Geht es mit weniger Energie-Sklaven?
(Dieser Artikel ist in ähnlicher Form als Editorial erschienen in Energie & Umwelt 4/2010, dem Magazin der Schweizerischen Energiestiftung.)
Autor: Dr. Rüdiger Paschotta
Ist es kleinlich, dass man für 30 Minuten das Licht ausschalten soll, nur um in dieser Zeit 100 Watt zu sparen? Stellen wir uns aber mal vor, die 100 Watt würden von einem "Energie-Sklaven" erzeugt, der dafür ordentlich in die Pedale treten muss. Im Technorama in Winterthur kann das jeder selbst mal probieren: Auf die Dauer wird das anstrengend! Vielleicht wären wir danach so nett, zweimal einen Schalter zu betätigen, um dem "Energie-Sklaven" eine halbe Stunde Schinderei zu ersparen…
Freilich, anderswo geht es um mehr: Ein kräftiger Tritt auf das Gaspedal eines Kleinwagens setzt gleich einige hundert Energie-Sklaven in Bewegung, bei einem starken SUV sind es gar tausende. Wir haben uns sehr daran gewöhnt, mit einem kleinen Tritt Kräfte in Bewegung zu setzen, die unsere eigenen bei Weitem übersteigen –- und denken uns meist nichts dabei. Es müssen ja auch nicht wirkliche Sklaven dafür strampeln. "Nur" verfeuern wir damit im Rekordtempo fossile Rohstoffe und bringen unsere Atmosphäre vielleicht schon in wenigen Jahrzehnten in einen auch für uns kritischen Zustand. Nebenbei ruinieren wir Landschaften und Meere, häufen radioaktive Abfälle an, etc.
Wir wissen das ja alles, aber wie sollen wir denn leben ohne die vielen Energie-Sklaven? Man stelle sich einmal einen Farm-Besitzer in den Südstaaten der USA zu Zeiten des Bürgerkriegs vor. "Landwirtschaft ohne all die Sklaven –- wie soll denn das gehen? Wir könnten doch nicht überleben, wenn wir all diese Leute entlassen oder bezahlen müssten! Menschlichkeit, Freiheit, Gerechtigkeit – zugegeben, das wäre ja wirklich schön, ist aber doch völlig unrealistisch! Lassen wir bloß nicht solche Gutmenschen ans Ruder, die würden unseren Lebensstandard doch ruinieren!" Etwa so klingt es auch heute, wenn erklärt wird, warum Suffizienz und Energieeffizienz nicht realistisch sind, oder höchstens in harmlosen Ansätzen… Inzwischen wissen wir, dass es auch ohne menschliche Sklaven geht. Teilweise übrigens gerade dank der fossilen Energieträger! Und vor wenigen Jahrzehnten ging es sogar recht gut mit weitaus weniger fossiler Energie, und zwar ohne menschliche Sklaven und auch ohne Windenergie, Photovoltaik etc. Also versuchen wir doch mal ernsthaft, uns auf eine Zeit einzustellen, in der wir uns mit so vielen Energie-Sklaven begnügen, wie sie uns die erneuerbaren Energieträger bescheren!
Literatur
[1] | Comic über Energiesklaven von Stuart McMillen, http://www.stuartmcmillen.com/de/comic/energiesklaven/ |
Siehe auch: Energie, Energieeffizienz, erneuerbare Energie
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