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Klimaschutzeffekt des EEG

Erschienen am 16.03.2014 im RP-Energie-Blog (als E-Mail-Newsletter erhältlich!)

Permanente Adresse: https://www.energie-lexikon.info/rp-energie-blog_2014_03_16.html

Autor: Dr. Rüdiger Paschotta, RP-Energie-Lexikon, RP Photonics AG

Inhalt: Hier wird die Behauptung widerlegt, eine Klimaschutzwirkung könne das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) gar nicht haben, weil die CO2-Emissionen aus der Stromerzeugung ohnehin im Rahmen des europäischen Emissionshandelssystems (ETS) gedeckelt seien. Mehrere krasse Denkfehler im Zusammenhang mit gemachten Prämissen machen die Argumentation haltlos, obwohl sie formallogisch durchaus schlüssig ist.

Ref.: "Zur Klimaschutzwirkung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG)": Klimaschutzwirkung_des_EEG.pdf; "EEG und das Klima", Artikel bei Telepolis am 27.03.2014, http://www.heise.de/tp/artikel/41/41274/1.html; Lexikonartikel über Erneuerbare-Energien-Gesetz, Emissionshandel und Klimaschutz

Rüdiger Paschotta

Immer wieder geistert in der Diskussion um das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) die Behauptung herum, eine Klimaschutzwirkung könne das EEG gar nicht haben, weil die CO2-Emissionen aus der Stromerzeugung ohnehin im Rahmen des europäischen Emissionshandelssystems (ETS) gedeckelt seien. Die Behauptung wirkt zunächst logisch schlüssig, also durchaus überzeugend, und wird u. a. von diversen prominenten Ökonomen vertreten – beispielsweise von Prof. Hans-Werner Sinn (ifo-Institut), Prof. Daniel Zimmer (Vorsitzender der deutschen Monopolkommission) und jüngst von der "Expertenkommission Forschung und Innovation" (EFI) in ihrem Jahresgutachten 2014. Sie kommen damit zum Schluss, dass das EEG als Instrument für den Klimaschutz untauglich sei. Sie irren aber allesamt.

Eine genaue Analyse zeigt, dass die Argumentation im Rahmen eines sehr vereinfachten ökonomischen Modells zwar tatsächlich logisch korrekt ist, aber auf mehreren Prämissen beruht, die in der Praxis klar nicht erfüllt sind. Dadurch wird das ganze Modell nicht auf diese Welt anwendbar und die gemachte Schlussfolgerung, man könne das EEG ohne Schaden für den Klimaschutz einfach streichen, ist objektiv unzutreffend. Die Argumente in Kürze:

  • Einer der gemachten Denkfehler ist das Übersehen des banalen Umstands, dass der Emissionshandel nur funktionieren kann, wenn ausreichend tiefe Emissionsobergrenzen politisch durchsetzbar sind. Beim europäischen Emissionshandelssystem (ETS) ist dies leider bisher nicht der Fall, weswegen dieses System noch kaum eine Wirkung entwickeln konnte. Die Emissionsobergrenzen (Caps) fallen nämlich nicht etwa vom Himmel, sondern müssen politisch ausgehandelt werden, und da klemmt es enorm, weil gewisse Lobbies sehr stark sind.
  • Ein weiterer Denkfehler ist, dass ein Vorgehen rein auf der Basis des ETS (ohne das EEG) die Kosten für den Klimaschutz minimieren würde, weil man damit konsequent die "am niedrigsten hängenden Früchte" pflücken würde. Übersehen wird dabei, dass die niedrig hängenden Früchte für den Klimaschutz längst nicht ausreichend sind. Es geht nicht ohne die Entwicklung von klimaschonenden Energietechnologien, die bezahlbar sind. Technologieentwicklung wird jedoch gerade nicht befördert durch einen freien Markt, der sich bekanntlich vorwiegend nach kurzfristigen ökonomischen Verhältnissen richtet – schon weil langfristige Prognosen über die Marktentwicklung gar nicht möglich sind. Der daraus resultierende Mangel an Investitionssicherheit ist ein großes Problem für die Marktteilnehmer, welches sowohl die Effektivität als auch die Effizienz des Emissionshandels als Instrument für den Klimaschutz bedroht.
  • Komplett übersehen wird zudem mit dieser Sichtweise, dass das EEG gerade auch außerhalb der EU, etwa in den USA und China, enorme Klimaschutzeffekte hat. Nur durch das EEG ist nämlich eine vorher nicht für möglich gehaltene Preisentwicklung bei der Photovoltaik eingetreten, die diese Technologie nun zunehmend weltweit nutzbar macht. Es ist frappierend, dass namhafte Experten ausgerechnet den wohl größten Klimaschutzeffekt des EEG komplett ignorieren – während sie (zumindest Hans-Werner Sinn) ja externe Effekte, die gegen einen Klimaschutzeffekt sprechen, keineswegs übersehen (Stichwort "grünes Paradoxon").

Ich habe die Sachlage ausführlich diskutiert in einem Dokument, welches Sie von unserer Website herunterladen können: "Zur Klimaschutzwirkung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG)": Klimaschutzwirkung_des_EEG.pdf

Wohlgemerkt behaupte ich keineswegs, dass das EEG nicht weiter optimiert und ständig der sich verändernden Wirklichkeit angepasst werden müsse, oder dass Emissionshandel (Cap & Trade) prinzipiell untauglich sei. Vielmehr muss das ETS unbedingt zum Funktionieren gebracht werden, und ein weltweites Emissionshandelssystem ist anzustreben. Jedoch sind Einspeisevergütungen wie nach dem EEG keinesfalls unnötig, gerade auch im Sinne der ökonomischen Effizienz der alternativlosen Energiewende. Von einigen realitätsfernen Ökonomen, die offenbar lieber mit allzu abstrakten Modellen spielen, als sich ernsthaft mit der Realität zu befassen, sollten wir uns das nicht ausreden lassen.

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