externe Kosten
Definition: negative Auswirkungen z. B. von Methoden der Energieversorgung, die nicht in den bezahlten Preisen enthalten sind
Gegenbegriff: interne Kosten
Englisch: external cost
Kategorien: Energiepolitik, Grundbegriffe, Ökologie und Umwelttechnik
Autor: Dr. Rüdiger Paschotta
Wie man zitiert; zusätzliche Literatur vorschlagen
Ursprüngliche Erstellung: 20.07.2010; letzte Änderung: 20.08.2023
Die Preise, die für Energielieferungen bezahlt werden, decken in der Regel die Kosten des Produzenten – nicht nur reine Betriebskosten (etwa Brennstoffkosten), sondern auch anteilige Investitionskosten – und können darüber hinaus dem Produzenten einen gewissen Gewinn bringen. Jedoch sind mit der Energieerzeugung meist auch gewisse schädliche Effekte verbunden, die oft nicht zu Lasten des Produzenten oder Konsumenten gehen, sondern zu Lasten der Allgemeinheit oder der Umwelt. Solche Kosten bezeichnet man als externe Kosten oder Externalitäten. Umgekehrt kann auch ein externer Nutzen auftreten, der also dem Produzenten nicht vergolten wird.
Dass es solche externen Effekte gibt, ist nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit. Problematisch ist insbesondere der Aspekt, dass externe Effekte falsche Anreize schaffen – genauer gesagt Anreize für Aktivitäten, die zwar dem Produzenten und dem Konsumenten gleichermaßen einen Netto-Nutzen bringen können, aber unter Umständen der Allgemeinheit einen größeren Schaden verursachen, also ein öffentliches Gut schädigen. Hierdurch kann unter Umständen der gesamte Wohlstand (im weitesten Sinne, einschließlich nicht materieller Aspekte) vermindert werden. Solche Aktivitäten sollten eigentlich vermieden werden. Wenn sie durch falsche Anreize dennoch zustande kommen, kann dies als Marktversagen beschrieben werden: Ökonomisch ausgedrückt führt der Preismechanismus hier nicht zu einen effizienten Einsatz von Mitteln, weil die Kosten und/oder der Nutzen nicht korrekt bewertet werden.
In vielen Fällen ist die Quantifizierung externer Kosten durchaus schwierig. Häufig sind nämlich die erzeugten Schäden von einer Art, die nicht einfach monetär zu bewerten ist. Beispielsweise ist es schwierig, die vielen tausend vorzeitigen Todesfälle, die in Europa als Folge der Luftverschmutzung durch Kohlekraftwerke vorkommen, angemessen zu bewerten. Es muss also zwangsläufig mit relativ groben Modellen gearbeitet werden, und die Resultate sind zu einem guten Teil von subjektiven Entscheidungen geprägt, die der jeweiligen Studie zugrunde liegen (und wenigstens explizit diskutiert werden sollten). Der Einwand, man könne externe Kosten ohnehin nicht zuverlässig quantifizieren, ist jedoch kein guter Grund, sie zu ignorieren: Effektiv würde man dann mit dem Schätzwert Null für die externen Kosten arbeiten, der vermutlich unangemessener ist als ein anderweitig ermittelter, wenn auch nur grober Schätzwert.
Klimagefahren als Beispiel für externe Effekte im Energiebereich; Beschreibung mit der Spieltheorie
Der vielleicht wichtigste externe Effekt der heutigen Energieversorgung resultiert aus den Klimagefahren vor allem durch Kohlendioxid-Emissionen bei der Verbrennung fossiler Energieträger. In den meisten Fällen sind solche Emissionen mit keinerlei Kosten für die Energieversorger oder die Energiekonsumenten verbunden, während gleichzeitig die Klimagefahren die gesamte Menschheit betreffen und darüber hinaus die Natur. Unter anderem wegen solcher Externalitäten wird häufig an Methoden der Energieversorgung und -nutzung festgehalten, die einerseits ein gutes Kosten-Nutzen-Verhältnis für Produzenten und Verbraucher haben, andererseits aber bei Einbeziehung der externen Effekte anderen Methoden weit unterlegen sind.
Selbst wo ein Emissionshandel installiert wurde, erreicht dieser oft nur eine sehr unvollständige Internalisierung externer Kosten. Beispielsweise erfüllt das europäische Emissionshandelssystem (ETS) bisher seine Funktion nur sehr unzureichend, da hierfür in Folge des Einflusses von Lobbyisten viel zu viele Emissionszertifikate ausgegeben wurden.
Im Zusammenhang mit klimaschädlichen Emissionen verteilt sich der externe Schaden wesentlich stärker auf die gesamte Erde als bei vielen anderen Umweltschädigungen: Sogar für ein ganzes Land ist es ökonomisch günstiger, keinen Klimaschutz zu betreiben, weil der weitaus größte Teil des resultierenden Schadens andere Länder trifft. Deswegen werden auch solche Klimaschutzmaßnahmen häufig unterlassen, deren Kosten-Nutzen-Verhältnis für die Menschheit als Ganzes gesehen extrem günstig wäre. Auf diese Weise entsteht eine Problematik, wie sie von der Spieltheorie längst eingehend untersucht wurde:
- Für die Allgemeinheit und (idealisiert gedacht) für jeden Einzelnen wäre es günstiger, wenn alle Akteure kooperierten, d. h. sich an dem größtmöglichen Netto-Nutzen für die Allgemeinheit orientierten.
- Für den Einzelnen ist es jedoch günstiger, nicht zu kooperieren, d. h. sein persönliches Wohl ohne Rücksicht auf externe Kosten für andere Teilnehmer zu optimieren – unabhängig davon, ob die anderen kooperieren oder nicht.
- Das Resultat ist, dass die meisten Teilnehmer dieses "Spiels" so handeln, dass alle zusammen damit schlechter fahren, als sie es mit Kooperation tun würden.
Andere Beispiele für externe Kosten
Die Förderung von Erdöl verursacht vielfältige und große externe Kosten, beispielsweise in Form von Umweltschädigungen durch Öllecks von Fördereinrichtungen, in Pipelines und bei Tankerhavarien, auch durch zusätzliche CO2-Emissionen und durch wirtschaftliche und politische Abhängigkeiten. Wenn gar Kriege geführt werden, um die Ölversorgung eines Landes zu sichern, entstehen enorme Kosten für diverse Akteure, die von den Ölverbrauchern nicht getragen werden.
Im Falle großer Unfälle bei Kernkraftwerken ist nur ein recht begrenzter Teil des Schadens durch Versicherungen abgedeckt, für die vorher Prämien bezahlt wurden; den Rest trägt die Allgemeinheit. Es liegt also quasi eine von der Allgemeinheit kostenlos gewährte Versicherung für Großschäden vor, die auch als eine versteckte Subvention in erheblichem Ausmaß betrachtet werden kann. Hinzu kommen bei der Kernenergie (heute insbesondere auch für Kernfusion) staatliche Aufwendungen für die Forschung, von öffentlichen Institutionen betriebene Versuchs-Endlager für radioaktive Abfälle (mit Übernahme aller Langzeitrisiken durch die Allgemeinheit), etc.
Auch bei erneuerbaren Energien gibt es diverse externe Kosten, beispielsweise durch die Forschungsförderung, die staatliche Förderung der Energieversorgung mit neuen Energien (etwa Zuschüsse für Solaranlagen) oder durch staatlich festgelegte Einspeisetarife. Ebenfalls zählt hierzu im Strombereich die Befreiung von Kosten zur Beschaffung notwendiger Regelenergie. Absolut gesehen sind die externen Kosten erneuerbarer Energie in aller Regel sehr gering im Vergleich zu denen der Kernenergie; verglichen mit den bis jetzt relativ kleinen Beiträgen zur Energieversorgung sind sie aber in einigen Fällen erheblich. Da die langfristig damit erzielte Energieversorgung noch schwer abzuschätzen ist, sind die langfristigen externen Kosten pro Kilowattstunde schwer zu ermitteln. Immerhin sind die externen Kosten in diesem Sektor eher von monetär erfassbarer Natur und repräsentieren meist nur in geringem Umfang Umweltschäden und andere langfristige Probleme.
Möglichkeiten zum Umgang mit externen Effekten
Es gibt verschiedene Strategien, mit der Problematik der externen Kosten umzugehen, wenn diese einmal hinreichend erkannt und verstanden sind:
- Man kann versuchen, sich allgemein verbindlich darauf zu einigen, eine "kooperative" Strategie zu fahren. Es werden also Regeln vereinbart, nach denen die einzelnen Akteure übermäßige externe Kosten vermeiden müssen. Der Anreiz für die Allgemeinheit, dieses Ziel zu erreichen, ist offensichtlich. Jedoch muss die Gefahr gebannt werden, dass nicht kooperierende "Trittbrettfahrer" auftauchen und dass dieses Phänomen immer mehr um sich greift, bis das kooperative Regime völlig zusammenbricht.
- Man kann alternativ versuchen, sich auf geänderte "Spielregeln" zu einigen, die zwar nicht das Handeln im Detail vorschreiben, aber die ursprünglich externen Kosten zu internen Kosten machen, d. h. die externen Kosten internalisieren. Im Bereich des Klimaschutzes kann man beispielsweise zunächst CO2-Steuern (oder Kohlenstoff-Steuern) innerhalb gewisser Staaten oder Wirtschaftsräume erheben, die die früher kostenlosen Emissionen nun mit Kosten für die einzelnen Produzenten und Konsumenten versehen und die Entscheidungen über Lenkungseffekte entsprechend beeinflussen. In einem späteren Schritt könnte eine solche Internalisierung auch großräumiger geschehen, also zwischen verschiedenen Staaten oder Wirtschaftsräumen.
Im Bereich des Klimaschutzes ist der Kyoto-Prozess ein erster wesentlicher Schritt entsprechend der erstgenannten Strategie. Dieser ist bisher aber sehr unvollkommen, vor allem weil wichtige Emittenten ihn boykottieren und auch die im Prinzip kooperierenden Staaten vielfach die übernommenen Verpflichtungen nicht erfüllen. Die Weltbevölkerung ist also noch weit von einem wirksamen kooperativen Regime entfernt.
Weltweit betrachtet sind auch Kombinationen der beiden Ansätze möglich, z. B. ein weiter entwickelter Kyoto-Prozess zur Koordination der Aktivitäten von Ländern und CO2-Steuern oder Kohlenstoff-Steuern innerhalb einzelner Länder.
Die wohl schwächste Form von Maßnahmen gegen die Auswirkungen externen Effekte sind Appelle an die Akteure, das Gemeinwohl mehr zu berücksichtigen. Dieser Ansatz packt das oben erläuterte spieltheoretisch beschreibbare Problem nicht an der Wurzel.
Siehe auch: Energie, Klimagefahren, Klimaschutz, radioaktiver Abfall, Emissionshandel
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