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Methanschlupf

Definition: das Entweichen von Methan in die Atmosphäre, z. B. bei Biogasanlagen und Gasmotoren

Englisch: methane leakage

Kategorien: erneuerbare Energie, Ökologie und Umwelttechnik

Autor:

Wie man zitiert; zusätzliche Literatur vorschlagen

Ursprüngliche Erstellung: 15.04.2012; letzte Änderung: 02.01.2024

URL: https://www.energie-lexikon.info/methanschlupf.html

Bei Biogasanlagen können nennenswerte Mengen von Methan (dem Hauptbestandteil des Biogases) entweichen, und zwar nicht nur durch Leckagen, sondern durch den Methanschlupf gewisser Anlagenkomponenten. Dies gilt für Anlagen zur Reinigung des Rohbiogases wie auch für Gasmotoren, mit denen das Biogas verstromt wird. Das Problem besteht nicht nur in einem Verlust an nutzbarer Energie, sondern vor allem darin, dass Methan in der Atmosphäre eine sehr starke Treibhausgaswirkung hat: über 20 Jahre gerechnet ca. 84 mal so stark wie Kohlendioxid (pro kg). Erst im Verlauf von Jahren wird das Methan zu Kohlendioxid und Wasserdampf oxidiert. Deswegen müssen Methanemissionen im Sinne des Klimaschutzes so weit wie möglich minimiert werden.

Man beachte, dass klimaschädliche Methanverluste nicht nur in Gasmotoren auftreten, z. B. in Biogasanlagen auch bei nicht abgedichteten Gärrestlagern und bei der Gewinnung und dem Transport von Erdgas und Erdöl.

Herstellung von Biomethan

Biogas wird teilweise zu Bioerdgas (mit höherem Reinheitsgrad) aufbereitet, um als Biomethan in das Erdgasnetz eingespeist zu werden. Hierfür werden unterschiedliche Verfahren verwendet, insbesondere die Druckwasserwäsche, die Druckwechseladsorption, die Aminwäsche oder die Seloxolwäsche. Hierbei entweichen je nach Verfahren gewisse Anteile des Methans in die Abluft. Nur bei der Aminwäsche sind diese Mengen vernachlässigbar, während es bei der Seloxolwäsche sogar weit über 10 % sein können. Die Druckwasserwäsche und die Druckwechseladsorption liegen mit Werten zwischen 1 % und 8 % dazwischen. Bereits Werte von 1 % sollten jedoch nicht toleriert werden, da sie Klimabilanz der Biogasnutzung erheblich verschlechtern.

Gegebenenfalls sollte eine thermische oder katalytische Nachbehandlung der Abluft vorgenommen werden, um das Methanproblem zu lösen. Für größere Anlagen kommt eine Nachverbrennung in Frage, siehe unten. Eine relativ einfache Lösung ist es in manchen Fällen, die Abluft einer ohnehin in der Nähe laufenden Verbrennungsanlage zuzuführen.

Beispielsweise bei in Deutschland betriebene Biomethan-Anlagen sind die Methanemission durch die gesetzlichen Bestimmungen beschränkt. Deshalb sollte normalerweise kein erheblicher verschlechternder Effekt auf die Klimabilanz auftreten. Es bleibt zu hoffen, dass solche Effekte nicht bei Defekten oder Störungen von Anlagen in erheblichen Maße vorkommen.

Gasmotoren

Diverse Arten von Gasmotoren werden genutzt, um Biogas zur Stromerzeugung z. B. in Blockheizkraftwerken zu nutzen. Leider ist die Verbrennung im Motor nicht immer vollständig, so dass ein gewisser Methanschlupf auftreten kann; Methan entweicht dann mit dem Abgas. Die Stärke des Methanschlupfes hängt stark von der Art des Motors ab und ggf. der Abgasnachbehandlung ab, außerdem auch von der Gasqualität und den Betriebsbedingungen:

  • Ottomotoren können einen recht geringen Methanschlupf erreichen – weit unter 1 % und damit wenig problematisch, vor allem beim Betrieb mit Erdgas oder Bioerdgas. Probleme kann es aber z. B. durch eine für den Gasbetrieb ungünstige Ventilüberschneidung geben, beispielsweise bei manchen Dual-Fuel-Motoren.
  • Zündstrahlmotoren, die für Biogas häufig eingesetzt werden, können einen viel höheren Methanschlupf von z. B. 1 bis 2 % haben.
  • Im Teillastbetrieb und bei schlechter Gasqualität (geringem Methananteil, was zu schlechterer Verbrennung führt) kann der Methanschlupf stark ansteigen.
  • Im Prinzip kann auch ein Oxidationskatalysator Methan oxidieren, und damit weitgehend unschädlich machen kann. (Es verbleibt nur die viel schwächere Klimawirkung des Kohlendioxids.) Jedoch wurde verschiedentlich berichtet, dass eine nennenswerte Reduktion messtechnisch nicht bestätigt wurde (selbst bei guter Wirksamkeit gegen Kohlenmonoxid). Die Reduktionswirkung dürfte zumindest stark von diversen technischen Details abhängen, insbesondere vom Verbrennungsluftverhältnis des Motors.

Methanreduktion durch Abgasnachbehandlung

Die einzige bekannte sehr gut wirksame Maßnahme der Abgasnachbehandlung von Gasmotoren zwecks Methanreduktion ist die thermische Nachverbrennung (TNV). Hier werden Methan und andere unerwünschte Kohlenwasserstoffe bei Temperaturen von meist über 750 °C zu Kohlendioxid und Wasserdampf oxidiert. Auch eine starke Reduktion von Formaldehyd-Emissionen, wie sie bei Biogasanlagen oft auftreten, ist damit möglich.

Das Roh-Abgas wird hier z. B. mit Hilfe der Verbrennung von zusätzlichem Biogas stark erhitzt, was die Oxidation ermöglicht. Eine Wärmerückgewinnung z. B. mit einem Wärmeübertrager reduziert den dafür notwendigen Brennstoffbedarf z. B. auf rund 2 % des Verbrauchs der Gesamtanlage. Die gesamte Energieeffizienz der Anlage wird also durch die Nachverbrennung nur geringfügig reduziert.

Leider sind die Kosten für Nachverbrennungsanlagen bisher noch hoch, so dass ein Einsatz bei kleineren Biogasanlagen oft nicht in Frage kommt.

Siehe auch: Methan, Biogas, Biomethan, Klimaschutz, unverbrannte Kohlenwasserstoffe

Fragen und Kommentare von Lesern

04.09.2019

Vielen Dank für diese informative Seite!

Wie groß ist denn der Gasschlupf bei Power-to-Gas Anlagen (Elektrolyseuren)?

Ist es richtig, dass dieser hier maßgeblich in peripheren Anlagenteilen wie Speichern und Verdichtern stattfindet und bei der Elektrolyse vernachlässigbar ist? Und kleiner als bei den hier dargestellten Techniken?

Antwort vom Autor:

Bei der Elektrolyse entsteht ja nur Wasserstoff. Erst vom nächsten Schritt an – der Methanisierung – könnte Methan freigesetzt werden. Am ehesten kommen hierfür Lecks von Leitungen und Speichern infrage sowie bei Verbrauchern, etwa Gasmotoren.

15.11.2019

Wenn der Grundstoff / Biomasse normal in der Natur verrottet, wird ja komplett alles Methan in die Umwelt entlassen. Insofern ist der Schlupf ja absolut unerheblich.

Antwort vom Autor:

Nein, das trifft in der Regel nicht zu. Bei der biologischen Zersetzung wird Kohlenstoff aus Biomasse weitgehend zu Kohlendioxid, nicht etwa zu Methan, außer unter speziellen Bedingungen (Vergärung unter Sauerstoffmangel).

Über Methanschlupf reden wir ohnehin dort, wo wir methanreiche Gase wie Erdgas oder Biogas erzeugen oder in Maschinen verwerten. Selbstverständlich ist es wichtig, dass hierbei möglichst wenig Methanschlupf auftritt, und die alternative Möglichkeit einer biologischen Zersetzung ist hier nicht relevant.

28.07.2020

Auf welche Basis beziehen sich die erwähnten Methanschlüpfe – den Anteil der jährlichen Methanproduktion oder den Volumenanteil des Abgases, bei Verstromung in Motoren bzw. der Gasaufbereitung?

Antwort vom Autor:

Der Methan in Prozenten wird in aller Regel für eine bestimmte Maschine angegeben und bezieht sich dann auf die Menge des von ihr verbrauchten Gases.

01.08.2020

Ist es demnach nicht empfehlenswert, ein Erdgasauto zu kaufen und dieses mit Biogas zu betreiben?

Antwort vom Autor:

Leider ist auch bei Biogas ein gewisser Methanschlupf nicht ausgeschlossen. Ausführungen des Umweltbundesamts zeigen, dass die Situation auch in Deutschland noch nicht zufriedenstellend ist. Zumindest dürfte der Methanschlupf in den Autos (mit Ottomotor und Drei-Wege-Katalysator) normalerweise sehr gering sein – anders als bei Zündstrahlmotoren, wie sie für die Verstromung von Biogas oft verwendet werden.

Ich würde vermuten, dass das Problem des Methanschlupfs für Biogasanlagen und Erdgasfahrzeuge in Deutschland inzwischen zumindest zum großen Teil gelöst ist und zukünftig noch weiter reduziert wird. Allerdings ist der Beitrag eines Erdgasfahrzeugs zum Klimaschutz auch ohne jeden Methanschlupf nicht so groß.

03.05.2021

Das Thema Methan-Schlupf taucht vermehrt in kontroversen Debatten auf, wobei gern – und meist Quellen-frei – empörende Anteile von angeblichen 5 % bis zu 15 % zitiert werden und von überzeugten Biogas-Befürwortern ebenso vehement klein geredet, ohne dies mit Nachweisen zu belegen.

Belastbar klare Zahlen-Angaben mit wissenschaftlich soliden Belegen wären daher sehr hilfreich, die Debatte zu versachlichen, um die tatsächlichen Probleme zu benennen und politisch oder technisch anzugehen.

Beispiel: "Biogasanlagen: Sicherheitstechnische Aspekte und Umweltauswirkungen" (20 Seiten Studie; Umweltbundesamt 03.2019), https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/376/publikationen/2019_04_10_uba_hg_biogasanlagen_bf_300dpi.pdf#page=3. Zitat (Seite 8): "Denn ein nicht unerheblicher Anteil, durchschnittlich etwa 5 %, des in Biogasanlagen produzierten Methans entweicht unkontrolliert in die Atmosphäre 8." (Angaben basierend auf Erhebungen von 2011). Daraus ergibt sich ein vernichtendes Urteil, denn mit einem THG-Faktor >25 verursachen 5 % Methan-Verlust effektiv mehr CO2-Äquivalent, als die entsprechende Verbrennung von Erdgas an fossilem CO2 freisetzen würde!

Neben Leckagen in der Produktion sowie Methan-Schlupf durch unvollständige Verbrennung in BHKW-Gasmotoren, scheinen v.a. offene Gärrest-Lager über die Hälfte der Methan-Emissionen zu verursachen. Wo hermetisch abgeschlossene Gärrest-Lager nicht unverzüglich nachgerüstet werden können, sollte daher die Biogas-Produktion als zu Klima-schädlich aufgegeben werden, und zwar besser heute als morgen!

Dass die schon mindestens seit 2011 bekannten Mängel nicht angegangen wurden und die Forderungen nach einer notwendigen Biogasanlagen-Verordnung bis heute nicht erfüllt, ist ein weiteres Zeichen von eklatantem Versagen der GroKo-Regierung, wo Rücksicht auf Partikular-Interessen der Agrar- & Biogas-Wirtschaft offenbar durchgängig höhere Priorität genießt als der Schutz von Umwelt und Klima!

Antwort vom Autor:

Diese Sorgen teile ich durchaus. Leider ist die Datenlage wirklich schlecht, und auch einen Beleg für die im Zitat genannten 5 % Methanschlupf finde ich so nicht im zitierten Dokument. Zudem könnte ich mir vorstellen, dass wenigstens neuere Anlagen viel besser sind. Von daher fällt es mir schwer, die Lage einzuschätzen. Es wäre in der Tat fatal, wenn die Erzeugung von Biogas das Klima am Ende mehr belasten würde als die Verwendung von Erdgas, und das ist immerhin denkbar. In der Tat drängt sich häufig der Eindruck auf, dass die Interessen der Agrarlobby hier höheres Gewicht haben als der Klimaschutz.

19.09.2021

Danke für die fundierte und differenzierte Darstellung. Tatsächlich wurde der Methanschlupf an Biogasanlagen seit 2011 ziemlich gründlich bearbeitet: Reihenweise freiwillige Methan-Leckdetektion durch "Biogasschnüffler", angeregt durch den Fachverband Biogas oder Maschinenringe; Pflicht zur Abdeckung offener Gärrestlager im EEG, Grenzwerte für THC in der BImSchVO, verschärfte Vorschriften zu den Gaslagern in der TRAS 120 (für Biogasanlagen. Vergleichbares fehlt noch immer bei der reinen Güllebehandlung ohne Vergärung an großen Ställen.) Die vom UBA genannten Schätzungen dürften deutlich unterboten werden, und in der Summe werden die Methanemissionen der Landwirtschft durch die kontrollierte vergärung sicher eher gemindert. Aber das kann nicht zufireden stellen, solange hier immer noch Potenziale unbearbeitet bleiben, wie die thermische Nachverbrennung in den BHKW. Hauptaufgabe bleibt aber die Vergärung aller verfügbarer Gülle, Mist und Nutzung der gärfähigen Reststoffe zur Energiegewinnung.

Antwort vom Autor:

Vielen Dank für diese Anmerkungen!

16.11.2023

Sie schreiben: "Ich würde vermuten, dass das Problem des Methanschlupfs für Biogasanlagen und Erdgasfahrzeuge in Deutschland inzwischen zumindest zum großen Teil gelöst ist und zukünftig noch weiter reduziert wird. Allerdings ist der Beitrag eines Erdgasfahrzeugs zum Klimaschutz auch ohne jeden Methanschlupf nicht so groß."

Gehen Sie bei Ihrer Bemerkung jetzt von einem Erdgasfahrzeug oder BioCNG-Fahrzeug aus? Es gibt Studien die sagen, dass ein mit BioCNG aus Abfall- und Reststoffen betriebenes CNG-Fahrzeug der neuesten Generation in der Gesamtbetrachtung quasi genauso klimafreundlich ist wie ein mit Strom aus Windkraft fahrendes E-Auto.

Antwort vom Autor:

Es geht explizit um Erdgas. Aber auch für BioCNG gilt, dass ein etwaiger Klimavorteil durch einen geringen Methanschlupf sehr leicht ins Gegenteil verkehrt würde.

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