Methanisierung
Definition: die Erzeugung von Methan aus anderen Gasen
Englisch: methanation
Kategorien: Energieträger, erneuerbare Energie, Grundbegriffe
Autor: Dr. Rüdiger Paschotta
Wie man zitiert; zusätzliche Literatur vorschlagen
Ursprüngliche Erstellung: 16.02.2013; letzte Änderung: 20.08.2023
Aus wasserstoffhaltigen Gasen lässt sich mit Hilfe gewisser chemischer Reaktionen das brennbare Gas Methan (CH4) herstellen, welches dann z. B. als synthetisches Erdgas in das Erdgasnetz eingespeist werden kann. (Methan ist der Hauptbestandteil von Erdgas.) Dieser Prozess wird als Methanisierung bezeichnet. Wenn Wasserstoff aus erneuerbaren Energie verwendet wird, nennt man das erzeugte Gas auch EE-Gas (= Gas aus erneuerbaren Energien).
Methanisierung bei Power to Gas
Chemische Vorgänge im Reaktor
Im Rahmen des Konzepts Power to Gas erhält man zunächst durch Elektrolyse das Gas Wasserstoff (H2). Dieser kann ebenfalls in das Erdgasnetz eingespeist werden, aber nur in begrenzten Mengen, hauptsächlich weil Wasserstoff eine wesentlich geringere Energiedichte als Methan aufweist. Für Einspeisungen in größerem Umfang bietet sich deswegen die Methanisierung an. In diesem Fall wird Kohlendioxid (CO2), welches z. B. aus einem Kraftwerk mit Verbrennung fossiler Energieträger oder von Biomasse gewonnen wird, an einem (meist festen, oft Nickel-basiertem) Katalysator bei ca. 300 °C zu Methan und Wasserdampf umgesetzt:
$chem: CO2 + 4 H2 → CH4 + 2 H2O
Diese Reaktion ist exotherm, d. h. sie setzt Wärme frei. Vor allem dies (weniger der geringe Aufwand an Betriebsenergie) führt leider dazu, dass die im erzeugten Methan enthaltene Energie (der Brennwert) um ca. 14 % geringer ist als die des eingesetzten Wasserstoffs. Von daher liegt der maximale Wirkungsgrad der Methanisierung bei ca. 86 %; in der Praxis kann er noch etwas niedriger liegen, z. B. bei 80 %. Die Energiebilanz würde natürlich verbessert durch Nutzung der Abwärme.
Die Reaktionswärme muss gezielt abgeführt werden, weil eine zu stark ansteigende Temperatur die Umsetzung unvollständig machen würde; sie ist meist nicht mehr nutzbar. Umgekehrt bremst eine zu niedrige Temperatur aber die Reaktion.
Verschiedene Arten von Reaktoren wurden für diese Umsetzung entwickelt: Festbett-, Wirbelschicht- und Drei-Phasen-Reaktoren. Diese haben spezifische Vor- und Nachteile, die den Vergleich schwierig machen, und weisen alle wohl noch erhebliche Potenziale für technische Verbesserungen auf. Manche Ansätze sind aber schon nahe an der großtechnischen Einsetzbarkeit.
Kohlendioxid-Versorgung
Für die Durchführung des Prozesses wird konzentriertes Kohlendioxid (CO2) benötigt. Dieses kann beispielsweise aus Abgasen von Kraftwerken gewonnen werden, ebenfalls bei Stahl- und Zementwerken und in geringerem Ausmaß bei Anlagen, wo CO2 in biologischen Prozessen (durch Fermentation) entsteht, z. B. in Biogas- und Kläranlagen. Sollte die Methanisierung in einer fernen Zukunft breit eingesetzt werden, während gleichzeitig kaum noch fossil befeuerte Kraftwerke laufen, könnte die Versorgung mit CO2 problematisch werden. Ein Stück weit ließen sich Abgase aus Anlagen verwenden, die z. B. mit Biomasse befeuert werden. Soweit dies nicht ausreicht, müsste dann ggf. CO2 aus der Luft gewinnen, was jedoch wegen der dort geringen Konzentration mit einem zusätzlichen Energieaufwand und mit zusätzlichen Kosten verbunden wäre.
Es gibt Überlegungen, die Methanisierung mit einer Hochtemperatur-Elektrolyse zur Erzeugung des Wasserstoffs so zu koppeln, dass die Abwärme der Methanisierung für den Elektrolyseprozess genutzt werden kann. Die Methanisierung wäre also nicht mehr mit 14 % Energieverlust verbunden, wenn diese Wärme genutzt werden kann. Damit ließe sich der Gesamtwirkungsgrad (von Strom zu Methan) deutlich steigern – im Prinzip auf ca. 85 %.
Ein anderer Ansatz wäre die Direktmethanisierung; hier würde statt des reinen Kohlendioxids Roh-Biogas als Ausgangsstoff verwendet. Das hätte den Vorteil, dass nicht zunächst reines Kohlendioxid gewonnen werden muss; es entfiele der entsprechende apparative Aufwand und Energieverlust. Derzeit wird ein solches Verfahren im kleinen Maßstab getestet und optimiert.
Methanisierung mit Kohlenmonoxid
Auch mit Kohlenmonoxid (CO) ist die Methanisierung möglich:
$chem: CO + 3 H2 → CH4 + H2O
So lässt sich z. B. aus Synthesegas synthetisches Erdgas herstellen. Das Synthesegas lässt sich z. B. durch Kohlevergasung oder Biomassevergasung herstellen.
Die Methanisierung wird auch bei der Haber-Bosch-Synthese zur Gewinnung von Ammoniak angewandt. Hier wird zunächst Wasserstoff durch Dampfreformierung aus Erdgas gewonnen. Das erhaltene Gas enthält noch etwas Kohlenmonoxid, welches durch die Methanisierung entfernt wird. Damit wird vermieden, dass das Kohlenmonoxid den Katalysator schädigt, der für die Ammoniaksynthese benötigt wird. Hier geht es also im Kern nicht um die Gewinnung von Methan, sondern um die Entfernung von Kohlenmonoxid.
Die Methanisierung mit CO ist noch stärker exotherm als mit CO2; der Energieverlust ist also größer.
Biologische Methanisierung
Die Methanisierung kann auch mithilfe gewisser Mikroorganismen (Archaeen) durchgeführt werden; man spricht dann von einer biologischen Methanisierung als Alternative zur katalytischen Methanisierung. Die dafür notwendigen Bakterien können beispielsweise aus Fermenten von Biogasanlagen gewonnen werden. Die biologische Methanisierung eignet sich zusammen mit einer Elektrolyseanlage als Ergänzung für eine Biogasanlage, um dort in Zeiten mit Stromüberschüssen Wasserstoff und daraus dann zusätzliches Methan zu erzeugen.
Leider schaffen die Bakterien in der Regel keine vollständige Umwandlung der eingesetzten Gase, sodass die erzielte Methankonzentration für eine direkte Einspeisung als Bioerdgas in das Erdgasnetz nicht hoch genug ist; es wird deswegen eine zusätzliche Gasreinigung benötigt. Das Funktionieren des Verfahrens wurde jedoch zumindest in kleinen Anlagen bereits demonstriert. Zukünftig könnte damit der Beitrag von Biogasanlagen zur Stabilisierung der Stromnetze deutlich vergrößert werden; es könnte dann nicht nur Strom gezielt zu Zeiten hohen Bedarfs erzeugt werden, sondern solche Anlage könnten auch überschüssigen Strom verwerten, effektiv also als Speicher für elektrische Energie dienen.
Eine biologische Methanisierung ist nicht nur in industriellen Anlagen möglich, sondern auch in ausgedienten Gaslagerstätten, in die Wasserstoff zusammen mit Kohlendioxid eingeleitet wird. In diesem Fall verlaufen die Prozesse langsam, aber u. U. schnell genug, um beispielsweise im Sommer mit überschüssigem Strom Wasserstoff einzuspeisen und die Energie im Winter wieder in Form von Methan dem Reservoir zu entnehmen. Dem Nachteil des unvermeidbaren Energieverlusts von ca. 14 % steht der Vorteil gegenüber, dass ein Reservoir mit einem gegebenen Volumen so deutlich mehr Energie speichern kann – zusätzlich zu möglichen Vorteilen bei Transport und Anwendung.
Vorteile und Nachteile der Methanisierung
Die Methanisierung wird derzeit vor allem als eine Möglichkeit verstanden, um erzeugten grünen Wasserstoff in großen Mengen über das Erdgasnetz, also eine bereits vorhandene Infrastruktur, verwertbar zu machen. Hierbei sind jedoch einige Dinge zu beachten:
- Auch ohne Methanisierung können erhebliche Mengen von Wasserstoff einfach dem Erdgas beigemischt werden. Erst wenn riesigen Mengen von grünen Wasserstoff verfügbar sind, die zu guten Teilen nicht direkt nutzbar sind, entsteht auf diese Weise ein echter Zusatznutzen.
- Solange große Mengen von Wasserstoff durch Reformierung von Erdgas gewonnen werden (also den der Methanisierung entgegengesetzten Prozess), und zwar unter erheblichen Energieverlusten, ist es kaum sinnvoll, verstärkt eine Methanisierung zu betreiben.
- Auf absehbare Zeit liegt der Engpass nicht bei Möglichkeiten der Verwertung des Wasserstoffs, sondern viel mehr bei der Erzeugung zu tragbaren Kosten. Beispielsweise könnte die Stahlindustrie und die Chemieindustrie große Mengen von Wasserstoff sinnvoll einsetzen, aber es fehlt an Möglichkeiten, grünen Wasserstoff genügend kostengünstig herzustellen.
- Die Methanisierung erschwert bestimmte Nutzungsarten, etwa die Verwertung in Brennstoffzellen.
- Es besteht die Gefahr, dass die Möglichkeit der Herstellung von synthetischem Erdgas durch Methanisierung die notwendige Abkehr von der Nutzung von Erdgas behindert, indem es diese als weniger dringlich erscheinen lässt. Psychologisch treten solche Aspekte selbst dann auf, wenn nur ein verschwindend geringer Teil des benötigten Erdgases durch Methanisierung gewonnen werden kann.
Von daher sollte in der Technik der Methanisierung keine Schlüsseltechnologie für die Energiewende gesehen werden, sondern nur eine von vielen Optionen, und in vielen Fällen nicht die günstigste.
In manchen Texten werden Vorteile der Methanisierung dargestellt, die einer näheren Prüfung kaum standhalten:
- Es wird die Möglichkeit gepriesen, CO2 aus industriellen Prozessen zu binden. Dies ist aber nicht wirklich von Vorteil, wenn der so gebundene Kohlenstoff später bei der Verbrennung des Methans dezentral freigesetzt wird. Es besteht zudem die Gefahr, dass CO2-Erzeuger wegen des Bedarfs von Methanisierungsanlagen länger betrieben werden, die Dekarbonisierung also sogar verzögert wird.
- Der hohe Wirkungsgrad von bis zu 86 % wird Wirkungsgraden von anderen Prozessen gegenübergestellt, was aber oft wenig Sinn macht. Es sollten immer Gesamtwirkungsgrade für ganze Prozessketten miteinander verglichen werden, und hier schneiden Ansätze mit Methanisierung meist deutlich schlechter ab als solche, die Wasserstoff direkter nutzen.
Siehe auch: Methan, Wasserstoff, Power to Gas, synthetisches Erdgas, EE-Gas, Direktmethanisierung
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