Ewigkeitskosten
Definition: Folgekosten, die auf Dauer oder für sehr lange Zeiten entstehen
Kategorien: Energiepolitik, Grundbegriffe, Ökologie und Umwelttechnik
Autor: Dr. Rüdiger Paschotta
Wie man zitiert; zusätzliche Literatur vorschlagen
Ursprüngliche Erstellung: 09.11.2013; letzte Änderung: 20.08.2023
Der Begriff Ewigkeitskosten (oder auch Ewigkeitslasten) wurde im Zusammenhang mit dem Bergbau v. a. für Kohle geprägt. Es geht um Folgekosten, die nach Abschluss der Bergbauaktivitäten für immer oder jedenfalls für sehr lange Zeiten entstehen werden.
Beim Kohleabbau – sowohl durch Bergbau in tiefen Schächten als auch beim Tagebau – entsteht vor allem das Problem, dass häufig dauerhaft der Grundwasserspiegel durch ständiges Abpumpen tiefer gehalten werden muss, als er sich sonst natürlicherweise einstellen würde. Sonst würden z. B. Landschaften oder auch Stadtteile, die sich durch unterirdischen Bergbau stark abgesenkt haben, überflutet und damit nicht mehr nutzbar. Der dauernde Pumpenbetrieb erzeugt einen massiven Energieaufwand und damit auch Kosten – allein im Ruhrgebiet hunderte Millionen von Euro pro Jahr.
Zusätzliche Probleme entstehen dadurch, dass in einigen Stollen im Ruhrgebiet riesige Mengen hochgiftiger Filterstäube aus Müllverbrennungsanlagen abgelagert wurden. Würde das Abpumpen des Grubenwassers wie geplant ab 2018 eingestellt, könnten solche Stollen geflutet werden; es ist jedenfalls nicht gesichert, dass hierdurch nicht giftige Stoffe ausgewaschen würden und das Grundwasser verseuchen. Deswegen wird, falls diese Gefahr nicht doch noch ausgeschlossen werden kann, entweder das Wasser dauerhaft abgepumpt werden müssen, oder es muss der Giftmüll mit sehr hohem Aufwand wieder ausgegraben und anderswo entsorgt werden. Letzteres würde freilich weitaus mehr kosten, als die Sondermüllablagerung damals an Einnahmen erbracht hat.
Ewigkeitskosten in anderen Sektoren
Außer dem Bergbau gibt es insbesondere bei der Kernenergie (Atomenergie) Folgekosten, die als Ewigkeitskosten bezeichnet werden können. Dies liegt an der Erzeugung von radioaktiven Abfällen, die für sehr lange Zeiträume (hunderttausende bis Millionen von Jahren) sehr gefährlich bleiben. Theoretisch ist zwar denkbar, die Abfälle in einem Tiefenlager so unterzubringen, dass das Problem dauerhaft gelöst ist und keine Kosten mehr anfallen. Es dürfte angesichts der extrem langen Zeiträume jedoch schwer möglich sein, dies zu garantieren. Zudem ist in vielen Ländern (auch in Deutschland und der Schweiz) absehbar, dass die von den Kraftwerksbetreibern gebildeten Rücklagen nicht einmal für die ersten Jahrzehnte nach Beginn der Endlagerung ausreichen werden. Dies liegt u. a. daran, dass die später anfallenden Kosten häufig extrem optimistisch geschätzt wurden (ohne Kenntnis der später auszuwählenden Standorte und Lagerverfahren!), dass die Verzinsung der Rücklagen ebenfalls optimistisch hoch angesetzt wurde und dass die gemachten Rücklagen häufig nicht hinreichend gesichert sind, also beispielsweise durch Konkurs von Unternehmen verloren gehen können.
Die Emissionen von Kohlendioxid (CO2) in die Atmosphäre, vor allem durch Verbrennung fossiler Energieträger ohne CO2-Abscheidung und -Speicherung, droht enorme Schäden durch Klimaveränderungen zu erzeugen. Auch hier handelt es sich um ziemlich langfristig entstehende Schäden, obwohl der Zeithorizont immerhin um einiges kürzer ist als bei der Kernenergie, nämlich einige Jahrhunderte. Es könnte aber auch hier von Ewigkeitskosten gesprochen werden.
Wirtschaftliche Bewertung von Ewigkeitskosten
Es mag erscheinen, als würden dauerhaft anfallende Folgekosten grundsätzlich die diese verursachende Aktivitäten (z. B. den Bergbau) unwirtschaftlich machen, weil die Kosten langfristig ja jede Grenze überschreiten, und damit zukünftige Generationen belasten. Dies ist allerdings nicht zwingend der Fall. Falls nämlich aus den Gewinnen der Aktivitäten ein genügend großer Fond geschaffen wird, können aus den Zinserträgen dieses Fonds dauerhaft die Kosten gedeckt werden. In diesem Sinne ist zumindest die finanzielle Nachhaltigkeit unter Umständen möglich. Die Höhe der Ewigkeitskosten wird nach diesem Konzept durch die Größe des nötigen Fonds für die dauerhafte Kostendeckung beziffert – also als ein einmalig aufzubringender Betrag.
In der Praxis werden solche Fonds teils tatsächlich geschaffen, aber häufig in lange nicht ausreichender Höhe. Als Beispiel kann die Kohleförderung im Ruhrgebiet dienen. Hier hat die RAG Aktiengesellschaft (die ehemalige Ruhrkohle AG) einen Fond geschaffen, der Rückstellungen von rund 6 Milliarden Euro (Stand 2013) enthält. Laut einem Gutachten, welches die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums in 2006 erstellt hat, würden aber rund 13 Milliarden Euro benötigt. Das bedeutet, dass die Rückstellungen nur rund die Hälfte der Kosten decken werden, und dass für die andere Hälfte wohl der Steuerzahler aufkommen muss. Dies bedeutet effektiv eine weitere, in diesem Falle nachträgliche staatliche Subventionierung der Kohlenutzung und damit des Stroms aus Kohlekraftwerken, sowie eine Belastung späterer Generationen. Hinzu kommen die Klimagefahren als Folge des erhöhten CO2-Gehalts der Atmosphäre.
Siehe auch: Kohle, Kohlekraftwerk, Kernenergie, Klimagefahren, Nachhaltigkeit
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