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Hochspannungs-Gleichstromübertragung

Akronyme: HGÜ, HVDC

Definition: die Übertragung hoher elektrischer Leistungen mit Hilfe von Gleichstrom bei hoher elektrischer Spannung

Englisch: high-voltage direct current transmission (HVDC)

Kategorien: elektrische Energie, Grundbegriffe

Autor:

Wie man zitiert; zusätzliche Literatur vorschlagen

Ursprüngliche Erstellung: 26.09.2011; letzte Änderung: 20.10.2024

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Die Übertragung hoher elektrischer Leistungen (z. B. aus einem großen Kraftwerk) mit Kabeln erfordert die Verwendung sehr hoher elektrischer Spannungen (außer wenn die Übertragungsstrecke sehr kurz ist). Sonst würde die hohe Leistung nämlich eine sehr hohe Stromstärke verlangen, und diese würde ein enorm dickes Kabel nötig machen, um die Verluste durch den elektrischen Widerstand des Kabels (die ohmschen Verluste) gering zu halten.

Eine Hochspannungsleitung kann nun auf zwei verschiedene Weisen betrieben werden:

  • mit Wechselstrom (oder Drehstrom, meist Dreiphasenwechselstrom), bei dem die Spannung und Stromstärke periodisch oszillieren,
  • mit Gleichstrom, wobei die Spannung ständig etwa gleich bleibt oder auch pulsiert (also in der Stärke schwankt), aber ohne dass die Richtung von Spannung und Strom wechselt.

Im letzteren Fall spricht man von Hochspannungs-Gleichstromübertragung.

Gleichrichter und Umrichter

In der Regel wird die zu übertragende elektrische Energie zunächst als Wechsel- bzw. Drehstrom gewonnen – meist im Generator eines großen Kraftwerks, der praktisch nie direkt Gleichstrom liefert. Deshalb muss zunächst mit Hilfe eines Gleichrichters Gleichstrom hergestellt werden, um die Hochspannungs-Gleichstromleitung speisen zu können.

Am Ende der Leitung muss die Energie häufig wieder in ein Wechselspannungsnetz eingespeist werden. Hierfür ist ein Wechselrichter (eine Art von Stromrichter) nötig. Dieser ist technisch aufwendiger als ein Gleichrichter. Jedoch ist dies für moderne Leistungselektronik heute kein Problem mehr; selbst Leistungen im Gigawatt-Bereich können zu vertretbaren Kosten und mit recht geringen Energieverlusten (deutlich unter 2 % für Gleichrichter und Wechselrichter zusammen) umgeformt werden. Die höchsten Leistungen werden bislang mit Thyristoren erreicht; mehr Flexibilität z. B. für eigengeführte Wechselrichter mit Schwarzstartfähigkeit erhält man aber mit Bipolartransistoren mit isolierter Gate-Elektrode (IGBT), die aber in der Leistung etwas begrenzter sind.

Die Gleichrichter und Wechselrichter befinden sich in sogenannten Stromrichterstationen oder Konverterstationen am Anfang und Ende der HGÜ-Leitung. Diese Stationen enthalten auch Einrichtungen zur Steuerung und zur Beherrschung von Störfällen.

Symmetrische und unsymmetrische Übertragung

Es ist üblich, HGÜ mit symmetrischen (bipolaren) Systemen durchzuführen. Das bedeutet, dass man zwei Leiter verwendet, von denen jeder die halbe Nennspannung gegen Erde führt, aber mit gegensätzlichen Vorzeichen. Wenn beide Kabel getrennt in der Erde liegen, muss jedes nur für die halbe Nennspannung isoliert werden.

Gelegentlich verwendet man auch ein unsymmetrisches (monopolares) System, bei dem einer der beiden Leiter auf Erdpotenzial liegt.

Instruktiv ist der Vergleich eines monopolaren Systems mit einem bipolaren, bei dem beide Leiter die betragsmäßig gleiche, aber gegensätzliche Spannung gegen Erde haben, die der des monopolaren Systems entspricht. Da das bipolare System effektiv mit der doppelten Spannung zwischen den Leitern arbeitet, kann es bei gleicher Stromstärke die doppelte Leistung übertragen – wohlgemerkt bei gleichem Materialaufwand für die beiden Leiter, abgesehen von der hier für beide Leiter nötigen Hochspannungs-Isolation. Somit wird klar, dass bipolare Systeme das Leitermaterial doppelt so ökonomisch ausnutzen. Ein ähnlicher Effekt tritt bei Dreiphasen-Drehstrom im Vergleich zu Einphasen-Wechselstrom auf.

Trotzdem werden bei Seekabeln (z. B. beim Baltic Cable) gelegentlich auch unsymmetrische Systeme mit nur einem Leiter installiert, der die volle Spannung gegen Erde hat. Als Rückleiter dient das Seewasser, angeschlossen über zwei großflächige Elektroden. An diesen Elektroden finden dann Elektrolyseprozesse statt, die zur Bildung von giftigem Chlorgas an der Anode und von ätzendem Natriumhydroxid an der Kathode führen. Die Umweltbelastung dürfte aber moderat sein, da das Chlorgas und das Natriumhydroxid bei großflächigen Elektroden stark verdünnt anfallen. Bei späterem Ausbau zu einem symmetrischen bipolaren Kabel (durch Zufügen eines Rückleiters) lässt sich die übertragene Leistung verdoppeln und gleichzeitig die genannte Elektrolyse vermeiden.

Vor- und Nachteile der Hochspannungs-Gleichstromübertragung

Die Vorteile der HGÜ sind vielfältig:

  • Als Resultat der oben genannten Aspekte kann eine HGÜ-Leitung bei gleichem Materialaufwand für die Leiter deutlich mehr Leistung bei gleichen Energieverlusten übertragen, oder deutlich mehr Leistung bei gleichzeitig reduzierten Verlusten. Die Energieverluste in der Leitung können recht niedrig sein – in günstigen Fällen nur z. B. 3 % pro 1000 km Leitungslänge. (Für das Desertec-Projekt wurde von 14 % Verlust auf 5000 km Leitungslänge ausgegangen.) Es entfallen Energieverluste durch den Skin-Effekt, ebenfalls die Wirbelstromverluste. Verluste durch Koronaentladungen sind bei gleicher Spannung geringer als bei Wechselspannung, bzw. es ist eine höhere Spannung bei gleichen Koronaverlusten möglich, somit eine geringere Stromstärke und deshalb geringere ohmsche Verluste und/oder ein geringerer Leiterquerschnitt.
  • Es werden weniger Leiter benötigt als bei der Drehstromübertragung. Deswegen ist der Flächenbedarf für die Übertragungsstrecke erheblich reduziert. Die HGÜ-Leitungen sind deswegen in der Landschaft auch weniger störend.
  • Es entfällt die ganze Problematik der Blindströme mitsamt der sonst dagegen nötigen Maßnahmen, die wiederum zu den Energieverlusten beitragen. Die Blindstrom-Problematik ist besonders ernst bei Seekabeln und Erdkabeln, so dass dort dieser Vorteil der HGÜ besonders wichtig ist. Geeignete Stromrichter können darüber hinaus sehr flexibel Blindleistung für das versorgte Stromnetz bereitstellen.
  • Wo Leitungen elektrisch isoliert werden müssen, ist dies etwas weniger aufwendig.
  • Wenn zwei Wechselspannungsnetze mit Hilfe von HGÜ aneinander gekoppelt werden, ist keine Synchronisation der beiden Netze notwendig; die beiden Netze müssen nicht einmal die gleiche Netzfrequenz aufweisen.
  • Es kann eine direkte und flexible Leistungsflussregelung realisiert werden – nicht nur indirekt wie bei Wechselstromsystemen über die Beeinflussung von Blindströmen.

Anderseits weist die HGÜ folgende Nachteile auf:

  • Es entsteht ein gewisser technischer Zusatzaufwand für die Wechselrichter, der bei kürzeren Strecken stärker zu Buche schlägt. Auch die Energieverluste der Wechselrichter (etwas höher als sonst in Transformatoren) fallen bei kurzen Strecken mehr ins Gewicht.
  • Das Spannungsniveau kann bei Gleichstrom nicht einfach mit Transformatoren herauf- oder heruntergesetzt werden; dafür braucht man aufwendigere Technik, die heute allerdings durchaus machbar und effizient ist. Für Punkt-zu-Punkt-Verbindungen spielt die genannte Einschränkung keine Rolle, aber für Anzapfungen auf der Strecke.
  • Die Wechselrichter weisen meist geringere Überlastkapazitäten auf als Transformatoren; HGÜ-Systeme können deswegen auch kurzzeitig weniger stark über ihre Nennleistung hinaus betrieben werden.
  • Schalter für hohe Leistungen sind bei Gleichstrom schwerer zu realisieren, da keine automatische Lichtbogenlöschung im Nulldurchgang der Spannung möglich ist.
  • Die Steuerung der Leistungsflüsse in vermaschten Netzen ist mit Gleichstrom schwieriger. Bisher wurden hauptsächlich Punkt-zu-Punkt-Verbindungen realisiert, also nicht vermaschte Gleichstromnetze. Für stark vermaschte Gleichstromnetze, wie sie für ein Supergrid benötigt würden, müssten noch einige technische Probleme gelöst werden, was aber voraussichtlich gut möglich ist.

Derzeit ist die HGÜ-Technik bei neuen Seekabeln ab Entfernungen von ca. 80 km der Wechselstromtechnik überlegen, an Land erst für Entfernungen ab ca. 400 km; in Einzelfall können sich jedoch auch deutliche Abweichungen von diesen typischen Werten ergeben. Durch weitere technische Verbesserungen könnten die genannten Minimallängen mit der Zeit noch etwas sinken.

Beispiele für Anwendungen der Hochspannungs-Gleichstromübertragung

Die Hochspannungs-Gleichstromübertragung ist besonders vorteilhaft, wenn sehr lange Leitungen realisiert werden müssen. Beispielsweise werden in China rund 5 GW Leistung aus mehreren Wasserkraftwerken in der Provinz Yunnan mittels HGÜ in die fast 1500 km entfernte bevölkerungsreiche und stark industrialisierte Provinz Guangdong transportiert.

In Europa wurden bisher vor allem Seekabel mit HGÜ realisiert, beispielsweise das Kabel NorNed zwischen Norwegen und den Niederlanden. Durch den massiven Ausbau der erneuerbaren Energien, insbesondere der Windenergie, entsteht ein zusätzlicher Bedarf für Leitungskapazitäten über größere Entfernungen, um die so gewonnene Energie konsequent nutzen zu können. Es ist vorgesehen, dass für diesen Zweck auch vermehrt Freileitungen (sowie zusätzliche Seekabel) mit HGÜ-Technik realisiert werden. Ebenfalls interessant wäre die stärkere Anbindung norwegischer Pumpspeicherkraftwerke an Mitteleuropa. Weiter gehende Pläne für ein europäisches Supergrid würden sogar massive Leitungskapazitäten vorsehen, um zukünftige große Windparks und solarthermische Kraftwerke in Nordafrika sowie Speicherkraftwerke in Island in einen großen Verbund zu integrieren. Die erheblichen Kosten könnten sich leicht bezahlt machen durch stark verminderten Bedarf für elektrische Energiespeicher und durch die dann mögliche vermehrte Platzierung von Kraftwerken für erneuerbare Energie an optimalen Standorten.

Obwohl die HGÜ-Technik besonders für die Übertragung sehr hoher Leistungen (hunderte von Megawatt oder mehr) entwickelt wurde, ist sie in manchen Fällen auch für kleinere Leistungen von unter 100 MW interessant – insbesondere wenn die Nachteile der Wechselstromübertragung wesentlich wären, etwa bei Untersee-Leitungen für Offshore-Windparks oder bei der Verbindung zweier nicht synchronisierter Wechselstromnetze.

Gleichstromkurzkupplungen

In manchen Fällen geht es nicht um nennenswerte Übertragungsdistanzen, sondern nur um die Vorteile der entfallenden Notwendigkeit der Netzsynchronisation. Hier kommen sogenannte Gleichstromkurzkupplungen zum Einsatz, mit denen beispielsweise der Energieaustausch zwischen verschiedenen, nicht synchron laufenden Übertragungsnetzen möglich ist.

Umrüstung von Stromtrassen auf HGÜ

Es ist möglich, Stromtrassen ganz oder teilweise von der konventionellen Drehstrom-Übertragung auf Hochspannung-Gleichstromübertragung umzustellen. Dazu werden einfach einzelne Leiterseile mit Gleichstrom betrieben, ohne an den Strommasten etwas ändern zu müssen. Die Übertragungskapazität einer Trasse kann auf diese Weise erheblich gesteigert werden, beispielsweise um 30 oder gar 50 %, in manchen Fällen sogar noch mehr.

Siehe auch: Hochspannungsleitung, Gleichstrom, Wechselstrom, Stromnetz, Gleichrichter, Wechselrichter

Fragen und Kommentare von Lesern

08.11.2018

Die Umrüstung von Stromtrassen (speziell 380 kV) auf HGÜ könnte einen wichtigen Beitrag zur Energiewende leisten. Zum Beispiel wäre es dann möglich, Windstrom aus Nordfriesland auch bei stärkerem Wind in den Süden zu schicken, anstatt die Windmühlen abzuregeln.

Antwort vom Autor:

Stimmt.

01.09.2019

Übertragungsverluste sind auch für HGÜ-Stromtrassen nicht zu unterschätzen, hängen aber immer stark von deren Auslastung ab:

Bei Freileitungen können mit bis zu 100 V/km Spannungsabfall auf 500 kV leicht 2 % Energie je 100km verloren gehen: Von der Küste bis nach München also nicht unerheblich. Geringere Verluste durch stärkere Kupferkabel sind mit teurem Material zu erkaufen:

Ab einer gewissen Länge wird der Transport von Elektrizität viel teurer, als direkt am Zielort einen ausgewogenen Mix von Windkraft + Photovoltaik + Nahwärme-BHKW zu installieren: Milliarden-teure Stromtrassen-Projekte wie "SüdLink" müssen viel kritischer nachgerechnet werden: Es scheint, sie liegen eher im Interesse der daran verdienenden Elektrokonzerne, statt mit einer strukturellen Energie-Wende verstärkt auf verteilte Infrastruktur mit Quartier- und Mieterstrom zu setzen…

Fern-Stromtrassen haben bei voller Last oft über 15 % Verlust. Für Landverbindungen wird HGÜ erst über 600 km Punkt-zu-Punkt etwas günstiger als Drehstrom-Leitungen, die man statt früher mit 380 kV im Neubau auch schon wie in anderen Ländern erprobt mit über 750 kV errichten kann: Meist die bessere Lösung für ein dicht vermaschtes Netz mit vielen Anzapfungen wie in Europa, bis auf spezielle Ausnahmen (v.a. Seekabel).

Die Praxis zeigt, wie schwierig Stromtrassen bei uns zu verlegen sind.

Leistungsfähigere H2-Pipelines lassen sich hingegen relativ billig, leicht & schnell unterirdisch entlang des bestehenden Erdgasnetzes realisieren, auf bereits genehmigten Trassen.

Für konkrete Zahlen: https://docplayer.org/8490115-Kurzgutachten-zum-kostenvergleich-stromtransport-hybridnetz-power-to-gas-vs-hgue-leitung.html (Vergleich HGÜ vs. PtG-Transport)

Das Ergebnis dort ist einseitig, da ausdrücklich nur der nackte Transport kalkuliert wurde, ohne Nutzung von Heizwärme aus PtG & Rückverstromung und ohne wichtige Aspekte wie volatile Verfügbarkeit der Quelle, Speicherung & direkte Vermarktung von Wasserstoff für H2BZ-Mobilität am Zielort.

Antwort vom Autor:

Bei unbefangener Betrachtung der von Ihnen genannten Studie der FFE kommt man zu ganz anderen Resultaten. Sie bemängeln die Energieverluste der HGÜ-Lösung von 15 %, gehen aber mit keinem Wort darauf ein, dass die Energieverluste bei der von Ihnen offenbar favorisierten PtG-Lösung weitaus höher sind: ca. 72 %! Für die Kosten gilt genau dasselbe. Dies zeigt eine extreme Einseitigkeit.

06.09.2019

(gleicher Autor wie beim vorherigen Kommentar)

Extrem teuer sind Fern-Stromtrassen allemal, wobei eine Abwägung zwischen teurem Kupferquerschnitt in der Investition und teuren Verlusten im Betrieb zu treffen ist.

Die Investition für 800 km Südlink wird sogar so hoch, dass allein das Netzentgelt zu deren Amortisation umgelegt auf die transportierte Energie teurer ist, als den Strom direkt in Bayern aus Erdgas zu produzieren.

Warum man Südlink trotzdem baut? Fragen sie lieber die Lemminge, warum sie baden gehen: Für Betreiber Tennet ist ein staatlich garantiert goldenes Geschäft auf Kosten der Stromverbraucher Grund genug!

Antwort vom Autor:

Die Behauptung zu den Kosten erscheint mir nicht plausibel. Wenn man bedenkt, dass Milliarden von Kilowattstunden pro Jahr übertragen werden können, und dies für viele Jahrzehnte, kommt man keineswegs auf so exorbitante spezifische Kosten. Das klingt für mich also sehr nach Propaganda. Die Kosten für solche Leitungen sind als Teil der Netznutzungsentgelte gut tragbar.

06.09.2019

(gleicher Autor wie beim vorherigen Kommentar)

HGÜ ist über Land nur vorteilhaft auf sehr langen Leitungen >600 km ohne Anzapfungen, da an beiden Enden extrem teure Umrichter-Stationen erforderlich sind, die jeweils bis zu 1,5 % Verlust verursachen: 3 % der Energie sind also schon verloren, bevor der Strom auf die Reise geht; auf der Strecke ist der Verlust ca. 1-2 % pro 100 km:

Strecken wie Südlink verlieren insgesamt etwa 15 % auf 800 km, wobei Betreiber Tennet – der Transparenz nicht allzu sehr verpflichtet – dazu nur höchst vage optimistische Angaben macht.

Antwort vom Autor:

Das von Ihnen genannte FFE-Kurzgutachten nimmt Energieverluste des HGÜ-Systems von gut 13 % an, nicht 15 %. Der von Ihnen noch großzügig "aufgerundete" Wert ist wesentlich höher als alles, was ich bei anderen HGÜ-Projekten gesehen habe, aber ich habe momentan sonst keine konkreten Zahlen für Südlink bei der Hand.

Auf jeden Fall müssen diese Energieverluste jedoch relativiert werden, da typische Alternativen mit wesentlich höheren Verlusten einher gingen. Die von Ihnen offenbar favorisierte Lösung mit Power to Gas ist jedenfalls ganz massiv schlechter – warum verschweigen Sie das? Andere wollen Windenergieanlagen zwecks Vermeidung von Langstrecken-Übertragung vermehrt in Süddeutschland aufstellen, aber dort leisten sie typischerweise weitaus weniger wegen der schlechteren Windsituation.

Die Speicherung mit Pumpspeicherkraftwerken bringt ebenfalls viel höhere Verluste mit sich. Allenfalls mit Lithium-Batterien läge man vielleicht etwas günstiger, aber damit lassen sich so große Energiemengen, wie sie z. B. Südlink transportieren wird, nicht auf bezahlbare Weise handhaben.

06.09.2019

(gleicher Autor wie beim vorherigen Kommentar)

Die Angabe "3 % pro 1000 km Leitungslänge" entstammt offenbar chinesischer Propaganda und gilt höchstens bei 10 % Auslastung mit geringen Strömen: Die Verluste steigen immerhin quadratisch mit der transportierten Leistung, die im Mittel z.B. der Hälfte der Nennleistung entsprechen kann. Realistischer werden auch 85 % der Nennleistung angegeben, da wohl stets eine Reserve vorzuhalten ist: Ein Standard scheint aber nicht üblich.

Antwort vom Autor:

Nein, das ist keine chinesische Propaganda. (Warum sollten chinesische Abnehmer europäischer Technik Propaganda dafür machen?) Ein Zitat aus Wikipedia: "Bei erwogenen und bisher nicht realisierten Projekten wie Desertec oder dem Europäischen Supergrid wird bei einer 5000 km langen HGÜ-Leitung mit 800 kV von Leitungsverlusten um 14 % ausgegangen. Dies entspricht rund 2,8 % relativen Leitungsverlusten auf 1000 km." Allerdings wurden die Wechselrichter-Verluste von ja ca. 1,5 % an beiden Enden des Systems offenbar nicht berücksichtigt; damit käme man auf 3,4 % pro 1000 km.

Ich habe diese vier Kommentare desselben Autors in voller Länge aufgenommen, weil sie für mich als exemplarisch erscheinen für immer wieder geäußerte extrem einseitige Kritik an HGÜ-Projekten bei gleichzeitiger Bevorzugung von Alternativen, die sogar in den selbst genannten Problemfeldern (Kosten und Energieverluste) viel schlechter abschneiden. Solche Propaganda erzeugt viel Verwirrung und trägt damit zur Behinderung der Energiewende bei.

27.07.2020

Als wirklich überzeugter Gegner von NIMBY-Initiativen liegt es mir fern, Propaganda zu betreiben, schon gar gegen die Energie-Wende an sich. Allerdings scheint gewisses Misstrauen gegen Pläne der Konzerne und der ihnen offenbar relativ hörigen Politik mehr als angebracht, schon wenn man nur auf die Machenschaften und großzügigen Entschädigungsofferten im "Kohleausstieggesetz" schaut (das diesen Namen nicht verdient).

SüdLink ist auch nicht im Ansatz als "SuperGrid" gerechtfertigt: Wenn man das nicht konzeptionell zu Ende denkt, sollte man nicht anfangen, Leitungen als vermeintlichen Ersatz für Speicherkapazität verkaufen zu wollen, denn dafür taugen sie nur, wo sie letztlich entfernte physische oder virtuelle Speicher-Kapazitäten wirksam zu erschließen vermögen, wie z. B. die NordLink-Projekte. Ohne Schaffung neuer Speicher können die meisten anderen geplanten Stromleitungen prinzipiell nur in eine Sackgasse führen, sobald nämlich in Nachbarländern auch ernsthaft eine Energiewende betrieben wird und z.B. Österreicher dafür ihre Pumpspeicher-Kapazitäten im Alpenland selber benötigen werden.

Ich kann nur raten, Herr Paschotta, prüfen Sie bitte selber kritisch wissenschaftlich, welche Ziele der aktuelle Netzentwicklungsplan verfolgt, mit welchen Mitteln und zu welchen Kosten für uns als Stromverbraucher!

Inzwischen sehe ich klar, dass betriebliche Übertragungsverluste nicht das entscheidende Argument gegen SüdLink sind (genauso wenig wie der schwache Wirkungsgrad einer PtG- oder PtX-Übertragungskette inkl. Rückverstromung es nicht rechtfertigen würde, damit die nicht zu unterschätzenden Vorteile günstiger Transportabilität + Langzeit-Speicherbarkeit zu erkaufen – zumal auch die "Abwärme" nicht notwendig Verlust ist, sonder sich meist effektiv nutzen lässt). Erkenntnis: Nach den CO2-Emissionen ist die letztlich entscheidende Kategorie gar nicht der Wirkungsgrad an sich, sondern primär allein die Kosten einer Lösung (inkl. Kapital-Amortisation)!

Doch auch zur Höhe der kalkulierten Amortisation bzw. Betriebskosten-Abrechnung für Südlink im Rahmen der Netzentgelte sind schon gar keine Angaben zu bekommen: außer dass die Investition auf 10 Mrd. € veranschlagt wird, allein für SüdLink.

Überschlagen Sie nur einmal, wie viel erneuerbare Energie-Quellen man dafür errichten könnte: Nämlich über 10 GWp Windkraft-Erzeugung anstelle von max. 4 GW Übertragungsleistung für die beiden SüdLink-Stränge zusammen, mit denen noch nicht eine Kilowattstunde Energie gewonnen würde…

(etwas gekürzt)

Antwort vom Autor:

Grundsätzlich habe ich absolut Verständnis für ein gewisses Misstrauen in das, was große Konzerne zusammen mit Regierungen auskarten. Allerdings bin ich auch skeptisch gegenüber dem massiven Widerstand gegen Projekte wie Südlink.

Beispielsweise ist es durchaus nicht so, dass die Reduktion nötiger Speicherkapazitäten nur dadurch zustande käme, dass man Speicher mit Verbrauchern verbindet. Generell erlaubt eine verbesserte Vernetzung von Erzeugern, Verbrauchern und teils auch Speichern eine sinnvollere Nutzung der gesamten Infrastruktur. Häufig lässt sich auf der Basis starker Verbindungen Strom unmittelbar anderswo nutzen, anstatt ihn am Ort zwischen zu speichern und später zu verbrauchen. Beispielsweise ist eine grundlegende Motivation für Südlink ja, dass in Norddeutschland wesentlich günstiger zu gewinnender Windstrom dann in Süddeutschland genutzt werden kann, wo es viel weniger geeignete Standorte dafür gibt.

Wie sinnvoll solche HGÜ-Projekte genau sind, ist in der Tat sehr schwer zu beurteilen, weil erstens es sich um eine sehr komplexe Frage handelt und zweitens etliche der Daten schwer zu beschaffen sind. Natürlich sprengt dies auch bei weitem den Rahmen eines Lexikonartikels über die Hochspannungs-Gleichstromübertragung. Übrigens ist es nicht realistisch, dass ich zusätzlich zum Betrieb und der Weiterentwicklung dieses Lexikons auch noch umfangreiche Forschungsarbeiten kostenlos leiste.

16.02.2021

Im Text steht der Umrichter als Gerät, welches aus Gleichspannung eine Wechselspannung erzeugt. Meines Wissens müsste dieses aber ein Wechselrichter sein: Dieser macht aus einer Gleichspannung eine Wechselspannung, während ein Umrichter Frequenzen der Wechselspannung ändert.

Antwort vom Autor:

Sie haben eigentlich recht, weswegen ich im Artikel nun überall Wechselrichter schreibe. Allerdings kommt die Bezeichnung Umrichter gerade im Zusammenhang mit HGÜ häufig vor, ist dann also etwas allgemeiner gemeint. Hierfür wäre eigentlich die Bezeichnung Stromrichter angemessener, oder eben am besten die spezifische Bezeichnung als Wechselrichter.

01.06.2021

Wenn die Umwidmung der vorhandenen Hochspannungsleitungen auf HGÜ so einfach wäre, würde sie dann nicht schon genutzt? Das Problem beim Gleichstrom sind doch die deutlich höheren Anforderungen an die Isolation, was ja auch zur bevorzugten Nutzung des Wechselstroms geführt hat (Lichtbogenlöschung bei Nulldurchgang). Ich denke, für Gleichstrom müssten da ganz andere Isolatoren installiert werden, das kostet wieder und setzt die Leitung für einige Zeit außer Betrieb, das will man offenbar nicht.

Antwort vom Autor:

Ich denke, dass eine solche Umrüstung einer Hochspannungsleitung nicht übermäßig aufwendig wäre, habe leider aber keine harten Fakten dazu parat. Beispielsweise sollte ein Austausch der Isolatoren weitaus weniger kosten als die ursprüngliche Aufstellung der Masten.

Die Sache mit der Lichtbogenlöschung betrifft nicht die Leitung selbst, sondern nur Schaltanlagen. Hier gebe es natürlich einiges an Technik zu ersetzen.

05.06.2021

Nachfrage zum letzten Kommentar wegen Isolatoren usw.: Angenommen, man nimmt die Leitung mit den Isolatoren wie sie ist, reduziert aber die Spannung entsprechend. Würde das mit der Leistungsfähigkeit immer noch hinkommen, wenn man die Blindleistungsverluste gegen rechnet?

Antwort vom Autor:

Man würde immer noch mehr Leistung als vorher mit Drehstrom übertragen können, und zwar bei großen Leitungslängen auch mit weniger Energieverlusten.

23.09.2021

Ab welcher Entfernung treten bei der Wechselstrom Übertragung Probleme/Verluste durch die Wellencharakteristik auf? Und ist dies im Vergleich zur Blindleistungsproblematik relevant? Wenn ja, wäre dies nicht ein weiterer Vorteil der Gleichstromübertragung?

Antwort vom Autor:

Die Probleme durch die Wellencharakteristik gibt es schon bei relativ kurzen Übertragungsdistanzen, aber stark abhängig von den Umständen – z. B. viel stärker im Falle von Erdkabeln. Von der Blindleistungsproblematik lässt sich dies nicht trennen.

09.12.2023

Welcher Energieträger ist am Beispiel Südlink vorgesehen, wenn der Wind nicht liefert? Ist für die Industrie in Bayern gewährleistet, dass die projektierte Leistung 24/7/365 zur Verfügung steht?

Sollte die Lieferungen so schwanken wie die Produktion der Windkraft, sind ja auch die Kosten für Amortisation bzw. Betriebskosten-Abrechnung für Südlink im Rahmen der Netzentgelte doch nicht kalkulierbar... Das bei einer Investition von 10 Mrd. €, allein für SüdLink.

Antwort vom Autor:

Eine solche Leitung wird praktisch nie für 100 % Auslastung vorgesehen, aber auch nicht für die Lieferung einzig von Windstrom.

Kalkulierbar sind solche Projekte durchaus nicht nur für volle oder genauestens im voraus bekannte Auslastung. Und definitiv unkalkulierbar würde die Zukunft übrigens gerade dann, wenn man wegen solcher Bedenken gar nichts täte außer hoffen, dass es schon irgendwie gehen wird. Oder wenn man neue Kernkraftwerke bestellt, die dann viele Jahre später als geplant ans Netz gehen und ein Vielfaches der geplanten Summe kosten...

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