Gaskraftwerk
Definition: ein mit brennbarem Gas, meist Erdgas, betriebenes Kraftwerk
Alternativer Begriff: Erdgaskraftwerk
Allgemeiner Begriff: Kraftwerk
Spezifischere Begriffe: Gasturbinenkraftwerk, GuD-Kraftwerk
Englisch: gas-fired power station
Kategorien: elektrische Energie, Kraftmaschinen und Kraftwerke
Autor: Dr. Rüdiger Paschotta
Wie man zitiert; zusätzliche Literatur vorschlagen
Ursprüngliche Erstellung: 25.06.2010; letzte Änderung: 13.10.2024
Ein Gaskraftwerk ist ein Kraftwerk, welches mit einem gasförmigen Brennstoff (meist mit Erdgas) betrieben wird.
Gaskraftwerke gibt es in recht unterschiedlichen Ausführungsformen:
- Große Gaskraftwerke mit elektrischen Leistungen von hunderten von Megawatt werden heute oft als Gas-und-Dampf-Kombikraftwerke (GuD-Kraftwerke) gebaut, also mit einer Kombination von Gasturbinen und Dampfturbinen. Damit sind heute Wirkungsgrade bis zu ca. 60 % möglich. Solche Kraftwerke können z. B. in der Mittellast oder auch in der Grundlast eingesetzt werden. Kraft-Wärme-Kopplung ist ebenfalls möglich, allerdings mit einem etwas geringeren elektrischen Wirkungsgrad.
- Reine Gasturbinenkraftwerke (ohne nachgeschaltete Dampfturbine) erfordern weniger hohe Investitionskosten, erreichen aber auch deutlich niedrigere Wirkungsgrade von z. B. rund 35 bis 40 %. Sie sind vor allem geeignet als Reservekraftwerke und für positive Regelenergie. Wenn relativ wenige Volllaststunden pro Jahr benötigt werden (z. B. nur wenige hundert), ist die Energieeffizienz weniger wichtig als die Investitionskosten.
- Sehr viel kleinere Anlagen mit Leistungen von z. B. 100 kW bis zu einigen 10 MW können mit einer kleinen Gasturbine oder auch mit einem oder mehreren erdgasbefeuerten Gasmotoren (meist Ottomotoren) arbeiten. (Gasmotoren haben im Vergleich zu kleinen Gasturbinen häufig einen höheren Wirkungsgrad und sind in der Leistung schneller regelbar, jedoch sind Gasturbinen bezüglich Wartungsaufwand und Lebensdauer günstiger.) Häufig wird dann Kraft-Wärme-Kopplung praktiziert; man spricht von Blockheizkraftwerken (und oft nicht von Gaskraftwerken). Auch der reine Spitzenlast-Einsatz oder gar als Notstromaggregat ist möglich, da auch bei geringen Größen die Investitionskosten moderat sind. Für solche kleine Anlagen ist der Begriff Gaskraftwerk aber unüblich.
Manche Gaskraftwerke werden zumindest zeitweise oder teilweise nicht mit Erdgas, sondern mit anderen brennbaren Gasen betrieben – etwa mit Gichtgas aus Hochofenanlagen, mit Kokereigas oder mit Biogas. Manchmal ist auch der zeitweise Betrieb mit Heizöl möglich.
Typische Eigenschaften von Gaskraftwerken
Typisch für Gaskraftwerke aller Leistungskategorien ist, dass sie in der erzeugten Leistung relativ schnell anpassbar sind. Auch die Anfahrzeit eines Gaskraftwerks liegt in der Regel weit unter einer Stunde. Sie sind somit sogar für die Spitzenlast geeignet. Anders als Kohlekraftwerke und Kernkraftwerke können sie gut mit Windkraft kombiniert werden.
Die Abgase enthalten Kohlendioxid (CO2) und somit klimaschädlich. Allerdings sind die spezifischen Emissionen immerhin deutlich kleiner als bei Kohlekraftwerken – zwischen ca. 400 g/kWh bei GuD-Kraftwerken und rund 600 g/kWh bei reinen Gasturbinenkraftwerken, zu vergleichen mit oft über 1000 g/kWh bei Kohlekraftwerken. Mit Kraft-Wärme-Kopplung oder durch Einsatz von Biogas lässt sich die Klimabilanz weiter verbessern. Ansonsten treten gewisse Stickoxidemissionen auf, die stark von der Bauart und Abgasreinigung abhängig sind.
Definitive Nachteile von Gaskraftwerken gegenüber Kohlekraftwerken und Kernkraftwerken sind die wesentlich höheren Brennstoffkosten für Erdgas sowie die geringere Reichweite der Erdgasvorräte. Da sich Erdgas nur begrenzt speichern lässt, können z. B. bei politischen Krisen, die Erdgas-Pipelines tangieren, schneller Engpässe auftreten.
Die von einem Gaskraftwerk verbrauchten Gasmengen lassen sich einfach abschätzen. Wenn ein Kraftwerk beispielsweise 500 MW elektrischer Leistung abgibt und einen Wirkungsgrad von 50 % hat, entspricht sein Gasverbrauch einer Leistung von 1000 MW, also einer Million Kilowattstunden pro Stunde. Da Erdgas z. B. in L-Gas-Qualität einen Heizwert von ca. 11,4 kWh/m3 hat, entspricht dies einem Gasverbrauch von ca. 88 000 m3 (bei Normdruck) pro Stunde.
Neue Gaskraftwerke im Rahmen der Energiewende
Im Rahmen der Energiewende – Atomausstieg und Ausbau erneuerbarer Energien – kommt Gaskraftwerken zumindest für eine Übergangszeit eine erhöhte Bedeutung zu. Nachdem vor allem Windenergie zunehmend zu einer stark schwankenden Erzeugung führt, werden vermehrt flexibel in der Leistung anpassbare Kraftwerke benötigt, und hier sind Gaskraftwerke weitaus besser geeignet als z. B. Kohlekraftwerke und dürften deswegen zunehmend diese verdrängen – was zusätzliche CO2-Minderungseffekte zur Folge hat.
Trotz des absehbaren Bedarfs ist allerdings ein forcierter Zubau von Gaskraftwerken in Deutschland bisher nicht zu beobachten; im Gegenteil werden sogar einige Gaskraftwerke stillgelegt. Dies liegt daran, dass Gaskraftwerke, deren Kapazität nur bedarfsweise als Ergänzung angefordert wird, für deren Betreiber wirtschaftlich weniger interessant sind. Ein weiterer Faktor ist die Konkurrenz durch Kohlekraftwerke, vor allem solange das europäische Emissionshandelssystem nicht richtig funktioniert. Es wird darüber diskutiert, ob zusätzliche finanzielle Anreize für die Schaffung von neuen Kapazitäten nötig sind, um Engpässe in Zeiten schwachen Wind- und Solarstromangebots zu vermeiden. Denkbar sind beispielsweise Zahlungen an die Betreiber für die Bereitstellung von Leistung, schon ohne dass diese wirklich abgerufen wird (→ Kapazitätsmarkt). Solche Zahlungen könnten ähnlich wie Einspeisevergütungen für erneuerbare Energie aus einer Umlage auf die Stromtarife finanziert werden. Wesentliche Verteuerungen des Stroms wären hierdurch kaum zu erwarten, da das Bereithalten von Gaskraftwerken keine allzu hohen Kosten verursacht.
Siehe auch: Kraftwerk, Gas-und-Dampf-Kombikraftwerk, Erdgas, Ölkraftwerk, Energiewende
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