RP-Energie-Lexikon
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Die Deutsche Gesetzgebung zum Thema Energie und Liberalisierung des deutschen Markts

(Gastartikel)

Die Liberalisierung des deutschen Strommarktes erfolgte im Jahr 1998 auf Grundlage eines neuen Energiewirtschaftsgesetzes. Ziel der Liberalisierung war es, eine Überteuerung der Strompreise zu vermeiden und gleichzeitig den Markt für einen vielfältigeren Wettbewerb zu öffnen. Damit einhergehend sollten die Monopolstellungen der bisherigen Energieversorger gelockert und der Markt auch für kleinere Unternehmen geöffnet werden.

Zunächst erfüllte die Liberalisierung des Strommarktes ihren Zweck. Bis zur Jahrtausendwende sanken die Strompreise stetig. Doch bereits um das Jahr 2001 begannen die Strompreise wieder zu steigen.

Kleine Stromunternehmen setzten sich nur schwer durch

Grund für die wieder ansteigenden Strompreise waren unter anderem die zunehmenden Insolvenzen der kleineren Stromanbieter, die sich nicht gegen die Energieriesen durchsetzen konnten. Darüber hinaus spielten auch die Fusionen der großen Stromunternehmen mit gescheiterten kleinen Stromanbietern eine wesentliche Rolle für den damaligen Energiemarkt in Deutschland. Daneben wurden oft Netznutzungsgebühren, die fremde Energieanbieter an die lokalen Stadtwerke für die Nutzung von deren Stromleitungen zahlen mussten, an die Kunden umgeleitet, sodass auch hier eine Verteuerung des Stroms stattfand. Künstliche Preiserhöhungen und immer teurer werdender Strom riefen im Jahr 2005 schließlich eine neue Regulierungsbehörde auf den Markt.

Eine neue Regulierungsbehörde zur Überwachung des Energiemarktes

Die stetige Verteuerung der Energie bewegte die EU im Jahr 2004 dazu, die Errichtung einer Kontrollbehörde vorzuschlagen. Ein Jahr später wurde die Bundesnetzagentur gegründet, die fortan sowohl den Energiemarkt und die Strompreise überwachen, als auch für faire Nutzungspreise für Stromverbraucher sorgen sollte. Derzeit gibt es in Deutschland zahlreiche Gesetze und Verordnungen, die die Abläufe auf den Energiemärkten regeln und für faire Strompreise sorgen sollen. Eines der wohl wichtigsten Gesetze ist nach wie vor das Energiewirtschaftsgesetz, welches unter anderem die wirtschaftlichen Aktivitäten großer Stromanbieter regelt und faire Strompreise zum Wohl der Verbraucher vorschreibt. Daneben gibt es noch andere Gesetze, beispielsweise die Stromgrundversorgungsverordnung, die Stromnetzentgeltverordnung oder die Stromnetzzugangsverordnung.

Viel Arbeit für Nutzer und Anbieter

Die Geschichte zeigt, dass eine derartige Regulierung auch dringend notwendig war. Die Gewinne der vier großen Stromkonzerne stiegen um ein Vielfaches, während der Strompreis im Laufe der Jahre um 50 % angehoben wurde. Seit 2008 jedoch sinkt der Anteil der kleinen Haushalte, die von den vier großen Energiekonzernen beliefert werden. Viele Haushalte wenden sich nun an kleinere Anbieter, die bessere Preise bieten (→ Stromanbieterwechsel). Jedoch bedeutet dies für die Anbieter neben neuen Kunden auch neue Kosten, denn die Anbieter müssen dann auch mehr Strom erzeugen können. Oft muss dieser dann von teureren Kraftwerken bezogen werden, was einen höheren Endpreis zur Folge hat. Ein höherer Endpreis bedeutet dann wiederum, dass Kunden zu anderen Anbietern wechseln –- ein Teufelskreis. Für Kunden bedeutet dies, jedes Jahr aufs Neue zu vergleichen, um sich den günstigsten Preis zu sichern. Für die Anbieter hingegen, trotz erhöhter Nachfrage den Preis relativ stabil zu halten.

Über 50 % für Steuern, Abgaben und Umlagen

Jedoch muss man bedenken, dass nicht nur die Stromanbieter den Preis in die Höhe treiben. Vor allem die Umsatzsteuer ist in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen, was sich auch merklich auf den Strompreis auswirkt. Momentan werden 19 % vom Strompreis für die Umsatzsteuer fällig. Zusammen mit allen anderen Abgaben und Umlagen beläuft sich der Anteil, den Steuern, Abgaben und Umlagen am Strompreis haben, auf 50,4 %, also mehr als die Hälfte. Viel hiervon wird jedoch auch für Stromerzeugung, -transport und -vertrieb wieder ausgegeben. 1998 lag dieser Anteil noch bei 24,5 %, also unter einem Viertel. Die Entwicklung der Steuern und Abgaben zeigt, dass der Großteil des Strompreises nicht von den jeweiligen Konzernen, sondern vor allem durch die Regierung bestimmt wird.

Um dem entgegen zu wirken, wurde im November 2012 eine Petition vom Bundesverband für mittelständische Wirtschaft ins Leben gerufen. In dieser Petition wird bezahlbarer Strom für alle gefordert, dessen Erzeugung und Speicherung aber keine bevorzugte Technologie zugrunde liegt. Weiterhin wird eine sofortige Senkung des staatlichen Anteils gefordert, der weit über einer akzeptablen Marke liege. Auch viele Verbraucherzentralen kritisieren das derzeitige Preismodell, da immer mehr ärmere Haushalte von den hohen Preisen betroffen wären. Über 65 000 mal wurde demnach Haushalten im Jahr 2010 der Strom abgestellt, weil sie ihre Stromrechnung nicht zahlen konnten.

Grüne Energie bestellen = grüne Energie bekommen?

Viele Verbraucher bestellen außerdem Ökostrom, weil sie sauberen Strom bevorzugen und die Stromerzeugung mit Risikofaktoren wie z. B. Atomenergie nicht unterstützen wollen. Doch häufig ist der Strom, der letztendlich aus der Steckdose kommt, nicht so "grün" wie man ihn gern hätte. Wenn man Ökostrom ordert, dann bestimmt dies letztendlich nur den Anteil an Ökostrom, den der Anbieter in das Stromnetz einspeisen muss. In das Stromnetz fließen aber auch jegliche anderen Stromarten: Gas-, Kohle- und auch Atomenergie. Was der Verbraucher am Ende nutzt, ist also eine große Mischung aus vielen Energiearten. Trotzdem sollten Nutzer, die bewusst Öko-Strom nutzen wollen, diesen auch weiter ordern. Denn damit erhöhen sie den Anteil von umweltfreundlichem Strom im Stromnetz, und es muss weniger Atom- oder Kohlestrom eingespeist werden.

Worauf viele Ökostrom-Nutzer hinarbeiten, ist die Energiewende. Die Energiewende bezeichnet den Umstieg auf eine nachhaltige Energieproduktion durch erneuerbare Energien wie Wind-, Wasser- oder Solarenergie. Deutschland ist hier auch auf einem guten Weg, obwohl der Atomausstieg immer wieder verschoben wurde. Jedoch wurde bereits mit dem EEG, dem Erneuerbare-Energien-Gesetz, ein Grundstein für die Versorgung mit umweltfreundlichem Strom gelegt. Das EEG legt fest, dass Strom aus erneuerbaren Energien bevorzugt in das Stromnetz eingespeist wird, und dass Erzeuger dieses Stroms eine Einspeisevergütung dafür bezahlt bekommen. Die Förderung der neuen Energien wird zum Teil auch mit Anteilen des Strompreises finanziert. So will die Bundesregierung den Anteil an erneuerbaren Energien im Stromnetz bis 2050 auf 80 % steigern.

Viele Faktoren für ein bisschen Strom

Man sieht also, dass das Konzept der Energieversorgung ein komplexes Gebilde ist. Viele Faktoren wirken auf den Preis oder die Art des Stroms ein, und so ergibt sich ein Netz mit vielen Verknüpfungen. Jeder Verbraucher muss nun für sich selbst entscheiden, welche Art von Energie er bevorzugt und von welchem Anbieter er sie gern hätte. Jedoch steht fest, dass erneuerbare Energien in der Zukunft wohl die vorherrschende Stromquelle bieten werden. Inwiefern sich der Preis jedoch entwickelt, lässt sich nicht sagen, wohl auch, weil die kleinen Stromanbieter als Konkurrenz immer wichtiger werden.

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