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Solarstromspeicher – inzwischen wirtschaftlich?

Erschienen am 13.03.2018 im RP-Energie-Blog (als E-Mail-Newsletter erhältlich!)

Permanente Adresse: https://www.energie-lexikon.info/rp-energie-blog_2018_03_13.html

Autor: Dr. Rüdiger Paschotta, RP-Energie-Lexikon, RP Photonics AG

Inhalt: Solarstromspeicher sind in den letzten Jahren erheblich billiger geworden, und gleichzeitig stiegen die Erträge infolge geänderter Strombezugskosten und Einspeisevergütungen. Trotzdem kommt eine überschlägige Analyse zum Resultat, dass ein wirtschaftlicher Betrieb immer noch in weiter Ferne liegt.

Rüdiger Paschotta

In der Vergangenheit habe ich gelegentlich über die Unwirtschaftlichkeit von Solarstromspeichern publiziert – zuletzt in einer Kritik an der Solarstromspeicher Studie der HT wie Berlin im Sommer 2015 und zuvor zur staatlichen Förderung in 2013. Nachdem einerseits die Preise dieser Speicher in den letzten Jahren massiv gefallen sind und andererseits die Einspeisevergütung für neue Photovoltaikanlagen stark gesunden ist, ist es an der Zeit zu prüfen, ob die Wirtschaftlichkeit dieses Ansatzes inzwischen anders zu beurteilen ist. Dies wird ja vielfach behauptet.

Betreffend die Kosten der Speicher verlasse ich mich auf im Mai 2017 publizierte Berechnungen des Solar Clusters Baden-Württemberg; man sei im ersten Quartal 2017 mit manchen Geräten bereits auf 1150 €/kWh gekommen. (Ich hoffe mal, dass damit die wirklich nutzbare Kapazität gemeint ist; häufig wird die Elektronik zwecks Schonung der Batterie so eingestellt, dass nur ein gewisser Teil der Kapazität in der Praxis genutzt wird.) Zusätzlich wird vom Solar Cluster angegeben, ab einem Preis von ca. 1000 €/kWh würden die Geräte in Kombination mit der derzeitigen staatlichen Förderung wirtschaftlich – ab ca. 800 €/kWh sogar ohne diese Förderung. Wenn man Letzteres glaubt, wären wir tatsächlich fast schon da.

Betrachten wir für eine Kontrolle dieser Zahlen nun einmal die erwarteten Erträge und Kosten für den Betreiber – alle pro Kilowattstunde Speicherkapazität (also nicht für das Speichersystem insgesamt):

  • Pro Kilowattstunde, die an einem sonnigen Tag gespeichert wird und später dem Eigenverbrauch dient, spart der Betreiber beispielsweise 30 ct abzüglich der entgangenen Einspeisevergütung von z. B. 8 ct (Stand 2017), also effektiv 22 ct. Hier ist aber noch nicht berücksichtigt, dass aufgrund des begrenzten Wirkungsgrads des Speichers noch mindestens 10 % der eingespeicherten Solarenergie verloren gehen. Man muss also für eine nutzbare Kilowattstunde auf die Einspeisevergütung für ca. 1,1 kWh verzichten, womit sich der Ertrag auf ca. 21 ct reduziert. Hierbei haben wir die Verwendung eines der besten (aber dann wohl nicht billigsten) Speichersysteme vorausgesetzt.
  • Überschlagsweise kann man mit 200 kompletten Lade- und Entladezyklen pro Kalenderjahr rechnen. Somit ergibt sich der jährliche Ertrag pro kWh Speicherkapazität zu 200 · 21 ct = 42 €.
  • Davon abzuziehen wäre noch die Energieverluste, die im Speichergerät zusätzlich zu den pro umgesetzter kWh entstandenen Verlusten anfallen (z. B. als Standby-Verbrauch für Erhaltungsladung und Betrieb der Elektronik). Wenn das beispielsweise 10 W pro kWh Kapazität sind, kommen pro Jahr 87,6 kWh zusammen, die zum größeren Teil aus dem Netz geholt werden und zum kleineren von der PV-Erzeugung abgehen. Rechnen wir hier grob geschätzt mit 20 ct/kWh, ergeben sich Kosten von ca. 17,50 € pro Jahr. Bessere Werte sind möglich, aber auch wesentlich schlechtere, und häufig wird der Standby-Verbrauch von den Hersteller nicht einmal angegeben; es ist auch schon vorgekommen, dass sich in der Praxis ein viel höherer Verbrauch ergab als versprochen. Es besteht also das Risiko, dass allein schon die Standby-Verluste des Speichergeräts einen erheblichen Teil des Ertrags wieder zunichte machen.
  • Weitere Abzüge wären vorzunehmen für eine gelegentlich notwendige Wartung oder Reparatur sowie für die Kapitalzinsen. Nachdem bereits Zinsen von 1 % jährlich z. B. 10 € von investierten 1000 € bedeuten und gewisse Wartungs- und Reparaturkosten über eine Betriebsdauer von 10 bis 20 Jahren wohl kaum vermeidbar sein werden, ist auch von dieser Seite eine weitere erhebliche Reduktion der Erträge zu erwarten.
  • Rechnen wir trotz allem extrem optimistisch mit einem Netto-Ertrag von 30 € pro Jahr, was für die ersten Jahre mit etwas Glück vielleicht gerade noch gelingen könnte, so wären nach 5 Jahren 150 € amortisiert – womöglich sogar ein wenig mehr, da die Strombezugskosten aus dem öffentlichen Netz weiter steigen dürften. Über einen längeren Zeitraum wird dieser Effekt natürlich noch deutlich stärker; andererseits dürften auch die Zinsen steigen und die Wartungs- und Reparaturkosten immer wahrscheinlicher werden. Von daher halte ich bereits die Annahme für gewagt, dass man innerhalb einer Lebensdauer von beispielsweise 20 Jahren 600 € amortisieren könnte. Gut möglich ist ja auch, dass das ganze Gerät nach 15 Jahren kaputt geht.
  • Noch gar nicht berücksichtigt ist, das im Rahmen einer in Anspruch genommenen Förderung die erlaubte Peak-Einspeisung der PV-Anlage deutlich reduziert wird mit der Folge, dass die Erträge noch weiter vermindert werden. Ohnehin reden wir nicht über den gehörigen Arbeitsaufwand für den Kunden: Angebote besorgen und vergleichen, Auftrag erteilen, Förderung beantragen, Abrechnungen, Überwachung des Betriebs etc. – das sollte also dann schon ein Hobby sein.

Somit halte ich es für äußerst zweifelhaft, dass die vom Solar Cluster BW angegebene Wirtschaftlichkeitsgrenze von 1000 €/kWh realistisch ist. Vermutlich wurden in der Berechnung eben diverse Faktoren zugunsten der Speicher vernachlässigt oder überoptimistisch angenommen. Die derzeitigen Preise dürften also immer noch grob geschätzt doppelt so hoch liegen, wie sie für einen wirtschaftlichen Betrieb nötig wären.

Immer wieder finde ich Berechnungen einer angeblichen Wirtschaftlichkeit, die entweder überhaupt nicht nachvollziehbar sind oder aber auf offenkundig völlig unrealistischen Annahmen beruhen. Beispielsweise werden häufig die Kosten pro vom Speicher umgesetzter Kilowattstunde berechnet, indem man die nutzbare Speicherkapazität mit der vom Hersteller angegebenen Zyklenzahl multipliziert, von dieser Energiemenge die Energieverluste abzieht und das Resultat mit dem Ertrag pro Kilowattstunde (Differenz von Bezugs- und Einspeisepreis) multipliziert. Hier werden etliche Fehler gemacht – wohlgemerkt fast alle in Richtung einer überoptimistisch betrachteten Wirtschaftlichkeit:

  • Man glaubt die versprochene Zyklenzahl, ohne dass ein Hersteller dafür haften müsste. (Wer haftet schon für so etwas über eine Lebensdauer von 20 Jahren?)
  • Man ignoriert oft, dass diese Zyklenzahl schon aufgrund der begrenzten kalendarischen Lebensdauer gar nicht erreicht werden kann. Wenn beispielsweise ein Lithium-Ionen-Akku angeblich 10 000 Zyklen verträgt, diese aber im Betrieb erst im Verlauf von 50 Jahren erreicht würden, wird man sie garantiert nicht annähernd schaffen.
  • Man berücksichtigt zwar die Energieverluste beim Ein- und Ausspeichern, aber nicht diejenigen im Standby-Betrieb – obwohl die letztere normalerweise wesentlich höher sind (siehe das obige Beispiel: 86 vs. 20 kWh).
  • Man ignoriert außerdem Dinge wie Zinsen, Wartungs- und Reparaturkosten.
  • Auf der pessimistischen Seite liegt man lediglich in einem Punkt, wenn man den derzeitigen jährlichen Ertrag ohne Berücksichtigung von Strompreissteigerungen einsetzt.

Es liegt auf der Hand, dass man mit solchen Berechnungen die Wirtschaftlichkeit nicht annähernd realistisch einschätzen kann.

Unter dem Strich komme ich zu dem Resultat, dass die Solarstromspeicher der Wirtschaftlichkeit in den letzten Jahren zwar deutlich näher gekommen sind (allein schon wegen der immer weiter sinkenden Einspeisevergütung und steigenden Strompreise), jedoch immer noch weit davon entfernt sind. Somit ist das eine Sache für Leute, denen entweder die Wirtschaftlichkeit egal ist oder die diesbezüglich getäuscht wurden; vermutlich ist das Letztere häufiger der Fall.

Mancher wird nun einwenden, es gebe eben viele Leute, die ganz bewusst mit der Wirtschaftlichkeit nicht so streng sind, da es ihnen nicht zuletzt eben auch um den ökologischen Effekt und die Unterstützung der Energiewende geht. Sicher, zu diesen Leuten zähle ich mich selbst definitiv auch. Jedoch sticht das Argument aus meiner Sicht hier überhaupt nicht – aus mehreren Gründen:

  • Zunächst einmal ist es fragwürdig, ob hier überhaupt ein ökologischer Nutzeffekt erreicht wird. Wenn eine Speichertechnologie so viel teurer ist als andere (z. B. Pumpspeicherkraftwerke), liegt die Befürchtung nahe, dass auch ihre ökologischen Nebenwirkungen größer sind. (Je mehr Geld umgesetzt wird, desto mehr Energieverbrauch und Umweltverschmutzung kann damit angerichtet werden.)
  • Selbst wenn es diesen Nutzeffekt gäbe, müsste man die spezifischen Kosten hierfür kritisch betrachten – ich jedenfalls würde Geld dann lieber dort investieren, wo es pro verlorenen Euro viel mehr nützt (etwa bei der Wärmedämmung, die oft sogar wirtschaftlich ist).
  • Ohnehin rechtfertigen solche Überlegungen nicht die massive Täuschung von Verbrauchern, wie sie seit Jahren im Zusammenhang mit Solarstromspeichern geschieht. Interessanterweise geschieht dies nicht nur durch diejenigen, die damit Geld verdienen, sondern auch durch viele, die wohl ernsthaft (aber irrtümlich) glauben, damit eine gute Tat zu leisten.

Wer nach solchen Dingen im Internet sucht, wird größtenteils auf weitaus günstiger aussehende Resultate stoßen. Trotzdem erwarte ich nicht, dass ich nun mit den abweichenden Berechnungen der optimistischen Kollegen überflutet werde. Auch früher war dies niemals der Fall – obwohl ich auch schon Leute dazu aufgefordert habe, meine Abschätzungen kritisch zu kommentieren. Vielleicht lernen wenigstens einige Leser dieses Energie-Blogs, dass man leicht völlig falsch liegen kann, wenn man der Mehrheitsmeinung unkritisch nachplappert – gerade auch, wenn diese von interessierten Kreisen systematisch geschaffen wird.

Fragen und Kommentare von Lesern

13.03.2018

Mal eine Idee, die Sie mal aufgreifen könnten.

Einen Nissan Leaf mit 40-kWh-Batterie (36 kWh netto?) bekommt man für ab ca. 32 T€ (abzüglich Förderung, ggf. auch noch Rabatt). Durch den Chademo-Lader ist er als PV Batterie nutzbar. Die Mindestversicherungssumme kostet ca 30 €/Monat. Die Frage dabei ist nun, was kostet der bidirektionale Chademo-Anschluss noch.

Nissan und Tennet üben demnächst, E-car-Batterien zur Stabilisierung des Netzes einzusetzen.

Einen großen Batteriespeicher zu besitzen, mit dem sich ggf. noch zusätzlich Geld verdienen lässt und mit dem man auch noch ab und an autofahren kann, erscheint mir sehr reizvoll.

Antwort vom Autor:

In der Tat könnte sich der Zusatzaufwand für einen bidirektionalen Lader lohnen, wenn man das Auto ohnehin hat. Zumindest wenn man in Kauf nehmen kann, dass das Auto nicht mehr jederzeit die volle Reichweite bieten kann. Es würde schon ohne bidirektionalen Lader helfen, wenn man das Auto möglichst mit dem eigenen Solarstrom lädt, also mit dem Laden ggf. darauf warten lässt, bis dieser anfällt.

25.07.2018

Ist eine Photovoltaik-Anlage für ein durchschnittliches EFH dann in irgendeiner Kombination sinnvoll? Die Einspeisung bringt immer weniger, Speicher scheinen auch noch nicht wirtschaftlich. Dann lieber gleich bleiben lassen?

Antwort vom Autor:

Eine PV-Anlage ohne Speicher kann trotz gesunkener Vergütungen wirtschaftlich sein, wenn die Umstände genügend günstig sind (beispielsweise gute Ausrichtung, keine Verschattung).

Zukünftig sind außerdem weitere ökonomische Verbesserungen denkbar – etwa mit anderweitiger Verwertung überschüssigen Solarstroms, wenn diese mehr Nutzen bringt als die Einspeisung. Vorstellbar ist dies beispielsweise mit einem Elektroheizstab im Warmwasserspeicher, der Erdgas einspart – zumindest wenn die Erdgaspreise wieder anziehen.

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