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Dekarbonisierung der Heizungsanlagen: Packen wir's endlich an!

Erschienen am 22.01.2024 im RP-Energie-Blog (als E-Mail-Newsletter erhältlich!)

Permanente Adresse: https://www.energie-lexikon.info/rp-energie-blog_2024_01_22.html

Autor: Dr. Rüdiger Paschotta, RP-Energie-Lexikon, RP Photonics AG

Inhalt: Es gibt reichlich zwingende Gründe für eine rasche Dekarbonisierung auch gerade des Heizungssektors. Der Artikel gibt Beispiele für gute Ansätze.

Rüdiger Paschotta

Es gibt mehr Gründe denn je, endlich die Dekarbonisierung anzupacken, gerade auch im Bereich der Heizungsanlagen:

  • Die Klimagefahren werden immer deutlicher spürbar. Lange hatten viele bei uns das Gefühl, dass die katastrophalen Ereignisse, die durch die Klimakrise immer häufiger auftreten, Probleme anderer Leute seien – als etwa große Teile Pakistans in 2022 unter Wasser standen. Allmählich sollte es aber klar werden, dass eine außer Kontrolle geratende Klimakrise uns allen gewaltig schaden wird. Für die Bewahrung unseres Wohlstands ist ein schneller Abschied von den fossilen Energieträgern eine unverzichtbare Voraussetzung.
  • Mit den Zahlungen für Heizöl und Erdgas brutale Diktatoren und insbesondere den verbrecherischen Krieg gegen die Ukraine mitzufinanzieren, ist aus meiner Sicht unerträglich. Leider ist nicht allen klar, dass selbst jetzt noch russisches Erdgas den Weg auf unsere Märkte findet – in Form von Flüssigerdgas. Und soweit russisches Erdgas ersetzt wurde, geschah das zum guten Teil durch stark vermehrte Importe von Flüssigerdgas etwa aus den USA; das ist noch wesentlich klimaschädlicher, als was wir früher hatten. Ich hatte schon in 2014 erklärt, dass unser Öl und Gas noch viel dreckiger zu werden droht; es ist infolge des Kriegs noch schlimmer gekommen, als ich erwartet hatte.
  • Die Heizungsanlagen sind ein großer Teil des Problems; beispielsweise verbrauchen sie in Deutschland weit mehr als die Öl- und Gaskraftwerke. Als Hausbesitzer immer nur auf andere zu zeigen (Kraftwerke, Industrie, Chinesen etc.), ist gänzlich unangebracht.
  • Obwohl Europa betreffend die Luftschadstoffe (z. B. Feinstaub und Stickoxide) sicherlich besser dran ist als diverse andere Regionen der Welt, gibt es auch hier nach Schätzungen von Wissenschaftlern mehrere hunderttausend zusätzliche Todesfälle pro Jahr dadurch, und der größte Teil davon entsteht durch fossile Brennstoffe. Das bedeutet sehr viel menschliches Leid, übrigens auch ökonomische Belastungen durch Arbeitsausfall und teure Behandlungen.
  • Sowohl die direkten Kosten der fossilen Energieträger (durch enorme Preisschwankungen der Energieträger) als auch die indirekten (durch politische Abhängigkeiten, mangelnde Kalkulierbarkeit, zunehmende Klimaschäden und drohende enorme Migrationsbewegungen durch unbewohnbar gewordene Länder) laufen immer mehr aus dem Ruder.
  • Es reichte schon, nur an die Migration zu denken. Wer sich vorstellt, man könne dies für uns in den Griff bekommen, indem man Mauern baut und scharfe Regeln aufstellt, liegt vollkommen daneben. Wenn einmal hunderte Millionen von Menschen nicht mehr in ihren Ländern leben können, werden sie sich von solchen Dingen nicht abhalten lassen. Es ist unbeschreiblich dumm, sich einerseits vor der Migration zu fürchten und andererseits die zukünftige zentrale treibende Rolle zu ignorieren, indem man Klimaschutz als grünes Steckenpferd ablehnt.

Es kann also keinen vernünftigen Zweifel daran geben, dass wir von fossil befeuerten Heizungen wegkommen müssen. Nachdem wir (ich meine nicht jede Person, sondern Länder wie Deutschland und die Schweiz) jahrzehntelang wider besseres Wissen kaum etwas getan haben, muss es nun schnell gehen.

Was kann man tun?

Im Folgenden geht es nun darum, was konkret man tun kann, um mit seinem Haus von Öl und Gas wegzukommen. Da es sehr auf die konkrete Situation ankommt, kann man kein allgemein umsetzbares Patentrezept angeben. Ich beschreibe im Folgenden aber typische Fälle mit älteren Bestandsbauten, die einen großen Teil der vorkommenden Fälle gut abdecken.

Fall 1: Reduktion des Wärmebedarfs

Bevor man die Heizungsanlage angeht, sollte man immer erst mal prüfen, ob der Wärmebedarf mit praktikablen Methoden wesentlich abgesenkt werden kann. Dadurch wird nämlich das Problem oft schon mal ganz wesentlich kleiner. Zusätzlich ermöglicht oft erst dies den Umstieg auf eine Wärmepumpenheizung.

energetisch saniertes Haus
Abbildung 1: Ein gründlich energetisch saniertes Haus aus den 1950er-Jahren.

Ein Beispiel, wo diese Strategie der Wärmedämmung schon sehr viel brachte, war unser früheres Haus, Baujahr 1955/56, von uns erworben im Jahr 2010. Das Haus war nach allen Seiten zunächst ungedämmt. Da die Form der Fassade eher klassisch-elegant ist (nicht zu kompliziert), war es ohne wesentliche Schwierigkeiten möglich, einen Vollwärmeschutz anzubringen (20 cm Polystyroldämmplatten). Zuvor wurden aber noch die Fenster ersetzt – nicht genau am bisherigen Ort, sondern auf die Außenseite der bisherigen Fassade versetzt, sodass erst mit der neuen Dämmung wieder Fensterlaibungen aufgebaut wurden. Das erforderte dann zwar neue (entsprechend tiefere) Fensterbretter, war aber einerseits schön anzusehen – mit nun viel großzügigerem Platz z. B. für Blumenvasen – und andererseits wärmetechnisch optimal. Dazu kam dann noch eine effektive Dämmung des Dachs sowie der Kellerdecken. Dazu noch eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung, wobei die Lüftungsleitungen in der Dämmschicht versteckt werden konnten. Mit diesen Maßnahmen wurde der Wärmebedarf massiv reduziert. Die schon recht alte Gasheizung wurde durch eine neue ersetzt, inklusive Solarthermie für Warmwasser und Heizungsunterstützung.

Das Endresultat war, dass der Gasverbrauch ca. 3,5-mal tiefer war als bei den Vorbesitzern – hauptsächlich durch die effektive Wärmedämmung. Zudem war der Wohnkomfort erheblich verbessert: überall eine angenehme gleichmäßige Wärme sowie immer frische Luft. Man kann nun auch Schränke unbesorgt direkt an Außenwände stellen, ohne zu fürchten, dass dahinter Schimmel entsteht: Die Wände sind ja kaum mehr kalt. Und verschandelt haben wir das Haus damit sicher auch nicht.

In den elf Jahren, in denen wir dieses Haus bewohnten, sparten wir viele Tonnen CO2 ein und natürlich auch sehr viel Heizkosten. Natürlich waren damit die hohen Investitionen nur teilweise amortisiert, aber das Haus war durch die genannten Maßnahmen auch sehr viel wertvoller geworden und erlöste beim Verkauf entsprechend mehr. Die Käufer waren natürlich sehr froh, nicht noch eine Sanierung durchführen zu müssen – und sind es seit dem Krieg und der dadurch ausgelösten Energiekrise sogar noch viel mehr.

Der letzte Schritt steht noch aus: der Einbau einer Wärmepumpenheizung als Ersatz für die Gasheizung. Da das Haus keine Fußbodenheizung hat, sondern nur Heizkörper, wäre das ohne Wärmedämmung kaum sinnvoll gewesen, zumal auch eine Erdwärmesonde am Standort nicht erlaubt wäre. Allerdings brauchen die Heizkörper wegen der guten Wärmedämmung selten mehr als 45 °C Vorlauftemperatur, und die Luft/Wasser-Wärmepumpen sind inzwischen auch besser geworden, sodass unsere Nachfolger dies nun problemlos tun können. Dass die Jahresarbeitszahl der Wärmepumpe mit Außenluft und ohne Fußbodenheizung nicht ganz toll werden wird, kann man angesichts des geringen Wärmebedarfs gut verschmerzen. (In anderen Fällen könnte man über den nachträglichen Einbau einer Fußbodenheizung nachdenken – oder wo das nicht praktikabel ist, alternativ auch über eine Wandheizung oder Deckenheizung.)

Bei diesem Haus wäre es nicht zielführend gewesen, einfach die Gasheizung durch eine Wärmepumpe zu ersetzen: Mit Nutzung von Außenluft und Heizkörpern, die 50 bis 60 °C brauchten, wäre die Effizienz sehr unbefriedigend gewesen. Die Außendämmung dagegen entschärfte das Wärmeproblem massiv und macht die Wärmepumpenlösung nun problemlos möglich.

Natürlich waren unsere Investitionen sehr hoch, aber sie haben sich absolut gelohnt. Wir stünden heute auch finanziell deutlich schlechter da, wenn wir das lange aufgeschoben hätten. Die spätere Durchführung hätte die Kosten massiv erhöht und gleichzeitig den Nutzen auch erst entsprechend später gebracht. Und grundsätzlich sollte klar sein, dass ein Haus nach vielen Jahrzehnten der Nutzung eben mal wieder gewisse Investitionen braucht.

Es gibt viele Hauskäufer, die sich eine Sanierung schlicht nicht leisten können. Das ist dann eben fatal: Sie werden langfristig sogar mehr Geld ausgeben. Sie sollten deswegen scharf darüber nachdenken, ob es für sie wirklich das richtige Objekt ist.

Fall 2: Umstellung auf Wärmepumpenheizung

Unser in 2022 bezogenes Haus in der Schweiz (Baujahr 1980) war energetisch ein ganz anderer Fall. Auch hier gab es keine eigentlich Dämmschicht, aber immerhin eine Bauweise mit Porenbeton-Ziegeln. Diese sind wärmetechnisch wesentlich günstiger als massive Ziegel (wie beim früheren Haus), wenn auch lange nicht so gut wie ein Vollwärmeschutz mit Dämmplatten. Den nachzuholen, wäre hier aber nicht praktikabel, da die Fassade dafür viel zu kompliziert gebaut ist: viele Vor- und Rücksprünge, ein Balkon hier und dort, Sonnenstoren, Dachrinnen etc. – gerade bei Preisen wie in der Schweiz kaum machbar. Zudem ist die Fassadenfläche hier gar nicht besonders groß, weil das Dach weit herunterkommt. Einzig die Fenster (noch aus dem Baujahr, über 40 Jahre alt) ersetzten wir weitestgehend durch neue mit Dreifachverglasung, übrigens auch mit stark verbessertem Schallschutz und Einbruchschutz; der Nutzen ist also nicht nur energetisch.

An einer Stelle konnte der Wärmebedarf aber massiv reduziert werden: Ein Glashaus im Garten war wegen Kakteenzucht beheizt worden auf 8 °C. Wegen der Einfachverglasung brauchte das sehr viel Heizwärme. Also: Kakteen und all die Pflanzkübel raus, Heizkörper raus, dafür ein schöner Tisch und Stühle, noch etwas Dekoration, und dieser Ort ist nun weitaus schöner als vorher – und braucht keine Beheizung mehr!

Das Haus hat eine Fußbodenheizung, wodurch relativ niedrige Vorlauftemperaturen benötigt werden, und am Standort sind Erdwärmesonden erlaubt. Also ließen wir eine solche installieren und bekamen dann in 2023 (nach über einem Jahr Wartezeit!) endlich die Wärmepumpenheizung – mit leistungsgeregeltem Verdichter. Eine Schwierigkeit für die Planung war der zum damaligen Zeitpunkt noch nicht gut bekannte Wärmebedarf – vor allem schwer zu schätzen war, wie viel das Glashaus gebraucht hatte. Also war ein etwas größerer Sicherheitszuschlag für die Länge der Erdsonde und die Leistung der Wärmepumpe nötig. Dass sich der Wärmebedarf am Ende doch als deutlich geringer als geschätzt erwies (wohl auch wegen sparsamerer Heizgewohnheiten), wirkte sich so aus, dass die Erdwärmesonde nun großzügig bemessen ist und entsprechend gute Temperaturen liefert – jetzt im Januar immer noch fast 10 °C. Eine Auswertung für das Q4/2023 ergab eine durchschnittliche Leistungszahl von ca. 5,9 – ein hervorragender Wert. Das hat außer der geringen Temperaturdifferenz zwischen Erdsonde und Vorlauf auch damit zu tun, dass die Wärmepumpe im Winter meistens mit ca. der Hälfte ihrer vollen Leistung arbeitet, was bei einem leistungsgeregelten Modell (anders als bei einfacherer Technik!) sehr günstig ist.

Das Endresultat sind Heizkosten in der Gegend von 1000 Fr. pro Jahr trotz des durch die Krise massiv angestiegenen Strompreises. Und dies für ein wirklich großzügig bemessenes, sehr schönes und komfortables Haus.

Auch hier waren die Investitionskosten wieder recht hoch; für viele Leute wäre das ein Grund gewesen, das mangels Amortisierbarkeit abzulehnen. Das wäre aber nicht so schlau: Da dieses Haus (wie das bisherige) sicherlich noch für viele Jahrzehnte genutzt werden soll, kommt man früher oder später ohnehin nicht darum herum. Und eine spätere Durchführung wäre uns voraussichtlich viel teurer gekommen: Die Baukosten werden eher weiter steigen, und eine absehbare Änderung des Steuerrechts (Abschaffung der Besteuerung des Eigenmietwerts) würde die steuerliche Absetzbarkeit vermutlich eliminieren oder mindestens deutlich reduzieren. Zudem hätten wir den Nutzen entsprechend später. Die richtige Frage ist eben nicht, ob sich die Investition in 20 Jahren amortisieren wird (was kaum prognostizierbar ist), sondern ob eine spätere Durchführung sinnvoller wäre. Und da ist die Antwort ziemlich einfach.

Gelegentlich hört man den Einwand, dass der Strom für die Wärmepumpen doch auch nicht sauber sei. Er wird aber immer sauberer werden. Die Ausweitung der sauberen Stromerzeugung ist auch viel leichter zu bewerkstelligen als etwa die Beschaffung von grünem Wasserstoff in großen Mengen zu tragbaren Preisen. Übrigens: Selbst wenn (rein theoretisch) der Strom für unsere Wärmepumpe zu 100 % in einem alten Gaskraftwerk mit 40 % Wirkungsgrad erzeugt würde, würde das ca. 2,5-mal weniger Gas für uns verbrauchen als die bisherige Gasheizung! Und in Wirklichkeit ist unser Strom schon heute weitestgehend sehr sauber, sodass wir effektiv annähernd CO2-frei heizen.

Fall 3: Anschluss an ein Nahwärmenetz

Es gibt in Städten zunehmend ausgebaute Nahwärmenetze, an die auch alte Gebäude angeschlossen werden können. In aller Regel ist das sinnvoll: Man erzeugt die Heizwärme nicht mehr mit einer eigenen Anlage, sondern kauft sie von einem kommunalen Betreiber ein. Die zentrale Wärmeerzeugung eröffnet diverse Möglichkeiten, die man aus Hausbesitzer sonst nicht hätte, etwa die Nutzung von Abwärme sowie von Großwärmepumpen, die Quellen wie Fluß- oder Seewasser oder auch Grundwasser und industrielle Abwärme anzapfen können. Eine andere interessante Möglichkeit sind große Solarthermieanlagen mit saisonalem Wärmespeicher, wie insbesondere in Dänemark schon oft erfolgreich demonstriert. Ein Beispiel in unserer Stadt Frauenfeld ist ein kürzlich errichtetes Holzheizkraftwerk mit Holzvergasung, welches nur kaum anders nutzbares Holz aus der Region (etwa von der Landschaftspflege) sehr effizient verwertet.

Natürlich ist auch bei Bezug von Nahwärme die Höhe des Wärmebedarfs nicht egal. Immerhin kann man aber den Wärmebedarf leichter ohne fossile Energieträger decken, wenn man die Wärme zentral erzeugt. Das liegt teilweise auch daran, dass eine große Anlage eben viel günstiger realisierbar ist als viele kleine.

Ein schöner Aspekt für Hausbesitzer ist, dass der Anschluss meist nur geringe Investitionen erfordert. So bleibt auch eher ein finanzieller Spielraum für zusätzliche Maßnahmen, etwa für die Wärmedämmung des Dachs.

Fall 4: Holzpelletheizung

Im Prinzip kann z. B. eine Ölheizung direkt durch eine Pelletheizung ersetzt werden, selbst man mangels Fußbodenheizung hohe Vorlauftemperaturen benötigt. Theoretisch bedeutet das auch erneuerbare Energie ohne wesentliche Netto-CO2-Emissionen (wenn auch keine Dekarbonisierung). Damit kann das eine Lösung sein, wo Wärmedämmung nicht praktikabel oder gar nicht möglich ist (etwa bei denkmalgeschützten Fassaden) und eine Wärmepumpe nicht infrage kommt (etwa wegen hoher Vorlauftemperatur und Verbot von Erdwärmesonden am Ort).

Allerdings ist diese Strategie nicht einfach überall umsetzbar, schon weil wir bei Weitem nicht genügend Holz haben, um einen wesentlichen Teil aller Öl- und Gasheizungen zu ersetzen. Schon heute importiert Deutschland einen wesentlichen Teil der Pellets, und manches Material wird z. B. in Osteuropa auf sehr fragwürdige Weise gewonnen, was die CO2-Freiheit infrage stellt. Dazu kommt, dass selbst eine moderne Pelletheizung im Vergleich zu einer Gasheizung wieder ein wesentlicher Rückschritt bzgl. Luftschadstoffen ist (v. a. Feinstaub), und dass die Investitions- und Betriebskosten keineswegs niedrig sind. Deswegen die Empfehlung: Pelletheizungen sind eine Lösung für Fälle, in denen es nicht anders geht – aber nicht etwa für Neubauten, wo z. B. eine Lösung mit Wärmepumpe und Fußbodenheizung praktisch immer besser geeignet ist.

Und die Solarheizung?

Die Nutzung von Photovoltaik und Solarthermie sind im Prinzip sicherlich sinnvoll, aber das Problem der Beheizung eines Hauses löst man damit in der Regel nicht wirklich. Das Grundproblem der Solarheizung ist nämlich, dass Sonnenenergie hauptsächlich im Sommer verfügbar ist, aber Heizwärme hauptsächlich im Winter benötigt wird. Bei ungedämmten Bestandsgebäuden wird es erst recht schwierig. Selbst wenn Sie das ganze Süddach eines solchen Hauses mit Sonnenkollektoren belegen, decken diese den Wärmebedarf höchstens an sonnigen Tagen komplett, aber viele trübe Winterwochen mit viel zu wenig Sonne bleiben. Deswegen ist meistens nicht mehr sinnvoll als eine Solaranlage für Warmwasser mit Heizungsunterstützung, die am Ende z. B. 20 % des jährlichen Wärmebedarfs deckt. Das ist ein Schritt in Richtung Dekarbonisierung, aber das reicht auf Dauer natürlich nicht aus.

Auch eine Photovoltaikanlage ist ja eine schöne Sache, aber keine richtige Lösung für das Heizproblem. Sie kann einen Teil des Strombedarfs der Wärmepumpenheizung decken, aber kaum den Großteil davon, und schon gar nicht löst sie das Problem, das man mit einer Gasheizung hat. Mir scheint, dass eine PV-Anlage für manche Hausbesitzer eher eine Alibi-Lösung ist – "ich tue ja immerhin auch etwas" –, obwohl oft eine andere Investition sinnvoller wäre, etwa in Wärmedämmung (natürlich immer im konkreten Fall zu prüfen).

Oder besser Wasserstoff-Heizungen?

Manche träumen davon, ihre Gasheizung noch lange weiter betreiben zu können – bald eben mit grünem Wasserstoff statt mit Erdgas. Das ist leider eine völlig unrealistische Hoffnung. Wir werden absehbar weit mehr Wasserstoff für diverse Zwecke brauchen (insbesondere für die Industrie), als wir im Land mit erneuerbaren Energien erzeugen können, und ob riesige Mengen importiert werden können, steht in den Sternen. Vor allem ist zu befürchten, dass die Preise auf absehbare Zeit weit höher sein werden als die bisherigen für Erdgas. Wir werden es uns also kaum leisten zu können, massenhaft Wasserstoff zu verheizen – womöglich noch in ungedämmten Häusern.

Ich halte das Geschwätz über angeblich so elegante und moderne Lösungen wie Wasserstoff-Heizungen (oft im Zusammenhang mit "Technologieoffenheit") für sehr schädlich – nicht, weil dies zu Lösungen führen werden, die mir nicht passen, sondern weil sie für viele so attraktive Ausreden liefern, einfach mal gar nichts zu tun als auf irgendwelche Wunderlösungen zu hoffen, die dann aber nie kommen. Das ist übrigens genau dieselbe Sorge wie auch bei der Kernfusion.

Vor jeder Investition die Lage gut klären!

Essenziell ist diese Empfehlung: Niemals anfangen zu investieren, vor man die Lage und die zur Verfügung stehenden Optionen genügend gründlich geprüft hat! Sonst investiert man Ende womöglich viel in etwas, das weniger bringt als eine günstigere Maßnahme. Oder man verpasst eine Gelegenheit, weil man sie schlicht übersehen hat.

Die meisten Hausbesitzer werden selbst nicht genügend wissen, um diese Dinge einschätzen zu können. Dann braucht man eben jemanden, der das analysiert. Ich kann schwer verstehen, warum viele das Handeln mit schlechten Gefühlen jahrelang vor sich herschieben, anstatt einfach mal einen Energieberater einzusetzen. Nachdem das z. B. in Deutschland vom Staat auch noch großzügig gefördert wird, kann es kaum einen vernünftigen Grund dagegen geben.

Fazit

Abschließend erinnere ich nochmals daran, dass die Dekarbonisierung eine lebenswichtige Aufgabe ist, nicht etwa nur ein doofes Hobby von g'spinnerten Grünen. Es muss uns in jedem Augenblick bewusst sein, dass wir das enorm bedrohliche Problem einer außer Kontrolle geratenden Klimakrise unbedingt lösen müssen.

Mit der Abwehr eines teilweise missglückten Heizungsgesetzes ist es nicht getan; wir müssen weit mehr tun als bisher konkret vorgesehen, um beispielsweise die gesetzlich verankerte Verpflichtung zur Erreichung der Klimaschutzziele einzuhalten. (Diverse Politiker sollten darlegen müssen, wie sie denn die Ziele konkret nachvollziehbar erreichen wollen!) Und dabei sind die Heizungsanlagen ein unverzichtbarer Teil der Lösung.

Für Neubauten ist das ohnehin kein Problem; hier gibt es meist die unproblematische Standardlösung mit Wärmepumpe (die natürlich sehr effizient sein kann und sollte). Aber auch für Altbauten gibt es, wie auch hier gezeigt, eine Reihe von Optionen. Dass das nicht ohne wesentliche Investitionen abgeht, ist kein berechtigter Einwand, sondern nur eine Binsenweisheit.

Fragen und Kommentare von Lesern

22.01.2024

Diejenigen, die z. Zt. kein Kapital für größere Dämmmaßnahmen oder eine neue Heizungsanlage haben, können auch in Ihrem Eigenheim mit geringer Investition schon viel erreichen. Zum Beispiel eine Kellerdeckendämmung bei unbeheizten Kellerräumen. Das Dämmen einer oberen Geschoßdecke, wenn der Spitzboden oder Speicher nicht beheizt ist.

Nach diesen Dämmmaßnahmen käme der hydraulische Abgleich, sofern noch nicht durchgeführt, und eine Anpassung der Heizungsregelung an den neuen Bedarf. Mit diesen drei Maßnahmen können die Energiekosten erfahrungsgemäß um 15-30 % gesenkt werden. Sie können bei Eigenleistung ca. 40 Euro je m² Dämmfläche inklusive Montage für die Kellerdecke rechnen. Bei einer begehbaren oberen Geschoßdecke sind es rund 50 Euro ja m². Bei je 60 m² obere Geschoßdecke und Kellerdecke wären das rund 5.400 Euro plus ca. 1.000 Euro für den hydraulischen Abgleich vom Fachmann.

Bei einer mittleren Ersparnis von rund 23 % kann sich jetzt jeder ausrechnen, wann sich eine solche Investition Rechnet. Eventuelles Abgreifen von Fördergeldern ist hier nicht eingerechnet.

Antwort vom Autor:

Ein guter Hinweis.

22.01.2024

Besser kann man die Problematik nicht beschreiben. Vielen Dank dafür. Ich bin ohnehin ähnlich wie Sie unterwegs, habe mein Haus schon vor 14 Jahren gedämmt plus viele weitere Dinge unternommen. Es ist auch schön, die eigenen Maßnahmen bestätigt zu sehen.

Antwort vom Autor:

Sicher haben Sie selbst auch schon davon profitiert, rechtzeitig gedämmt zu haben – zu damals noch niedrigeren Kosten.

Hier können Sie Fragen und Kommentare zur Veröffentlichung und Beantwortung vorschlagen. Über die Annahme wird der Autor des RP-Energie-Lexikons nach gewissen Kriterien entscheiden. Im Kern geht es darum, dass die Sache von breitem Interesse ist.

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