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Carnot-Wirkungsgrad

Definition: die theoretische Obergrenze für den möglichen Wirkungsgrad einer Wärmekraftmaschine

Alternativer Begriff: Carnot-Faktor

Allgemeiner Begriff: Wirkungsgrad

Englisch: carnot efficiency

Kategorien: Energieeffizienz, Grundbegriffe, physikalische Grundlagen

Autor:

Wie man zitiert; zusätzliche Literatur vorschlagen

Formelsymbol: <$\eta_{\rm C}$>

Ursprüngliche Erstellung: 21.03.2010; letzte Änderung: 11.08.2024

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Der Carnot-Wirkungsgrad (oder Carnot-Faktor), benannt nach dem französischen Physiker Nicolas Léonard Sadi Carnot, ist zunächst der theoretisch mögliche Wirkungsgrad für die Umwandlung von Wärmeenergie in mechanische Energie in einer Wärmekraftmaschine, die auf der Grundlage des sogenannten Carnot-Kreisprozesses (Carnot-Zyklus) arbeitet:

  • isotherme Kompression des Arbeitsmediums, wobei Abwärme auf niedrigem Temperaturniveau an ein Kühlmedium abgegeben wird
  • weitere Kompression, nun aber ohne Wärmeaustausch (adiabatisch)
  • isotherme Expansion, wobei Wärme aus einer Hochtemperatur-Wärmequelle aufgenommen und Arbeit geleistet wird
  • weitere adiabatische Expansion (ohne Wärmeaustausch) mit Leisten von Arbeit bis zum Erreichen der ursprünglichen Temperatur

Der Carnot-Wirkungsgrad ist also eine Eigenschaft einer erdachten Maschine in einem stark abstrahierten theoretischen Modell.

Im Rahmen der Theorie der Thermodynamik stellte sich später heraus, dass die genannte Obergrenze für den Wirkungsgrad auch mit keiner anderen Art von Wärmekraftmaschine überschritten werden kann, gleich nach welchem Prinzip sie arbeitet.

Es wird für diese Betrachtung angenommen, dass einer Wärmekraftmaschine eine Wärmequelle (z. B. heißer Dampf) mit einer oberen Temperatur <$T_{o}$> und eine Wärmesenke (z. B. Kühlwasser) mit einer unteren Temperatur <$T_{u}$> zur Verfügung steht. Die Carnot-Formel gibt dann den theoretisch maximal möglichen Wirkungsgrad an zu

$$\eta_\textrm{C} = 1 - \frac{T_\textrm{u}}{T_\textrm{o}}$$ wobei <$T_\textrm{u}$> und <$T_\textrm{o}$> als absolute Temperaturen eingesetzt werden müssen. Die absolute Temperatur ist der Temperaturabstand zum absoluten Nullpunkt, und ihr Wert in der Einheit Kelvin ergibt sich durch das Addieren von 273,15 zur Temperatur in °C. Abbildung 1 zeigt den Carnot-Wirkungsgrad in Abhängigkeit von der oberen Temperatur für zwei verschiedene untere Temperaturen.

Leistungszahl von Wärmepumpen bei verschiedenen Vorlauftemperaturen
Abbildung 1: Carnot-Wirkungsgrad in Abhängigkeit von der oberen Temperatur für zwei verschiedene untere Temperaturen.

Der Carnot-Wirkungsgrad wird Null, wenn die obere und untere Temperatur gleich sind, also kein Temperaturgefälle zur Verfügung steht. Umgekehrt setzt ein hoher Carnot-Wirkungsgrad ein starkes Temperaturgefälle voraus.

Man beachte, dass sich eine Absenkung der unteren Temperatur um z. B. 1 Grad deutlich stärker auf den Carnot-Wirkungsgrad auswirkt als eine Erhöhung der oberen Temperatur um den gleichen Betrag.

Carnot-Wirkungsgrad und zweiter Hauptsatz der Thermodynamik

Der Physiker Carnot berechnete diesen Wirkungsgrad für einen idealen Kreisprozess, wie er annähernd in manchen Wärmekraftmaschinen (z. B. Dampfturbinen) auftritt. Es stellte sich dann heraus, dass auch jede andere Art von Prozess oder Maschine keinen höheren Wirkungsgrad erreichen könnte, weil dies den zweiten Hauptsatz der Thermodynamik verletzen würde. Im Kern lässt sich das physikalisch so verstehen:

  • Die Entnahme von Wärme aus dem oberen Reservoir bewirkt dort eine Reduktion von Entropie.
  • Ein Teil dieser Wärme wird in mechanische Energie umgewandelt, die keine Entropie aufweist. Der Anteil dieser Wärme ist der Wirkungsgrad.
  • Der nicht umgewandelte Teil der Wärme wird dem unteren Reservoir (z. B. dem Kühlwasser) zugeführt, und dies führt dort zu einer Entropiezunahme. Pro zugeführtem Joule ist diese Entropie höher, weil die Temperatur niedriger ist. (Die Entropiezunahme ist die Wärmemenge dividiert durch die absolute Temperatur.)
  • Wenn der Wirkungsgrad höher als der Carnot-Wirkungsgrad wäre, wäre die gesamte Entropieänderung negativ. Genau dies ist jedoch gemäß dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik unmöglich: Die gesamte Entropie eines abgeschlossenen Systems kann nie abnehmen. Eine Maschine, die dies erreichen würde, wird als Perpetuum mobile zweiter Art bezeichnet. Wenn ein solches möglich wäre (was nicht anzunehmen ist), wäre damit der zweite Hauptsatz der Thermodynamik widerlegt (falsifiziert).

Die Berechnung des maximalen Wirkungsgrads auf diese Art ist einerseits viel allgemeiner und andererseits sogar wesentlich einfacher als die für den Carnotschen Kreisprozess, wo die Gasgesetze angewandt werden müssen.

Konsequenzen für die Energietechnik

Um eine maximale Energieeffizienz einer Wärmekraftmaschine zu erreichen, muss erst einmal eine Situation geschaffen werden, in der der Carnot-Wirkungsgrad hoch ist. Hierfür sind zwei Dinge notwendig:

  • Die Temperatur der verwendeten Wärmequelle soll möglichst hoch sein. Die wirklich nutzbare Temperatur wird allerdings u. U. durch das begrenzt, was die Maschine aushalten kann. Beispielsweise können die Blätter einer Gasturbine nur mit einer Einlasstemperatur von etwas über 1500 °C arbeiten (bei modernen Großanlagen mit aktiver Kühlung der Blätter). Auch die erhöhte Bildung von Stickoxiden bei hohen Verbrennungstemperaturen kann nachteilig sein.
  • Die Temperatur der Wärmesenke soll möglichst tief liegen. Die Kühlung mit Flusswasser ist diesbezüglich günstiger als mit einem Kühlturm; oft wird eine Kombination von Kühlturm und Flusswasserkühlung verwendet, um den Wärmeeintrag in den Fluss zu reduzieren und trotzdem eine sehr niedrige Kondensatortemperatur zu erzielen.

Das Grundprinzip einer Dampfturbinenanlage wird realistischer durch den sogenannten Clausius-Rankine-Kreisprozess beschrieben, der deutlich vom Carnot-Kreisprozess abweicht. Insbesondere erfolgt die Wärmezufuhr nicht auf isotherme Weise. Der für diesen Prozess (wiederum mit gewissen Idealisierungen) errechnete Wirkungsgrad liegt deutlich tiefer als der Carnot-Wirkungsgrad, und tatsächlich realisierte Maschinen auf der Basis dieses Prinzips sind wiederum etwas weniger effizient.

Bei modernen Gasturbinen und Dampfturbinen kann der Carnot-Wirkungsgrad aber immerhin einigermaßen angenähert werden. Hierzu dienen insbesondere auch als Carnotisierung bezeichnete Maßnahmen, die den verwendeten Prozess dem Carnot-Prozess stärker annähern. Bei den modernsten Gas-und-Dampf-Kombikraftwerken wird ein Wirkungsgrad von immerhin ca. 60 % erreicht, während der Carnot-Wirkungsgrad für 1500 °C Einlass der Gasturbine und 45 °C unterer Temperatur der Dampfturbine 82 % betragen würde.

Wenn die Abwärme genutzt werden soll (→ Kraft-Wärme-Kopplung), ist dafür häufig eine gewisse Anhebung der unteren Temperatur notwendig, was den Carnot-Wirkungsgrad reduziert. Man erhält dann eine etwas reduzierte Ausbeute an mechanischer bzw. elektrischer Energie, dafür aber einen höheren Gesamtwirkungsgrad. Man beachte aber, dass die Anhebung der Kühltemperatur um ein Kelvin den Carnot-Wirkungsgrad deutlich stärker verringert als die Absenkung der oberen Temperatur um ein Kelvin.

"Offene" Systeme wie Ottomotoren und Dieselmotoren arbeiten nach Funktionsprinzipien, die weit vom Carnot-Prozess abweichen. Trotzdem kann der Carnot-Wirkungsgrad aus der Verbrennungstemperatur und der Temperatur der eingelassenen Luft berechnet werden, um eine obere Grenze für den möglichen Wirkungsgrad zu erhalten. In der Praxis erzielbare Werte liegen jedoch erheblich darunter.

Geothermische Kraftwerke müssen meist mit einem recht niedrigen oberen Temperaturniveau arbeiten und können deswegen keinen hohen elektrischen Wirkungsgrad erzielen.

Siehe auch: Wirkungsgrad, Wärmekraftmaschine, Energieeffizienz, Temperatur, Entropie, Thermodynamik, Hauptsätze der Thermodynamik, thermodynamisch optimiertes Heizen

Fragen und Kommentare von Lesern

23.11.2020

In der Schweiz und anderswo werden Kernkraftwerke (AKW) noch jahrzehntelang betrieben werden. Ein Werk mit 3 GW thermischer Leistung liefert ca. 1 GW elektrische Leistung und 2 GW Abwärme, wenn ich Ihre Ausführungen richtig verstanden habe. Wenn diese Abwärme auch nur mit einem Wirkungsgrad von 5 % mit thermoelektrischen Elementen in el. Strom umgewandelt werden würde, bedeutete dies eine Leistung von 100'000 kW zusätzlich, womit grob gerechnet 10'000 Einfamilienhäuser beheizt werden könnten. Auch bei bloß 3 % Wirkungsgrad sind es immer noch 6'000 Häuser.

Stimmen diese Überlegungen im Großen und Ganzen? Wenn ja: Weshalb werden keine thermoelektrischen Elemente in die Kühlung von AKWs eingebaut? Wenn nein: Wo liegt mein Denkfehler?

Antwort vom Autor:

Das würde so nicht klappen, schon aus fundamentalen Gründen. Damit Sie einen Wirkungsgrad der Thermoelemente von einigen Prozent bekommen, brauchen Sie eine erhebliche Temperaturdifferenz. Mit dieser würde also die Kühltemperatur für den Kondensator der Dampfturbinenanlage entsprechend höher, sodass sie dort sofort entsprechend an Wirkungsgrad verlieren würden. Unter dem Strich hätten Sie also eine niedrigere Energieeffizienz als zuvor (weil die Thermoelemente weit davon entfernt sind, den Carnot-Wirkungsgrad zu erreichen), und dies zu sehr hohen Kosten.

03.02.2021

Welche Bedeutung hat denn der Carnot-Prozess für die Ingenieurwissenschaften? Diese befassen sich ja mit der technischen Umsetzbarkeit naturwissenschaftlicher Erkenntnisse.

Antwort vom Autor:

Auch wenn ein eigentlicher Carnot-Prozess im strengen Sinn selten praktisch realisiert wird, ist die Analyse dieses Prozesses trotzdem sehr wichtig. Man versteht daran exemplarisch, wie die maximal mögliche Effizienz einer Wärmekraftmaschine zustande kommt. Ingenieure können die Wirkungsgrade ihrer Maschinen daran messen – es zeigt sich, wie viel theoretisches Potenzial für Verbesserungen noch bestünde.

01.01.2024

Habe ich es richtig verstanden, dass der Carnot-Wirkungsgrad eines Systems dessen Exergie-Gehalt entspricht? Immerhin ist die Kurve des Exergie-Gehalts von Wärme die gleiche und nähert sich ebenfalls 80 % an; zumal die Kurve des Carnot-Wirkungsgrades um den Grad der Erhöhung der Untertemperatur in x-Richtung verschoben ist und das bei einer höheren Umgebungstemperatur auch mit der Exergie-Kurve der Fall sein müsste, da Anergie und Umgebungstemperatur ja identisch sind und sich damit auch der Anergie-Anteil erhöht, womit sich auch bei gleicher Betriebstemperatur der Exergie-Anteil verringern muss.

Antwort vom Autor:

Ich würde es anders ausdrücken. Der Carnot-Wirkungsgrad ergibt sich für einen völlig reversibel durchgeführten Prozess, d. h. ohne Erzeugung zusätzlicher Entropie. Anders gesagt kann man damit gerade die in der verwendeten Wärme enthaltene Exergie als Arbeit gewinnen; vermutlich meinten Sie das.

17.02.2024

Ein Gedankenexperiment: Wäre es in der Theorie möglich, mithilfe einer Wärmepumpe und einer Dampfturbine möglich, Strom zu erzeugen? Man hat eine Wärmepumpe, deren Leistungszahl (die meines Wissens mit dem Kehrwert des Carnot-Wirkungsgrades begrenzt ist) maximiert wurde, und kühlt ein bereits kaltes Reservoir noch weiter ab. Ein anderes Reservoir wird dadurch erhitzt. Wenn man nun mit einer idealen Dampfturbine (ebenfalls an der Carnot-Grenze) diese Wärme in Strom umwandelt, ist es dann möglich, aus der Umgebungstemperatur Strom zu gewinnen und diese somit leicht zu senken?

Antwort vom Autor:

Nein, im theoretischen Idealfall würde die Wärmepumpe genau mit dem über die Dampfturbine erzeugten Strom auskommen, und es gäbe Netto weder eine Stromerzeugung noch eine Wärmeentnahme oder -zufuhr zu einem der Reservoirs. In der Realität würde der Strom dazu bei weitem nicht reichen, oder man würde weniger Wärme wieder "hochpumpen" können, als man mit der Dampfturbine entnimmt.

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