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Netzfrequenz

Definition: die Frequenz der Schwingungen der Spannungen in einem Wechselstromnetz

Englisch: grid frequency

Kategorien: elektrische Energie, Grundbegriffe

Autor:

Wie man zitiert; zusätzliche Literatur vorschlagen

Einheit: Hertz (Hz)

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Ursprüngliche Erstellung: 17.11.2012; letzte Änderung: 20.08.2023

URL: https://www.energie-lexikon.info/netzfrequenz.html

Die meisten Stromnetze, insbesondere die großen Verbundnetze, werden mit Wechselstrom (bzw. Drehstrom) betrieben. Dort oszilliert die elektrische Spannung ungefähr sinusförmig mit einer gewissen Frequenz. In Europa wird für das öffentliche Netz eine Netzfrequenz mit dem Nennwert von 50 Hz (Hertz) verwendet, d. h. die Spannung führt 50 Oszillationen pro Sekunde durch. (Pro Sekunde gibt es 50 positive und negative Halbwellen der Spannung.) In den USA dagegen werden 60 Hz verwendet.

Für Bahnstrom wird in Europa eine ca. dreimal niedrigere Frequenz von 16,7 Hz verwendet (früher 16 2/3 Hz, also genau ein Drittel von 50 Hz). Dies war früher für die Realisierung leistungsstarker Lokomotiven vorteilhaft, aber die Koppelung an das öffentliche Stromnetz erfordert dann aufwendige Umformeranlagen. Heute verbleibt dieser Nachteil, während der genannte Vorteil entfällt. Eine Umstellung auf 50 Hz wäre aber sehr aufwendig und wird deswegen zumindest nicht in naher Zukunft erfolgen.

Unterschiedliche Aspekte werden bei der Entscheidung für eine bestimmte Netzfrequenz berücksichtigt:

  • Hohe Netzfrequenzen verstärken Effekte im Zusammenhang mit Blindströmen. Außerdem haben sie eine Auswirkung auf Stromleitungen durch den Skineffekt.
  • Andererseits sind hohe Netzfrequenzen insofern günstiger, dass Transformatoren kompakter und kostengünstiger gebaut werden können.
  • Für Leistungsschalter sind höhere Frequenzen ebenfalls tendenziell günstiger.
  • Für große Elektromotoren älterer Art waren niedrige Netzfrequenzen vorteilhaft, weswegen bis heute Bahnstrom oft mit sehr niedrigen Frequenzen geliefert wird. Mit heutiger Technik (Leistungselektronik) entfiele diese Notwendigkeit; man verwendet heute ohnehin häufig diverse Arten von Umrichtern.
  • Manche Arten von Leuchtmitteln (z. B. Leuchtstoffröhren) verursachen eine Modulation des erzeugten Lichtstroms mit der doppelten Netzfrequenz. Dies ist allerdings nur bei sehr niedrigen Netzfrequenzen relevant im Sinne eines spürbaren Flimmerns.

Regelung der Netzfrequenz (Frequenzhaltung)

Die Netzfrequenz muss in engen Grenzen konstant gehalten werden. Hierzu müssen die Einflüsse variabler Lasten und Einspeisungen ggf. mit Hilfe von Regelenergie kompensiert werden. Die Details erklärt der Artikel über Frequenzregelung im Stromnetz.

Die Abweichungen der elektrischen Spannung von einer Sinusschwingung mit der Nennfrequenz können als ein zeitlich variabler Phasenfehler beschrieben werden oder auch im Sinne einer fluktuierenden instantanen Frequenz, zu unterscheiden von einer Fourier-Frequenz.

Andere Frequenzanteile im Netz

Wenn von Phasenfehlern abgesehen wird, führt die Netzspannung zur Hauptsache eine sinusförmige Schwingung mit der Netzfrequenz durch. Jedoch enthält sie auch diverse andere Frequenzkomponenten:

  • Oberwellen, d. h. Anteile mit ganzzahligen Vielfachen der Grundfrequenz, werden von verschiedenen Verbrauchern (z. B. mit Gleichrichtern, Umrichtern oder Phasenanschnittsteuerung) der entnommenen Stromstärke aufgeprägt, und als Folge davon erscheinen sie ein Stück weit auch in der Spannung.
  • Andere Frequenzanteile, z. T. mit wesentlichen niedrigeren oder viel höheren Frequenzen, entstehen durch diverse andere Umstände, z. B. durch den Taktbetrieb gewisser Verbraucher, Schaltnetzteile und Rundsteuertechnik oder andere Formen der Kommunikation über Stromleitungen (Power Line Communications).

Eine genaue Messung der Netzfrequenz erfordert, dass man Einflüsse dieser anderen Frequenzkomponenten auf die Messgenauigkeit mit geeigneten Mitteln (z. B. Filtern und Schwellwertschaltern) unterdrückt.

Ein Aspekt der Versorgungsqualität ist, dass die Abweichungen von einer rein sinusförmig schwingenden Netzspannung gewisse Grenzen nie oder nur sehr selten überschreiten.

Relevanz der Netzfrequenz für diverse Verbraucher

Manche elektrische Verbraucher werden durch die Netzfrequenz direkt beeinflusst, was beispielsweise bei Betrieb von Geräten in einem Land mit anderer Netzfrequenz relevant sein kann:

  • Elektromotoren, die als Synchronmotoren gebaut sind, laufen mit einer Drehzahl, die direkt an die Netzfrequenz gekoppelt ist. Wie die Relation zwischen Drehzahl und Netzfrequenz ist, wird durch ihre Polzahl bestimmt: Mehr Pole bewirken eine geringere Drehzahl. Ein z. B. für 50 Hz gebauter Synchronmotor würde bei Betrieb mit 60 Hz entsprechend schneller laufen, wofür er und die angetriebene Maschine u. U. nicht ausgelegt sind. Für Asynchronmotoren gilt Ähnliches, wobei hier ein gewisser Schlupf (eine Drehzahlabweichung) auftritt. Bei manchen anderen Elektromotoren dagegen spielt die Netzfrequenz keine wichtige Rolle.
  • Ein Transformator kann im Prinzip auch mit einer anderen Frequenz betrieben werden als mit der, für die er ausgelegt ist, ohne dass sich sein Übersetzungsverhältnis ändert. Wenn die Frequenz aber zu niedrig ist (bei gleicher Spannung), gerät sein Kern in die magnetische Sättigung, was zu einem starken Anstieg der elektrischen Stromstärke in der Primärspule und damit u. U. zur Zerstörung führt. Bei hohen Frequenzen dagegen nehmen Wirbelstromverluste zu.
  • Es gibt Uhren, die die Wechselspannung im Stromnetz als Taktgeber verwenden. Kurzzeitig können sie Gangabweichungen von einigen Sekunden zeigen, wenn z. B. die Netzfrequenz bei einem Engpass etwas absinkt. Langfristig arbeiten sie aber sehr genau, zumindest im europäischen Verbundsystem. Die Langfristgenauigkeit wird von swissgrid (in der Schweiz) geregelt.
  • Es gibt elektrische Rasierapparate, bei denen der Scherkopf durch einen Elektromagneten resonant zum Schwingen gebracht wird. In der Industrie dienen ähnliche (aber oft größere) Einrichtungen zum Vibrieren und Schütteln bei verschiedenen Prozessen. Solche Apparate würden bei einer stark abweichenden Netzfrequenz (z. B. in den USA bei 60 Hz statt 50 Hz) gar nicht funktionieren, weil die mechanische Resonanz nicht mehr getroffen würde.
  • Manche Beleuchtungsmittel erzeugen eine Lichtintensität, die einen oszillierenden Anteil hat, und zwar oft mit der doppelten Netzfrequenz. Dies gilt z. B. für Leuchtstofflampen mit konventionellem Vorschaltgerät, weil z. B. bei 50 Hz der Strom in der Röhre pro Sekunde 50 mal in die eine Richtung fließt, 50 mal in die andere, und dazwischen kurz unterbrochen ist. Diese Oszillation mit 100 Hz ist jedoch normalerweise nicht wahrnehmbar; ein sichtbares Flackern entsteht erst durch niederfrequentere Anteile, wie sie oft kurz vor dem Ende der Lebensdauer auftreten.
  • Die Glättungskondensatoren in einem Gleichrichter müssen umso größer dimensioniert werden, je niedriger die Netzfrequenz ist.

Für viele andere Verbraucher und Apparate ist die Netzfrequenz weitgehend belanglos. Die gilt z. B. für die meisten Schaltnetzteile (z. B. in Computern) ebenso wie für Glühlampen und Heizstrahler. Besonders schädlich sind dagegen selbst geringe Schwankungen der Netzfrequenz für netzsynchrone Uhren.

Literatur

[1]http://www.netzfrequenzmessung.de/: Anzeige der momentanen Netzfrequenz im europäischen Verbundnetz, mit diversen Zusatzinformationen
[2]Netzfrequenz bei swissgrid, wo die langfristige Netzzeitabweichung minimiert wird

Siehe auch: Frequenzregelung im Stromnetz, Wechselstrom, Drehstrom, Stromnetz, Verbundnetz, Regelenergie

Fragen und Kommentare von Lesern

28.07.2022

Ist der Bahnstrom also nicht synchron mit dem 50-Hz-Netz? Was ich meine, ist die Zeit zwischen dem Nulldurchgang des Bahnstroms und jedem dritten Nulldurchgang des 50-Hz-Netzes. Ich dachte, der Bahnstrom ist von den 50 Hz abgeleitet (weil es früher ja 16 2/3 Hz waren), dann wäre diese Zeit konstant. Aber bei 16,7 Hz kann das ja gar nicht der Fall sein, korrekt?

Antwort vom Autor:

In der Tat ist die genaue Synchronisierung so nicht möglich, und die 16,7 Hz wurden sogar genau deswegen so festgelegt, weil ein genau synchroner Lauf der beiden Netze aus bestimmten technischen Gründen ungünstig wäre. Das hat mit den als Umformern genutzten Asynchronmaschinen zu tun.

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