Radionuklidbatterie
Akronym: RTG = radioisotope thermoelectric generator
Definition: ein Gerät, welches elektrische Energie aus Wärme gewinnt, die eine radioaktive Substanz abgibt
Alternative Begriffe: Radioisotopengenerator, Atombatterie
Englisch: radioisotope thermoelectric generator
Kategorien: elektrische Energie, Kernenergie
Autor: Dr. Rüdiger Paschotta
Wie man zitiert; zusätzliche Literatur vorschlagen
Ursprüngliche Erstellung: 18.11.2014; letzte Änderung: 20.08.2023
URL: https://www.energie-lexikon.info/radionuklidbatterie.html
Eine Radionuklidbatterie ist ein kompaktes Gerät, welches elektrische Energie mit einem thermoelektrischen Generator erzeugt, der wiederum von einer radioaktiven Substanz (einem Radionuklid) erzeugte Wärme nutzt. In der Regel erzeugen solche Geräte nur eine relativ kleine elektrische Leistung von z. B. einigen Dutzend oder wenigen hundert Watt, dies jedoch sehr zuverlässig für etliche Jahre. Die Anwendungen (siehe unten) liegen hauptsächlich in der Raumfahrt. Es handelt sich um eine Nutzung der Kernenergie im sehr kleinen Maßstab.
Andere (ungenauere) Bezeichnungen für Radionuklidbatterien sind Radioisotopengenerator, Atombatterie und Plutoniumbatterie (soweit sie Plutonium enthalten).
Beschaffenheit einer Radionuklidbatterie
Im Zentrum einer Radionuklidbatterie befindet sich eine gewisse Menge (meist einige Gramm bis zu einigen Kilogramm) eines künstlich hergestellten stark radioaktiven Nuklids, in welchem als Folge des radioaktiven Zerfalls Wärme erzeugt wird. Dieses Material ist mit einer geeigneten Hülle umgeben, die die radioaktive Strahlung zum größeren Teil abschirmt und auch ein Austreten des radioaktiven Materials verhindern sollte. Die Strahlung des Materials sollte natürlich gut abschirmbar (nicht zu stark durchdringend) sein, weswegen Gammastrahler kaum infrage kommen, am besten dagegen Alphastrahler und unter Umständen auch Betastrahler.
Ein geeignetes radioaktives Material hat eine Halbwertszeit, die für die geplante Anwendung lang genug ist (also mehrere Mal länger als die Einsatzzeit), andererseits aber nicht so lang sein sollte, da sonst für die benötigte Wärmeleistung eine entsprechend größere Menge von Material benötigt würde. Oft verwendete Materialien sind Transurane wie Plutonium 238 (in Form von keramischem Plutoniumdioxid, PuO2), Curium 244, Americium 241 und Polonium 210 – allesamt extrem gefährlich und äußerst teuer. Typische Spaltprodukte aus Kernreaktoren (z. B. Cäsium 137 oder Strontium 90) wären zwar viel billiger, aber wegen ihrer schwerer abschirmbaren Strahlung weniger geeignet.
Außerhalb der genannten Umhüllung befindet sich der thermoelektrische Generator, der auf seiner äußeren Seite gut wärmeleitend mit dem Gehäuse der Radionuklidbatterie verbunden ist. Die Oberfläche des Gehäuses muss zu allen Zeiten genügend Wärme abgeben können (z. B. über einen Radiator), damit das Gerät nicht überhitzt wird. Da der Wirkungsgrad thermoelektrischer Generatoren relativ gering ist (meist wenige Prozent), gibt das Gerät ein Vielfaches mehr an Wärme ab als an elektrischer Energie.
Zusätzliche Einrichtungen können nötig sein beispielsweise zum Ablassen des Heliumgases, welches als Zerfallsprodukt von Alphastrahlung entsteht, oder zum Schutz gegen äußere Einwirkungen beispielsweise beim Absturz eines Satelliten in die Atmosphäre der Erde.
Anwendungen von Radionuklidbatterien
Radionuklidbatterien werden fast nur in der Raumfahrt verwendet, und zwar zur Stromversorgung von Satelliten und Raumsonden. Sie ermöglichen eine zuverlässige Versorgung solcher Geräte mit elektrischer Energie selbst in sonnenfernen Gegenden, wo die Intensität der Sonneneinstrahlung zu gering ist für den effektiven Betrieb von Solarzellen. Das wohl bekannteste Beispiel hierfür waren die beiden Voyager-Sonden, die auf ihrer langen Reise für mehrere Jahrzehnte mit Strom versorgt werden mussten. Auch die Erde umrundende Satelliten, die besonders niedrig liegende Bahnen haben (vor allem Spionagesatelliten), nutzen oft Radionuklidbatterien, da große "Sonnensegel" mit Solarzellen auf solchen Bahnen einen zu großen Luftwiderstand aufweisen würden. In anderen Fällen, z. B. bei Missionen zum Jupiter oder Saturn, gibt es auch das Problem der Lebensdauer von Solarzellen unter dem Einfluss der starken Strahlung in den Strahlungsgürteln solcher Planeten.
Natürlich ist es ein großer Nachteil, dass Radionuklidbatterien je nach Leistung eine mehr oder weniger große Menge eines hochgefährlichen radioaktiven Materials enthalten. Dies führt zu entsprechenden Gefahren vor allem beim Start mit einer Rakete; bekanntlich kommt es relativ häufig vor, dass eine Rakete beim Start abstürzt. Hierbei kann eine Radionuklidbatterie zerstört werden, wobei gefährliches Material freigesetzt werden kann. Solche Unfälle sind auch in der Tat schon vorgekommen und haben zu einer weltweit messbaren radioaktiven Belastung der Atmosphäre geführt. Internationale Proteste gegen die Verwendung solcher Geräte haben dazu geführt, dass sie inzwischen weniger verwendet oder besser geschützt werden.
In den 1970er Jahren wurden einige hundert Herzschrittmacher von kleinen Radionuklidbatterien auf der Basis von Plutonium gespeist. Damals war es nämlich schwierig, Batterien mit einer ausreichend langen Lebensdauer herzustellen. Strahlung im Betrieb war kein nennenswertes Problem, jedoch mussten diese Geräte nach dem Einsatz unbedingt korrekt entsorgt werden, was nicht in allen Fällen gewährleistet werden konnte, insbesondere in der UdSSR. Immerhin beträgt die Halbwertszeit des verwendeten Plutonium 238 nur rund 87 Jahre, also weitaus weniger als die des bekannten Plutonium 239 (ca. 24 000 Jahre).
Ansonsten wurden in der UdSSR etliche relativ leistungsfähige Radionuklidbatterien für Anwendungen wie Leuchttürme in entlegenen Gegenden verwendet, wo kein Stromnetz existiert. Wegen der großen Menge stark strahlenden Materials, welches diese Geräte enthalten, entstehen große Gefahren, solange nicht strenge Sicherheitsanforderungen lückenlos erfüllt werden.
Modifizierte technische Ansätze
Es gibt auch Radionuklidheizelemente, die keinen thermoelektrischen Generator enthalten, also lediglich Wärme abgeben. Sie werden beispielsweise verwendet, um wichtige Komponenten von Raumsonden vor zu starker Abkühlung zu schützen.
Beim Konzept des Stirlinggenerators beheizt ein Radionuklidheizelement einen Stirlingmotor, der wiederum einen Generator antreibt. Dieses Funktionsprinzip ermöglicht einen wesentlich höheren Wirkungsgrad (oft über 20 %) und ist deswegen für höhere Leistungen geeignet. Allerdings sind hier bewegliche Teile im Einsatz, was zu einer weniger robusten und verlässlichen Funktion als eine Radionuklidbatterie führt. Bisher scheint dieser Ansatz noch keine Anwendung gefunden zu haben – wohl weil es schwierig ist, für Anwendungen in der Raumfahrt eine genügend hohe Zuverlässigkeit zu erreichen, während für terrestrische Anwendungen die Verwendung einer großen Menge hochradioaktiven Materials kaum infrage kommt.
Bei einem thermophotovoltaischen Generator verwendet man eine Art von Solarzelle, die mit Wärmestrahlung von einem sehr heißen Radionuklid gespeist wird. Damit sind ähnlich hohe Wirkungsgrade wie bei Stirlinggeneratoren möglich, ohne dass man bewegte Teile in Kauf nehmen müsste. Jedoch degradiert eine solche Solarzelle unter dem Einfluss der starken Strahlung sehr schnell.
Für noch größere Leistungen würde man einen Kernreaktor einsetzen, in dem eine nukleare Kettenreaktion ausgenutzt wird. Die Vorteile dieses Ansatzes sind, dass eine weitaus höhere Leistung und Leistungsdichte erzielbar sind und dass die Leistung dem Bedarf entsprechend geregelt werden kann. Allerdings sind Kernreaktoren wegen der Notwendigkeit, die sogenannte kritische Masse des radioaktiven Materials zu erreichen, relativ groß und schwer. Hauptsächlich deswegen sind Radionuklidbatterien für kleine elektrische Leistungen (z. B. einige Dutzend Watt) weitaus besser geeignet.
Siehe auch: Radionuklid, Radioaktivität, thermoelektrischer Generator, Kernenergie
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