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Pressemitteilung vom 26.11.2012:

Elektroheizungen mit erneuerbarer Energie umweltfreundlich betreiben?

(Dies ist die ausführlichere Version einer über die Agenturen verbreiteten Meldung.)

In der öffentlichen Diskussion tauchen immer wieder Meldungen auf, nach denen Elektrospeicherheizungen (Nachtspeicherheizungen) unter den heutigen geänderten Bedingungen positiver zu bewerten seien, trotz ihrer bekanntlich schlechten Energieeffizienz:

Elektroheizungen für die Nutzung von überschüssigem Windstrom?

Richtig ist zwar, dass in Zukunft häufiger als bisher bei guten Windverhältnissen Stromüberschüsse aus Windenergie entstehen werden, die schwer verwertbar sind. Die Idee, diese in Elektrospeicherheizungen einzusetzen, mag auf den ersten Blick betrachtet vernünftig scheinen: Die Effizienz dieser Nutzung ist zwar gering, aber immerhin nicht schlechter als z. B. bei der Erzeugung von EE-Gas für die Speicherung im Gasnetz. Übersehen wird aber, dass die üblicherweise monovalent betriebenen Speicherheizungen auch dann Strom benötigen, wenn keine Überschüsse zur Verfügung stehen. Sie würden in der Praxis also nur zum geringsten Teil mit Überschüssen betrieben. Da ihr Strombedarf ausgerechnet in kalten Wochen am höchsten ist, wo am ehesten Engpässe bei Kraftwerken und Stromnetzen auftreten, erfordern sie das Vorhalten hoher Kraftwerks- und Netzkapazitäten. Gerade dies führt dann aber wieder zu Überschüssen zu anderen Zeiten.

Anders wäre es nur, wenn Elektrospeicherheizungen im Verbund mit anderen Wärmequellen (etwa Heizkesseln) betrieben würden, also bivalent. Dann könnten sie gezielt mit Überschüssen betrieben und sonst abgeschaltet werden. Diese Lösung dürfte jedoch teuer werden und wird von denen, die entsprechende Vorstöße machen (etwa für die Abkehr vom zukünftigen Verbot für Nachtspeicherheizungen), auch nicht konkret vorgeschlagen.

Dieselben Einwände würden übrigens auch für den Einsatz von Elektrowärmepumpen für diesen Zweck gelten – außer dass diese die elektrische Energie weitaus effizienter nutzen.

Welche Stromerzeugung ist für Elektroheizungen geeignet?

Photovoltaik sicher am wenigsten - sie produziert am meisten zu Zeiten mit geringem Heizwärmebedarf. Für Windenergie ist es kaum besser; zwar fällt sie bei uns etwas mehr im Winter an, aber nicht gezielt entsprechend dem Wärmebedarf. Auch Kernkraftwerke als typische Grundlastkraftwerke taugen hierfür kaum; sie müssen aus Gründen der Wirtschaftlichkeit ganzjährig mit hoher Auslastung betrieben werden. (Ihre Erzeugung im Winter auf dem Papier den Heizungen zuzuordnen, bedeutet nur, dass andere Kraftwerke diesen Teil übernehmen müssen.) Gut geeignet sind im Prinzip große Speicherkraftwerke, die auch als saisonale Speicher arbeiten können und nicht anderweitig benötigt werden; das haben aber die allermeisten Länder (einschließlich Deutschland) nicht in ausreichendem Umfang. Dann verbleiben einzig Kohle- und Gaskraftwerke, die gezielt entsprechend dem Heizwärmebedarf eingesetzt werden können.Dies jedoch führt zu einer ineffizienten Nutzung fossiler Brennstoffe, zu hohen klimaschädlichen CO2-Emissionen sowie zu hohen Bereitstellungskosten für Kraftwerke und Stromnetze.

Fazit: Eine umweltfreundliche und praktikable Methode der Stromerzeugung für Elektroheizungen gibt es für Deutschland nicht. Dies würde sich nur ändern, wenn große saisonale Speicher für den langfristigen Ausgleich von Erzeugung und Verbrauch zur Verfügung stünden. So etwas ist derzeit aber nicht in Sicht.

Wenn wir aber Ökostrom dafür verwenden?

Auf dem Papier kann man zwar die Erzeugung von Wasser-, Wind- und Solarkraftwerken einer Elektroheizung zuordnen. Das ändert aber nichts an den oben beschriebenen technischen Gegebenheiten. Selbst wenn “echter” Ökostrom verwendet wird, der tatsächlich aus zusätzlich gebauten Öko-Kraftwerken stammt, führt dies zu mehr Kohle- und Gasstrom im Winter und zu Ökostrom-Überschüssen im Sommer. Einzig der massive Ausbau von Hochspannungsleitungen von Norwegen nach Deutschland könnte dies vermeiden, aber seine Realisierung ist unsicher.

Wird die Stromheizung nicht besser durch den verbesserten Strommix?

Nach dem derzeitigen deutschen Strommix gerechnet, wären Elektroheizungen rund zweimal klimaschädlicher als Gasheizungen. Das wäre schon schlimm genug, ist aber auch noch wirklichkeitsfremd: Die zusätzlich für Elektroheizungen laufenden Kraftwerke (bzw. die bei ihrem Ersatz nicht mehr laufenden) entsprechen in ihrer Zusammensetzung keineswegs dem durchschnittlichen Strommix. Es geht hauptsächlich um Kohle- und Gaskraftwerke – und zwar häufig um alte, wenig effiziente, mit massiven CO2-Emissionen. Die CO2-Reduktion pro entfallener Kilowattstunde Heizstrom ist also sogar viel größer, als man nach dem Strommix erwarten würde. Die beschleunigte Ausmusterung von Elektroheizungen wäre also ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz.

Was haben Elektroheizungen mit dem Ausbau der Stromnetze zu tun?

Ein deutlicher Ausbau der europäischen Stromnetze ist im Rahmen der Energiewende notwendig. Der nötige Umfang dieser Ausbauten hängt aber auch von der Jahreshöchstlast bzw. den Verhältnissen in den kältesten Wochen ab. Je mehr Elektroheizungen (auch Nachtspeicherheizungen) betrieben werden, desto höher sind die nötigen Netzkapazitäten. Insbesondere wenn deutsche Elektroheizungen mit Strom aus Norwegen (dem einzigen Land mit stark weiter ausbaubaren Speicherkraftwerken) betrieben werden sollten, würde dies erhebliche zusätzliche Ausbauten von Höchstspannungsleitungen erfordern.

Völlig widersinnig ist, dass auf Heizstrom in Deutschland meist nur stark reduzierte Netznutzungsentgelte erhoben werden – obwohl ja gerade dieser die Netzkapazitäten sehr beansprucht. Es wäre eine Aufgabe der Politik, dies baldmöglichst zu ändern.

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Der Physiker Dr. Rüdiger Paschotta, Autor des RP-Energie-Lexikons, agiert in völliger Unabhängigkeit und präsentiert seine Analysen streng evidenzbasiert, ohne Rücksicht auf wirtschaftliche Partikularinteressen oder auch ideologische Positionen. Auch Standpunkte von Umweltorganisationen übernimmt er nur, wo sie sachlich gut fundiert sind. Nachfragen von Journalisten beantwortet er gerne.

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