Gasturbine
Definition: eine Turbinenanlage, die ein heißes Gas als Arbeitsmedium nutzt.
Allgemeiner Begriff: Wärmekraftmaschine
Spezifischere Begriffe: Wellenleistungsturbine, Mikrogasturbine
Englisch: gas turbine
Kategorie: Kraftmaschinen und Kraftwerke
Autor: Dr. Rüdiger Paschotta
Wie man zitiert; zusätzliche Literatur vorschlagen
Ursprüngliche Erstellung: 07.03.2010; letzte Änderung: 20.08.2023
Eine Gasturbine ist eine Turbinenanlage (also eine Art von Motor), die ein heißes Gas als Arbeitsmedium nutzt. Es handelt sich in aller Regel um Verbrennungsgase, entstehend z. B. aus einem Gemisch von Erdgas oder Kerosin und Luft. Eine Gasturbine dient oft als Wärmekraftmaschine, d. h. für die (teilweise) Umwandlung von Wärme in mechanische Energie. Sie wird – häufig in Kombination mit einer Dampfturbine – in Erdgas-befeuerten Kraftwerken eingesetzt (→ Gas-und-Dampf-Kombikraftwerk).

Der für den Betrieb einer Gasturbine genutzte Brennstoff (Kraftstoff) ist nicht unbedingt ein Gas (z. B. Erdgas), sondern kann auch flüssig sein – häufig ist es Kerosin.
Die meisten stationären Gasturbinen werden mit Erdgas betrieben. Manche sind auch für Biogas oder Heizöl geeignet. Generell kommen nur Brennstoffe in Frage, die schnell und sauber verbrannt werden können, nicht also Festbrennstoffe wie Kohle. Es ist aber möglich, Kohle oder Holz zu vergasen und so eine Gasturbine zu speisen. Mobile Gasturbinen werden meistens mit Kerosin betrieben.
Die wohl häufigste Anwendung von Gasturbinen ist der Antrieb eines Generators zur Erzeugung von elektrischer Energie. Häufig wird hierbei ein so genannter Turbogenerator verwendet, der direkt (ohne Getriebe) von einer Turbine angetrieben werden kann.
Turbinen-Strahltriebwerke, z. B. für den Antrieb von Flugzeugen, können ebenfalls als Gasturbinen betrachtet werden – wobei hier aber die direkte Erzeugung von Vortrieb und nicht die Gewinnung mechanischer Energie für andere Zwecke im Vordergrund steht. Hier wird das Abgas mit höherer Geschwindigkeit über eine geeignet geformte Düse ausgestoßen, anstatt mit geringer Geschwindigkeit über einen Diffusor.
Im folgenden werden keine Triebwerke, sondern nur Gasturbinen mit dem Zweck der Abgabe von mechanischer Energie über eine Welle oder der Erzeugung elektrischer Energie behandelt. Dieser Aspekt kann mit dem Begriff Wellenleistungsturbine betont werden.
Funktionsprinzip einer Gasturbine
Die zugeführte Luft wird zunächst in einem Verdichter (Kompressor) komprimiert, z. B. auf 15 bis 20 bar. In einer Brennkammer, in der zugeführter Treibstoff (z. B. Erdgas) verbrannt wird, steigt die Temperatur stark an. Das heiße Gas treibt dann die eigentliche Turbine (den Expander) an, wobei Druck und Temperatur sinken. Rund zwei Drittel der vom Expander abgegebenen mechanischen Leistung werden für den Kompressor benötigt. Man beachte aber, dass die vom Kompressor geleistete Verdichtungsarbeit nicht einfach als ein Energieverlust zu betrachten ist, da sie zum guten Teil vom Expander zurückgewonnen wird. Würde man die Kompression vermindern, um Kompressionsarbeit zu sparen, erhielte man weniger Expansionsarbeit und netto einen niedrigeren Wirkungsgrad.
Bei einer Wellenleistungsturbine wird dem Abgas so viel Energie wie möglich entnommen, und es wird dementsprechend mit möglichst geringer Temperatur und Geschwindigkeit über einen Diffusor ausgestoßen bzw. in eine Abgasanlage oder in eine Anlage zur Verwertung der Abwärme geleitet.
Wenn Druckluft zur Verfügung steht, kann die für den Kompressor benötigte Antriebsenergie natürlich eingespart werden. Man kann dann also eine Gasturbine ohne Kompressor verwenden. Dies wird bei Druckluftspeicherkraftwerken ausgenutzt. Sie nutzen also Energie, die in Form von Druckluft unterirdisch gespeichert wurde, und brauchen entsprechend rund dreimal weniger Erdgas pro erzeugter Kilowattstunde (ohne Berücksichtigung der Energie für das Einspeichern).
Die Abwärme einer Gasturbine entweicht im Wesentlichen über das noch relativ heiße Abgas. Sie kann z. B. mit einem nachgeschalteten Abhitzekessel für die Erzeugung von Wasserdampf genutzt werden. In Gas-und-Dampf-Kombikraftwerken (GuD-Kraftwerken) wird solcher Dampf für eine Dampfturbine genutzt. Damit erreicht man einen besonders hohen elektrischen Gesamtwirkungsgrad von deutlich über 50 %, teils sogar 60 %.
Leistung und Wirkungsgrad von Gasturbinen
Typische Gasturbinen, insbesondere solche in Gaskraftwerken, haben Leistungen von vielen Megawatt, oft sogar von mehr als 300 MW. Moderne Anlagen erreichen Wirkungsgrade von rund 40 %. Dies ist etwas weniger im Vergleich zu großen Dampfturbinen, die teils etwas über 45 % erreichen; bei Gasturbinen ist die Abgastemperatur relativ hoch.
Es gibt auch Mikrogasturbinen (siehe unten) mit Leistungen unterhalb von 200 kW. Hier sind die Wirkungsgrade niedriger, z. B. bei 30 %.
Generell können Gasturbinen innerhalb einiger Minuten gestartet werden, und sie erlauben eine recht hohe Leistungsänderungsgeschwindigkeit von oft über 10 % der Maximalleistung pro Minute.
Weitere technische Details
Eine möglichst hohe Temperatur in der Brennkammer ist nützlich, um einen möglichst hohen Wirkungsgrad zu erreichen. Heute sind durch diverse Maßnahmen wie keramische Hitzeschilde, optimierte Werkstoffe für Turbinenschaufeln und raffiniert gekühlte Turbinenschaufeln Temperaturen bis zu ca. 1500 °C möglich, die bei großen Turbinen Wirkungsgrade bis zu 40 % ermöglichen.
Der Kompressor und die eigentliche Turbine befinden sich bei vielen (einwelligen) Gasturbinen auf ein und derselben Achse. Es gibt aber auch zweiwellige Gasturbinen, bei denen die genannten Komponenten auf unterschiedlichen, in aller Regel dann unterschiedlich schnell rotierenden Achsen arbeiten. Die dadurch mögliche Anpassung der Drehzahlen kann eine weitere Erhöhung des Wirkungsgrads ermöglichen, freilich auf Kosten einer höheren mechanischen Komplexität.
Bei den hohen Temperaturen bilden sich aus dem Stickstoff und Sauerstoff der zugeführten Luft große Mengen an Stickoxiden. Hiervon kann ein großer Teil jedoch wieder zerfallen, bevor er die Turbine verlässt. Es ist deswegen auch ohne zusätzliche Entstickungsanlage möglich, relativ niedrige Stickoxidemissionen zu erreichen.
Mikrogasturbinen
Mikrogasturbinen sind Gasturbinen sehr geringer Leistung unterhalb von 200 kW, die z. B. in Blockheizkraftwerken anstelle von Gasmotoren oder Gas-Dieselmotoren eingesetzt werden können. Im Vergleich zu Gasmotoren erreichen sie deutlich geringere Wirkungsgrade (z. B. 30 %) und verursachen höhere Investitionskosten, dafür aber eine hohe Lebensdauer und niedrige Wartungskosten, und ihre Abgaswerte (Stickoxide und Kohlenmonoxid) sind weitaus günstiger. Ebenfalls stellen sie geringere Anforderungen an die Gasqualität: Sie arbeiten auch mit Schwachgasen.
Vergleich mit Dampfturbinen
Ein wichtiger technischer Unterschied ist, dass Gasturbinen anders als Dampfturbinen in aller Regel nicht mit einem geschlossenen Kreislauf des Arbeitsmediums arbeiten, sondern als offenes System. Nur wenn eine Wärmezufuhr auf andere Art als durch Verbrennung erfolgen würde – etwa über einen Hochtemperatur-Kernreaktor, wäre eine Gasturbine mit geschlossenem Kreislauf realisierbar. Jedoch ist eine schnelle und effektive Wärmeübertragung auf ein Arbeitsgas schwierig.
Während Gasturbinen nur gasförmige und flüssige Kraftstoffe verwenden können, können Dampfturbinen eine viel breitere Spanne von Wärmequellen ausnutzen, z. B. Kernreaktoren und Feuerungen für Kohle oder Biomasse.
Gasturbinen arbeiten in einem hohen Temperaturbereich, d. h. die Temperatur der Verbrennung in der Turbine liegt weiter über der in einer Dampfturbine. Andererseits ist auch die Abgastemperatur relativ hoch. Die optimale Energieeffizienz erzielt die Kombination einer Gasturbine mit einer Dampfturbine in einem Gas-und-Dampf-Kombikraftwerk: Die Gasturbine nutzt Exergie im Hochtemperatur-Bereich, und die Dampfturbine zusätzliche Exergie im Bereich niedrigerer Temperaturen.
Gasturbinen sind deutlich schneller als Dampfturbinen in ihrer Leistungsabgabe regelbar. Sie können auch wesentlich schneller angefahren werden. Deswegen werden Gaskraftwerke, die nur eine Gasturbine enthalten, häufig zur flexiblen Erzeugung von Spitzenlast verwendet, auch wenn ihr Wirkungsgrad mäßig ist.
Eignung für Netzstabilitätsanlagen
Gasturbinen eignen sich besonders für den Einsatz in Netzstabilitätsanlagen, da sich hierfür mehrere günstige Merkmale aufweisen. Insbesondere können sie schnell gestartet werden, weisen relativ niedrige spezifische Investitionskosten auf und können leicht schwarzstartfähig gemacht werden.
Siehe auch: Gaskraftwerk, Dampfturbine, Wärmekraftmaschine, Kraftwerk, Carnot-Wirkungsgrad, Gasmotor, Gas-und-Dampf-Kombikraftwerk
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