Fernkälte
Definition: Kälte, die über ein Leitungssystem zu den Gebäuden gebracht wird
Gegenbegriff: Fernwärme
Englisch: long-distance cooling
Kategorien: Haustechnik, Wärme und Kälte
Autor: Dr. Rüdiger Paschotta
Wie man zitiert; zusätzliche Literatur vorschlagen
Ursprüngliche Erstellung: 22.08.2012; letzte Änderung: 20.08.2023
Ähnlich wie Wärme über ein Leitungssystem als Fernwärme (oder Nahwärme) verteilt werden kann, kann auch Kälte in einem Leitungsnetz zu den Abnehmern transportiert werden. Hier fließt in den Leitungen in der Regel kaltes Wasser, welches nach Gebrauch erwärmt wieder zurückfließt. Die Rücklauftemperatur liegt also höher als die Vorlauftemperatur, welche z. B. 10 °C oder auch weniger beträgt. Effektiv handelt es sich um eine Art negativer Energielieferung: Den Verbrauchern wird nicht Energie geliefert, sondern im Gegenteil thermische Energie entzogen.
Durch Verwendung von Fernkälte entfällt der Betrieb von Kältemaschinen am Ort des Kältebedarfs; die Kälte wird von einem zentralen Versorger erzeugt, und zwar nicht unbedingt mit Kältemaschinen (siehe unten). In der Regel sind so erhebliche Verbesserungen der Energieeffizienz möglich. Außerdem ist der Betrieb weniger großer Aggregate auch finanziell meist wirtschaftlicher als der von vielen kleinen Maschinen, schon weil die spezifischen Investitions- und Wartungskosten geringer sind. Dem stehen allerdings die erheblichen Kosten für die Errichtung eines Fernkältenetzes entgegen.
Nutzung der Kälte
Die gelieferte Kälte kann im Sommer zur Kühlung (Klimatisierung) von großen Gebäuden (z. B. Bürogebäuden oder Krankenhäusern) dienen. Sie kann über Wärmeübertrager an Klimaanlagen übergeben werden oder auch z. B. in einem Wasserleitungsnetz an Kühldecken.
Diverse industrielle Prozesse benötigen ebenfalls Kälte, für die Fernkälte geeignet sein kann. Hier besteht ein Kältebedarf oft auch im Winter.
Erzeugung der Kälte
Für die zentrale Erzeugung von Kälte gibt es verschiedene Optionen:
- Es können große Kompressionskältemaschinen eingesetzt werden, die z. B. elektrisch angetrieben werden. Ihre Leistungszahl ist tendenziell höher als die kleiner Kältemaschinen für dezentralen Einsatz. Denkbar ist sogar die gleichzeitige Erzeugung von Wärme und Kälte, oder sogar zusätzlich von elektrischer Energie (→ Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung).
- Wo Abwärme auf genügend hohem Temperaturniveau zur Verfügung steht, kann diese in einer Absorptionskältemaschine für die Kälteerzeugung genutzt werden. Beispielsweise kann die in einem Kraftwerk oder einer Müllverbrennungsanlage entstehende Wärme im Sommer für die Kühlung verwendet werden, im Winter dagegen für Heizzwecke. So wird ein ganzjährige Nutzung der Wärme möglich. Absorptionskältemaschine lassen sich im Übrigen auch mit solarer Wärme (→ Solarthermie) betreiben.
- In anderen Fällen wird Flusswasser oder Wasser aus einem See verwendet, oder auch Schmelzwasser von Schnee. Falls dieses nicht kalt genug für die direkte Verwendung in einem einfachen Wärmeübertrager ist, kann es zumindest einer Kältemaschine zu einer wesentlich höheren Leistungszahl verhelfen.
Wo Kältebedarf und -erzeugung zeitlich nicht ganz zusammen fallen, kann ein großer Kältespeicher auf der Basis z. B. eines Wassertanks eingesetzt werden. Diesem kann dann z. B. kurzzeitig eine wesentlich höhere Kälteleistung entnommen werden, als auf Erzeugungsseite zur Verfügung steht.
Die vielfältigen Optionen der zentralen Kälteerzeugung sind ein wesentliches Argument für die Einrichtung von Fernkältenetzen. (Ähnliches gilt für Fernwärmenetze.) Selbst wenn die Kälte vorläufig mit Kompressionskältemaschinen erzeugt wird und gegenüber dezentralen Kältemaschinen keine erheblichen Energieeinsparungen möglich sind, sind die umfangreicheren Optionen für eine spätere Umrüstung ein gewichtiger Vorteil.
Siehe auch: Kälte, kältemaschine, Fernwärme, Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung
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