RP-Energie-Lexikon
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CO2-Kompensation

Definition: die Kompensation von CO2-Emissionen durch Maßnahmen an anderer Stelle

Englisch: CO2 compensation

Kategorien: Grundbegriffe, Ökologie und Umwelttechnik

Autor:

Wie man zitiert; zusätzliche Literatur vorschlagen

Ursprüngliche Erstellung: 03.03.2014; letzte Änderung: 20.08.2023

URL: https://www.energie-lexikon.info/co2_kompensation.html

Im Interesse des Klimaschutzes wird vielfach versucht, Emissionen des klimaschädlichen Gases Kohlendioxid (CO2) zu reduzieren. Wo CO2-Freiheit nicht im gewünschten Umfang gelingt oder zu teuer wäre, kann als Ersatz hierfür eine CO2-Kompensation (oder allgemeiner Klimakompensation) betrieben werden. Dies bedeutet, dass man dafür sorgt, dass CO2-Emissionen an anderer Stelle – womöglich sogar in anderen Ländern – ausgeglichen werden. Dahinter steckt die Einsicht, dass es in Bezug auf die Klimagefahren gleichgültig ist, an welchen Stellen die Emissionen erfolgen, nachdem sich dieses Gas ohnehin schnell in der Atmosphäre verteilt.

Als Beispiel können die klimaschädlichen Emissionen einer Flugreise kompensiert werden. Hierzu wird zunächst abgeschätzt, wie hoch dieser Klimaeffekt ist. Im Falle des kommerziellen Flugverkehrs in großen Höhen sollte dabei berücksichtigt werden, dass es zusätzlich zum direkten CO2-Effekt noch weitere Effekte z. B. durch Bildung von Ozon und Schleierwolken. Dann wird eine Geldmenge in Klimaschutzprojekte investiert, die z. B. innerhalb einiger Jahre verspricht, eine äquivalente Menge von Emissionen zu verhindern. Solche Klimaschutzprojekte können z. B. dauerhafte Aufforstung betreiben oder auch durch Errichtung von Windenergieanlagen in armen Ländern den Einsatz von Dieselgeneratoren zurückdrängen. Im Idealfall werden damit noch sekundäre Nutzeffekte z. B. sozialer Art erzielt.

Die Kompensation z. B. einer Flugreise führt effektiv dazu, dass die Flugreise CO2-neutral wird: Sie führt zu keiner Erhöhung der gesamten CO2-Emissionen, vorausgesetzt dass die Kompensation sachlich einwandfrei durchgeführt wird. Die Kosten sind relativ gering im Vergleich zu denen der Flugreise selbst. Beispielsweise verursacht ein Linienflug in der Economy-Klasse von Frankfurt nach New York und zurück rund 1,25 Tonnen CO2, durch die oben genannten Zusatzeffekte aber effektiv ca. 2 bis 4 Tonnen CO2-Äquivalente. Die Kompensation kann je nach Anbieter rund 50 bis 200 € kosten, zum Teil auch deutlich mehr. Die große Variation dieser Kosten rührt daher, dass die genannten Zusatzeffekte nicht präzise berechnet, sondern nur nach mehr oder weniger konservativen Methoden abgeschätzt werden können, und dass die gewählten Kompensationsmethoden unterschiedlich teuer sind.

Das Prinzip der Kompensation lässt sich auch auf andere Treibhausgase anwenden. Beispielsweise können CO2-Emissionen auch durch Verringerung von Lachgasemissionen kompensiert werden, oder Lachgasemissionen können durch CO2-Reduktionen kompensiert werden.

CO2-Kompensation kann einerseits freiwillig erfolgen – z. B. durch Privatleute oder auch durch Firmen, die sich davon u. U. einen zusätzlichen Image-Nutzen versprechen – oder aber staatlich organisiert, etwa als Ersatz oder Ergänzung für inländische Klimaschutzmaßnahmen.

Kompensations-Dienstleister

Die CO2-Kompensation wird häufig mit Hilfe eines Kompensations-Dienstleisters vorgenommen. Ein solcher kann den Prozess auf verschiedene Weisen unterstützen:

  • Er kann zunächst bei der Ermittlung der zu kompensierenden Emissionen helfen. Beispielsweise kann der Kunde auf der Website eines Dienstleisters aus Abflug- und Zielflughafen die Entfernung berechnen, den Kerosinverbrauch abschätzen und daraus schließlich den gesamten Klimaeffekt berechnen.
  • Der Dienstleister ermittelt außerdem für die Kompensation geeignete Klimaschutzprojekte und lässt die eingezogenen Gelder (abzüglich eines Verwaltungskostenanteils) in diese Projekte fließen. Deren Wirkung überwacht er entweder selbst oder lässt sie von vertrauenswürdigen Institutionen überwachen.

Insbesondere für Privatleute und nicht allzu große Firmen wäre eine CO2-Kompensation ohne solche Dienstleister kaum praktikabel. Selbst große Firmen werden sich in der Regel auf Dienstleister verlassen, um nicht selbst entsprechende Kapazitäten aufbauen zu müssen.

Beispiele für kompensierbare Emissionen

  • Ein Unternehmen kann seine Fahrzeugflotte CO2-neutral machen – am besten kombiniert mit Bemühungen, möglichst klimafreundliche Fahrzeuge einzusetzen und unnötige Fahrten zu vermeiden, etwa durch gute Logistik. Entsprechend lassen sich natürlich auch die gesamten Aktivitäten eines Unternehmens kompensieren.
  • Es gibt klimaneutrale Veranstaltungen, bei denen beispielsweise auch die geschätzten Emissionen durch die Anfahrt der Teilnehmer kompensiert werden.
  • Web-Hoster können ihre Emissionen zunächst einmal minimieren, etwa durch Betrieb ihrer Server mit Ökostrom, und die verbleibenden Emissionen (z. B. von der Beheizung von Gebäuden) kompensieren. (Auch diese Website wird von einem vollständig klimaneutralen Hoster betrieben.)
  • Haushalte können ebenfalls ihre direkten und indirekten Emissionen abschätzen – etwa mit einem der zahlreichen CO2-Rechner im Internet – und dann mithilfe eines Dienstleisters teilweise oder ganz kompensieren.

Kritik an Klimakompensationen

Im Prinzip können unseriöse Kompensations-Dienstleister Geld verdienen, indem sie Gelder in billige, aber unglaubwürdige Klimaschutzprojekte leiten, so dass nur "heiße Luft" verkauft wird und eine effektive Kompensation gar nicht oder nur teilweise zustande kommt. Dann wäre damit nur eine Gewissensberuhigung erreicht, aber kein echter Klimaschutz. (Dasselbe Problem ist auch im Zusammenhang mit dem Emissionshandel bekannt und resultiert oft aus mangelnder "Additionalität" der Maßnahmen.) Allerdings sind die Initiatoren diverser Organisationen (z. B. atmosfair und myclimate), die Klimakompensation anbieten, für den Klimaschutz höchst motiviert, so dass betrügerische Praktiken wohl unwahrscheinlich sind. (Solche Akteure sind oft persönlich stark für den Umweltschutz engagiert, also wohl Überzeugungstäter.) Allenfalls können zwar solche Organisationen selbst betrogen werden, insbesondere wenn Klimaschutzprojekte in fernen, schwer zu überwachenden Ländern durchgeführt werden. Eine vertrauenswürdige und kompetente Organisation wird jedoch ihre Projekte so auswählen, dass eine hinreichende Sicherheit erzielt wird. Diese wird mit bestimmten Zertifikaten bestätigt, von denen zumindest gewisse Gold-Standard-Zertifikate strenge Regeln vorsehen.

Genau zu prüfen ist insbesondere, ob die Gefahr eine doppelten Anrechnung von Klimaschutzmaßnahmen entsteht. Beispielsweise könnte es passieren, dass ein Luftfahrtunternehmen seine Flüge durch Klimaschutzmaßnahmen in der Dritten Welt auf dem Papier klimaneutral macht, dass jedoch die betroffenen Länder ihre eigenen Bemühungen zur Füllung eingegangener Klimaschutzverpflichtungen entsprechend zurückfahren. Damit wären diese Flüge dann in Wirklichkeit doch nicht klimaneutral.

Eher problematisch ist es, wenn Organisationen aus dem Umfeld von Wirtschaftsverbänden z. B. die groß angelegte CO2-Kompensation als Ersatz für Klimaschutzmaßnahmen im Inland propagiert. Hier besteht vermutlich eine größere Gefahr, dass Kompensationszertifikate mit zweifelhaftem Wert (nämlich die billigst verfügbaren) eingesetzt werden. Schließlich ist das primäre Ziel solcher Akteure nicht der Klimaschutz, sondern die Abwendung staatlicher Maßnahmen, die ihnen wirtschaftliche Nachteile verursachen könnten.

Häufig erlaubt das Prinzip der CO2-Kompensation eine Verringerung der CO2-Vermeidungskosten und damit der Kosten für den Klimaschutz, da die Kompensation dort durchgeführt werden kann, wo sie am billigsten ist. Man erntet also gezielt die "am niedrigsten hängenden Früchte". Allerdings besteht die Gefahr, dass so schädliche Illusionen entstehen – insbesondere die Vorstellung, der Klimaschutz könnte weitgehend in armen Ländern (wenn auch finanziert durch reiche Länder) durchgeführt werden, so dass schmerzhafte Eingriffe in reichen Ländern unnötig seien. Da aber der Großteil der klimaschädlichen Emissionen aus reichen und aufstrebenden Ländern stammt und zur Abwendung einer Klimakatastrophe nach heutigem Wissen eine drastische Reduktion der globalen Emissionen notwendig ist, kann dieser zunächst bequeme Ansatz nur den allerersten Anfang leisten. Anders gesagt gibt es zwar im Ausland sehr tief hängende Früchte, aber bei weitem nicht in genügender Menge. Womöglich kommt der Klimaschutz damit langfristig sogar teurer, z. B. wenn auf der Basis der genannten Illusion langfristige Investitionen z. B. in Kohlekraftwerke, Erdöl-Exploration und eine aufwendige Flugverkehrs-Infrastruktur erfolgen.

Aus den genannten Gründen stellen auch bekannte Kompensations-Dienstleister die Lage nicht so dar, dass man bedenkenlos Energieverschwendung betreiben und die Folgen dann einfach kompensieren sollte. Vielmehr besteht ein Konsens darüber, dass das primäre Ziel die direkte Vermeidung von Emissionen und nicht ihre Kompensation sein sollte. Die noch klimaverträglichen Pro-Kopf-Emissionen liegen nämlich so tief, dass sie ohne starke Reduktionen gerade in den Industrieländern niemals erreichbar sind.

Siehe auch: Kohlendioxid, Klimaschutz, CO2-neutral, CO2-frei, CO2-Vermeidungskosten, CO2-Äquivalente, Emissionen und Immissionen, Emissionshandel

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