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Liefergrad

Definition: das Verhältnis von angesaugter Luftmenge und der theoretisch möglichen Luftmenge in einem Hubkolbenmotor

Englisch: volumetric efficiency

Kategorien: Fahrzeuge, Kraftmaschinen und Kraftwerke

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Einheit: (dimensionslos)

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Ursprüngliche Erstellung: 14.01.2015; letzte Änderung: 20.10.2023

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Bei einem Hubkolbenmotor z. B. in Form eines Ottomotors oder Dieselmotors wird im sogenannten Ansaugtakt entweder ein Kraftstoff-Luft-Gemisch oder aber reine Luft einem Arbeitszylinder zugeführt. Um den erreichten Füllungsgrad zu quantifizieren (der für die Leistung wichtig ist), verwendet man den sogenannten Liefergrad. Dies ist die Menge (Masse) der angesaugten Luft dividiert durch die theoretisch mögliche Luftmenge, die man bei sehr langsamem Ansaugen (also ohne Unterdruck im Zylinder) erzielen könnte. Für die Bestimmung dieser theoretischen Luftmenge wird allgemein von den Druck- und Temperaturbedingungen außerhalb des Motors ausgegangen. Was genau hier "außerhalb" bedeuten soll, unterscheidet sich freilich bei verschiedenen Autoren:

  • Manche Autoren verstehen unter "außerhalb" einen Ort im Ansaugrohr direkt vor dem Einlassventil. Dann stellt sich freilich die Frage, wo genau bzw. zu welcher Zeit Druck und Temperatur ermittelt werden. Schließlich oszillieren Druck und Temperatur im Ansaugtrakt. Man könnte einen räumlichen und auch zeitlichen Mittelwert verwenden. Der Liefergrad nach einer solchen Definition gibt in erster Linie Auskunft darüber, wie effektiv die Luft unmittelbar durch das Einlassventil (bzw. die Einlassventile) in den Zylinder gelangt.
  • Andere Autoren verstehen unter "außen" einen Ort ganz außerhalb des Motoraggregats, wo Druck und Temperatur der Luft klar definiert sind. Der Liefergrad ist dann ein gutes Maß dafür, wie viel Gas tatsächlich in den Zylinder gelangt. Diese Definition ist wohl zu bevorzugen.

Leider wird in der Literatur häufig nicht klargestellt, welche Definition tatsächlich verwendet wird; dies erschließt sich dem Leser dann allenfalls indirekt.

Liefergrad beim Saugmotor

Bei einem Saugmotor kann die Luft bzw. das Gemisch nur bei Unterdruck in den Zylinder einströmen. Deswegen liegt der Liefergrad meist deutlich unter 1 (z. B. 0,85); wie stark er das tut, hängt freilich von der verwendeten Definition (siehe oben) ab, da der Druck direkt vor dem Einlassventil deutlich unter dem Atmosphärendruck liegt (allein schon wegen des Druckverlusts im Luftfilter).

Dieser Effekt verminderter Zylinderfüllung ist bei höheren Drehzahlen besonders ausgeprägt und ist ein Hauptgrund für das dann abfallende Drehmoment des Motors.

Eine gewisse Verbesserung ist möglich durch Verwendung von zwei Einlassventilen pro Zylinder, z. B. bei Vierventilmotoren. Eine weitere mäßige Erhöhung des Liefergrads kann durch eine sogenannte dynamische Aufladung erzielt werden, wie im Artikel über Saugmotoren beschrieben. Hierbei nutzt man Schwingungen der Luft im Ansaugtrakt gezielt aus.

Liefergrad mit Turboaufladung oder Kompressor

Bei Verwendung der Turboaufladung oder eines Kompressors kann ein Überdruck angewandt werden, sodass wesentlich mehr Luft bzw. Kraftstoff-Luft-Gemisch in den Zylinder eingebracht werden kann. Dies ermöglicht eine entsprechend erhöhte Motorleistung.

Versteht man den Liefergrad nun gemäß der ersten oben genannten Definition, liegt er weiterhin unterhalb von 1, da ja nach wie vor der Druck im Zylinder normalerweise geringer sein muss als außerhalb, damit Luft eingezogen werden kann. Verwendet man dagegen die zweite Definition, ergibt sich ein Liefergrad deutlich oberhalb von 1 – beispielsweise 1,5.

In der Regel wird der Liefergrad bei Volllast angegeben, d. h. bei ganz geöffneter Drosselklappe (im Falle eines Ottomotors). Im Teillastbetrieb wird die Luft zuvor beim Ottomotor durch eine nur noch teilweise geöffnete Drosselklappe vermindert, was sich je nach Definition in einem eher zunehmenden oder deutlich abnehmenden Liefergrad auswirkt.

Luftaufwand

Im Zusammenhang mit dem Liefergrad kommt oft auch der Begriff Luftaufwand vor. Bei dessen Bestimmung wird auch der Gasanteil berücksichtigt, der vor dem Schließen des Einlassventils den Brennraum wieder verlassen kann. Bei manchen Motoren mit starker Ventilüberschneidung kann sich dadurch ein wesentlich höherer Wert ergeben; der sogenannte Fanggrad, der den Anteil der am Ende eingeschlossenen Luft angibt, kann deutlich unter 1 liegen. Häufig liegt der Liefergrad jedoch kaum unterhalb des Luftaufwands.

Siehe auch: Hubkolbenmotor, Saugmotor, Turboaufladung, Ventile beim Hubkolbenmotor

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