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Gebäudeenergieausweis

Definition: ein Dokument zur Bewertung des energetischen Zustands eines Gebäudes

Spezifischere Begriffe: Energiebedarfsausweis, Energieverbrauchsausweis

Kategorien: Energieeffizienz, Energiepolitik, Grundbegriffe, Haustechnik, Wärme und Kälte

Autor:

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Ursprüngliche Erstellung: 18.09.2010; letzte Änderung: 20.08.2023

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Ein Gebäudeenergieausweis (oder Energieausweis für Gebäude) ist ein nach gesetzlich geregelten Methoden entwickeltes Dokument, welches eine Immobilie im Hinblick auf ihren Energieverbrauch für Heizung und Warmwasser bewertet. (Der elektrische Energiebedarf für die Haushaltsgeräte spielt hier keine Rolle.) In Deutschland sind die Details durch die Energieeinsparverordnung (EnEV) geregelt (mit wesentlichen Änderungen in der Fassung EnEV 2014), in Österreich durch Landesgesetze und das Energieausweis-Vorlage-Gesetz (EAVG). In der Schweiz gibt es seit August 2009 den Gebäudeenergieausweis der Kantone (GEAK), der jedoch auf rein freiwilliger Basis erstellt wird und deswegen leider nur einen Bruchteil der positiven Wirkungen (siehe unten) ermöglicht. Die Europäische Gemeinschaft forderte die Einführung von Energieausweisen für Gebäude bereits in 1993.

Grundlage für den Energieausweis: Energiebedarf oder Energieverbrauch

Auf den ersten Blick mag man keine relevante Differenz zwischen dem Energiebedarf und dem Energieverbrauch als Grundlage für den Energieausweis erkennen. Jedoch ist diese Unterscheidung sehr wichtig sowohl für den Aufwand bei der Erstellung des Ausweises als auch für seine Aussagekraft:

  • Der Energiebedarf des Gebäudes wird auf Grundlage einer eingehenden Untersuchung des Gebäudes durch einen Fachmann (Energieberater) rechnerisch ermittelt. Berücksichtigt werden Faktoren wie die Größe des Gebäudes (Außenwandflächen etc.), die Art und Dicke der Wärmedämmung und des Mauerwerks, das Vorhandensein einer Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung und die Art und Qualität der Heizungsanlage. Aus den erhobenen Daten wird rechnerisch eine Energiekennzahl ermittelt, die den gewichteten Primärenergiebedarf pro Quadratmeter Gebäudenutzfläche und Jahr angibt. Die Untersuchung des Gebäudes erlaubt dem Fachmann, unmittelbar zu erkennen, welche Sanierungsmaßnahmen sich anbieten, um den energetischen Zustand des Gebäudes zu verbessern. Der Besitzer des Gebäudes kann darüber dann entsprechend aufgeklärt werden. (Eine Pflicht zur Durchführung solcher Maßnahmen ergibt sich daraus in der Regel nicht.) Nicht berücksichtigt wird im Energiebedarfsausweis das Benutzerverhalten; es wird z. B. eine Standard-Raumtemperatur angenommen und nicht die tatsächlich von den Benutzern gewählte, weswegen der berechnete Energiebedarf vom tatsächlich auftretenden abweichen kann. Der Energiebedarfsausweis charakterisiert also das Gebäude ohne Berücksichtigung externer Umstände. Der tatsächliche Energieverbrauch kann z. B. deutlich niedriger sein, wenn die Bewohner sparsam heizen und manche Räume gar unbeheizt lassen.
Übersichtsskala für die Energiekennzahl
Abbildung 1: Übersichtsskala für die Energiekennzahl, wie sie in Energiebedarfsausweisen nach EnEV 2014 zwecks grober Einordnung der Resultate angegeben wird. Der Endenergie- und Primärenergiebedarf pro Quadratmeter Nutzfläche und Jahr werden auf einer farbigen Skala gezeigt, die die energetische Qualität des Gebäudes grob bewertet. Neue Einfamilienhäuser, die die gesetzlichen Vorschriften gerade noch erfüllen, liegen am rechten Rand des grünen Bereichs, während unsanierte Altbauten häufig bei orange bis rot liegen, Passivhäuser dagegen sehr viel weiter links. Die Einordnung in eine der Effizienzklassen A+ bis H ist ebenfalls erkennbar.
  • Der Energieverbrauch des Gebäudes basiert im Wesentlichen auf dem in den vergangenen Jahren gemessenen Energieverbrauch, wie er z. B. in Heizkostenabrechnungen dokumentiert ist. Dieser Verbrauch wird witterungsbereinigt (d. h. beispielsweise für kalte Winter etwas reduziert) und wiederum auf die Wohnfläche bezogen, um eine Energiekennzahl zu erhalten. Der Aufwand ist relativ gering, da sich die eingehende Untersuchung des Gebäudes erübrigt. Das Benutzerverhalten beeinflusst selbstverständlich das Resultat; es entsteht ein höherer Verbrauch, wenn die Benutzer verschwenderisch geheizt und ungünstig gelüftet haben, oder wenn sie viel Warmwasser verbraucht haben. Völlig verfälschte Resultate können entstehen, wenn eine Wohnung beispielsweise nur zeitweise bewohnt wurde, dies aber nicht berücksichtigt wird.

In beiden Fällen wird eine Energiebedarfskennzahl (EBK) bzw. ein Energieverbrauchskennwert in Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr (kWh / (m2 a)) angegeben. Hierbei beziehen sich die Quadratmeter nicht auf die Wohnfläche, sondern auf die Nutzfläche. Diese Werte bezogen auf die Endenergie und die Primärenergie werden auf einer farblich illustrierten Übersichtsskala (siehe Abbildung 1) angezeigt, um auch dem Laien zumindest eine grobe Einordnung der Resultate zu ermöglichen: Ob ein Haus ein "Energiefresser" ist, lässt sich damit auf einen Blick erkennen.

In Deutschland ist der aufwendigere, aber auch wesentlich aussagekräftigere Energiebedarfsausweis vorgeschrieben für Neubauten, für die Änderung von Gebäuden und für alte Bestandsgebäude. Nur für bestehende Gebäude, die mindestens die Wärmeschutzverordnung vom 01.11.1977 einhalten, dürfen Energieausweise auch auf der Grundlage des gemessenen Energieverbrauchs erstellt werden. Die Details regelt die Energieeinsparverordnung (EnEV).

Natürlich ist die aufwendigere Erstellung des Energiebedarfsausweises ziemlich sinnlos, wenn sie auf unzureichender Datengrundlage basiert. Wenn beispielsweise die Beschaffenheit der Außenwände gar nicht untersucht wird und stattdessen nur haltlose Annahmen darüber gemacht werden (etwa basierend auf den typischen Bauweisen zu angenommenen Zeit der Erstellung), kann eine völlig falsche Einschätzung der energetischen Qualität des Gebäudes entstehen. Es sollte also das Objekt genügend gründlich untersucht werden, um realistische Resultate erarbeiten zu können.

Die folgende Tabelle nennt die wichtigsten Abkürzungen, die im Zusammenhang mit Energieausweisen (auch für Angaben in Immobilienanzeigen) gebräuchlich sind:

EnEV Energie­einspar­verordnung
EA Energieausweis
EA-B Energie­bedarfs­ausweis
EA-V Energie­verbrauchs­ausweis
EB-W Endenergiebedarf für die Wärmeerzeugung
EV-W Endenergie­verbrauch für die Wärmeerzeugung
EB-S Endenergie­bedarf für elektrische Energie (Strom)
EV-S Endenergie­verbrauch für elektrische Energie
Hzg. ÖL Ölheizung
Hzg. GAS Gasheizung
Hzg. FW Fernwärmeheizung
Hzg. HZ Heizung mit Holz (auch Holzpellets oder Holzhack­schnitzel)
Hzg. KO Heizung mit Kohle (Koks, Braunkohle, Steinkohle)
Hzg. E Heizung mit elektrischer Energie (Elektroheizung oder Elektro­wärmepumpe)
kWh Kilowattstunde
Bj. (EA) Baujahr gemäß Energieausweis

Notwendigkeit und Funktionen des Energieausweises

Der Energieausweis dient der verbesserten Information von Hauseigentümern wie auch von potenziellen Käufern und Mietern von Immobilien. In Deutschland muss der Eigentümer einem potenziellen Käufer oder Mieter auf Verlangen einen Energieausweis vorlegen (außer bei sehr kleinen Gebäuden und Baudenkmälern). Diese Pflicht zur Beschaffung von Energieausweisen hat diverse Vorteile:

  • Käufer und Mieter von Gebäuden werden besser darüber informiert, wie hoch die zu erwartenden Energiekosten beim Betrieb des Gebäudes sind und ggf. ob mit umfangreichen Sanierungsmaßnahmen gerechnet werden muss. Sie haben somit eine verbesserte Informationsgrundlage für Ihre Entscheidung zum Kauf bzw. zur Miete.
  • Die Hausbesitzer selbst können durch den Energieausweis auf energetische Mängel und auf mögliche Maßnahmen zu deren Beseitigung aufmerksam gemacht werden.

Beide Aspekte können dazu führen, dass vermehrt energetische Gebäudesanierungen durchgeführt werden, was zu einer entsprechenden Senkung des Primärenergiebedarfs und somit auch der Energiekosten und der Umweltbelastungen (z. B. Klimagefahren) führt. Zudem wird die Gefahr gemindert, dass ein Hausverkäufer den Käufer oder Mieter mit Hilfe von unrealistischen Angaben über die energetische Qualität des Gebäudes täuscht, oder umgekehrt dass tatsächlich sehr gut sanierte Gebäude nicht im vollen Umfang als solche anerkannt werden. Diese Funktionen kann ein freiwilliger Energieausweis (wie bisher in der Schweiz) kaum erfüllen, da ein solcher Ausweis gerade in den besonders kritischen Fällen dann gar nicht erstellt wird.

In eher seltenen Fällen ist ein Energieausweis nutzlos, z. B. wenn der Käufer ohnehin eine umfassende energetische Sanierung plant, am genauen Ist-Zustand also wenig interessiert ist.

Verfahren der Erstellung eines Energieausweises

Ein Hauseigentümer, der einen Energieausweis benötigt, sucht sich zunächst eine dafür geeignete Fachperson – in der Regel einen Energieberater oder einen Architekten oder Handwerker mit entsprechender Ausbildung. Auch Stadtwerke bieten die Ausstellung solcher Ausweise an. Bei der Suche kann beispielsweise die Ausstellerdatenbank der Deutschen Energieagentur helfen.

Zunächst sollte ein Beratungsgespräch klären, ob ein Bedarfs- oder Verbrauchsausweis benötigt wird; oft wird ein Bedarfsausweis sinnvoller sein, sofern nicht ohnehin gesetzlich gefordert ist.

Der Eigentümer sollte vor der Begutachtung des Gebäudes dem Fachmann die benötigten Informationen zukommen lassen, also die vorhandenen Pläne, evtl. auch Fotos u. ä. Diese Angaben kann der Fachmann ggf. beim Vor-Ort-Termin selbst ergänzen, indem er z. B. Gebäudemaße selbst ermittelt.

Wenn der Energieausweis erstellt ist, sollte er dem Eigentümer persönlich überreicht werden, so dass Details und ggf. zu erwägende Maßnahmen der energetischen Sanierung besprochen werden können.

Kritik der Energieausweispflicht und der technischen Regelungen

Verschiedentlich wurde kritisiert, dass durch die Pflicht der Erstellung von Gebäudeenergieausweisen Kosten entstehen, ohne dass dadurch bereits Energie gespart wird. Allerdings sind diese Kosten sehr gering im Vergleich sowohl zu den Energiekosten als auch zu möglicherweise anfallenden Sanierungskosten, und schon eine verbesserte Information kann für verschiedene Beteiligte sehr wertvoll sein.

Ebenfalls wird kritisiert, dass die Energieausweise bzw. die Regeln zu deren Erstellung nicht genügend einfach und transparent seien. Sicherlich wären einfachere Regeln denkbar – beispielsweise dass der tatsächliche Primärenergiebedarf ohne jede Gewichtung angegeben wird. Dann müsste eine Gewichtung nach Energieträgern allerdings bei der Interpretation des Ausweises noch vorgenommen werden, weil Vergleiche verschiedener Gebäude sonst irreführend wären. Dadurch, dass die Energiekennzahl auf einer farblich illustrierten Übersichtsskala (siehe Abbildung 1) angezeigt und mit der für diverse Gebäudetypen (vom Passivhaus bis zum energetisch nicht sanierten Haus) verglichen wird, können auch Laien die ungefähre energetische Qualität des Gebäudes leicht in etwa einordnen. Zwar setzt die genauere Interpretation des Energieausweises einiges Fachwissen voraus, aber dies liegt vor allem an der Komplexität der Sache und nicht an den Bestimmungen.

Ein möglicherweise schwerwiegendes Missverständnis bei der Interpretation soll hier beleuchtet werden. Der in Energieausweisen angegebene Primärenergiebedarf wird je nach Art der Energieträger bzw. nach deren Umwelteigenschaften mit einem Primärenergiefaktor gewichtet. Beispielsweise zählt die Primärenergie bei Verwendung von Holz nur zu 20 %, bei Heizöl dagegen zu 110 %, weil Holz ein nachwachsender Rohstoff und ein annähernd CO2-neutraler Brennstoff ist, Heizöl dagegen ein fossiler Energieträger mit erheblichen CO2-Emissionen und Umweltbelastungen schon bei der Herstellung. Dies bedeutet, dass für ein mit Holz beheiztes, aber nicht wärmegedämmtes Haus ein recht niedriger Primärenergiebedarf ausgewiesen wird, obwohl die Betriebskosten beträchtlich sein können. Es ist deswegen unbedingt auch der ermittelte Endenergiebedarf zu berücksichtigen, wenn es um die Beurteilung der zu erwartenden Betriebskosten geht.

Literatur

[1]Der Energieausweis informiert von der Deutschen Energieagentur
[2]Gebäudeenergieausweis der Kantone (Schweiz)

Siehe auch: Wärmedämmung, Heizungsanlage, Energieeffizienz, Energieverbrauch, Heizkosten, Gebäudenutzfläche und Energiebezugsfläche, Energieeinsparverordnung, Energiesparen, energetische Sanierung von Gebäuden, Minergie

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