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Elektroheizungen als Energiespeicher für die Energiewende?

Erschienen am 19.05.2015 im RP-Energie-Blog (als E-Mail-Newsletter erhältlich!)

Permanente Adresse: https://www.energie-lexikon.info/rp-energie-blog_2015_05_19.html

Autor: Dr. Rüdiger Paschotta, RP-Energie-Lexikon, RP Photonics AG

Inhalt: Der Artikel analysiert die gelegentlich vorgetragene Meinung, Elektrospeicherheizungen könnten im Rahmen der Energiewende energiewirtschaftlich nützlich, für ihre Betreiber wirtschaftlich interessanter oder ökologisch weniger schädlich werden. Es stellt sich heraus, dass nichts davon stimmt.

Rüdiger Paschotta

Seit langem ist bekannt, dass Elektroheizungen – auch in der Form von Elektrospeicherheizungen – energetisch sehr ineffizient sind. (Warum genau das so ist, erklärt ein Lexikon-Artikel.) Weitaus effizienter ist beispielsweise die Benutzung einer Elektrowärmepumpe, die mit dem Strom ein Vielfaches an Heizwärme erzeugen kann.

Nun wurde in der letzten Zeit mit manchen in der Presse herumgeisternden Meldungen der Eindruck erweckt, die Elektrospeicherheizungen würden im Rahmen der Energiewende plötzlich doch eine sinnvolle Rolle spielen können, und deswegen sei es womöglich gar nicht mehr anzustreben, diese möglichst schnell durch effizientere Heizungssysteme zu ersetzen. Dahinter steckt der an sich nicht falsche Gedanke, dass man nicht anders verwertbare Stromüberschüsse, wie sie durch den zunehmenden Ausbau der Windenergie und Photovoltaik immer häufiger werden, in solchen Heizungen doch immerhin einigermaßen nutzbringend verwerten könnte (→ Power to Heat). Unter Umständen können damit Stromnetze sogar entlastet werden, weil erzeugter Strom nicht mehr zu weiter entfernten Verbrauchern transportiert werden muss.

Bei genauerer Betrachtung stellt sich die Sachlage freilich deutlich anders dar:

  • Soweit tatsächlich nicht anders nutzbare Überschüsse auftreten, ist es tatsächlich sinnvoll, diese wenigstens zur Wärmeerzeugung zu nutzen – auch wenn dabei der größte Teil der Exergie (also der "Qualität" der Energie) verloren geht. Es stellt sich aber die Frage, ob Elektrospeicherheizungen in kleinen Häusern hierfür die richtige Methode sind. Aus mehreren Gründen dürfte es meist sinnvoller sein, diese Wärmeerzeugung in großen sogenannten Elektrodenkesseln vorzunehmen, welche zeitweise die Wärmeerzeugung aus fossilen Energieträgern ersetzen (ggf. auch von Blockheizkraftwerken); betrieben werden sie z. B. von Stadtwerken und Fernwärmenetzbetreibern. Allenfalls ergänzend nutzt man Elektrospeicherheizungen mit der bereits vorhandenen Rundsteuertechnik – wohlgemerkt, ohne dass die Verbraucher jedoch einen finanziellen Vorteil erhalten.
  • Besitzer von Elektrospeicherheizungen können deswegen realistischerweise kaum darauf hoffen, durch Power to Heat finanzielle Vorteile zu erhalten, um ihre enormen Heizkosten wenigstens ein Stück weit auszugleichen.
  • Völlig verfehlt wäre zudem die Idee, die Erhaltung solcher Heizungen oder gar noch ein Zubau wäre irgendwie nutzbringend. Gerade Elektroheizungen verursachen nämlich maßgeblich das Problem, dass der Strombedarf im Winter deutlich höher ist und für begrenzte Zeit dann sehr hohe Erzeugungs- und Stromnetzkapazitäten benötigt werden. Wenn die Kraftwerkskapazitäten hierfür dann erhöht werden, tritt das genannte Problem zeitweiliger Stromüberschüsse erst recht auf!

Man kann das folgende Fazit ziehen:

  • Nichts gegen Power to Heat, solange es darum geht, Stromüberschüsse im Umfang von z. B. wenigen Prozent der Gesamterzeugung zu nutzen. Dafür taugen aber Elektrodenkessel besser als Elektrospeicherheizungen, und die Verbraucher sparen dabei ohnehin nichts.
  • Selbst wenn eine Elektroheizung gelegentlich mal mit Stromüberschüssen aus Windkraft betrieben werden kann, wird sie dadurch noch lange nicht effizient und umweltfreundlich, denn meist muss für sie ja eigens Strom aufwendig hergestellt werden – häufig übrigens besonders klimaschädlich mit Kohlekraftwerken. Es ändert sich also auch praktisch nichts daran, dass mit Elektroheizungen versorgte Verbraucher mit ihren hohen Heizkosten die Beschleunigung des Klimawandels mitfinanzieren.
  • Somit wird klar, dass Elektroheizungen gerade auch durch die Energiewende keineswegs plötzlich energiewirtschaftlich nützlicher, für ihre Betreiber attraktiver oder ökologisch weniger schädlich werden.

Fragen und Kommentare von Lesern

05.08.2018

Ich möchte dem Autor widersprechen. Im Beitrag wird wieder ein bisschen schwarz-weiß gedacht.

Stellen Sie sich beim Verbraucher eine Nachtspeicherheizung NSH in einigen ausgesuchten Räumen vor; idealerweise ist die NSH schon vorhanden. Weiter ist im Haus eine energiesparende Niedertemperatur-Gasheizung installiert, die die die Grundheizlast des Hauses abdeckt. Der Energieanbieter liefert für die Nachtspeicherheizung, ohne Liefergarantie, billigen Solarstrom. Oder eben überschüssigen Windstrom, die Windräder werden ja bei Überproduktion teils sowieso abgeschaltet, und der Windradbetreiber erhält Vergütung für die Abschaltung, ein praktizierter Unfug.

Bei Wärmebedarf im Haus wird dann vorrangig die Nachtspeicherheizung geschaltet also genutzt; erst wenn deren "Vorrat" erschöpft ist, geht die Gasheizung in Betrieb.

Genauso lässt sich das Prinzip auf eine Warmwassererzeugung übertragen, eine Heizpatrone kostet fast nichts; genauso gut könnte eine Elektrodirektheizung betrieben werden. Auch diese kostet genauso fast nichts.

Alles unter der Betrachtung, dass es keine Energieliefergarantie gibt. Solange der Strom aus der Ökoquelle nicht gespeichert werden kann, Batterietechnik ist doch noch zu teuer und unausgereift, sehe ich hier doch eine vernünftige Variante. Muss nur der Stromanbieter mitspielen.

Und vorläufig sehe ich noch keine Stromspeichertechnik kommen, so das sich eine Investition zuhause lohnt.

Antwort vom Autor:

Im Prinzip ließe sich auf die von Ihnen beschriebene Weise tatsächlich überschüssiger Solar- oder Windstrom verwerten. Das geht aber eben nur, wenn die Elektroheizung nur diesem Zweck dient und eine andere Heizungsanlage den Grundbedarf deckt – bei heutigen Verhältnissen den größten Teil des Wärmebedarfs, da schlecht anders verwertbare Überschüsse eher selten auftreten.

Sie haben einfach mal angenommen, dass Sie einen Energieanbieter finden, der Ihnen solchen überschüssigen Strom liefert. Es dürfte aber schwierig werden, einen solchen zu finden. Es müsste dann nämlich ein separater Zähler für diesen Heizstrom eingerichtet werden und ebenfalls eine geeignete Steuerung (vermutlich mit Rundsteuerstechnik). All dies technisch und administrativ einzurichten, dürfte einiges kosten – selbst wenn man für die Elektroheizung, die man sonst verschrottet hätte, keine Kosten ansetzt.

Viel billiger wäre es, überschüssigen Strom in zentralen Einrichtungen zu verwerten, und das geschieht teils auch schon. Beispielsweise kann ein Elektrodenkessel ggf. Wärme in ein Fernwärmenetz liefern. Der auf die Leistung bezogene technische und administrative Aufwand ist dann weitaus geringer, als wenn man dafür in die Privathaushalte ginge.

Auf jeden Fall sollte aber niemand glauben, seine Elektroheizung (die seinen gesamten Wärmebedarf deckt, also hauptsächlich nicht mit überschüssigen Strom) könne als eine sinnvolle Sache im Rahmen der Energiewende betrachtet werden.

11.10.2018

Eine Heizpatrone im Heizungskreislauf oder die Ladung eines E-Autos mittels einem zweiten Rundsteuersignals zu ca. 0,05 € würde die Überkapazitäten noch zu Geld machen und die Netze Lokal entlasten.

Antwort vom Autor:

Wie schon oben gesagt, könnte man damit durchaus gewisse Überschüsse sinnvoll verwerten, aber eben nicht einen nennenswerten Teil der Heizenergie erzeugen.

25.04.2023

Natürlich gibt es bereits heute Anwendungen für Besitzer solcher Speicherheizungen. Energieversorger sperren den Bezug nur noch in der Zeit von 16 - 23 Uhr und die restliche zeit ist für solche Anwendungen frei gegeben. Nun haben die neuen Energiespeicherheizungen jede einzelne eine direkte Anbindung an einen Server welcher diese Heizungen mit Wetterdaten versorgt und auch mit entsprechenden Heiztarifen. Über diesen Server können diese Heizungen nun aktiv sekundengenau Ein/Aus geschaltet werden. Und mit den nun angekündigten Smartmetern wird es dann richtig spannend. Am aktuellen heutigen Beispiel wird meine Heizung aktiv gesteuert, indem ich den aktuellen Bezugspreis von 11 - 14 Uhr von nur 16,2 ct/kwh nutze, um meine Wärme für die kommenden Stunden zu erzeugen und zu speichern.

Antwort vom Autor:

Wegen einer begrenzten Anschlussleistung brauchen Sie jeden Tag etliche Stunden, um den Speicher zu laden. Das beschränkt die Flexibilität. Das Problem in den kritischen Winterwochen mit Dunkelflaute ist, dass man überhaupt keine Tageszeit mehr wirklich Energie übrig hätte für so etwas. Erst wenn Sie die Wärme ein paar Wochen lang speichern könnten, sähe es wieder deutlich besser aus.

25.04.2023

Werter Autor, dies wird doch auch schon angewendet. Sowohl von Stadtwerken selbst als auch von gewerblichen Wärmeversorgern. Diese verdienen ja damit genau ihr Geld, wenn diese überschüssige Energie in Form von Wärme speichern. Diese Anbieter bauen solche modernen Energiespeicherheizungen sogar kostenlos für Eigentümer ein. Und das in großen Mengen. Solche Anbieter wissen doch genau, was sie tun. Und was noch dazu kommt, ist doch dass durch die moderne Steuerung dieser Heizungen es zu einer Energieersparnis von bis zu 30 % kommt.

Antwort vom Autor:

Sicherlich wissen die meisten EVU, was sie tun. Dass ihr Tun (wie von manchen behauptet) die Energiewende unterstützt, folgt daraus nicht.

Es mag gewerbliche Abnehmer geben, die zeitweilig (aber nicht jede Woche) anfallende Stromüberschüsse verwerten können, und das dürfte oft sinnvoll sein. Wenn aber den Leuten weisgemacht wird, Elektroheizungen seien tendeziell nützlich für die Energiewende, ist das Irreführung.

Übrigens kann ich mir kaum vorstellen, dass allein durch intelligente Steuerung 30 % gespart werden sollen. Da müsste man zumindest mit einem miserablen Ausgangspunkt starten.

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