EE-Gas
Definition: ein brennbares Gas, welches mit Hilfe elektrischer Energie aus erneuerbaren Quellen gewonnen wird
Allgemeiner Begriff: Brenngas
Spezifischere Begriffe: Windgas, Solargas, Biogas
Kategorien: Energieträger, erneuerbare Energie
Autor: Dr. Rüdiger Paschotta
Wie man zitiert; zusätzliche Literatur vorschlagen
Ursprüngliche Erstellung: 23.08.2011; letzte Änderung: 20.08.2023
Es gibt technische Methoden, brennbare Gase wie Methan oder Wasserstoff mit Hilfe elektrischer Energie herzustellen, anstatt sie als fossile Energieträger wie Erdgas der Natur zu entnehmen. Insbesondere kann durch Elektrolyse von Wasser gasförmiger Wasserstoff hergestellt werden. Durch Methanisierung kann hieraus auch Methan gewonnen werden. Wenn die elektrische Energie für die Elektrolyse aus erneuerbaren Quellen stammt (z. B. aus Windenergie oder Sonnenenergie), bezeichnet man den produzierten Wasserstoff und auch das daraus gewonnene Methan als EE-Gas, wobei EE für erneuerbare Energie steht, manchmal auch als e-Gas. Wenn Strom aus Windenergieanlagen genutzt wird, spricht man auch von Windgas, bei Solarenergie von Solargas.
Häufig gebraucht wird auch der Begriff Power to Gas (allgemeiner Power to X), wobei "Power" hier etwas ungenau für elektrische Energie steht und nicht für Leistung. Der Artikel über Power to Gas erläutert die Nutzungsmöglichkeiten dieses Konzepts eingehender.
Solche Gaserzeugung ist insbesondere unter dem Hinblick der möglichen Speicherung interessant, also für den Ausbau von Energiespeichern. Man spricht deswegen auch von Speichergas.
Herstellung von Wasserstoff durch Elektrolyse
Elektrische Energie kann eingesetzt werden, um in einer Elektrolyseanlage (einem Elektrolyseur) Wasserstoff zu erzeugen. Der Elektrolyseapparat (häufig eine Batterie von vielen Elektrolyseuren) wird mit Gleichstrom auf niedrigem Spannungsniveau gespeist, der ggf. über einen Umrichter aus dem Netz-Wechselstrom oder Drehstrom gewonnen wird.
Der Wirkungsgrad der Elektrolyse kann über 80 % betragen, aber es gibt eine Abwägung zwischen Wirkungsgrad und Anlagekosten: Ein höherer Energiedurchsatz durch Betrieb mit möglichst hoher Stromstärke bewirkt, dass die angelegte Spannung etwas höher ist, wodurch der Wirkungsgrad abnimmt. Diese Abwägung erzwingt insbesondere dann eher niedrigere Wirkungsgrade, wenn ein Elektrolyseur nur relativ wenige Volllaststunden pro Jahr erreicht, z. B. wenn er nur zeitweilig anfallende Stromüberschüsse verwerten soll. In solchen Fällen ist ein Wirkungsgrad von 70 % realistischer.
Weitere technische Details erläutert der Artikel über Elektrolyse.
Einspeisung von Wasserstoff in das Erdgasnetz
Der erzeugte Wasserstoff kann in begrenzten Mengen in das Erdgasnetz eingespeist werden, so dass er anderswo zusammen mit dem Erdgas verbraucht werden kann und keine separate Wasserstoff-Infrastruktur benötigt wird. Nachteilig ist hierbei allerdings die wesentlich geringere volumetrische Energiedichte des Wasserstoffs:
- Gaszähler erfassen das durchgelaufene Gasvolumen. Bei variablem Wasserstoffanteil führt dies dazu, dass die eigentlich relevante Energiemenge nicht mehr aus dem Volumen ermittelt werden kann. Deswegen muss der Wasserstoffanteil auf einige Prozent begrenzt bleiben.
- Bei höherem Wasserstoffanteil könnten manche Verbraucher aufgrund der veränderten Eigenschaften des Gases (z. B. veränderter Luftbedarf für die Verbrennung) technische Probleme bekommen.
- Die reduzierte Energiedichte führt auch zu einer reduzierten Transportkapazität und Speicherkapazität der Einrichtungen.
Herstellung von Methan
Die genannten Probleme mit dem Wasserstoff lassen sich vermeiden, indem aus Wasserstoff (H2) und Kohlendioxid (CO2) oder auch Kohlenmonoxid (CO) Methan (CH4) hergestellt wird. Diese katalytische Methanisierung wäre großtechnisch möglich, ist aber mit weiteren Energieverlusten von rund 14 % verbunden. Dies bedeutet, dass in Kombination mit der Elektrolyse (siehe oben) ein Gesamtwirkungsgrad von ca. 60 % möglich wäre. Zukünftige Anlagen, bei denen eine Hochtemperaturelektrolyse die Abwärme der Methanisierung nutzbar macht, könnten evtl. auch auf Wirkungsgrade oberhalb von 80 % kommen.
Das erhaltene EE-Methan wäre dann allerdings mit hochwertigem Erdgas vergleichbar und uneingeschränkt zusammen mit diesem nutzbar. Es kann als synthetisches Erdgas oder künstliches Erdgas bezeichnet werden.
Bisher wird diese Möglichkeit nicht genutzt, da EE-Methan viel teurer wäre als Erdgas.
Herstellung von Kohlenmonoxid
Derzeit wird an Verfahren geforscht, mit denen sich mithilfe elektrischer Energie Kohlenmonoxid (CO) aus Kohlendioxid (CO2) erzeugt werden könnte, und zwar in einem Plasma, welches durch eine elektrische Gasentladung entsteht. Wirkungsgrade von bis zu ca. 60 % sind bereits demonstriert worden, und weitere Forschung könnte zu noch höheren Wirkungsgraden führen. Aus dem erzeugten Kohlenmonoxid könnten in chemischen Umsetzungen z. B. Kraftstoffe gewonnen werden.
Interessant wäre an diesem Ansatz, dass keine Elektrolyse durchgeführt wird, womit auch deren Nachteile (insbesondere betreffend die Kosten und die begrenzte Leistungsdichte) entfielen. Solche Verfahren könnten auch geeignet sein, um zeitweilig anfallende Überschüsse elektrische Energie durch chemische Speicherung zu verwerten.
Vergleich mit Biogas
EE-Gas aus elektrischer Energie kann auch eine Alternative zu Biogas angesehen werden (welches übrigens das Etikett "EE-Gas" im Prinzip genauso verdient). In beiden Fällen wird im Wesentlichen Methan aus erneuerbarer Energie gewonnen. Im Vergleich dieser Methoden hat EE-Gas einen großen Vorteil in Bezug auf die Flächenproduktivität: Der Flächenbedarf z. B. eines Systems mit Photovoltaik, Wasserstoff-Elektrolyse und Methanisierung wäre (für die gleichen Energiemengen) sehr viel geringer als der des Biogas-Systems, da die Bindung von Sonnenenergie in Pflanzen energetisch ziemlich ineffizient ist – viel weniger effizient als die Stromerzeugung mit Photovoltaik. Außerdem werden wesentliche ökologische Nachteile von Biogas (z. B. Auswirkungen indirekter Landnutzungsänderungen und der oft auftretende Methanschlupf) vermieden. Andererseits liegen die Kosten für EE-Gas bisher erheblich höher, vor allem wenn nicht nur kurzzeitig anfallender Überschuss-Strom genutzt wird, sondern Photovoltaikanlagen eigens für die EE-Gas-Erzeugung aufgebaut werden. Ob die Kosten für Photovoltaik und Elektrolyse langfristig derart fallen, dass der ökonomische Vergleich grundlegend anders ausfällt, ist bislang zweifelhaft.
Literatur
[1] | Studie "Energiewirtschaftliche und ökologische Bewertung eines Windgas-Angebotes", durchgeführt vom Fraunhofer Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik (IWES) im Auftrag von Greenpeace Energy |
Siehe auch: Power to Gas, Energieträger, erneuerbare Energie, Methan, Wasserstoff, Elektrolyse, Methanisierung, Erdgas, synthetisches Erdgas, Gasmotor, Energiespeicher
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