Methanpyrolyse
Definition: die Zerlegung von Methan in Wasserstoff und Kohlenstoff
Allgemeinerer Begriff: Pyrolyse
Englisch: methane pyrolysis
Autor: Dr. Rüdiger Paschotta
Wie man zitiert; zusätzliche Literatur vorschlagen
Ursprüngliche Erstellung: 20.06.2020; letzte Änderung: 21.02.2021
Die Methanpyrolyse ist eine neu erwogene Methode zur Gewinnung von Wasserstoff aus Erdgas. Das Grundprinzip ist hierbei die Zerlegung von Methan (CH4, Hauptbestandteil von Erdgas) in elementaren Kohlenstoff (C) und Wasserstoffgas (H2). Von Interesse ist hier vor allem die relativ klimaschonende Erzeugung von Wasserstoff, der dann auch als “türkiser Wasserstoff” bezeichnet wird. Man spricht auch von einer Dekarbonisierung des Erdgases.
Die am ehesten genutzte Quelle von Methan ist Erdgas, aber im Prinzip kann genauso beispielsweise Biogas genutzt werden.
Technische Details
Die Zerlegung von Methan in Wasserstoff und Kohlenstoff ist eine endotherme Reaktion, d. h. sie benötigt die Zufuhr von Energie in Form von Hochtemperaturwärme. Technisch kann dies beispielsweise so geschehen, dass Methangas (bzw. gereinigtes Erdgas) in Form von Blasen von unten nach oben durch geschmolzenes Zinn geleitet wird, dem beispielsweise Elektrowärme zugeführt wird. Oben entweicht dann größtenteils Wasserstoff, und der Kohlenstoff wird in das Zinn abgegeben, von wo er am oberen Ende als eine Art Schlacke abgeschieden werden kann. Der Kohlenstoff wird in Form von relativ reinem Graphit gewonnen und kann für diverse industrielle Herstellungsverfahren genutzt werden – etwa für Stahl, Carbonfaserwerkstoffe oder Elektroden. Derzeit werden entsprechende Pilotanlagen untersucht und optimiert.
Eine ältere Methode ist das Kværner-Verfahren. Hier erfolgt die Zerlegung von Methan nicht in flüssigem Metall, sondern in einem elektrisch erzeugten Plasma. Damit verglichen könnten neuere Verfahren wie oben beschrieben vielleicht effizienter arbeiten. Ein anderer möglicher Vorteil wäre die Nutzung von Hochtemperaturwärme aus allen Quellen – beispielsweise konzentrierte Solarenergie – anstelle von elektrischer Energie. Unterschiede könnten sich auch ergeben bezüglich der nutzbaren Arten von Kohlenwasserstoffen. Ein abschließender Vergleich ist derzeit aber noch nicht möglich.
Klimaeffekte
Theoretisch kann die Herstellung von Wasserstoff durch Methanpyrolyse ohne jegliche klimaschädliche Emissionen erfolgen. Hierfür müssten die folgenden Bedingungen erfüllt werden:
- Das Methan müsste ohne solche Emissionen gewonnen werden. Leider ist das bei der Erdgasgewinnung jedoch schwer möglich. Vor allem neuere Methoden, z. B. mithilfe von Fracking, führen oft zu erheblichen Emissionen des besonders klimaschädlichen Methans, und diese werden zunehmend genutzt, wenn umweltfreundlicher nutzbare konventionelle Vorkommen erschöpft werden und die Nachfrage nach Erdgas groß bleibt.
- Emissionen von Methan bei der Pyrolyse selbst müssen vermieden werden. Dies sollte allerdings gut möglich sein.
- Die verwendete Energie (voraussichtlich elektrische Energie) muss klimaneutral gewonnen werden – was annähernd möglich ist beispielsweise durch Verwendung von Windenergie oder Sonnenenergie, oder alternativ mit Kernenergie. (Eventuell könnten zukünftig neue Hochtemperaturreaktoren Prozesswärme für solche Verfahren liefern.)
Das Problem liegt also vor allem bei der Erdgasgewinnung. Es würde auch nicht dadurch gelöst, dass man “sauber” förderbares Erdgas für diesen Zweck reserviert und dafür entsprechend mehr “dreckiges” Gas für andere Zwecke nutzt.
Immerhin könnte die Methanpyrolyse im Vergleich mit manchen anderen Arten der Wasserstoffherstellung – insbesondere Dampfreformierung (siehe unten) deutlich weniger klimaschädlich sein.
Vergleich mit anderen Verfahren
Dampfreformierung
Wasserstoff wird bereits in großen Mengen (z. B. für die Chemieindustrie) aus Erdgas hergestellt, bisher aber mithilfe der Dampfreformierung. Hierbei kann die Ausbeute an Wasserstoff in Bezug auf die genutzte Menge von Erdgas deutlich höher sein, wenn eine externe Wärmequelle (etwa elektrische Energie oder Wärme aus konzentrierter Solarenergie) genutzt wird; wenn dagegen ein Teil des Erdgases verbrannt wird, um die nötige Wärme zu erzeugen, kann die Ausbeute geringer ausfallen.
Ein wesentlicher Nachteil der Dampfreformierung ist jedoch, dass dabei Kohlendioxid (CO2) entsteht, welches üblicherweise in die Atmosphäre entlassen wird, weil es in großen Mengen schwer nutzbar ist. Vor allem dadurch ist diese Art der Wasserstoffgewinnung klimaschädlich.
Diesbezüglich ist die Methanpyrolyse günstiger: Der erhaltene Kohlenstoff kann leicht abgetrennt und ohne die Entstehung von Kohlendioxid genutzt werden. Natürlich darf der Kohlenstoff dafür nicht verbrannt (also energetisch genutzt) werden.
Elektrolyse
Wasserstoff kann auch aus elektrischer Energie durch Elektrolyse gewonnen werden. Man benötigt dann einerseits keine Zufuhr einer energiereichen Substanz wie Erdgas, sondern nur Wasser, andererseits aber rund viermal mehr elektrische Energie.
Die Methanpyrolyse hat gegenüber der Elektrolyse also den Vorteil, dass sich mit begrenzten Mengen erneuerbarer Energie viel mehr Wasserstoff gewinnen ließe.
Mögliche Rolle der Methanpyrolyse in Chemie und Energieversorgung
Besonders interessant würden Verfahren der Methanpyrolyse, wenn zukünftig eine Wasserstoffwirtschaft aufgebaut wird, also große Mengen von Wasserstoff benötigt werden. Hier würde eine immerhin deutlich klimaschonendere Art der Wasserstoffherstellung helfen, einen entscheidenden Vorteil der Wasserstoffwirtschaft – einen Beitrag zum Klimaschutz – zu realisieren. Selbst wenn die Methanpyrolyse wegen der Erdgasgewinnung nicht völlig klimaneutral wäre, könnte sie als relativ schnell realisierbare Übergangslösung den Einstieg in die Wasserstoffwirtschaft erleichtern.
Auch ohne eine ausgedehnte Wasserstoffwirtschaft gibt es vor allem in der Chemieindustrie bereits einen erheblichen Bedarf an Wasserstoff, der bislang weitgehend durch Dampfreformierung gedeckt wird. Hier könnte die Methanpyrolyse die klimaschädlichen Emissionen deutlich reduzieren.
Denkbar wäre auch ein Einsatz im Rahmen der Sektorkopplung, etwa der Einsatz von Windenergie und der Betrieb der Kværner-Anlagen vorzugsweise in Zeiten mit gutem Windstromangebot (bzw. generell in Zeiten mit Stromüberschüssen und entsprechend niedrigen Strompreisen).
Literatur
[1] | Presseinformation des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) über ein Projekt zur Entwicklung der Methanpyrolyse, https://www.kit.edu/kit/pi_2019_wasserstoff-aus-erdgas-ohne-co2-emissionen.php |
Siehe auch: Wasserstoff, Erdgas, Klimaschutz, Methanschlupf
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