen Luftaustausch, also einer ungenügenden Belüftung, und dies habe dann Probleme mit Feuchtigkeit und Schimmel zur Folge. Dieser Einwand ist jedoch nicht stichhaltig. Es ist zwar richtig, dass eine genügend große Luftwechselrate in einem Gebäude sehr wichtig ist, um eine gute Luftqualität und die Vermeidung von Feuchteschäden zu gewährleisten. Jedoch ist die Belüftung durch Undichtigkeiten selbst bei alten Wohngebäuden mit sehr schlechter Luftdichtheit völlig ungenügend – der nötige Mindestluftwechsel wird höchstens bei besonders windigem Wetter erreicht. Also ist eine reguläre Belüftung z. B. durch Fenster oder mit einer Lüftungsanlage so oder so unverzichtbar und könnte durch Undichtigkeiten höchstens ganz geringfügig unterstützt werden.

Ein weiterer Einwand könnte sein, dass der Luftaustausch für die Belüftung ohnehin notwendig ist und deswegen der Wärmeverlust durch Undichtigkeiten nicht relevant sei. Jedoch steht die Größe des Wärmeverlusts keineswegs in einem direkten Zusammenhang mit der erreichten Luftqualität und Trocknungswirkung. Im Idealfall wird Frischluft durch eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung zugeführt, was die Wärmeverluste pro Kubikmeter Frischluft um einen Faktor 5 bis 10 reduzieren kann. Außerdem ist die Nutzung der Frischluft viel effizienter, wenn die Frischluft gezielt z. B. in Wohnzimmer und Schlafzimmer eingebracht und die Abluft ebenso gezielt in Badezimmern und Küchen abgesaugt wird. (Gerüche und Feuchtigkeit sollen nahe ihren Quellen entfernt und nicht erst im ganzen Haus verteilt werden.) Die Belüftung durch Undichtigkeiten dagegen erfolgt unkontrolliert und kann deswegen niemals so gezielt wirken; beispielsweise können auch Luftströme in unerwünschten Richtungen erfolgen, etwa von Küche und Badezimmern in Wohnräume hinein anstatt in umgekehrter Richtung, und in der Menge gemäß den Wetterverhältnissen und nicht etwa entsprechend dem Bedarf. Die unkontrollierte Belüftung erfordert aus diesen Gründen für die gleiche Luftqualität und Trocknungswirkung eine wesentlich größere Luftwechselrate als eine kontrollierte Belüftung, und der Wärmeverlust ist entsprechend höher.

Die Fensterlüftung ist nicht so gut kontrollierbar wie diejenige mit einer modernen Lüftungsanlage, aber doch wesentlich besser als die Belüftung durch Undichtigkeiten. Dies hängt allerdings vom Verhalten der Bewohner des Gebäudes ab. Im Idealfall praktizieren sie eine gezielte Stoßlüftung durch weites Öffnen mehrerer Fenster für wenige Minuten und halten die Fenster sonst geschlossen. Ständig gekippte Fenster führen dagegen zu ähnlich ineffizienter Belüftung wie Undichtigkeiten.

Luftdichtheit und Wärmedämmung

Obwohl eine gute Luftdichtheit unnötige Wärmeverluste vermeiden hilft, steht sie nur in einem vagen Zusammenhang mit dem Aspekt der Wärmedämmung:

  • Eine gute Luftdichtheit wird technisch nicht durch Wärmedämmungs-Maßnahmen wie z. B. Dämmplatten auf der Fassade erzielt, sondern vielmehr z. B. durch dichten Einbau von Fenstern und Türen sowie durch ähnliche Maßnahmen an diversen anderen Teilen der Gebäudehülle. Die Aufgabe von Dämmschichten ist primär die Reduktion von Wärmeleitung, nicht von Undichtigkeiten. Zwar sind ältere Gebäude, die über keine besondere Wärmedämmung verfügen, oft besonders undicht, aber dies ist nicht die Folge der fehlenden Dämmung, sondern von anderen Mängeln.
  • Eine ausreichende Luftdichtheit kann aber eine Voraussetzung für die gute Wirksamkeit und eine hohe Lebensdauer einer Wärmedämmung sein. Beispielsweise können ein noch so gut konstruierter Fensterrahmen und eine exzellent dämmende Verglasung nichts gegen Wärmeverluste ausrichten, die durch mangelhafte Abdichtung beim Einbau eines Fensterrahmens entstehen. Ebenfalls können Dämmelemente feucht werden, wenn zu große Mengen warmer Innenluft durch Undichtigkeiten in sie eindringen. Deswegen erfordern diverse Dämmsysteme eine wirksame Dampfsperre (d. h. eine luftdichte Schicht) auf der Innenseite, z. B. auf der Basis von Kunststofffolien, die luftdicht miteinander verklebt werden.

Undichtigkeiten können unter Umständen auch mit der Methode der Thermografie entdeckt werden. Hier ist der Nachweis indirekter Natur: Austretende Warmluft oder eindringende Kaltluft machen sich dadurch bemerkbar, dass sie Bauteile aufheizen bzw. abkühlen. Eine generelle Aussage über die Luftdichtheit einer Gebäudehülle ist aber mit der Thermografie nicht möglich.

Siehe auch: Wärmedämmung, Belüftung von Gebäuden, Lüftungsanlage, Luftwechselrate, energetische Sanierung von Gebäuden, Fenster, Schimmel in Wohnräumen

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