RP-Energie-Lexikon
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Nuklid

Definition: eine Art von Atomkern

Spezifischerer Begriff: Radionuklid

Englisch: nuclide

Kategorien: Kernenergie, physikalische Grundlagen

Autor:

Wie man zitiert; zusätzliche Literatur vorschlagen

Ursprüngliche Erstellung: 09.01.2022; letzte Änderung: 20.08.2023

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Jedes Atom enthält in der Mitte einen Atomkern. Dieser füllt nur einen winzigen Bruchteil des Volumens füllt, enthält jedoch den größten Teil der Masse des Atoms. Man kann ihn sich vorstellen als bestehend aus positiv elektrisch geladenen Protonen und elektrisch neutralen Neutronen. Eine bestimmte Art von Atomkern (Nuklid genannt) ist charakterisiert durch zwei Zahlen:

  • Die Zahl der enthaltenen Protonen (genannt Ordnungszahl <$Z$> oder Kernladungszahl) bestimmt die elektrische Ladung des Atomkerns, die für das chemische Verhalten des Atoms entscheidend ist. Zu jedem chemischen Element gehört eine bestimmte Ordnungszahl – z. B. 1 zu Wasserstoff, 2 zu Helium, 8 zu Sauerstoff, 26 zu Eisen und 92 zu Uran.
  • Die Zahl der Neutronen (genannt Neutronenzahl <$N$>) spielt für die elektrische Ladung keine Rolle deswegen auch kaum eine Rolle für das chemische Verhalten, beeinflusst aber die Atommasse und außerdem die kernphysikalischen Eigenschaften – beispielsweise die Radioaktivität sowie die Möglichkeit der Atomspaltung, spontan oder ausgelöst durch Beschuss mit Neutronen.

Ein bestimmtes Nuklid kann auch durch die Angabe des chemischen Elements und der Atommasse charakterisiert werden. Hierbei ist es üblich, die Atommasse (in atomaren Masseneinheiten) hochgestellt vor dem Elementsymbol zu schreiben. Beispielsweise bedeutet 238U ausgeschrieben Uran 238, d. h. die Version von Uran, bei der die Atommasse 238 ist. Die Atommasse ist die Summe der Protonen- und Neutronenzahl, sodass in unserem Beispiel die Neutronenzahl 238 − 92 = 146 sein muss. Bei einer ausführlicheren Schreibweise wird die Ordnungszahl zusätzlich unter der Atommasse angegeben, obwohl diese durch das Elementsymbol eigentlich schon festgelegt ist.

Insgesamt sind ca. 3300 Nuklide bekannt. Gelegentlich kommen noch weitere dazu; es handelt sich in der Regel um extrem kurzlebige, schwer herzustellende und nachzuweisende Nuklide.

Klassen von Nukliden

Verschiedene Nuklide mit gleicher Ordnungszahl (also einem bestimmten chemischen Element zugeordnet) bezeichnet man als Isotope. Von den meisten chemischen Elementen gibt es mehrere natürliche vorkommende Isotope, auch wenn eines oft in der Häufigkeit stark überwiegt. Den Begriff Isotope sollte man nur verwenden, wenn es um mehrere Nuklide gleicher Ordnungszahl geht; sonst sollte man von Nukliden sprechen.

Auch nach anderen (in der Praxis weniger wichtigen) Kriterien können verschiedene Nuklide zusammengefasst werden:

  • Solche mit gleicher Neutronenzahl heißen Isotone.
  • Nuklide mit gleichermaßen Zahl heißen Isobare.
  • Außerdem gibt es Spiegelkerne, das sind Nuklide, bei denen die Neutronen- und Protonenzahl vertauscht sind. Dies ist ein Spezialfall der Isobare.

Jedes Nuklid kann zudem verschiedene Anregungszustände haben; man spricht von Kernisomeren. Meist befinden sich Atomkerne in ihrem Grundzustand, aber beispielsweise bei radioaktiven Zufällen können auch angeregte Zustände höherer Energie auftreten, die teils mit einem hochgestellten Sternchen bei der Beschreibung des Nuklids gekennzeichnet werden können. Die Anregungsenergie ist gewöhnlich weitaus höher als Energiebeträge, die beispielsweise bei chemischen Prozessen pro Atom auftreten. Meist gelangen angeregte Atomkerne unter Aussendung von Gammastrahlung extrem schnell (innerhalb von weniger als einer Pikosekunde) in ihren Grundzustand. Bei manchen angeregten Zuständen kann dies allerdings weitaus länger dauern (manchmal sogar etliche Stunden); man spricht hier von metastabilen Zuständen.

Stabile Nuklide und Radionuklide

Manche Nuklide können sich spontan in andere Nuklide umwandeln unter Ausstoß von Teilchen:

  • Beim Alphazerfall wird ein Alphateilchen (4He, d. h. ein Heliumkern) ausgestoßen, wodurch sich die Protonen- und Neutronenzahl um jeweils zwei vermindert.
  • Beim Betazerfall wird ein Elektron oder ein Positron (Antielektron) sowie ein Neutrinos oder Antineutrinos ausgestoßen. Dabei ändert sich die Protonenzahl des Kerns um eins.

Solche Nuklide werden als Radionuklide bezeichnet, während andere als stabile Nuklide benannt werden. Bestimmte Radionuklide verwendet man in Radionuklidbatterien. Siehe den Artikel über Radionuklide für viele weitere Details.

Das Phänomen von spontanen Nuklidumwandlungen wird als Radioaktivität bezeichnet. Darüber hinaus können Nuklide häufig durch Bestrahlung in andere Nuklide umgewandelt werden; hier spricht man von Transmutation.

Stabile Nuklide haben meist eine Neutronenzahl, die ähnlich ist wie die Protonenzahl oder (vor allem bei schwereren Kernen) ein wenig höher. Das schwerste Stabile Nuklid ist Blei 208.

Natürliche und künstliche Nuklide

Praktisch alle Arten von stabilen Nukliden kommen auch natürlich vor, wenn auch teils in sehr geringen Mengen. Auch manche Radionuklide finden sich in der Natur, vor allem solche mit sehr großer Halbwertszeit, sodass selbst in den ca. 4,6 Milliarden Jahren, in denen die Erde besteht, noch einiges von den ursprünglich vorhandenen Nukliden erhalten geblieben ist. Es gibt aber auch kurzlebigere Radionuklide, die in der Natur ständig neu gebildet werden; beispielsweise wird in der oberen Atmosphäre der Erde ständig das radioaktive 14C (Kohlenstoff 14) durch Bestrahlung von Stickstoff (14N) mit hochenergetischen Neutronen der kosmischen Strahlung; es folgt die Abspaltung eines Protons. Die Halbwertszeit von 14C beträgt nur 5730 Jahre, weswegen das vorhandene 14C weitgehend das ist, welches in den letzten zehntausend Jahren gebildet wurde. Ein anderes Beispiel ist die Bildung von kurzlebigem 222Rd (Radon 222) in der Zerfallsreihe des viel längerlebigen Urans.

Nuklidkarten

Es gibt verschiedene Arten von Nuklidkarten, bei denen Nuklide zweidimensional angeordnet werden, beispielsweise basierend auf ihrer Neutronen- und Protonenzahl, oder Protonenzahl und Atommasse. Man kann dann jedes Nuklid farblich kennzeichnen, beispielsweise nach Zerfallstypen von Radionukliden (α, β^+, β, n etc.) oder Halbwertszeiten. Außerdem können diverse Informationen in Textform eingetragen werden.

Gewinnung von Nukliden

In manchen Fällen ist es von Interesse, eine gewisse Menge eines bestimmten Nuklids zu gewinnen – praktisch gesehen in der Regel Atome, die die entsprechende Art von Atomkern haben:

  • Für die Anwendung in Kernreaktoren benötigt man bestimmte spaltbare Nuklide, die praktisch immer Radionuklide sind, ebenso wie die bei der Kernspaltung entstehenden Spaltprodukte. Andere Isotope des gleichen chemischen Elements sind hier häufig entweder nutzlos oder sogar störend.
  • Für medizinische Bestrahlungen (Strahlentherapie) nutzt man die radioaktive Strahlung bestimmter Nuklide – beispielsweise 60Co (Cobalt 60) oder 137Cs (Cäsium 137).
  • Auch für bestimmte wissenschaftliche Untersuchungen braucht man bestimmte Arten von radioaktiven oder auch stabilen Nukliden.

Für die Gewinnung bestimmter Nuklide gibt es ganz unterschiedliche Techniken, die je nach Art des Nuklids und den benötigten Mengen geeignet sein können:

  • Nuklide, die in der Natur in wesentlichen Mengen vorkommen, gewinnt man in der Regel durch Isotopentrennung. Man geht also von einem Gemisch von Isotopen eines bestimmten chemischen Elements aus und "sortiert" die unterschiedlichen Isotope mit geeigneten Verfahren, oder reichert sie zumindest in genügendem Maße an. Technisch bedeutsam sind insbesondere verschiedene Verfahren der Urananreicherung.
  • Vor allem kurzlebige Radionuklide erzeugt man gezielt durch Bestrahlung anderer Nuklide. Beispielsweise erhält man Cobalt 60 durch Bestrahlung von Cobalt 59 mit Neutronen, z. B. in einem Kernreaktor. In manchen Fällen müssen die erzeugten gewünschten Nuklide noch von anderen getrennt werden.

Siehe auch: Isotope, Radionuklid, Radionuklidbatterie, Radioaktivität, Transmutation

Alles verstanden?

Frage: In welchen Fällen von Strahlungsemission ändert sich ein Nuklid?

(a) bei Alphazerfall

(b) bei Betazerfall

(c) bei Gammastrahlung

Siehe auch unser Energie-Quiz!

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