Eigenverbrauch
Definition: der Anteil der z. B. in einem Kraftwerk oder mit einer Photovoltaikanlage erzeugten elektrischen Energie, der vom Betreiber selbst verbraucht wird
Englisch: internal consumption
Kategorien: elektrische Energie, erneuerbare Energie, Grundbegriffe, Haustechnik, Kraftmaschinen und Kraftwerke
Autor: Dr. Rüdiger Paschotta
Wie man zitiert; zusätzliche Literatur vorschlagen
Ursprüngliche Erstellung: 10.03.2013; letzte Änderung: 20.08.2023
Die meisten Betreiber einer Anlage für die Erzeugung elektrischer Energie verbrauchen einen Teil der Energie selbst, und zwar entweder in der Anlage selbst (z. B. für Neben- und Hilfsaggregate) oder für Zwecke, die mit der Stromerzeugung nichts zu tun haben. Insbesondere der Verbrauch für letztere Zwecke wird als Eigenverbrauch oder Selbstverbrauch bezeichnet, bzw. die Erzeugung als Eigenstromerzeugung. Dagegen bezeichnet man den Energieverbrauch für interne Anlagen eines Kraftwerks eher als Eigenbedarf.
Der Begriff Direktverbrauch betont ggf. den Umstand, dass nur der direkte Verbrauch im Moment der Erzeugung gemeint ist, ggf. auch der spätere Verbrauch selbst eingespeicherter Energie, aber nicht der Strombezug aus dem Netz zu anderen Zeiten. Der Direktverbrauch kann auch Mieterstrom umfassen, der nicht zum Eigenverbrauch zählt.
Eigenverbrauch der Industrie
Manche Industrieunternehmen betreiben als Eigenversorger eigene Kraftwerke, deren Produktion der Deckung des Bedarfs der eigenen Industrieanlagen dient und nicht etwa für den Verkauf über das öffentliche Stromnetz vorgesehen ist. Man spricht hier ebenfalls von Eigenverbrauch, wobei es hier nicht um den Verbrauch in den Kraftwerken selbst geht, sondern in anderen Anlagen des Besitzers. Voraussetzung ist allerdings (anders als früher), dass dieser Strom nicht durch das öffentliche Stromnetz geleitet wird. Oft stehen solche Anlagen ohnehin auf dem Gelände einer Industrieanlage, was die Kraft-Wärme-Kopplung erleichtert: Die anfallende Abwärme kann zusätzlich zum erzeugten Strom genutzt werden. Sie könnte weniger leicht als elektrische Energie über größere Distanzen transportiert werden.
Die Einstufung als Eigenverbrauch ist finanziell wichtig im Zusammenhang mit dem Eigenstromprivileg, also der Befreiung dieses Verbrauchs von der EEG-Umlage. Das Eigenstromprivileg bewirkt also eine finanzielle Begünstigung von Anlagen, die von der Industrie selbst betrieben werden. Dies kommt teilweise den Betreibern recht energieeffizienter Anlagen mit Kraft-Wärme-Kopplung zugute; jedoch ist das Eigenstromprivileg nicht an Bedingungen bezüglich Energieeffizienz oder ökologische Vorteile gekoppelt.
Eigenverbrauch von dezentralen Stromerzeugern
Arten von Eigenverbrauch
Dezentrale Anlagen für die Stromerzeugung, z. B. auf der Basis von Photovoltaik, Windenergie oder Kraft-Wärme-Kopplung, weisen meist einen recht geringen Anteil an Eigenverbrauch auf (z. B. durch Bereitschaftsverluste von Wechselrichtern). Jedoch werden sie oft von privaten Haushalten betrieben oder von Gewerbebetrieben, die einen Teil der Erzeugung für andere Zwecke nutzen, beispielsweise für die Abdeckung des Haushaltsbedarfs oder für andere Maschinen im Betrieb. Der Anteil der jeweils produzierten Leistung, der nicht direkt selbst verbraucht wird, wird in das öffentliche Stromnetz eingespeist, und dafür erhält der Betreiber eine Einspeisevergütung.
Definition von Eigenverbrauch: nur direkte eigene Nutzung
Der Eigenverbrauch wird bei dezentralen Stromerzeugern meist nicht einfach als die Differenz der jährlichen Eigenerzeugung und der eingespeisten Energiemengen definiert. Vielmehr wird dazu nur die Energie gezählt, die von der Anlage erzeugt und unmittelbar selbst verbraucht wird. Nicht gezählt wird also Energie, die zunächst eingespeist und dann später wieder aus dem Stromnetz bezogen wird. Dieser Umstand ist auch für die Wirtschaftlichkeit relevant, wie im Folgenden erklärt wird.
Es gibt oft auch einen Direktverbrauch am Ort der Erzeugung, der nicht durch den Anlagenbetreiber erfolgt, sondern beispielsweise durch Mieter in einem Gebäude, auf dem eine Photovoltaikanlage betrieben wird. Hier spricht man von Mieterstrom, und dieser wird nicht zum Eigenverbrauch gezählt.
Finanzielle Aspekte
Die verschiedenen Energieströme, die z. B. beim Betreiber einer Photovoltaik-Anlage (PV-Anlage) auftreten, werden finanziell unterschiedlich behandelt:
- Der direkte Eigenverbrauch bewirkt meist keine Einkünfte, aber es werden damit die Kosten für den Strombezug aus dem Netz eingespart. In manchen Fällen erhält der Betreiber aber zusätzlich noch eine Selbstverbrauchsvergütung (Eigenverbrauchsvergütung) im Rahmen der EEG-Förderung. Dies trifft in Deutschland für PV-Anlagen auf Gebäuden zu, die zwischen ca. 2009 und 2012 erstellt wurden. Eine solche Vergütung gibt es für neue Anlagen inzwischen nicht mehr, da die Erzeugungskosten ohnehin schon unter den Strombezugskosten liegen, also allein schon dadurch ein Eigenverbrauchsbonus entsteht.
- Die EEG-Umlage musste auf selbst erzeugten und selbst verbrauchten Strom bisher nicht bezahlt werden (→ Eigenstromprivileg). Nach der EEG-Novelle 2014 soll der Eigenverbrauch z. B. von PV-Anlagen jedoch ebenfalls teilweise mit der EEG-Umlage belastet werden; von Kritikern wurde dies als eine "Sonnensteuer" gebrandmarkt. Kleine Anlagen (unter 10 kW), wie sie für Privathäuser typisch sind, bleiben davon allerdings ausgenommen.
- Für die eingespeisten Energiemengen wird die Einspeisevergütung bezahlt. Diese beträgt z. B. bei kleinen PV-Anlagen, die Anfang 2013 in Betrieb genommen wurden, rund 17 ct/kWh, was weit unter den Bezugstarifen für Kleinverbraucher liegt.
Maximierung des Eigenverbrauchs
Für den Betreiber einer solchen Anlage ist es meist günstiger, erzeugten Strom direkt selbst zu verbrauchen, anstatt ihn erst einzuspeisen und dann später wieder aus dem Netz zu beziehen. Bei letzterer Variante verliert er nämlich die Differenz von Bezugspreis und Einspeisevergütung, die z. B. bei neueren Photovoltaikanlagen in der Größenordnung von 10 ct/kWh liegen kann.
Um die Wirtschaftlichkeit zu erhöhen, kann der Betreiber versuchen, durch ein geeignetes Lastmanagement das zeitliche Profil des Verbrauchs dem der Erzeugung besser anzunähern, z. B. indem er die Waschmaschine und Geschirrspülmaschine bevorzugt in sonnigen Stunden ohne sonstigen hohen Verbrauch (z. B. Elektroherd) betreibt. Im Prinzip könnte diesem Ziel auch ein Solarstromspeicher dienen, jedoch ist diese Technik weitaus zu teuer, um rentabel arbeiten zu können. Insgesamt haben private Betreiber meist nur geringe Möglichkeiten zur Optimierung des Eigenverbrauchs, außer wenn sie z. B. eine Elektrowärmepumpe (z. B. auch eine Warmwasserwärmepumpe) betreiben, deren Einsatzzeiten optimiert werden können. Selbst diese Möglichkeiten sind limitiert, da eine Wärmepumpenheizung vor allem an trüben Tagen viel Strom braucht, wenn die PV-Anlage wenig produziert, während eine Warmwasserwärmepumpe einen insgesamt nicht allzu hohen Verbrauch hat. Deswegen liegt der direkte Eigenverbrauchsanteil (Direktverbrauch) oft unter 20 % des gesamten Verbrauchs, selbst wenn die PV-Anlage insgesamt ähnlich viel produziert, wie im Haushalt benötigt wird. Gewerbliche Erzeuger dagegen haben z. B. für diverse Geräte oft einen hohen Verbrauch zu Zeiten guter Sonneneinstrahlung, so dass bei ihnen der Eigenverbrauchsanteil schon ohne besondere Maßnahmen deutlich höher sein kann.
Eine einfache und relativ billige Möglichkeit, einen gezielt steuerbaren zusätzlichen Eigenverbrauch zu erzeugen, ist die Erzeugung von Elektrowärme z. B. mit einem Elektroheizstab im Warmwasserspeicher, der sonst regulär anders beheizt wird. Allerdings ist der ökonomische und ökologische Nutzeffekt (Erzeugung von Niedertemperaturwärme) dann entsprechend gering. So wäre z. B. eine Einspeisevergütung selbst von nur 12 ct/kWh finanziell immer noch attraktiver als die Einsparung von Erdgas mit 7 ct/kWh oder Heizöl mit 10 ct/kWh (je nach aktuellem Preisniveau). Ökologisch günstiger ist die Einspeisung ohnehin, da das Zurückdrängen der Stromerzeugung in fossil befeuerten Kraftwerken deutlich mehr Primärenergie einspart.
Energiewirtschaftliche Aspekte
Energiewirtschaftlich gesehen kann die Erhöhung des direkten Eigenverbrauchs, also die Minimierung von Einspeisung und späterem Bezug, Vorteile bringen. Beispielsweise würden die Kosten für Stromnetze und andere Kraftwerke gesenkt, wenn sehr viele Photovoltaikanlagen mit Solarstromspeichern ausgestattet wären, die einen Teil der Einspeisungen effektiv von der Mittagszeit in die Abendstunden verschieben oder den abendlichen Verbrauch zum Teil decken würden. Allerdings wären diese Einsparungen sehr gering im Vergleich zu den Mehrkosten für die Stromspeicher. Investitionen in verbesserte Stromnetze wären also volkswirtschaftlich wesentlich günstiger und würden gleichzeitig eher niedrigere Energieverluste bringen.
Die Optimierung des Eigenverbrauchs (genauso des Direktverbrauchs im Falle von Mieterstrom) ist ohnehin keineswegs immer energiewirtschaftlich nützlich. Man betrachte beispielsweise eine Photovoltaikanlage, die zur Mittagszeit Strom einspeist. Die Einspeisung kann direkt den gleichzeitigen Verbrauch von Elektroherden in unmittelbarer Nähe decken, d. h. in nahe gelegenen Haushalten ohne PV-Anlage. Sie ist energiewirtschaftlich also eher sinnvoller, als wenn damit ein Speicher geladen würde, während die anderen Elektroherde aus entfernteren Kraftwerken versorgt würden – zumal beim Speichern noch Energieverluste auftreten. Ebenso ist klar, dass der Ersatz einer größeren Photovoltaikanlage durch mehrere kleinere, die auf die Gebäude in einer Straße verteilt würden, zwar den Eigenverbrauchsanteil erheblich erhöhen würde, aber energiewirtschaftlich keineswegs vorteilhafter wäre. Die Vermeidung gewisser lokaler Stromflüsse innerhalb des Verteilungsnetzes könnte jedenfalls keine erhöhten Investitionskosten durch geringere Anlagengrößen rechtfertigen.
Man beachte, dass der direkte Eigenverbrauch auch dann, wenn keine Eigenverbrauchsvergütung dafür gezahlt wird, eine gewisse Bevorzugung auf Kosten anderer Verbraucher (eine Art von Subventionierung) bedeutet. Es wird vom Betreiber nämlich kein finanzieller Beitrag zu den Systemdienstleistungen erbracht, obwohl diese auch in Anspruch genommen werden. Zwar werden das Stromnetz und die Kraftwerke als Folge der Eigenerzeugung im Mittel weniger belastet. Jedoch müssen diese Kapazitäten trotzdem bereitgehalten werden, um z. B. bei Ausfall der Anlage oder bei schlechtem Wetter stets den Bedarf decken zu können. Langfristig wird es deswegen notwendig sein, auch den Eigenverbrauch mit Abgaben für die Systemdienstleistungen zu belegen.
Der zuletzt genannte Aspekt ist freilich je nach Fall sehr unterschiedlich wichtig. Beispielsweise gibt es Anlagen mit Kraft-Wärme-Kopplung, die an kalten Wintertagen wegen des dann erfolgenden Wärmebedarfs praktisch immer laufen, im Sommer dagegen weniger. Die entstehende Stromerzeugung ist – egal ob sie für den Eigenverbrauch oder für Einspeisungen in das öffentliche Netz erfolgt – energiewirtschaftlich sogar wertvoller als z. B. eine über das ganze Jahr gleichmäßige Einspeisung, da im Winter ja auch höhere Kapazitäten benötigt werden. Hier lässt es sich also durchaus rechtfertigen, dass die Betreiber solcher Anlagen keine Netznutzungsentgelte bezahlen müssen.
Siehe auch: Direktverbrauch, Eigenbedarf, Eigenstromprivileg, Photovoltaik, Einspeisevergütung, Eigenerzeugung, erneuerbare Energie, Kraft-Wärme-Kopplung, Kraftwerk, Solarstromspeicher, Netzparität
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