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Energiearmut

Definition: ein Mangel an Energie, der zur mangelnden Befriedigung wichtiger Bedürfnisse führt

Englisch: energy poverty

Kategorien: Energiepolitik, Grundbegriffe

Autor:

Wie man zitiert; zusätzliche Literatur vorschlagen

Ursprüngliche Erstellung: 14.03.2013; letzte Änderung: 20.08.2023

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Große Teile der Weltbevölkerung, vor allem in Entwicklungsländern, leiden unter mehr oder weniger ernster Energiearmut. Dies bedeutet, dass wichtige Bedürfnisse nicht oder nur teilweise befriedigt werden können, weil dafür nutzbare Energie nicht verfügbar ist oder nicht in ausreichendem Umfang bezahlt werden kann.

Beispiele für Energiearmut

Besonders arme Bevölkerungsgruppen in Entwicklungsländern haben nicht einmal relativ geringe Mengen elektrischer Energie, wie sie z. B. für Beleuchtungszwecke und für Kühlschränke benötigt würden, in ausreichendem Umfang zur Verfügung. Sie haben häufig keinen Anschluss an ein öffentliches Stromnetz, sondern allenfalls an ein lokales Inselnetz, in dem Strom relativ teuer mit Dieselgeneratoren erzeugt wird. Auch die Stromerzeugung mit kleinen Photovoltaikanlagen ist teuer, wenn deren Investitionskosten über den Strompreis bezahlt werden müssen.

Für das Heizen und Kochen stehen mancherorts nur primitive Feuerungsanlagen zur Verfügung, die die Brennstoffe ineffizient nutzen und durch starke Schadstoffemissionen die Gesundheit bedrohen.

Selbst in unmittelbarer Nähe von Anlagen zur Erdölförderung z. B. in Nigeria, wo große Mengen von Erdgas (Begleitgas) nutzlos abgefackelt werden, leiden arme Menschen an einem Brennstoffmangel. Ihre Kaufkraft ist so gering, dass sie selbst recht kostengünstige Lieferungen von Erdgas nicht bezahlten könnten. Aufgrund korrupter Verhältnisse profitieren sie nicht von der Ausbeutung der Erdölvorkommen unter ihrem Land, sondern werden eher noch dadurch geschädigt.

Wenn keine elektrische Energie für die Kühlung von Nahrungsmitteln zur Verfügung steht, verderben mehr Lebensmittel, was die Armut und den Hunger weiter verschärft.

Auch in Industrieländern gibt es viele Menschen, die zumindest ihren Bedarf an Heizwärme nur schwer decken können. Sie leben in technisch unzulänglichen Gebäuden, die für angenehme Raumtemperaturen im Winter recht viel Heizwärme benötigen würden, können sich diese Energiemengen aber z. B. aufgrund gestiegener Heizölpreise nicht mehr leisten. Eine energetische Sanierung solcher Gebäude ist aber auch kaum finanzierbar. Weil eine solche unterbleibt, entstehen langfristig aber oft noch höhere Kosten, vor allem wenn die Preise von Energieträgern stark steigen. Dieses ernste Problem dürfte auch in Europa bald sehr viel häufiger werden, insbesondere als Folge der Gaskrise im Zusammenhang mit Russlands Krieg gegen die Ukraine.

Die Versorgung mit elektrischer Energie ist in Industrieländern meist auch für Arme weniger ein Problem, da der essenzielle Bedarf für Beleuchtung, Kühlschrank usw. bei Anschluss an ein öffentliches Stromnetz meist zu recht geringen Kosten gedeckt werden kann, die notfalls über die Sozialhilfe bezahlt werden.

In aller Regel ist Energiearmut die Folge von wirtschaftlicher Armut. Eher selten ist, dass der Zugang zu Energie aus nicht finanziellen Gründen eingeschränkt ist.

Maßnahmen gegen Energiearmut

Von zentraler Bedeutung ist die Bekämpfung der wirtschaftlichen Armut und deren Ursachen, z. B. mangelnde Entwicklung, Korruption und fehlende Bildung.

Speziell im Energiesektor kann die Elektrifizierung, vorgenommen durch staatliche Organisationen oder Hilfsorganisationen, einiges verbessern. Zumindest die Deckung von Grundbedürfnissen wie Beleuchtung und die Kühlung von Lebensmitteln wird damit so kostengünstig, dass allenfalls noch geringe Unterstützungen hierfür nötig sind.

Verbesserte Kochöfen haben in manchen Gegenden Afrikas deutliche Wirkungen gegen die Energiearmut gezeigt, weil damit viel weniger Holz benötigt wird. Gleichzeitig wurden gesundheitliche Bedrohungen durch Abgase innerhalb von Gebäuden reduziert.

Photovoltaikanlagen können Energiearmut lindern, wenn diese z. B. im Rahmen von Hilfsprogrammen finanziert werden. Die Kosten für ihren Betrieb und die Instandhaltung sind nämlich gering; es werden keine Brennstoffe benötigt, und es gibt kaum Verschleiß. Bei kleinen Inselnetzen verursachen aber die nötigen Batterien als Energiespeicher langfristig erhebliche Kosten, denn sie müssen meist nach einigen Jahren ersetzt werden.

Das Frieren im Winter durch Energiearmut ist deutlich schwieriger zu beheben. Heizkostenzuschüsse aus Steuergeldern können kurzfristig Probleme lindern, schaffen aber keine dauerhafte Lösung, sondern nur zusätzliche Abhängigkeiten. Besser wäre der Entwicklung von Möglichkeiten, Häuser auch mit moderatem finanziellem Aufwand energetisch zu verbessern.

Die Beschaffung von Investitionskapital zu guten Bedingungen (mit niedrigen Zinsen) ist oft wichtig, da Investitionen die Betriebskosten oft massiv senken können – etwa durch die dann möglich werdende Nutzung kostengünstiger Energieträger oder auch durch die Erhöhung der Energieeffizienz.

Es ist zu beachten, dass Energiearmut auch durch die Energieverschwendung in reichen Ländern begünstigt wird. Die Weltmarktpreise für diverse Energieträger wie z. B. Erdölprodukte würden nämlich viel weniger steigen, wenn wenigstens unnötiger Verbrauch in den Industrieländern unterbliebe.

Siehe auch: Energie, Energieträger, Energieeffizienz, Elektrifizierung

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