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CO2-Äquivalente

Definition: ein Maß für das Treibhauspotenzial einer Substanz oder die klimaschädliche Wirkung einer Aktivität

Englisch: CO2 equivalents

Kategorie: Ökologie und Umwelttechnik

Autor:

Wie man zitiert; zusätzliche Literatur vorschlagen

Ursprüngliche Erstellung: 21.02.2015; letzte Änderung: 20.08.2023

URL: https://www.energie-lexikon.info/co2_aequivalente.html

Die Erhöhung des Treibhauseffekts in der Erdatmosphäre durch menschliche Aktivitäten verursacht massive Klimagefahren. Die wichtigste Ursache dafür ist die zunehmende Konzentration von Kohlendioxid (CO2), vor allem als Folge von CO2-Emissionen bei Energieumsetzungen. Allerdings wird der Treibhauseffekt auch durch diverse andere Gase verstärkt, beispielsweise durch Methan, Lachgas und diverse Kältemittel. Um deren Wirkung (ihr Treibhauspotenzial, GWP = greenhouse warming potential) vergleichen zu können, kann man dafür sogenannte CO2-Äquivalente angeben. Hierbei sind allerdings gewisse nicht-triviale Umstände zu berücksichtigen, die im Folgenden erklärt werden. Es ist nämlich nicht so, dass Treibhauswirkungen von Kilogramm einer Substanz ohne weitere Überlegungen direkt miteinander verglichen werden könnten.

Problematik der Verweildauer in der Atmosphäre; Einfluss des Zeithorizonts

Die prinzipielle Idee hinter diesem Ansatz ist einfach: Man bestimmt die Menge von CO2 (in Kilogramm), die den gleichen Treibhauseffekt verursacht wie z. B. eine gewisse Menge einer Substanz oder eine Aktivität. Häufig wird das Treibhauspotenzial einer Substanz dann als eine reine Zahl (ohne Maßeinheit) angegeben; gemeint ist das Verhältnis der Treibhauswirkung eines Kilogramms im Vergleich zu der von einem Kilogramm CO2. (Man spricht hier auch von einem relativen Treibhauspotenzial.) Besonders hohe Werte erhält man für Substanzen, die eine starke Absorption von Infrarotlicht (Wärmestrahlung) aufweisen, weil dies die Grundlage für eine Beeinflussung des Energieaustausches zwischen Erde und Weltall durch Strahlung ist: absorbierende Gase schwächen einerseits die direkte Sonneneinstrahlung auf die Erdoberfläche, behindern andererseits aber auch die Abstrahlung von Wärme ins Weltall, und letzterer Effekt überwiegt für die Energiebilanz.

Bei solchen Überlegungen kommt es nun allerdings darauf an, welcher Zeithorizont angenommen wird. Dies liegt daran, dass Treibhausgase unterschiedliche Lebensdauern bzw. Verweilzeiten in der Erdatmosphäre aufweisen. Kohlendioxid (CO2) bleibt für einige Jahrhunderte in der Atmosphäre, bis es vor allem von den Ozeanen aufgenommen wird. (Es kann auch dort eine weitere schädliche Auswirkung haben, insbesondere durch die Versauerung des Meerwassers, aber ist dann immerhin nicht mehr klimaschädlich.) Dagegen wird beispielsweise Methan (CH4) in der Atmosphäre mit der Zeit zu Kohlendioxid und Wasserdampf abgebaut (wobei die Halbwertszeit und 15 Jahre beträgt), sodass die ursprünglich sehr starke Treibhauswirkung des Methans durch eine viel schwächere Wirkung des Kohlendioxids ersetzt wird.

Eine Möglichkeit besteht zunächst darin, nur die momentane Stärke der Treibhauswirkung zu betrachten, also die Frage der unterschiedlichen Verweildauern in der Atmosphäre zu ignorieren. Eine solche Größe ist beispielsweise relevant für Klimasimulationen, die für die Atmosphäre in einem bestimmten Zustand gemacht werden.

Für die Beurteilung der Schädlichkeit gewisser Emissionen muss allerdings die Verweildauer in der Atmosphäre berücksichtigt werden. Die Problematik wird gewöhnlich so behandelt, dass man die gesamte Treibhauswirkung innerhalb eines festgelegten Zeitraums berechnet. Rechnet man mit einem Zeitraum von 100 Jahren, ergeben sich für 1 kg Methan 25 kg CO2-Äquivalent; dies wird geschrieben als 25 kg CO2e (oder auch CO2eq). Diese Größe bezeichnet man als "carbon dioxide equivalent" (CDE). Wenn beispielsweise eine gewisse Menge eines Gases in der Atmosphäre für den gegebenen Zeitpunkt (z. B. 100 Jahre) die gleiche Treibhauswirkung hat wie 2 kg CO2, so wird seine Klimaschädlichkeit als 2 kg CO2e angegeben.

Für einen kürzeren Zeithorizont von z. B. 20 Jahren ergeben sich für Methan sogar rund 70 bis 85 kg CO2-Äquivalent (mit Abweichungen zwischen verschiedenen Autoren). Manche Kältemittel haben ein noch viel größeres Treibhauspotenzial; beispielsweise schätzt man für R-134a (1,1,1,2-Tetrafluorethan) ca. 1300 kg CO2-Äquivalent pro Kilogramm für einen Zeitraum von 100 Jahren. Besonders schlimm ist Schwefelhexafluorid (SF6), das z. B. als gasförmiger Isolator in manchen Hochspannungsanlagen genutzt wird, mit einem relativen Treibhauspotenzial von ca. 23 900 und gleichzeitig einer langen atmosphärischen Lebensdauer von 800 bis 3200 Jahren.

Ein wie langer Zeithorizont für die Berechnung der CO2-Äquivalente sinnvollerweise angenommen werden sollte, hängt davon ab, ob eher kurzfristige oder eher langfristige Auswirkungen von Interesse sind. Häufig wird der Einfachheit halber ein Zeitraum von 100 Jahren gewählt – insbesondere auch für Dokumente zu internationalen Klimaschutz-Vereinbarungen –, obwohl kürzere Zeithorizonte oft eigentlich sinnvoller wären. Wenn einen beispielsweise die Gefahr interessiert, dass wir in den nächsten Jahrzehnten einen Kipppunkt des atmosphärischen Systems erreichen, muss man Stoffe mit einer hohen kurzfristigen Treibhauspotenzial (z. B. Methan) relativ gesehen stärker berücksichtigen.

Gas Formel Funktion Treibhauspotenzial
über 100 Jahre
relativ zu CO2
Methan CH4 Brennstoff 25
R-1234yf = 2,3,3,3-Tetrafluorpropen C3H2F4 Kältemittel 4,4
R-134a = 1,1,1,2-Tetrafluorethan C2H2F4 Kältemittel 1300
R-410A = Difluormethan / Pentafluorethan CH2F2 / CHF2CF3 Kältemittel 1725
R-23 = Trifluormethan CHF3 Kältemittel 15 000
Lachgas N2O (diverse) 265
Schwefelhexafluorid SF6 Isoliergas, Schutzgas 23 500

Für das CO2-Äquivalent vieler Substanzen und Aktivitäten zirkulieren etwas unterschiedliche Zahlenwerte (auch für den gleichen Zeithorizont), da aufgrund diverser schwer erfassbare Einflüsse Unsicherheiten bestehen. Die Bestimmung der Werte ist wegen der komplexen Vorgänge in der Atmosphäre ziemlich schwierig. Beispielsweise sind bei Methan indirekte Effekte durch Einflüsse auf die Konzentrationen von Ozon und stratosphärischem Wasserdampf mit zu berücksichtigen.

Emissionen von Wasserdampf selbst (etwa durch Kühltürme von Kraftwerken) werden übrigens nicht mit CO2-Äquivalenten erfasst. Wasserdampf hat zwar eine starke Treibhauswirkung, jedoch erhöhen Emissionen von Wasserdampf den Wasserdampfgehalt der Atmosphäre nicht nachhaltig: Diese werden durch zusätzliche Niederschläge ausgeglichen.

Übrigens hängt die Treibhauswirkung diverser Gase auch davon ab, eine wie hohe Konzentration in der Atmosphäre bereits vorhanden ist. Dies liegt im Kern daran, dass die Wirkung der Absorption von Licht in bestimmten Wellenlängenbereichen nachlässt, wenn ein Teil der Wärmestrahlung von bereits vorhandenem Gas ohnehin schon absorbiert wird. Für eine quantitative Einschätzung sind relativ komplizierte Überlegungen notwendig.

CO2-Äquivalente von Aktivitäten wie Flugreisen

CO2-Äquivalente können auch für bestimmte Aktivitäten ermittelt werden. Beispielsweise wird durch eine Flugreise nicht nur CO2 freigesetzt, sondern auch Ozon und Wasserdampf in großen Höhen emittiert, was eine zusätzliche Treibhauswirkung für einige Zeit verursacht. Sinnvollerweise ermittelt man deswegen nicht nur die eigentlichen CO2-Emissionen durch einen solchen Flug, sondern die gesamte Treibhauswirkung, ausgedrückt durch das CO2-Äquivalent. Man findet, dass die Gesamtwirkung rund dreimal höher ist als nur die des Kohlendioxids. (Ähnlich kann die Klimawirkung von Dieselabgasen deutliche erhöht werden, wenn zum CO2 noch Ruß hinzukommt.)

Auch Aktivitäten, die z. B. elektrische Energie verbrauchen, haben meist eine gewisse klimaschädliche Wirkung, die durch CO2-Äquivalente ausgedrückt werden kann. Freilich kommt es dann darauf an, auf welche Weise die für diese Aktivität zusätzlich verbrauchte Strommenge erzeugt wird. (Wenn man den durchschnittlichen Strommix z. B. eines Landes zugrunde legt, kann dies zu falschen Resultaten führen.) Sehr geringe Klimabelastungen können resultieren, wenn echter Ökostrom eingesetzt wird, der das Kriterium der Zusätzlichkeit (Additionalität) erfüllt.

CO2-Kompensation

Im Sinne des Klimaschutzes wäre es meist am besten, klimaschädliche Emissionen von vornherein zu vermeiden. Soweit dies nicht möglich ist, kann jedoch auch eine CO2-Kompensation durchgeführt werden. Der Umfang der Kompensation sollte sich sinnvollerweise an dem jeweils berechneten CO2-Äquivalent orientieren.

Siehe auch: Treibhauseffekt, Klimagefahren, Kohlendioxid, Methan, CO2-Kompensation

Fragen und Kommentare von Lesern

18.05.2021

In welchem Größenverhältnis steht die bei einem Verbrennungsprozess erzeugte Wärme zur der Wärmemenge, die das CO2 während seiner Verweildauer in der Atmosphäre verursacht?

Antwort vom Autor:

Eine Zahl habe ich nicht parat, aber die in hunderten von Jahren vom CO2 zusätzlich eingebrachte Wärmemenge ist weitaus größer als die direkt bei der Verbrennung freigesetzte.

23.02.2022

Wieviele CO2-Äquivalente besitzt Ozon?

Antwort vom Autor:

Dies ist eine ganz schwierige Frage. Die Klima-Wirkungen für Ozon sind ziemlich kompliziert und abhängig von diversen Umständen. Zunächst einmal wird Ozon weitgehend nicht durch menschliche Aktivitäten direkt emittiert, sondern entsteht in photochemischen Prozessen in der Atmosphäre aus anderen Substanzen. Es ist zudem recht kurzlebig, da es auch wieder photochemisch abgebaut wird, wobei die Abbaurate aber von der Präsenz anderer Substanzen abhängt. Hierbei kommt es teils auch zum Abbau anderer klimaschädlicher Gase wie Methan. Insgesamt hat Ozon eine wesentliche klimaerwärmende Wirkung, die aber schwierig genau zu bestimmen ist.

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