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Kraft-Wärme-Kopplung

Akronym: KWK; WKK = Wärme-Kraft-Kopplung; CHP = combined heat and power

Definition: die gleichzeitige Gewinnung von elektrischer und thermischer Energie in einem Kraftwerk

Alternativer Begriff: Wärme-Kraft-Kopplung

Englisch: co-generation

Kategorien: elektrische Energie, Energieeffizienz, Grundbegriffe, Haustechnik, Kraftmaschinen und Kraftwerke, Wärme und Kälte

Autor:

Wie man zitiert; zusätzliche Literatur vorschlagen

Ursprüngliche Erstellung: 07.03.2010; letzte Änderung: 18.08.2024

URL: https://www.energie-lexikon.info/kraft_waerme_kopplung.html

Die Kraft-Wärme-Kopplung (oder Wärme-Kraft-Kopplung) ist die gleichzeitige Erzeugung von mechanischer und nutzbarer thermischer Energie (Wärme), wobei die mechanische Energie meist in einem Generator in elektrische Energie umgewandelt wird. (Strom-Wärme-Kopplung wäre dann an sich ein noch passenderer Begriff.) Die technische Basis für eine KWK-Anlage ist meist eine Wärmekraftmaschine, deren Abwärme einer Nutzung zugeführt wird. Möglich ist aber auch die Verwendung von Brennstoffzellen.

Energieflüsse bei der Kraft-Wärme-Kopplung
Abbildung 1: Energieflüsse bei der Kraft-Wärme-Kopplung. Die Dicke der Pfeile zeigt die Größe der betreffenden Energien bzw. Leistungen an.

Abbildung 1 zeigt die Energieflüsse an. In diesem Beispiel wäre der mechanische Wirkungsgrad der Wärmekraftmaschine 33 % und der thermische Wirkungsgrad 59 %. Die fehlenden 8 % sind nicht nutzbare Wärme vor allem im Abgas. Da der Generator weitere (häufig eher geringfügige) Verluste verursacht, liegt der elektrische Wirkungsgrad noch etwas tiefer (bei 29 %). Die Stromkennzahl wäre damit 29 % / 59 % = 0,49.

Möglich ist auch, dass die abgegebene Niedertemperaturwärme nicht zu allen Zeiten genutzt werden kann. Der effektive thermische Nutzungsgrad liegt dann unter dem thermischen Wirkungsgrad der Maschine.

Das simple Addieren des elektrischen und thermischen Wirkungsgrads einer KWK-Anlage zu einem Gesamtwirkungsgrad ist wenig sinnvoll, da die elektrische Energie wertvoller ist (nämlich reine Exergie) als Niedertemperaturwärme: Beispielsweise kann sie mit Hilfe einer Wärmepumpe in eine wesentlich größere Menge von Niedertemperaturwärme umgewandelt werden. Deswegen wird gelegentlich ein effektiver Gesamtnutzungsgrad mit gewichteter Berücksichtigung der Strom- und Wärmeerzeugung verwendet. Hier wird z. B. der Stromanteil dreifach gezählt.

In Deutschland ist der Anteil der Kraft-Wärme-Kopplung an der gesamten Stromerzeugung nur ca. 16 % (Stand 2010), dürfte aber wegen der staatlichen Förderung steigen. Die deutsche Bundesregierung strebt einen Anteil von 25 % in 2020 an.

Die Kraft-Wärme-Kopplung kann zusätzlich mit der Erzeugung von Kälte über eine Absorptionskältemaschine verbunden werden. Man spricht dann von Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung.

Nutzungsmöglichkeiten für die Wärme

In der Regel ist die gewinnbare Wärme nur Niedertemperaturwärme (z. B. auf einem Temperaturniveau unterhalb von 100 °C), was die Nutzungsmöglichkeiten einschränkt. In manchen Fällen ist eine Anhebung dieses Temperaturniveaus (z. B. auf 150 °C) nötig, was auf Kosten des elektrischen Wirkungsgrads gehen kann. Dies gilt insbesondere für Anlagen mit Dampfturbinen; ein höheres Temperaturniveau im Kondensator führt zu einem höheren Gegendruck (→ Gegendruck-Dampfturbine) und somit zu einer reduzierten mechanischen und elektrischen Leistung. Alternativ gibt es Entnahmekondensationsturbinen, bei denen Dampf vor dem Niederdruckteil entnommen werden kann, wodurch die Niederdruckturbine weniger mechanische Leistung bringt. Bei Otto- und Dieselmotoren dagegen gibt es keine solche Wirkungsgradverminderung, jedoch ist der elektrische Wirkungsgrad von vornherein niedriger als bei einer großen Dampfturbine.

Bei großen Anlagen kann die Nutzwärme durch Nahwärme- oder Fernwärmenetze zu den Verbrauchern gebracht werden. Sie wird in der Regel durch heißes Wasser transportiert. Auch hierbei können wieder gewisse Energieverluste auftreten, abhängig von der Länge und Wärmedämmung der Leitungen. Die relativen Energieverluste in der Leitung hängen auch vom Wärmedurchsatz ab: Bei hohem Durchsatz spielen die Verluste relativ gesehen eine geringere Rolle.

Die Nutzung für die Beheizung von Gebäuden ist technisch meist ohne Weiteres möglich, jedoch finden sich in einem begrenzten Umkreis von der Anlage nur Verbraucher mit einer begrenzten Anschlussleistung. Zudem ist der Wärmebedarf saisonal stark schwankend.

Gewisse Industriebetriebe kommen ebenfalls als Abnehmer von Niedertemperaturwärme in Frage. Insbesondere gilt dies für die chemische Industrie, die viel Prozesswärme benötigt. Auch diverse Trocknungsprozesse können Niedertemperaturwärme nutzen. Vorteilhaft ist der meist ganzjährig gleichbleibende Verbrauch, was eine hohe Auslastung der Anlage mit immer stattfindender Wärmenutzung ermöglicht.

Geeignete Anlagen

Im Prinzip sind die meisten Wärmekraftmaschinen für die Kraft-Wärme-Kopplung technisch geeignet. Jedoch unterscheiden sich die Typen sehr nach verschiedenen praktisch bedeutsamen Gesichtspunkten wie der erzeugten Leistungen, der erreichbaren elektrischen und thermischen Wirkungsgrade sowie der Temperaturniveaus der gelieferten Wärme:

  • Großkraftwerke (z. B. große Kohlekraftwerke und Kernkraftwerke) enthalten meist Dampfturbinen. Für die Kraft-Wärme-Kopplung ist oft eine gewisse Anhebung des Temperaturniveaus der Abwärme nötig, und dies führt gewöhnlich zu einer leichten Abnahme des elektrischen Wirkungsgrads. Dies ist angesichts des viel höheren Gesamtwirkungsgrads (im Vergleich mit der Situation ohne Abwärmenutzung) meist gut zu tolerieren: Pro ausgekoppeltem Megawatt thermisch verliert man z. B. nur 0,2 MW elektrisch, die z. B. in einem anderen Kraftwerk ohne KWK mit 40 % Wirkungsgrad erzeugt werden, also 0,5 MW thermisch benötigen. Das größere Problem ist, dass bei Großkraftwerken sehr hohe Wärmeleistungen von vielen hundert Megawatt oder gar mehreren Gigawatt anfallen, so dass es schwierig wird, im engen Umkreis ausreichend Abnehmer zu finden. Deswegen arbeiten die meisten Großkraftwerke ohne Kraft-Wärme-Kopplung.
  • Etwas kleinere fossil befeuerte Kraftwerke mit einer Leistung von z. B. 100 MW sind technisch im Prinzip ähnlich zu Großkraftwerken, machen die Nutzung der Abwärme jedoch um einiges einfacher.
  • Blockheizkraftwerke (BHKW) auf der Basis z. B. von Gas- oder Dieselmotoren oder Gasturbinen erzeugen elektrische Leistungen von wenigen hundert Kilowatt oder einigen Megawatt. Sie können die erzeugte Wärme leicht in ein Nahwärmenetz einspeisen, welches beispielsweise einige Wohnblöcke oder Bürogebäude mit Heizwärme versorgt. Leider ist der elektrische Wirkungsgrad hier aber meist deutlich geringer. Wenn (wie häufig) ein Spitzenlastkessel für Zeiten mit hohem Wärmebedarf eingesetzt wird, muss dieser in einen sinnvollen Systemvergleich einbezogen werden. Leider erlauben solche Spitzenlastkessel meist keine Brennwertnutzung und können die Energieeffizienz der Anlage deutlich verschlechtern.
  • Noch kleinere Anlagen (Mikro-Blockheizkraftwerke) zur "stromerzeugenden Heizung" basierend z. B. auf kleinen Gasmotoren, Stirlingmotoren oder Brennstoffzellen versorgen nur einzelne Wohnhäuser mit Heizwärme. Je nach Typ der Anlage kann der elektrische Wirkungsgrad recht klein sein (z. B. nur 10 %) oder aber immerhin über 30 %.

Die folgende Tabelle gibt einige typische Wirkungsgrade für verschiedene Anlagentypen an. (Mit dem thermischen Wirkungsgrad ist hier der Anteil der als Wärme gelieferten Energie gemeint.) Jedoch sei darauf hingewiesen, dass die tatsächlich erreichten Werte stark variieren können. Insbesondere können die thermischen Jahresnutzungsgrade bei stromgeführtem Betrieb (siehe unten) erheblich niedriger ausfallen.

Anlagentyp elektri­scher Wirkungs­grad thermi­scher Wirkungs­grad
Kohlekraftwerk 40 % 40 %
BHKW mit Gasmotor 30–40 % 50–60 %
Mikro-BHKW mit Stirlingmotor 10–15 % 80 %
Holz-Heizkraftwerk mit Dampfturbine 20–25 % 60–70 %
Holz-Heizkraftwerk mit Holzvergasung 35 % 45 %

Anpassung an den Strom- und Wärmebedarf

Eine Grundproblematik der Kraft-Wärme-Kopplung ist, dass häufig der Strom- und Wärmebedarf nicht völlig synchron anfallen. In dieser Situation gibt es grundsätzlich die folgenden Möglichkeiten:

  • Wärmegeführter Betrieb: Die Leistung der Anlage wird gemäß dem Wärmebedarf geregelt, während die erzeugte elektrische Energie in das Netz eingespeist wird. Im Sommer steht die Anlage u. U. still, oder läuft nur wenig für die Warmwasserbereitung. Die erzeugte Energie wird immer vollständig genutzt, ohne dass eine Energiespeicherung notwendig ist. Allerdings erfolgt die Stromerzeugung oft nicht gerade dann, wenn sie im Stromnetz am meisten gebraucht würde.
  • Stromgeführter Betrieb: Die Leistung der Anlage wird nach dem Bedarf an elektrischer Leistung bestimmt, und die anfallende Wärme wird soweit möglich genutzt, zeitweise aber in die Umwelt abgegeben.

Wenn ein ausreichend großer Wärmespeicher zur Verfügung steht, ist auch eine Mischform realisierbar: Bei hohem Strombedarf kann die Anlage zeitweise mehr Wärme erzeugen als momentan benötigt wird und diese speichern. Kurzzeitig entspricht dies einem stromgeführten Betrieb, obwohl die gesamte Wärmemenge, die an einem Tag (oder innerhalb einer Woche) erzeugt wird, immer etwa dem jeweiligen Wärmebedarf entspricht. Besonders bietet sich dies an, wenn der Wärmeverbraucher selbst ein großes Speichervermögen hat. Beispielsweise kann ein Schwimmbad in Zeiten hohen Strombedarfs auch etwas stärker beheizt werden, was zu einer zeitweilig etwas höheren Wassertemperatur führt, während die Beheizung zu anderen Zeiten entsprechend reduziert wird. Mit einem so großen Wärmespeicher ist es dann sogar möglich, die Stromerzeugung weitgehend in die Tagstunden oder sogar noch stärker auf Spitzenlast-Zeiten zu konzentrieren. Auch die Erzeugung von Regelenergie wird so möglich, was zusätzliche Einnahmequellen erschließen kann. Allerdings ist eine Abwägung notwendig zwischen dem Vorteil von vermehrter Spitzenlast- und Regelenergieerzeugung (mit einem stärker ausgelegten Aggregat) und der dann geringeren Zahl von Volllaststunden pro Jahr.

Eine andere Möglichkeit ist es, in Zeiten mit hohen Wärmebedarf, aber geringem Strombedarf entweder Wärme mit einfachen Heizkesseln zu erzeugen oder aber den elektrischen Wirkungsgrad mit geeigneten Maßnahmen gezielt zu verringern. Dies bedeutet freilich, dass die Energienutzung der Anlage weniger effizient wird. In Zeiten mit großen Stromüberschüssen kann dies trotzdem sinnvoll sein.

Bisher ist bei kleineren Anlagen (Blockheizkraftwerke und kleiner) der wärmegeführte Betrieb die Regel (außer bei Anlagen in Inselnetzen), während bei Großkraftwerken auch oft der stromgeführte Betrieb vorkommt. Zukünftig werden Blockheizkraftwerke vermutlich häufiger zumindest teilweise stromgeführt betrieben, um Schwankungen in der Erzeugung von Windenergie und Photovoltaik besser ausgleichen zu können.

Dimensionierung von KWK-Anlagen

Für die Dimensionierung wird häufig die Jahresdauerlinie des Wärmeverbrauchs verwendet, die aus dem z. B. über ein Jahr aufgezeichneten zeitlichen Profil des Wärmebedarfs ermittelt werden kann.

Im Idealfall verläuft die Jahresdauerlinie insgesamt ziemlich flach, also mit geringen Schwankungen des Wärmeverbrauchs über einen großen Teil des Jahres. Dann kann ein KWK-Aggregat gewählt werden, dessen maximale thermische Leistung einen wesentlichen Teil der maximal benötigten Wärmeleistung ausmacht, und es kann dann vor allem den Großteil der jährlich benötigten Wärme erzeugen. Das Aggregat wird mit einer hohen Zahl von Volllaststunden pro Jahr (z. B. über 5000) betrieben und somit gut ausgenutzt.

Ungünstig sind dagegen stark abfallende Jahresdauerlinien. Solche treten beispielsweise auf, wenn es um die Beheizung gut wärmegedämmter Gebäude geht, in denen womöglich gar der Sommerbedarf weitgehend durch Solarthermie gedeckt wird. (Abbildung 2 im Artikel über die Jahresdauerlinie zeigt ein Beispiel.) Eine hohe Zahl von Volllaststunden des KWK-Aggregats ist dann nur bei sehr kleiner Auslegung erreichbar. Dann kann mit dem KWK-Aggregat nur ein geringer Teil des gesamten Wärmebedarfs gedeckt werden, und selbst so ist die Anzahl der Volllaststunden oft nicht allzu hoch. Ein wirtschaftlicher Betrieb wird dann schwierig.

Eine etwas größere Dimensionierung kann selbst bei etwas verringerter Zahl von Volllaststunden sinnvoll sein, wenn die Anlagekosten nicht stark von der installierten Leistung abhängen, und wenn die Anlage in Verbindung mit einem Wärmespeicher zusätzliche Einnahmen durch Erzeugung von Spitzenlast und Regelenergie (siehe oben) generieren kann.

Staatliche Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung

In Deutschland wird die Kraft-Wärme-Kopplung seit 2002 mit dem Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz auf mehrere Weisen gefördert:

  • KWK-Anlagen erhalten über den Stromnetzbetreiber (das Energieversorgungsunternehmen) eine Einspeisevergütung, die sich zusammensetzt aus einem "marktüblichen Preis" (durchschnittlicher Grundlast-Preis gemäß Strombörse) und einem KWK-Zuschlag, der von der Anlagengröße abhängt. Auch für selbst genutzten Strom aus solchen Anlagen gibt es einen Zuschlag. Finanziert wird diese Förderung über den KWK-Aufschlag auf die Netznutzungsentgelte, also von allen Stromverbrauchern zusammen.
  • Es gibt für KWK-Anlagen eine Befreiung von der Erdgassteuer bzw. Mineralölsteuer (zwecks Beseitigung der Diskriminierung gegenüber der Stromerzeugung mit Kohle und Kernenergie oder in großen Gaskraftwerken).
  • Für kleine Anlagen mit weniger als 20 kW elektrischer Leistung gewährt das BAFA zusätzlich einen direkten Investitionskostenzuschuss.
  • Weitere Regeln gibt es zwecks Bestandssicherung von alten KWK-Anlagen.

Die Förderung neuer KWK-Anlagen setzt das Erreichen einer hohen Energieeffizienz voraus.

Argumente für und wider die Kraft-Wärme-Kopplung

Energieeffizienz

Die Kraft-Wärme-Kopplung hat den wesentlichen Vorteil, dass die eingesetzten Brennstoffe (Kohle, Erdgas, Biogas) erheblich effizienter genutzt werden als in den meisten Kraftwerken ohne Abwärmenutzung, aber vor allem auch im Vergleich zu Heizkesseln. Im letzteren Fall ist zu berücksichtigen, dass ein Heizkessel zwar oft einen leicht höheren Gesamtwirkungsgrad hat, aber auch nur Niedertemperaturwärme erzeugt, die nicht mit hochwertiger elektrischer Energie gleichzusetzen ist.

Allerdings sind die energetischen Vorteile der Kraft-Wärme-Kopplung in der Praxis häufig längst nicht so hoch wie weithin angenommen. Dies hat verschiedene Gründe, insbesondere die folgenden:

  • Vor allem bei Großanlagen kann häufig nur ein Teil der Wärme genutzt werden; besonders im Sommer können erhebliche Wärmemengen ungenutzt bleiben.
  • Die Wärmeverteilung als Fernwärme führt zu nennenswerten Wärmeverlusten und erzwingt ein höheres Temperaturniveau der Wärme, was den elektrischen Wirkungsgrad beeinträchtigt (siehe oben) und die Brennwertnutzung schwierig macht.
  • Kleinere Anlagen weisen typischerweise einen niedrigeren elektrischen Wirkungsgrad auf als z. B. moderne Gas-und-Dampf-Kombikraftwerke.

Der Vergleich der Energieeffizienz der KWK mit anderen Methoden ist relativ schwierig, u. a. weil zwei unterschiedliche Energieformen involviert sind. Es werden immer gewisse Annahmen benötigt, die kritisch zu überprüfen sind:

  • Man kann annehmen, dass letztendlich Niedertemperaturwärme benötigt wird, und dass alle erzeugte elektrische Energie mit Wärmepumpen der Leistungszahl 3 in solche Wärme umgewandelt wird. Dann lassen sich problemlos zwei Optionen vergleichen: ein Gasmotor-Blockheizkraftwerk (30 % elektrisch, 60 % Wärme) und ein großes Gas-und-Dampf-Kombikraftwerk ohne Abwärmenutzung, dafür aber mit einem höheren elektrischen Wirkungsgrad von 55 %. Aus 100 % Energie von Erdgas erzeugt das BHKW insgesamt 60 % + 3 · 30 % = 150 % Heizwärme. Die Lösung mit dem Großkraftwerk dagegen erzeugt 3 · 55 % = 165 % Heizwärme; sie ist also deutlich effizienter. Mit einem brandneuen Großkraftwerk, das 60 % Wirkungsgrad erreicht, wären es sogar 180 %, und mit effizienteren Wärmepumpen (durchaus realistisch vor allem in Neubauten) sogar noch mehr.
    Man beachte aber, dass dieser Vergleich den Einsatz von Wärmepumpen unterstellt, was nicht unbedingt realistisch ist. Wenn ein GuD-Kraftwerk gebaut wird, wird dies in der Praxis eher ein Kohlekraftwerk oder aber ein älteres Gaskraftwerk ersetzen, auf die Wärmeversorgung jedoch keinen Einfluss haben. Da das neue Kraftwerk effizienter ist als das alte, führt dies zu einer gewissen Primärenergieeinsparung – umso mehr natürlich, je schlechter das ersetzte Kraftwerk war. Die Primärenergieeinsparung ist aber sicher geringer, als wenn tatsächlich Wärmepumpen eingesetzt würden, die dafür natürlich zusätzlich gebaut werden müssten. Auf der anderen Seite ersetzt das Blockheizkraftwerk in den meisten Fällen eben nicht Wärmepumpen, sondern Heizkessel. Seine Primärenergieeinsparung tritt also tatsächlich auf.
  • Bei der Wärmeversorgung kommen Wärmepumpen in vielen Fällen gar nicht in Frage – z. B. wenn alte Gebäude mit hoher Vorlauftemperatur beheizt werden müssen, was zumindest die Wärmepumpen weniger effizient macht. Wenn hier nun ein Blockheizkraftwerk eingesetzt wird anstelle von Heizkesseln, wird einerseits mehr Erdgas verbraucht; der Mehrverbrauch ist nur wenig mehr als die erzeugte Strommenge, wenn die Abgasverluste etwas höher sind als für einen modernen Heizkessel (was nicht einmal unbedingt der Fall ist). Andererseits wird die Stromerzeugung in anderen Kraftwerken ersetzt. In einem ungünstigen Fall wird ein modernes GuD-Kraftwerk mit 60 % Wirkungsgrad ersetzt. Dann spart 1 kWh Strom aus dem Blockheizkraftwerk dort 1 kWh / 0,60 = 1,67 kWh Erdgas ein. Insgesamt ergibt sich eine Einsparung von ca. 0,6 bis 0,7 kWh Erdgas pro erzeugter kWh Strom, oder eine noch deutlich größere Energiemenge aus Kohle. Das Blockheizkraftwerk ist also die effizientere Lösung, obwohl die obige Überlegung das Gegenteil anzuzeigen schien – weil diese eben (wenig realistisch) voraussetzte, dass gleichzeitig Wärmepumpen gebaut werden, um Heizkessel zu ersetzen.

Ebenfalls wird deutlich, dass selbst ein ausgezeichneter Gasheizkessel mit fast 100 % Wirkungsgrad nicht annähernd die Effizienz der beiden anderen Varianten erreicht. Andererseits sind sowohl Blockheizkraftwerke als auch Wärmepumpen in der Herstellung wesentlich teurer als Gasheizkessel; mit der letzteren Lösung gesparte Investitionskosten könnten z. B. für zusätzliche Wärmedämmung verwendet werden, um den Heizwärmebedarf zu reduzieren. Dies zeigt, dass die energieeffizienteste Technologie der Strom- und Wärmeerzeugung nicht zwangsläufig das beste Endresultat bringt, wenn man mit einer anderen Investition stattdessen den Energieverbrauch reduzieren könnte.

Aus diesen Überlegungen kann man die folgenden Schlüsse ziehen:

  • Die höchste Energieeffizienz bei der Heizwärmeversorgung mit fossilen Brennstoffen wird erreicht, wenn Elektrowärmepumpen mit Strom aus effizienten neuen Gas-und-Dampf-Kombikraftwerken betrieben werden – selbst wenn keine Kraft-Wärme-Kopplung betrieben wird. Dieser Ansatz ermöglicht langfristig auch eher den Umstieg auf erneuerbare Energie, weil dann zunehmend Strom aus solchen Quellen eingesetzt werden kann. Allerdings stammt bisher ein wesentlicher Teil des Wärmepumpenstroms aus Kohlekraftwerken, die den Mehrbedarf im Winter decken, und dies verschlechtert die Energie- und Klimabilanz der Wärmepumpen.
  • Wo Wärmepumpen nicht in Frage kommen, beispielsweise wegen dem benötigen hohen Temperaturniveau, ist die Wärmeversorgung mit Blockheizkraftwerken die effizienteste Lösung – selbst wenn ihr elektrischer Wirkungsgrad wesentlich geringer ist als der von GuD-Kraftwerken.
  • Am wenigsten effizient ist die Wärmeversorgung mit Heizkesseln, einmal abgesehen von den noch viel weniger effizienten Elektroheizungen.
  • Wenn der Einsatz von Erdgas wegen der langfristig zu erwartenden Verknappung und politischen Abhängigkeiten begrenzt werden soll, schneiden beide Gas-Varianten erheblich schlechter ab, soweit nicht (zusätzlich gewonnenes) Biogas für die direkte Substitution zur Verfügung steht. Andererseits ist es noch weniger sinnvoll, Erdgas oder Biogas einfach in Heizkesseln zu nutzen; man müsste den Erdgaseinsatz also vor allem dort zurückdrängen. Im Übrigen sollte die Entwicklung von Anlagen für die Nutzung von Holz mit Kraft-Wärme-Kopplung vorangetrieben werden – etwa mit Stirlingmotoren oder mit Hilfe der Holzvergasung. Letztere sind bereits kommerziell verfügbar und ermöglichen wohl die sinnvollste Nutzung vor allem von Holzabfällen.

Man beachte, dass diverse im Umlauf befindliche Systemvergleiche unangemessene Voraussetzungen verwenden und so zu fragwürdigen Schlüssen kommen. Häufig führt dies zur Überschätzung der Vorteile der Kraft-Wärme-Kopplung:

  • Oft werden neue KWK-Anlagen mit uralten Anlagen zur getrennten Erzeugung von Strom und Wärme verglichen. Offenkundig wäre es angemessener, Neuanlagen mit Neuanlagen zu vergleichen.
  • Es werden Anlagen miteinander verglichen, die völlig unterschiedliche Primärenergieträger verwenden (z. B. Kohle im Kraftwerk und Erdgas im BHKW). Es wird dann nicht berücksichtigt, dass die Substitution von Kohle durch Erdgas auch Nachteile hat, insbesondere wegen der größeren Knappheit.
  • In anderen Fällen werden Einflüsse von Spitzenlastkesseln oder von zeitweiligem Betrieb ohne Wärmenutzung übergangen. Natürlich sollten tatsächlich im Betrieb erreichte Werte und nicht nur theoretische Werte berücksichtigt werden.

In anderen Fällen dagegen wird mit unausgereiften Argumenten gegen die Kraft-Wärme-Kopplung argumentiert:

  • Es wird manchmal bei Vergleichen explizit oder implizit angenommen, dass GuD-Kraftwerke kombiniert mit zusätzlichen Wärmepumpen gebaut werden, was wenig realistisch ist. Wenn sie nur ältere Kraftwerke ersetzen, ist die Primärenergieeinsparung deutlich geringer (siehe oben).
  • Es wird zwar zu Recht darauf hingewiesen, dass die Kombination von GuD-Kraftwerken mit effizienten Elektrowärmepumpen meist effizienter ist als KWK-Anlagen, jedoch kommen Wärmepumpen als Alternative zur KWK häufig gar nicht in Frage, weil z. B. die benötigten Vorlauftemperaturen für einen effizienten Betrieb zu hoch sind (vor allem bei unsanierten Gebäuden) oder die Investitionskosten zu hoch würden. Zumindest würde dann die Effizienz der Wärmepumpen leiden.
  • Die größere Knappheit von Erdgas im Vergleich zur Kohle ist zwar definitiv ein Nachteil von Gas-BHKWs, spricht aber vor allem für eine möglichst effiziente Nutzung des verfügbaren Erdgases und Biogases, also entweder in Gas-BHKWs oder in hocheffizienten GuD-Kraftwerken, aber möglichst wenig in Heizkesseln.

Andere Aspekte

Gegen Blockheizkraftwerke wird oft eingewandt, dass der Verschleiß von relativ kleinen Motoren zu einer begrenzten Lebensdauer führt. Allerdings ist zu beachten, dass solche Motoren unter wesentlich günstigeren Bedingungen als etwa Automotoren arbeiten (kaum Kaltstarts, niedrige Drehzahlen, etc.), weswegen diese Problematik durchaus beherrschbar ist.

Eine wesentliche Voraussetzung für ökonomisch sinnvolle Kraft-Wärme-Kopplung sind grundsätzlich gute Nutzungsmöglichkeiten für die erzeugte Wärme. Heizzwecke sind hier wegen der saisonalen Schwankungen und der relativ geringen Leistungsdichten weniger vorteilhaft als manche industrielle Anwendungen. Der Anschluss vieler zu beheizender Gebäude ist außerdem oft schwierig, wenn diese bereits andere Heizungsanlagen besitzen. Zudem wird der Heizwärmebedarf neuer Gebäude wie auch energetisch sanierter Gebäude durch stark verbesserte Wärmedämmung und Solarthermie so reduziert, dass der Einsatz von Kraft-Wärme-Kopplung oftmals nicht mehr sinnvoll ist.

Weitere Aspekte ergeben sich aus den verwendeten Brennstoffen. Die Verdrängung z. B. von Kohlekraftwerken durch meist erdgasbetriebene Blockheizkraftwerke reduziert einerseits massiv den CO2-Ausstoß, vergrößert aber andererseits die Abhängigkeit von Erdgas, welches für kürzere Zeit verfügbar sein wird. Diese Problematik wird allerdings ein Stück weit entschärft durch die Möglichkeit des Einsatzes von Biogas sowie durch den nicht allzu langen Zeithorizont, für den solche Anlagen gebaut werden. Wenn Nahwärmenetze für Anlagen mit Kraft-Wärme-Kopplung aufgebaut werden, wird der Ersatz der Wärmequelle z. B. in 20 Jahren durch die dann optimale Technologie viel leichter sein, als wenn viele einzelne Heizkessel verwendet werden.

Auf jeden Fall ist es unsinnig, die Kraft-Wärme-Kopplung als eine Alternative zur effizienten Wärmenutzung anzusehen, etwa mit dem Argument, man verwende ja nur Abwärme. Wenn beispielsweise ein altes Gebäude mit einem Blockheizkraftwerk versehen wird, bewirkt dies meist eine viele schwächere Reduktion des Primärenergiebedarfs, als wenn eine optimale Wärmedämmung vorgenommen wird. Auf ökonomischer Seite kommt hinzu, dass die Lebensdauer eines Blockheizkraftwerks weitaus geringer ist als die einer Wärmedämmung, so dass ein einfacher Vergleich der anfänglichen Investitionskosten völlig irreführend sein kann [1].

Literatur

[1]Blog-Artikel: Kraft-Wärme-Kopplung – ein Ersatz für die energetische Sanierung?
[2]"Elektrizität: Schlüssel zu einem nachhaltigen und klimaverträglichen Energiesystem", https://www.dpg-physik.de/veroeffentlichungen/publikationen/studien-der-dpg/pix-studien/studien/energie2010.pdf, eine Studie der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG) (2010); Teil II.3 behandelt die Kraft-Wärme-Kopplung
[3]KWKG – Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz

Siehe auch: Wärmekraftmaschine, Fernwärme, Nahwärme, dezentrale Energieerzeugung, Kraftwerk, Wirkungsgrad, Stromkennzahl, Energieeffizienz, Einspeisevergütung, Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung, Spitzenlastkessel

Alles verstanden?

Frage: Wie wirkt sich die Abwärmenutzung in einem typischen Dampfkraftwerk auf den elektrischen Wirkungsgrad aus?

(a) Er bleibt praktisch unverändert, weil ja nur die ohnehin abfallende Wärme genutzt wird.

(b) Er steigt an, weil der Aufwand für die Kühlung reduziert wird.

(c) Er fällt deutlich ab, weil der Gegendruck der letzten Turbine durch das meist benötigte höhere Temperaturniveau steigt.

Frage: Wie kann man auf sinnvolle Weise die gesamte Energieeffizienz einer Anlage mit Kraft-Wärme-Kopplung quantifizieren?

(a) Am aussagekräftigsten ist der Gesamtwirkungsgrad, d. h. die Summe von elektrischen und thermischen Wirkungsgrad.

(b) Man sollte einen modifizierten Gesamtwirkungsgrad ermitteln, bei dem der Stromanteil stärker gewichtet wird als die Wärmeproduktion.

(c) Man kann die Anlage mit dem Energieaufwand geeigneter Alternativen für die gleiche Strom- und Wärmeproduktion vergleichen.

Siehe auch unser Energie-Quiz!

Fragen und Kommentare von Lesern

25.03.2024

"In einem ungünstigen Fall wird ein modernes GuD-Kraftwerk mit 60 % Wirkungsgrad ersetzt. Dann spart 1 kWh Strom aus dem Blockheizkraftwerk dort 1 kWh / 0,60 = 1,67 kWh Erdgas ein. Insgesamt ergibt sich eine Einsparung von ca. 0,6 bis 0,7 kWh Erdgas pro erzeugter kWh Strom, oder eine noch deutlich größere Energiemenge aus Kohle."

Das verstehe ich nicht. Das BHKW benötigt doch ebenfalls deutlich mehr als eine kWh Primärenergie (Erdgas) um eine kWh Strom zu erzeugen?

Antwort vom Autor:

Ja, aber ich bin davon ausgegangen, dass sonst ein Heizkessel laufen würde, um die benötigte Wärme zu erzeugen. Der Mehrverbrauch, um zusätzlich den Strom zu bekommen, ist bei KWK nur wenig mehr als die erzeugte Strommenge.

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