Dieselmotor
Definition: ein Verbrennungsmotor mit selbstgezündeter innerer Verbrennung
Alternativer Begriff: Selbstzünder-Motor
Allgemeiner Begriff: Verbrennungsmotor
Englisch: diesel engine
Kategorien: Fahrzeuge, Kraftmaschinen und Kraftwerke
Autor: Dr. Rüdiger Paschotta
Wie man zitiert; zusätzliche Literatur vorschlagen
Ursprüngliche Erstellung: 11.03.2010; letzte Änderung: 01.01.2024
Ein Dieselmotor, benannt nach dem Erfinder Rudolf Diesel, ist ein verbreiteter Typ von Verbrennungsmotor. Er ist ein Hubkolbenmotor mit meist mehreren Zylindern. Es wird eine innere Verbrennung genutzt (im Brennraum über dem Kolben), die selbst zündet als Folge der Temperaturerhöhung bei der Kompression der Luft im Zylinder (Selbstzünder-Prinzip). Die Kolben sind über eine Pleuelstange mit der Kurbelwelle verbunden, über die die mechanische Leistung abgegeben wird.
Das Funktionsprinzip des Viertakt-Dieselmotors (der für die meisten Anwendungen gängigen Bauweise) wird in Abbildung 1 gezeigt und im Folgenden erklärt:
- Im ersten Takt bewegt sich der Kolben nach unten, während das Einlassventil geöffnet ist. Durch dieses Ventil wird reine Luft (nicht etwa ein Kraftstoff–Luft-Gemisch wie der Ottomotor) in den Zylinder gesaugt; es entsteht ein Unterdruck von z. B. 0,1 oder 0,2 bar. (Bei Motoren mit Turbolader strömt das Gemisch mit Überdruck ein.) Im Teillastbetrieb wird genauso viel Luft angesaugt; die Zufuhr von Luft muss nicht unbedingt mit einer Drosselklappe vermindert werden. (In manchen Fällen erfolgt jedoch trotzdem eine Drosselung, beispielsweise um einen ausreichenden Unterdruck für einen Bremskraftverstärker oder für eine Abgasrückführung zu erzeugen, oder auch zwecks Erhöhung der Abgastemperatur für die Regeneration eines Rußpartikelfilters.) Das Einlassventil wird geschlossen, wenn der Kolben in etwa den unteren Totpunkt erreicht hat, oder eventuell ein wenig später.
- Im zweiten Takt bewegt sich der Kolben wieder nach oben, während die Ventile geschlossen bleiben. Dadurch wird die Luft komprimiert, wodurch sie sich auf viele hundert Grad Celsius (z. B. 800 °C) erhitzt.
- Wenn der Kolben in etwa den oberen Totpunkt erreicht hat (eventuell auch ein wenig früher), wird Kraftstoff mit einer Hochdruckpumpe durch eine Einspritzdüse in den Brennraum eingespritzt. (Bei Vorkammer-Dieselmotoren erfolgt die Einspritzung in eine mit dem Brennraum verbundene Vorkammer; man spricht von einem unterteilten Brennraum mit der Vorkammer als Nebenbrennraum.) Der Kraftstoff entzündet sich kurz darauf selbst, und die Temperatur steigt innerhalb weniger Millisekunden auf über 2000 °C an. Dadurch steigt auch der Druck im Zylinder massiv an, z. B. auf 150 bar. Im nun folgenden dritten Takt, dem Arbeitstakt, bewegt sich der Kolben nach unten, wobei er durch das heiße Gas darüber angetrieben wird. Das Gas wird in etwa adiabatisch expandiert, wobei es sich z. B. auf 600 °C abkühlt. (Im Teillastbetrieb können wesentlich tiefere Abgastemperaturen auftreten.)
- Im vierten Takt bewegt sich der Kolben wieder nach oben, wobei das Auslassventil geöffnet ist, sodass das Abgas ausgestoßen werden kann.
Das Prinzip der Selbstzündung setzt die Verwendung einer Kraftstoffeinspritzung für eine innere Gemischbildung mehr oder weniger zwingend voraus; anders ließe sich der Zündzeitpunkt nicht hinreichend kontrollieren. (Ohnehin wäre mit Dieselkraftstoff die Bildung eines Kraftstoff-Luft-Gemischs schwer möglich, da der Kraftstoff erst bei hohen Temperaturen vollständig verdampfen würde.) Die Kraftstoffeinspritzung kann in eine Vorkammer direkt vor dem eigentlichen Brennraum erfolgen oder vorzugsweise mit höherem Einspritzdruck auch direkt in die Brennkammer (Direkteinspritzer). Eine von Rudolf Diesel anfangs verwendete Version setzte auf das Einblasen des Kraftstoffs mithilfe von Druckluft, was an sich auch recht gut funktionierte, aber einen erheblichen Energieaufwand für die Erzeugung der Druckluft bedeutete.
Da die Regelung der Motorleistung nicht über die Luftmenge geschieht, sondern über die Menge des eingespritzten Kraftstoffs, spricht man von einer Qualitätsregelung (im Gegensatz zur Quantitätsregelung beim Ottomotor).
Das Verdichtungsverhältnis ist beim Dieselmotor deutlich höher als beim Ottomotor (z. B. 20 statt 10), da dies zur Selbstzündung notwendig und auch für den Wirkungsgrad vorteilhaft ist: Dass dadurch ebenfalls höhere Expansionsverhältnis erlaubt es, dem heißen Gas mehr Energie zu entziehen. Beim Ottomotor dagegen muss ja die Selbstzündung vermieden werden, sodass ein geringeres Verdichtungsverhältnis gewählt werden muss.
Ähnlich wie bei Ottomotoren ist die Turboaufladung eine wirksame Methode zur Leistungssteigerung. Sie kann in Verbindung mit Downsizing auch die Energieeffizienz erhöhen und das Gewicht des Antriebs vermindern. Viele Dieselmotoren werden aber weiterhin als Saugmotoren ausgeführt.
Dieselmotoren arbeiten anders als die meisten Ottomotoren immer mit einem erheblichen Luftüberschuss. Bei Volllast wird das Verbrennungsluftverhältnis (der λ-Wert) meist den Wert 1,2 nicht unterschreiten, und im Teillastbetrieb wird es noch wesentlich höher. (Insofern könnte ein Dieselmotor als Magermotor bezeichnet werden, obwohl dieser Begriff meist bestimmten Ottomotoren vorbehalten ist.) Der hohe Luftüberschuss bei Teillast ist kein Problem, da lokal (in der Nähe der Einspritzdüse) die Konzentration des Kraftstoffdampfs immer noch hoch genug für eine zuverlässige Verbrennung bleibt.
Ein Zündsystem benötigt ein Dieselmotor aufgrund der Selbstzündung nicht. Jedoch wird meistens eine elektrisch beheizte Glühkerze pro Zylinder als Hilfe zum Starten des Motors und für den Beginn der Warmlaufphase verwendet. Bei Vorkammer-Dieselmotoren sitzen die Glühkerzen in den Vorkammern, und häufig ist ein "Vorglühen" notwendig, d. h. die Glühkerzen müssen mindestens für einige Sekunden vor dem Starten des Motors betrieben werden. Bei moderneren Motoren mit Direkteinspritzung sind die Glühkerzen direkt in den Brennräumen angebracht und reichen einige Millimeter in diese hinein. Ihre heißen Oberflächen unterstützen die Selbstzündung. Moderne Bauformen erreichen die nötige Temperatur so schnell, dass auf ein Vorglühen verzichtet werden kann.
Wie Ottomotoren können auch Dieselmotoren als Zweitaktmotoren oder als Viertaktmotoren gebaut werden. In den meisten Fällen wird das Viertaktprinzip eingesetzt; Großdieselmotoren sind jedoch häufig als Zweitaktmotoren ausgeführt.
Dieselkraftstoff
Dieselkraftstoff (kurz Diesel) ist in der Zusammensetzung dem Heizöl EL (extraleicht) ähnlich, wenn auch durch diverse Optimierungen inzwischen weniger als noch vor einigen Jahrzehnten. Die Verwendung von Heizöl anstelle von Dieselkraftstoff ist gesetzlich verboten, weil damit die für Kraftstoffe höhere Mineralölsteuer hinterzogen würde. Außerdem könnten da doch in modernen Motoren und ihren Abgasreinigungsanlagen schwere Schäden entstehen.
Vor allem für schnell laufende Motoren sollte Dieselkraftstoff eine hohe Zündwilligkeit (Cetanzahl) aufweisen. (Interessanterweise ist diese Zündwilligkeit bei längerkettigen Kohlenwasserstoffen höher, obwohl diese z. B. mit einem Streichholz schwerer zu entzünden sind.) Außerdem ist ein niedriger Schwefelgehalt wünschenswert, weil Schwefelanteile nicht nur zu entsprechenden Schwefeldioxid-Emissionen führen, sondern auch zu erhöhten Emissionen von lungengängigen Partikeln.
Im Vergleich zu Benzin besteht Dieselkraftstoff aus schwereren Kohlenwasserstoffen. Er hat eine höhere Dichte und einen entsprechend um ca. 13 % höheren Energiegehalt pro Liter als Benzin, während der massenbezogene Brennwert etwa gleich ist. Auch die CO2-Emissionen pro verbranntem Liter sind um ca. 13 % höher als Benzin, was allerdings zum Teil durch geringere Emissionen in der Raffinerie ausgeglichen wird; in den Erdölraffinerien ist Dieselkraftstoff einfacher herzustellen. Diese Aspekte sollten beim Vergleich von Verbrauchswerten zwischen Diesel- und Ottomotoren berücksichtigt werden.
Der Artikel über Dieselkraftstoff enthält weitere Details.
Für Flugmotoren wird statt Dieselkraftstoff teils auch Kerosin (Jet-A1) verwendet, da an Flugplätzen Dieselkraftstoff selten verfügbar ist. Kerosin ist insofern schlechter geeignet, dass seine Zündwilligkeit deutlich schlechter ist; als Maß dafür gilt die Cetan-Zahl, und diese wird für Kerosin gar nicht offiziell spezifiziert, da sie für den vorgesehenen Einsatz in Strahltriebwerken gar nicht relevant ist. Trotzdem laufen die Motoren damit meistens mehr oder weniger problemlos. Möglich sind allerdings verstärktes Nageln, eine Verschlechterung der Abgasqualität und sogar ein Sicherheitsrisiko, z. B. wenn das erneute Starten eines Motors im Flug weniger zuverlässig funktioniert. Ebenfalls denkbar ist eine beschleunigte Alterung kritischer Komponenten wie der Einspritzpumpe, da die Schmiereigenschaften von Kerosin weniger günstig sind. Dies kann natürlich auch rechtliche Implikationen haben, etwa wenn ein Flugzeug wegen verletzter Kraftstoffspezifikationen als nicht sicher gilt. Inwieweit die genannten Aspekte technisch relevant sind, hängt allerdings stark von den Details der Motorkonstruktion ab. Insbesondere sollten moderne Dieselmotoren mit Common-Rail-Einspritzung weniger Probleme mit der geringeren Zündwilligkeit von Kerosin haben. Vorteilhaft ist übrigens, dass Kerosin tiefe Temperaturen, wie sie besonders beim Flug in großen Höhen auftreten, besser verträgt.
Energieeffizienz
Kleinere Dieselmotoren z. B. in Autos erreichen bei Volllast Wirkungsgrade von über 35 %, mit Direkteinspritzung und Turboaufladung auch über 40 %; große Schiffsdiesel erreichen sogar ca. 50 %. Bei niedrigerer Auslastung (Teillastbetrieb) fällt die Effizienz ab, aber tendenziell weniger als bei Ottomotoren, weil die Drosselverluste entfallen: Der Dieselmotor darf immer ungehindert Luft ansaugen, während beim Ottomotor im Teillastbetrieb die Luftmenge reduziert werden muss, um das nötige Verbrennungsluftverhältnis zu erhalten. Dieser Vorteil wird aber zum Teil dadurch kompensiert, dass die Reibungsverluste in einem Dieselmotor deutlich höher sind als in einem Ottomotor. Deswegen ist es auch beim Dieselmotor günstiger, eine kleinere Leistung durch viel Gas bei niedriger bis mittlerer Drehzahl zu erzeugen anstatt mit wenig Gas bei hoher Drehzahl.
Diesel-Nageln
Ein charakteristischer Bestandteil der Betriebsgeräusche von Dieselmotoren ist das "Nageln": ein relativ hartes, fast metallisches Geräusch, welches vor allem nach dem Kaltstart deutlich hörbar ist. Es entsteht direkt nach der Selbstzündung durch eine schneller als gewünscht, fast explosionsartig verlaufende Verbrennung und betrifft hauptsächlich den Teil des Kraftstoffs, der vor der Selbstzündung bereits gut mit der Verbrennungsluft vermischt wurde ("vorgemischte Phase"). Es ist nicht nur wegen des Geräuschs unerwünscht, sondern auch wegen der erhöhten mechanischen Belastung von Kolben, Pleueln und anderen Teilen des Motors. Besonders stark ist es, wenn der sogenannte Zündverzug (die Zeitverzögerung zwischen Einspritzung und Selbstzündung) durch eine niedrige Zündwilligkeit des Kraftstoffs oder durch ungünstige Betriebsbedingungen (z. B. Kaltstart) vergrößert ist.
Moderne Dieselmotoren zeigen nur noch ein stark reduziertes Nageln, hauptsächlich wegen der Optimierung der Kraftstoffeinspritzung (Common-Rail-Einspritzung). Beispielsweise kann zunächst eine recht geringe Menge von Kraftstoff eingespritzt werden, die die ursprüngliche Selbstzündung auslöst, und erst danach wird weiterer Kraftstoff zugegeben, um eine ausreichende Leistung zu erhalten; dieser verbrennt dann ohne Zündverzug und entsprechend ruhiger.
Abgase
Die Abgase von Dieselmotoren sind deutlich anders zusammengesetzt als bei Ottomotoren. Ohne Abgasnachbehandlung enthalten sie einerseits deutlich weniger Kohlenmonoxid und unverbrannte Kohlenwasserstoffe als bei Ottomotoren ohne Katalysator, andererseits aber erhebliche Mengen von Ruß und anderen kleinen Partikeln. Der Dieselruß besteht teilweise aus Kohlenstoff-Rußteilchen, teilweise aber auch aus anderen Substanzen wie z. B. Sulfaten, die durch den Schwefelgehalt des Dieselkraftstoffs entstehen. An die Rußpartikel lagern sich diverse Schadstoffe an. Da die Rußpartikel teils extrem klein sind (deswegen auch als Feinstaub bezeichnet werden), können sie beim Einatmen tief in die Lungen gelangen und sich dort ablagern. Aufgrund von entsprechenden Beobachtungsdaten stufte die WHO in 2012 Dieselabgase als krebserregend ein [2].
Durch rein innermotorische Maßnahmen wie z. B. Abgasrückführung lässt sich der Schadstoffausstoß von Dieselmotoren erheblich reduzieren, aber nicht auf ein unbedenkliches Maß. Es gibt deswegen diverse technische Maßnahmen zur nachträglichen Abgasreinigung, die allerdings tendenziell aufwendiger und insgesamt häufig weniger erfolgreich sind als bei Ottomotoren:
- Der Feinstaub kann mit einem Rußpartikelfilter (Dieselrußfilter) weitestgehend entfernt werden. Jedoch sind nicht alle Rußfilter sehr wirksam; insbesondere nachträglich eingebaute Filter lassen häufig noch erhebliche Rußmengen durch. Durch den verstärkten Strömungswiderstand im Abgassystem und durch die Notwendigkeit von Regenerationszyklen kann der Kraftstoffverbrauch etwas erhöht werden.
- Für die Reduktion von Stickoxidemissionen kann ein SCR-Katalysator verwendet werden, der im Betrieb aber zusätzlich z. B. kleine Zugaben von Harnstoff benötigt. Eine einfachere, aber weniger wirksame Technik basiert auf einem Stickoxid-Speicherkatalysator. Es gibt ebenfalls reine Oxidationskatalysatoren, um Emissionen von CO und Kohlenwasserstoffen weiter zu vermindern. Ein Drei-Wege-Katalysator wie beim Ottomotor, der gleichzeitig Stickoxide, Kohlenmonoxid und unverbrannte Kohlenwasserstoffe ziemlich effektiv beseitigt, kann beim Dieselmotor wegen des nötigen Luftüberschusses nicht eingesetzt werden. Der Artikel über Abgaskatalysatoren enthält weitere Details hierzu.
- Eine weitere Möglichkeit besteht in der Wassereinspritzung, und zwar entweder gemeinsam mit dem Dieselkraftstoff oder durch separate Einspritzdüsen. Eine gewisse Wassermenge von z. B. 25 % kann den Kraftstoffverbrauch eines Motors um rund 3 % vermindern und dabei gleichzeitig den Ausstoß von Stickoxiden und vor allem von Ruß erheblich senken. Dafür können allerdings die Emissionen von Kohlenmonoxid und unverbrannten Kohlenwasserstoffen zunehmen. Mit einer größeren Wassermenge von z. B. 40 % nimmt die Kraftstoffeinsparung wieder ab, dafür ist aber der Effekt der Entstickung noch besser. Diese Methode scheint sich besonders zur Nachrüstung alter Schiffsmotoren zu eignen, weniger dagegen für den Einsatz in Kraftfahrzeugen, wo die Entwicklung hin zu immer höheren Einspritzdrucken die Beimischung von Wasser problematisch macht.
Der Einsatz eines Abgaskatalysators kann beim Dieselmotor sogar eine Erhöhung des Wirkungsgrads ermöglichen. Man kann den Motor dann nämlich auf höchste Effizienz optimieren, ohne seine Stickoxidemissionen gleichzeitig minimieren zu müssen; diese können ja dann mit dem Katalysator stark reduziert werden. Wenn nur innermotorische Maßnahmen eingesetzt werden, ergeben sich schwierige Zielkonflikte zwischen Energieeffizienz, Stickoxidemissionen und Rußemissionen.
Verbesserungen der Abgasqualität sind ansonsten auch durch die Verwendung besonders hochwertiger Dieselkraftstoffe möglich. Umgekehrt sind die Abgase von Schiffsdieselmotoren häufig vor allem deswegen so umweltschädlich, weil diese mit billigem, aber minderwertigem Schweröl betrieben werden.
Nur bei Verwendung der modernsten Abgasreinigungstechnologien erzielen Dieselmotoren Abgaswerte, die mit denen von Benzinmotoren mit 3-Wege-Katalysator grob vergleichbar sind. In vielen Fällen liegen insbesondere die Stickoxidemissionen wesentlich höher. Erst die seit September 2015 für neu zugelassene Dieselfahrzeuge geltende Abgasnorm Euro 6 sieht für diese Fahrzeuge den gleichen Stickoxid-Grenzwert vor wie für Benziner, und zwar 80 mg/km; auch dies liegt noch weit höher als der amerikanische Grenzwert von 31 mg/km für NOx.
Leider haben Messungen gezeigt, dass die Stickoxidemissionen vieler moderner Dieselfahrzeuge im Praxisbetrieb weit oberhalb derjenigen liegen, die in den bislang benutzten Zulassungstests gemessen werden [3]. Offenbar kommen in der Praxis viele Fahrsituationen vor (v. a. solche mit hoher Motorleistung), die zu wesentlich höheren Stickoxidemissionen als in den Tests führen – oft sogar zu höheren Emissionen als Lkw unter ähnlichen Verhältnissen, trotz deren viel höherer Motorleistung. Dies legt den Verdacht nahe, dass die bisher verwendeten Tests nicht unter ausreichend realistischen Bedingungen erfolgen und/oder dass manche Hersteller ihre Fahrzeuge nur gezielt auf solche Tests hin optimieren, um die Abgasgrenzwerte auf kostengünstigere Weise (z. B. ohne SCR-Katalysator) zu erzielen.
Vergleich von Diesel- und Ottomotoren
Dieselmotoren haben im Vergleich zu Ottomotoren etliche Vorteile und Nachteile:
- Der Wirkungsgrad ist meist etwas höher, insbesondere bei großen Motoren und im Teillastbereich. Dies führt zu einem reduzierten Kraftstoffverbrauch. Man beachte aber, dass ein Verbrauchsvorteil von ca. 13 % allein schon dadurch entsteht, dass der Energiegehalt des Kraftstoffs pro Liter höher ist als der von Benzin. Dieser Anteil der Verbrauchsreduktion liegt also nur am Kraftstoff und bedeutet keine Energieeinsparung. Ein Vergleich der Energieeffizienz ist deswegen besser nach den CO2-Emissionen pro Kilometer vorzunehmen, und diesbezüglich sind die Unterschiede zwischen modernen Benzin- und Dieselmotoren nicht mehr wesentlich. Für manche Fahrzeugmodelle (z. B. VW Golf) liegen sie sogar bereits etwa gleichauf.
- Die Schadstoffemissionen sind meist höher (v. a. betreffend Feinstaub und auch Stickoxide, je nach Kraftstoffqualität auch SO2), außer wenn schwefelfreier Kraftstoff und eine aufwendige Abgasnachbehandlung mit Rußpartikelfilter und Einrichtungen zur Entstickung eingesetzt werden. Die durch Dieselmotoren verursachten Klimagefahren können wegen der höheren Energieeffizienz ein wenig geringer sein als bei Benzinmotoren.
- Selbst ohne besondere Abgasnachbehandlung liegen die Kosten und das Gewicht von Dieselmotoren deutlich höher.
- Tendenziell sind Dieselmotoren robuster und langlebiger.
- Dieselmotoren sind deutlich lauter, vor allem kurz nach dem Kaltstart (Nageln). Durch verbesserte Einspritzsysteme und Schalldämmung kann dieses Problem stark reduziert werden.
Mischbetrieb mit Erdgas oder Flüssiggas: Dual-Fuel-Diesel
Es ist möglich, der Verbrennungsluft eines Dieselmotors Erdgas oder Flüssiggas beizumischen und die Menge des eingespritzten Dieselkraftstoffs entsprechend zu reduzieren. Die mögliche Reduktion des Dieselanteils in einem solchen Dual-Fuel-Motor hängt von den jeweiligen Betriebsbedingungen ab und mag 60 %, unter Umständen sogar 90 % betragen. (In der Startphase muss allerdings meist rein mit Diesel gearbeitet werden.) Auf diese Weise wird wenigstens ein wesentlicher Anteil von Gas genutzt, und dies mit einer Effizienz des Dieselmotors, die deutlich über der eines Gas-Ottomotors liegt.
Diese Dual-Fuel-Technologie kann die Abgasemissionen reduzieren und auch die Betriebskosten. Sie ist anwendbar für stationäre Dieselmotoren, aber auch für Motoren von Lastkraftwagen. Bei letzteren bleibt die hohe Reichweite weitgehend erhalten, obwohl ein Tank für Flüssiggas und v. a. für Erdgas mehr Platz braucht.
Literatur
[1] | R. van Basshuysen und F. Schäfer (Hrsg.), Handbuch Verbrennungsmotor, Springer Vieweg |
[2] | WHO stufte Dieselruß als krebserregend ein, http://www.iarc.fr/en/media-centre/pr/2012/pdfs/pr213_E.pdf (2012) |
[3] | V. Franco et al., "Real-world exhaust emissions from modern diesel cars", International Council of Clean Transportation, https://theicct.org/publication/real-world-exhaust-emissions-from-modern-diesel-cars/ |
[4] | Blog-Artikel Diesel-Nachrüstung gegen Stickoxide: wirksam, praktikabel und bezahlbar |
[5] | Blog-Artikel "Sind Dieselfahrzeuge unverzichtbar für den Klimaschutz?" |
[6] | Blog-Artikel "Krankheit und Tod durch Dieselabgase – eine Folge von Korruption" |
[7] | Blog-Artikel "Diesel-Abgasskandal: Bauteilschutz als Rechtfertigung für Abschalteinrichtungen?" |
[8] | Blog-Artikel: Dieselfahrzeuge von Volkswagen: Einhaltung von Abgasgrenzwerten mit illegalen Tricks |
[9] | Blog-Artikel: Stickoxidemissionen von modernen Dieselfahrzeugen – deutlich höher als gedacht |
Siehe auch: Dieselkraftstoff, Verbrennungsmotor, Viertaktmotor, Ottomotor, Motor, Abgasrückführung, Rußpartikelfilter, Speicherkatalysator, SCR-Katalysator, Kraftstoffeinspritzung, Wassereinspritzung, Ventile beim Hubkolbenmotor, Turboaufladung, dieselelektrischer Antrieb, Ruß, Stickoxide, Messverfahren für Kraftstoffverbrauch und Abgaswerte
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