RP-Energie-Lexikon
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PEN-Leiter

Definition: ein Leiter, der die Funktionen von Neutralleiter und Schutzleiter hat

Alternativer Begriff: Nullleiter

Englisch: PEN conductor, protective earth neutral

Kategorie: elektrische Energie

Autor:

Wie man zitiert; zusätzliche Literatur vorschlagen

Ursprüngliche Erstellung: 20.08.2020; letzte Änderung: 20.08.2023

URL: https://www.energie-lexikon.info/pen_leiter.html

Ein PEN-Leiter ist ein Leiter, der in einem Stromversorgungssystem die Funktionen von Neutralleiter und Schutzleiter erfüllt, also eine Doppelfunktion. Dieser Ansatz hat den offensichtlichen Vorteil, dass ein Leiter weniger benötigt wird, als wenn man Neutralleiter und Schutzleiter getrennt ausführen würde; auf diese Weise lassen sich Kosten sparen. Allerdings ergeben sich auch erhebliche Nachteile, wie weiter unten erklärt wird.

Früher wurden PEN-Leiter gleichbedeutend als Nullleiter (oder Null-Leiter bezeichnet); diese Bezeichnung sollte nicht mehr verwendet werden.

Anders als reine Schutzleiter werden PEN-Leiter z. B. in Deutschland (bei Neuanlagen) nicht einfach gelb/grün isoliert, sondern zusätzlich mit blauer Markierung an den Leiterenden. Diese Markierung sagt also aus, dass ein Leiter zusätzlich als Neutralleiter dient. Allerdings ist auch die umgekehrte Kennzeichnung bei bestehenden Leitern erlaubt, also mit blauer Isolation über die gesamte Länge und grün/gelben Markierungen an den Enden.

TN-C-S-System
Abbildung 1: Ein TN-C-System im Niederspannungsnetz, beginnend mit einer Netzstation (Transformatorenstation). (Nur die Sekundärseite des Transformators ist gezeigt.) Man verwendet nur einen PEN-Leiter, der die Funktionen von PE und N vereint. Erst bei den Anschlüssen der Geräte erfolgt eine Aufspaltung in PE und N. Dieses System wird in Deutschland in Gebäuden aus Sicherheitsgründen kaum mehr verwendet, aber nach wie vor auf dem Weg von der Netzstation zu den Stromkunden.

Wegen seiner Schutzleiterfunktion darf ein PEN-Leiter grundsätzlich nicht geschaltet werden; diese Verbindung muss also auch beim Ausschalten eines Geräts stets erhalten bleiben, auch bei Auslösung eines Leitungsschutzschalters oder eines Fehlerstrom-Schutzschalters. Wenn von allpoligem Schalten die Rede ist, betrifft dies also nur die Phasen (Außenleiter), nicht aber den PEN-Leiter.

Sicherheitsproblematik von PEN-Leitern

Gefahren bei Unterbrechung eines PEN-Leiters

Erhebliche Gefahren können entstehen, wenn ein PEN-Leiter unterbrochen wird:

  • Einerseits verliert ein Drehstromsystem damit das festgelegte elektrische Potential (meist Erdpotential) des Sternpunkts – genauso wie bei der Unterbrechung des Neutralleiters in einem System mit getrennten Neutral- und Schutzleitern. Bei ungleicher Belastung der drei Phasen (Außenleiter) kann eine sogenannte Sternpunktverschiebung auftreten, und in der Folge kommt es zu Überspannungen zwischen mindestens einer Phase und dem Sternpunkt, die leicht zur Zerstörung angeschlossener Geräte führen.
  • Zusätzlich fehlt nun die Funktion des Schutzleiters. Bei einem Gerät mit metallischem Gehäuse, welches eigentlich mit dem Schutzleiter verbunden sein sollte, liegt nun das Potential des verschobenen Sternpunkts, welches erheblich vom Erdpotential abweichen kann. Auf diese Weise entsteht eine große Stromschlaggefahr für Personen, die dieses Gehäuse berühren und zusätzlich Kontakt mit dem Erdpotential haben.

Das zweite genannte Problem würde bei einem System mit getrennten Neutral- und Schutzleitern so nicht auftreten:

  • Wenn nur der Neutralleiter unterbrochen wäre, bestünde das erstgenannte Problem, aber das Gerätegehäuse bliebe sicher geerdet. Es würde also womöglich ein Gerät zerstört, aber keine Person elektrisiert.
  • Wenn nur der Schutzleiter unterbrochen wäre, bliebe die Funktion des Geräts erhalten, und das nun nicht mehr geerdete Gehäuse würde noch nicht unbedingt eine Gefahr darstellen, solange nicht ein zusätzlicher Defekt auftritt. (Ich würde hoffentlich bei einer Elektroprüfung entdeckt und behoben, bevor es zu einem Stromunfall kommt.)
  • Selbst wenn gleichzeitig Schutzleiter und Neutralleiter unterbrochen würden, nicht aber die Phasen, gäbe es am Gerät wenigstens keine elektrische Verbindung zwischen dem dann gefährlichen Neutralleiter und dem Gehäuse.

Beeinträchtigung der Funktion von Fehlerstrom-Schutzschaltern

Zu beachten ist außerdem, dass ein Fehlerstrom-Schutzschalter bei Verwendung eines PEN-Leiters nicht unbedingt richtig funktionieren kann. Er kann zwar nach wie vor einen Fehlerstrom bei Berührung einer Phase und Erde detektieren, aber nicht einen solchen durch Berührung einer Phase und eines mit dem PEN-Leiter verbundenen Gerätegehäuses. Dies liegt daran, dass der PEN-Leiter ja auch Neutralleiterfunktion hat, sein Strom also vom Fehlerstrom-Schutzschalter bei der Summenbildung mit berücksichtigt werden muss – sonst würde der Schalter bereits bei der kleinsten Schieflast auslösen. Einen unerwünschten Stromfluss über eine Person kann er in solchen Fällen nicht vom normalen Lastfall unterscheiden. Deswegen sind Fehlerstrom-Schutzschalter in Systemen mit PEN-Leiter oft auch gar nicht erlaubt.

Verwendung von PEN-Leitern

Die genannte Sicherheitsproblematik kann als beherrschbar gelten, wenn ein PEN-Leiter so ausgeführt und verlegt wird, dass eine Unterbrechung kaum möglich ist, oder wenn selbst seine Unterbrechung durch Zusatzmaßnahmen ungefährlich gemacht wird.

Es ist eine weit verbreitete Praxis, einen PEN-Leiter im Niederspannungsnetz zwischen einer Transformatorenstation und den Hausanschlüssen zu verwenden (TN-C-System). Wegen der erheblichen notwendigen Leiterquerschnitte wird hiermit eine Menge Material (vor allem Kupfer) eingespart.

TN-C-S-System
Abbildung 2: Das in Deutschland übliche TN-C-S-System. Bis zum Hauseintritt verwendet man einen PEN-Leiter, der dann aber sogleich in PE und N aufgespalten wird.

Innerhalb von Gebäuden geht man jedoch beispielsweise in Deutschland seit längerer Zeit fast immer so vor, dass man den PEN-Leiter bald nach dem Eintritt ins Gebäude aufspaltet in einen Schutzleiter (PE) und einen Neutralleiter (N) und außerdem über die Haupterdungsschiene mit der eigenen Erdungsanlage verbindet (siehe Abbildung 2). Nach dieser Verzweigung (PEN-Aufspaltung, meist im Hausanschlusskasten) dürfen diese beiden Leiter nirgends mehr elektrisch miteinander verbunden werden. Im Haus benötigt man dann fünfadrige Kabel (3 Phasen + Neutralleiter + Schutzleiter) für Drehstrom (z. B. für Drehstromsteckdosen) und dreiadrige Kabel (eine Phase + Neutralleiter + Schutzleiter) für Einphasen-Wechselstrom, etwa für normale Schutzkontakt-Haushaltssteckdosen. PEN-Kabel gibt es dort dann nirgends, außer das kurze Stück beim Hauseintritt.

Das beschriebene System – mit PEN-Leiter zwischen Transformatorenstation und Haus, aber getrennten PE- und N-Leitern im Haus – bezeichnet man als TN-C-S. Es bietet einen guten Kompromiss zwischen Materialeinsatz und Sicherheit. Bei einer (unwahrscheinlichen) Unterbrechung des PEN-Leiters auf dem Weg zum Haus bliebe dort immerhin noch die eigene Erdungsanlage, wenn auch nicht unbedingt mit einer besonders kleinen Erdungsimpedanz.

Wo doch noch PEN-Leiter in Gebäuden verwendet werden, ist zumindest ein relativ hoher Leiterquerschnitt von 10 mm2 Kupfer oder 16 mm2 Aluminium vorgeschrieben, um eine Unterbrechung unwahrscheinlicher zu machen. PEN-Leiter in Anschlussleitungen beweglicher Geräte und generell auch in neuen Hausinstallationen sind schon lange nicht mehr erlaubt.

Weitere Details erklärt der Artikel über TN-Systeme.

Elektromagnetische Verträglichkeit

PEN-Leiter gelten allgemein als ungünstig bezüglich der elektromagnetischen Verträglichkeit (EMV), jedenfalls wenn sie innerhalb von Gebäuden verlaufen.

Das Kernproblem ist, dass die wegen der Funktion als Neutralleiter fließenden Betriebsströme zu Spannungsabfällen entlang des PEN-Leiters führen. Damit ist das Schutzleiterpotential an unterschiedlichen Geräten nicht mehr genau dasselbe; dies wiederum hat ungünstige Folgen. Wenn diese Geräte nämlich zusätzlich z. B. durch Datenleitungen oder Antennenleitungen miteinander verbunden werden, fließen durch diese unter Umständen erhebliche Ströme; ein Teil des normalerweise für den PEN-Leiter vorgesehenen Stroms fließt nun also auf anderen Wegen. Besonders hohe Ströme können in Wasserleitungen auftreten, da diese einen recht niedrigen elektrischen Widerstand aufweisen. Solche "vagabundierenden" (im Einzelnen nicht leicht vorhersehbar verlaufende) Ströme stören vor allem wegen ihrer Magnetfelder, dessen Flussdichte mit zunehmendem Abstand nur relativ langsam abfällt – viel langsamer als etwa bei einem Transformator. Dies führt häufig z. B. zu Brumm-Effekten in Audioanlagen, die sich durch das Ein- oder Ausstecken einzelner Geräte ändern können.

Besonders unerwünscht sind PEN-Leiter aus solchen Gründen in Gebäuden, in denen die Verwendung informationstechnischer Betriebsmittel (Rundfunkempfänger, Computeranlagen etc.) besonders wichtig ist. In manchen Fällen wird sogar die ganze Elektrik eines alten Gebäudes aus solchen Gründen umgerüstet, obwohl dies einen erheblichen Aufwand bedeutet.

Siehe auch: Neutralleiter, Schutzleiter, TN-System, Fehlerstrom-Schutzschalter

Alles verstanden?

Frage: Welche Vorteile hat die Verwendung von PEN-Leitern?

(a) Einsparung von Kabelmaterial

(b) Reduktion von elektromagnetischen Störungen

(c) höhere Betriebszuverlässigkeit

Frage: Gibt es PEN-Leiter in Gebäuden in Deutschland?

(a) Nein, das ist grundsätzlich verboten.

(b) Ja, aber meist nur kurze Stränge.

(c) Es gibt auch lange PEN-Kabel, aber nur in einigen alten Häusern.

(d) Das kommt auf die installierten Geräte an.

Frage: Warum sind reine Neutralleiter viel unproblematischer in Hinblick auf die elektromagetische Verträglichkeit?

(a) weil sie normalerweise keine Betriebsströme führen

(b) weil die für sie vorgesehenen Ströme nicht teilweise durch andere Leiter fließen können

(c) weil sie unmittelbar parallel zu den Außenleitern verlegt werden

(d) weil sie elektrisch isoliert werden

(e) weil sie abgeschirmt werden

Siehe auch unser Energie-Quiz!

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