Fracking
Definition: das Aufbrechen von Gesteinen durch Einpressen von Wasser mit hohem Druck
Englisch: hydraulic fracturing
Autor: Dr. Rüdiger Paschotta
Wie man zitiert; zusätzliche Literatur vorschlagen
Ursprüngliche Erstellung: 04.10.2014; letzte Änderung: 20.08.2023
Viele Gesteine weisen eine sehr geringe Wasserdurchlässigkeit auf, da sie unter dem Einfluss vor allem hoher Drucke sehr kompakt geworden sind. Dies ist für die Anwendung mancher technischer Verfahren ungünstig:
- Wenn ein Gestein Erdgas oder Erdöl enthält, aber eine geringe Durchlässigkeit aufweist, kann das Gas oder Öl (z. B. Schiefergas, Schieferöl oder Tight Gas) nicht einfach gewonnen werden, indem man eine Bohrung in die jeweilige Struktur durchführt. Es würde nämlich nur das in unmittelbare Nähe der Bohrung liegende Öl und Gas dorthin gelangen können.
- Gesteine weisen in großer Tiefe oft eine recht hohe Temperatur auf, was die Gewinnung der enthaltenen Wärme interessant macht (→ tiefe Geothermie). Die Entnahme dieser Wärme ist jedoch schwierig, wenn nicht Wasser als Wärmeträgermedium hindurchgeleitet werden kann.
- In anderen Fällen wird die Gewinnung von Grundwasser durch eine geringe Durchlässigkeit des Untergrunds behindert.
In solchen Fällen kann es interessant sein, die Technik des Fracking (Kurzform für hydraulic fracturing = hydraulisches Aufbrechen) anzuwenden. Das Grundprinzip der Methode wird im Folgenden beschrieben:
- Zunächst wird eine Bohrung durchgeführt, welche das interessierende Gesteinsvolumen passiert.
- Dann wird die eingebaute metallische Leitung an diversen Stellen aufgerissen (perforiert), z. B. mit Hilfe kleiner Sprengladungen.
- Nun wird Wasser (bzw. ein hauptsächlich aus Wasser bestehendes Fracfluid) unter hohem Druck eingespeist. Es gelangt durch die Löcher der Leitung in das Gestein. Bei starker Druckerhöhung bilden sich im Gestein Risse, die die Durchlässigkeit für Wasser und auch Gase stark erhöhen. Ebenfalls werden bereits vorhandenen Risse ausgeweitet und miteinander verbunden. Diese Phase wird als Stimulierung bezeichnet.
- Danach kann die eigentliche Förderung beginnen, d. h. es wird Erdgas oder Erdöl über die Bohrung entnommen, oder es wird Wasser zwecks Wärmeentnahme durch das Gestein gepumpt. Im letzteren Fall (tiefe Geothermie) wird das Wasser durch eine Bohrung zugeführt und durch eine andere in einem gewissen Abstand wieder hochgepumpt.
Ein Problem ist häufig, dass sich die erzeugten Risse durch den hohen Druck in großer Tiefe schnell wieder schließen. Um diesen Effekt zu vermindern, wird das Wasser oft mit einem Stützmittel (Proppant) wie z. B. Quarzsand oder Keramikkügelchen versehen. Die Sandkörner sollen sich in den Rissen festsetzen oder damit verhindern, dass sich die Risse durch den hohen Druck der Umgebung wieder vollständig verschließen.
Diverse andere Probleme können mit weiteren Zusätzen zum Wasser bekämpft werden:
- Bakterielle Aktivitäten, die zur nachträglichen Verstopfung der geschaffenen Kanäle führen können, werden häufig mit Hilfe bakterientötender Substanzen (Biozide) in der Fracking-Flüssigkeit unterbunden.
- Andere Zusätze dienen der Erhöhung oder Verminderung der Viskosität (Zähflüssigkeit) der Flüssigkeit oder der Beeinflussung der Oberflächenspannung. Beispielsweise ist anfangs eine hohe Viskosität erwünscht, um den Quarzsand gut zu verteilen, während man später eine geringe Viskosität braucht.
- Weitere Substanzen dienen der Verhinderung von Korrosion der Leitungen (z. B. durch Entfernung von Schwefelwasserstoff), der Vermeidung übermäßigen Aufquellens von Tongesteinen, der Reinigung von Kanälen oder anderen Zwecken.
Auch wenn Wasser praktisch immer der Hauptbestandteil der Fracking-Flüssigkeit bleibt, kann diese auch eine Vielzahl von teils recht problematischen (beispielsweise das Grundwasser gefährdenden) Substanzen enthalten. Diese verbleiben zum Teil im Untergrund, zum Teil werden sie aber auch wieder durch das Bohrloch entlassen bzw. abgepumpt und müssen danach sicher entsorgt werden. Häufig wird das Rückflusswasser ("Flow-back") zunächst in Abwasserteichen gelagert, bis er mit Lastwagen zur Entsorgungsstätte transportiert wird. Teilweise erfolgt die Entsorgung durch das Einpressen in andere Bohrlöcher zwecks Endlagerung in großer Tiefe. Im Falle von Defekten der Leitungen oder ihrer Abdichtungen kann die Fracking-Flüssigkeit auch in geringeren Tiefen in dortige Gesteine oder in Grundwasser gelangen.
Es ist zu beachten, dass die Fracking-Flüssigkeit nach Gebrauch auch Substanzen enthält, die aus dem Gestein gelöst worden sind. Hierzu können beispielsweise giftige Schwermetalle und auch radioaktive Substanzen gehören.
Die giftige Flüssigkeit in Abwasserteichen bedeutet nicht nur eine Gefahr für das Grundwasser (im Falle von Undichtigkeiten der Abdichtung), sondern verursacht teilweise auch erhebliche Belastungen der Luft. Beispielsweise wurden bei manchen Anlagen in den USA Messung gemacht, bei denen sehr hohe Konzentrationen des krebserregenden Benzol (= Benzen) festgestellt wurden.
Je nach der konkreten Anwendung können Fracking-Vorgänge in vielerlei Hinsicht sehr unterschiedlich sein, was auch die Größe der damit verbundenen Umweltgefahren stark beeinflusst:
- Wenn das Fracking in großer Tiefe mehrere Kilometer weit entfernt von relevanten Grundwasservorkommen stattfindet, ist die Gefahr der Verunreinigung von Grundwasser naturgemäß geringer als bei der Nutzung von Schiefergasvorkommen in geringer Tiefe (wie es in den USA häufig geschieht). Allerdings ist auch die Gefahr des Entweichens von Fracking-Flüssigkeit über Defekte in Bohrungen und Abdichtungen zu berücksichtigen.
- Je nach den geologischen Verhältnissen variiert stark auch die Gefahr, dass eine unerwünschte Wanderung von Flüssigkeiten oder Gasen auf ungewollten Wegen (z. B. weit nach oben in Grundwasser führende Schichten) erfolgt.
- Die Gefahr der Auslösung schadensträchtiger Erdbeben hängt ebenfalls entscheidend von den jeweiligen Verhältnissen ab. Insbesondere in Oklahoma wurde eine starke Häufung von Erdbeben beobachtet, die ziemlich klar in einem Zusammenhang mit den dort sehr verbreiteten Fracking-Unternehmungen steht.
- Bei der Förderung von Schiefergas werden häufig sehr giftige Fracking-Zusätze verwendet, während dies bei der Geothermie-Nutzung häufig nicht nötig ist. Die Art des Gesteins bestimmt nämlich z. B. stark über die Tendenz zur nachträglich Schließung der erzeugten Risse.
- Soweit für das Fracking Abwasserteiche angelegt werden, entstehen hierdurch erhebliche zusätzliche Gefahren.
- Von großer Bedeutung ist natürlich auch, ob das Fracking wie bei der Geothermie nur einmal für eine Nutzung über viele Jahrzehnte nötig ist, oder wie bei der Schiefergasförderung ständig erneut erfolgen muss. Dies beeinflusst auch entscheidend, wie große Gebiete an der Erdoberfläche von Bohrungen, Lastwagenfahrten usw. betroffen sind.
- Wie relevant der hohe Wasserverbrauch ist, hängt vom Wasserangebot in der Umgebung ab.
Aus diesen Gründen können die Umweltgefahren des Fracking unmöglich pauschal beurteilt werden. Immerhin sind gewisse Gefahren für bestimmte Fracking-Anwendungen typisch, während sie bei anderen nicht auftreten. Beispielsweise wird Fracking in großen Tiefen bei konventionellen Erdgaslagerstätten zwecks Erhöhung der Förderrate und Ausbeute schon seit Jahrzehnten auch in Deutschland angewandt, was bisher anscheinend keine nennenswerten Umweltprobleme verursacht hat. Die Nutzung von Schiefergasvorkommen in geringeren Tiefen ist dagegen aus mehreren Gründen wesentlich problematischer – allein schon wegen der viel größeren Zahl der benötigten Bohrungen.
Literatur
[1] | "Schiefergas als alternativer Energierohstoff -– nur eine goldrauschähnliche Euphorie?", http://www.eike-klima-energie.eu/climategate-anzeige/schiefergas-als-alternativer-energierohstoff-nur-eine-goldrauschaehnliche-euphorie/, eine Publikation des Europäischen Instituts für Klima und Energie (EIKE) |
[2] | Sachverständigenrat für Umweltfragen, "Fracking: Für die Energiewende entbehrlich", http://www.umweltrat.de/SharedDocs/Downloads/DE/04_Stellungnahmen/20122016/2013_05_AS_18_Fracking.html |
[3] | SHIP – Shale Gas Information Platform des Helmholtz-Zentrums Postdam, http://www.shale-gas-information-platform.org/ |
[4] | W. Zittel, "Unkonventionelles Erdgas – ein Game Changer mit Fragezeichen", https://docs.google.com/uc?export=download&id=0B9AZj5ZYb55NWjN5eW0wRTV1OHM |
[5] | Oil & Gas Accountability Project von EarthWorks, http://www.earthworksaction.org/reform_governments/oil_gas_accountability_project |
Siehe auch: Erdgas, Schiefergas, Tight Gas, tiefe Geothermie
Wenn Ihnen diese Website gefällt, teilen Sie das doch auch Ihren Freunden und Kollegen mit – z. B. über Social Media durch einen Klick hier:
Diese Sharing-Buttons sind datenschutzfreundlich eingerichtet!