Schwachgas
Definition: ein brennbares Gasgemisch mit geringem Heizwert
Allgemeiner Begriff: Brenngas
Spezifischere Begriffe: Deponiegas, Klärgas
Englisch: low caloric gas
Kategorien: Energieträger, Grundbegriffe
Autor: Dr. Rüdiger Paschotta
Wie man zitiert; zusätzliche Literatur vorschlagen
Ursprüngliche Erstellung: 08.01.2017; letzte Änderung: 20.08.2023
Schwachgase, auch als niederkalorische Gase oder Armgase bezeichnet, sind brennbare Gase (bzw. Gasgemische) mit recht geringem Heizwert. Typischerweise enthalten sie Methan, eine Substanz mit beträchtlichem Energiegehalt, jedoch mit einem geringen Volumengehalt von z. B. weniger als 25 % und dafür einem höheren Anteil inerter Gase wie z. B. Kohlendioxid (CO2) oder Stickstoff (N2). In anderen Fällen sind die brennbaren Bestandteile Kohlenmonoxid (CO) oder Wasserstoff (H2), aber ebenfalls in relativ geringen Anteilen. Entsprechend liegt der Heizwert solcher Gase recht tief – unter 8,5 MJ/m3 (bei Normalbedingungen), beispielsweise zu vergleichen mit 35,9 MJ/m3 für reines Methan. Schwachgase enthalten häufig auch diverse gesundheits- und umweltschädliche Spurenstoffe wie Schwefelwasserstoff (H2S) und Ammoniak (NH3) sowie in meist geringem Maße auch brennbare Substanzen wie Wasserstoff (H2) oder Kohlenwasserstoffe.
Kohlenmonoxid hat zwar mit 11,5 MJ/m3 ebenfalls einen relativ geringen Heizwert, gilt aber in reiner Form noch nicht als Schwachgas.
Ein besonders wichtiges Beispiel für Schwachgase sind Deponiegase, d. h. methanhaltige Gase, die Mülldeponien entweichen, wenn diese organisches Material enthalten, das dann anaerob zersetzt wird. Mit der Zeit nimmt der Methangehalt solcher Deponiegase stetig ab; er kann in der sogenannten stabilen Phase bei rund 55 % liegen, nach einigen Jahren aber unter 25 % absinken, sodass ein Schwachgas vorliegt, und später sogar noch wesentlich tiefer.
Schwachgase entstehen aber auch in anderen Zusammenhängen:
- Ähnlich wie bei Mülldeponien entstehen methanhaltige Schwachgase bei der anaeroben Zersetzung von Klärschlamm (Klärgas) oder Gülle in einer Biogasanlage, oder auch als Grubengas.
- Biomassevergasung (z. B. Holzvergasung) erfolgt häufig unter Verwendung von Luft. In diesem Falle enthält das erzeugte Gas große Anteile von Stickstoff und wird dadurch zu einem Schwachgas. Die Verwendung von reinem Sauerstoff wäre diesbezüglich günstiger, aber eben auch viel aufwendiger.
- In der Metallindustrie entstehen auch diverse Schwachgase. Beispielsweise werden in Gießereien große Mengen von Koks für Schmelzprozesse verwendet, wobei als Nebenprodukt ein Schwachgas entsteht, das sogenannte Kupolofengas mit gewissen Anteilen von Kohlenmonoxid und Wasserstoff. Es weist typischerweise einen sehr niedrigen Heizwert in der Größenordnung von 2,5 MJ/m3 auf.
Schwierigkeiten bei der Verbrennung von Schwachgasen
Der niedrige spezifische Heizwert von Schwachgasen hat nicht nur eine geringe Wärmeausbeute bei der Verbrennung zur Folge, sondern auch diverse technische Schwierigkeiten. Insbesondere kann es schwierig sein, eine stabile Verbrennung zu erreichen – vor allem, wenn der Heizwert entsprechend der Zusammensetzung der Gase noch wesentlich schwankt. Außerdem werden die Abgasverluste selbst bei moderater Abgastemperatur wegen des relativ hohen Anteils von inerten Gasen, die als thermischer Ballast wirken, relativ hoch. Es ist also schwierig, einen hohen feuerungstechnischen Wirkungsgrad zu erzielen.
Eine zusätzliche Problematik entsteht durch in Schwachgasen häufig enthaltene aggressive Spurenstoffe, die eine beschleunigte Korrosion von Bauteilen, die Degradation von Schmierölen und eine verminderte Abgasqualität verursachen können. Dies gilt vor allem für Verbrennungsmotoren. Dieser Problematik wird häufig mit einem erhöhten konstruktiven Aufwand und einer erhöhten Wartungsintensität begegnet.
Aus solchen Gründen ist der Aufwand für die Verwertung von Schwachgasen häufig deutlich höher als bei Verwendung hochwertiger Brennstoffe wie z. B. Erdgas. Entsprechend niedriger ist der kommerzielle Wert von Schwachgasen pro gewinnbarer Kilowattstunde Wärme.
Problematik der Klimaschädlichkeit
Schwachgase sind, wie oben erklärt, häufig schwer oder gar nicht auf wirtschaftliche Weise verwertbar. Sie einfach ungenutzt in die Atmosphäre abzulassen, ist z. B. wegen der hohen Klimaschädlichkeit des Methans ökologisch sehr ungünstig. Deswegen ist es heutzutage beispielsweise in der EU vorgeschrieben, dass beispielsweise Deponiegase nach Möglichkeit gefasst (d. h. aufgefangen) und geeignet behandelt werden – notfalls ohne energetische Nutzung oder sogar mit einem wesentlichen Energieaufwand –, um die Klimaschädlichkeit stark zu reduzieren. Dies bedeutet in der Regel, dass das Methan zu Kohlendioxid oxidiert wird, welches zwar ebenfalls klimaschädlich ist, aber in viel geringerem Maße.
Möglichkeiten für die Entsorgung von Schwachgasen ohne energetische Nutzung
Eine von den Investitionskosten her günstige Methode der Entsorgung setzt auf sogenannte Biofilter, denen das Schwachgas ggf. mit Luft verdünnt (mit einer Methankonzentration unterhalb der Explosionsgrenze) zugeführt wird. Diese Filter sind recht effektiv für die Beseitigung von Gerüchen (Desodorierung), während eine starke Reduzierung des Methangehalts nicht leicht realisierbar ist, vor allem in der Einfahrphase von einigen Monaten. (Methan oxidierende Bakterien sind zwar ubiquitär, müssen sich aber erst ausreichend vermehren.) Auch die variablen Witterungseinflüsse sind problematisch. Diese Methode ist am ehesten für sehr geringe Gasmengen sinnvoll einsetzbar.
Eine effektive Eliminierung des Methans ist durch Abfackelung möglich. Allerdings kann eine stabile Verbrennung des Schwachgases allein in der Regel nicht erzielt werden. Deswegen wird häufig Erdgas für einen stabilen Betrieb beigemischt oder für eine Stützfeuerung verwendet. Natürlich sind der entstehende Erdgasverbrauch und die dadurch resultierenden zusätzlichen CO2-Emissionen sehr nachteilig. Zusätzlich wird noch elektrische Energie für den Betrieb des Fackelverdichters benötigt. Es gibt Abfackelungsanlagen, die immerhin auch bei einem relativ geringen Methananteil von z. B. 15 % noch ohne Zumischung von Erdgas (Heizwertanpassung) funktionieren. Für kleine Volumenströme von z. B. unter 50 m3/h sind viele Abfackelungsanlagen nicht geeignet; es gibt jedoch auch Anlagen für geringe Gasmengen bei z. B. 10 bis 20 m3/h.
Es gibt mittlerweile auch Anlagen für die nichtkatalytische flammenlose Oxidation von Schwachgasen. Hier wird beispielsweise das Schwachgas vermischt mit Luft in eine Kammer mit einem auf ca. 900 °C erhitztes Reaktorelement geleitet, wobei das enthaltene Methan ohne Ausbildung einer sichtbaren Flamme weitestgehend oxidiert wird. Auch geruchsbildende Stoffe werden dabei weitgehend abgebaut. Die Wärme des Abgases wird durch einen Rekuperator größtenteils auf das eintretende Gas übertragen, sodass die entstehende geringe Wärmeleistung genügt, um das keramische Element heiß zu halten, solange der Methangehalt z. B. mindestens bei 0,3 Volumenprozent liegt; lediglich für die anfängliche Aufheizung wird z. B. etwas Erdgas oder elektrische Energie benötigt. Dies funktioniert jedenfalls bei höheren Volumenströmen von mehr als ca. 500 m3/h. Es wird also im Betrieb zwar keine nutzbare Wärme abgegeben, aber immerhin kann der Prozess selbst bei sehr geringen Methangehalten noch autotherm (d. h. ohne Zufuhr zusätzlicher Wärme) durchgeführt werden.
Möglichkeiten der Verwertung von Schwachgasen
Schwachgase können mit bestimmten Verfahren zu höherwertigen Gasen verarbeitet werden. Beispielsweise gibt es eine Membrantechnik, die aus dem Schwachgas ein hochwertiges und entsprechend gut nutzbares Produktgas mit mehr als 90 % Methananteil gewinnt und ein sogenanntes Permeat, welches nur noch weniger als 15 % Methan und vor allem Kohlendioxid enthält. Das Permeat kann z. B. durch nichtkatalytische flammenlose Oxidation (siehe oben) entsorgt werden, wenn es in genügender Menge anfällt.
Herkömmliche Erdgasbrenner sind für Schwachgase oft nicht geeignet. Es gibt jedoch angepasste Arten von Brennern, die dafür einsetzbar sind. Beispiele hierfür sind Porenbrenner und Brenner mit katalytischer oder nichtkatalytischer flammenloser Oxidation; siehe die Lexikonartikel hierüber. Eine weitere Möglichkeit besteht in der Beimischung begrenzter Mengen von Schwachgasen zu Erdgas, um eine Nutzung ohne speziell angepasste Brenner zu ermöglichen (→ Mitverbrennung). Zumindest Brenner, die über eine automatische Regelung der Luftzufuhr mit einer Lambdasonde verfügen, kommen auch mit etwas wechselnden Gasqualität gut zurecht.
Auch ohne vorherige aufwendige Aufbereitung kann Schwachgas in dafür angepassten Verbrennungsmotoren genutzt werden, wenn sein Heizwert nicht allzu gering ist. Hierfür sind insbesondere Zündstrahlmotoren geeignet, bei denen eine stabile Verbrennung durch Verwendung einer relativ geringen Menge z. B. von Dieselkraftstoff gewährleistet wird. Allerdings besteht hier das Problem des oft relativ hohen Methanschlupfs, d. h. der unvollständigen Verbrennung des Methans. Die weitere Forschung und Entwicklung sollte zu Motoren führen, die noch methanärmere Gase mit geringem Methanschlupf und guter Energieausbeute nutzen können. Technische Probleme entstehen manchmal durch Verunreinigungen der Schwachgase, die z. B. zu verstärkter Korrosion von Anlagen führen; solche Spurenstoffe müssen ggf. vor dem Motor entfernt werden.
Gasturbinen können eher als Verbrennungsmotoren mit innerer Verbrennung für die Verwertung von Schwachgasen optimiert werden. Für den Einsatz beispielsweise bei Mülldeponien mit relativ geringem Gasaufkommen werden Mikrogasturbinen niedriger Leistung entwickelt. Eine andere Möglichkeit sind Stirlingmotoren und Ericssonmotoren, die ebenfalls aufgrund der äußeren Verbrennung leichter mit Schwachgasen betrieben werden können – insbesondere bei Verwendung eines Brenners mit flammenloser Oxidation.
Vermeidung von Schwachgasen
In manchen Fällen ist es am sinnvollsten, die Entstehung von Schwachgasen von vornherein zu verhindern. Beispielsweise darf heute Abfall, der wesentliche Mengen organischer Materialien enthält, nicht mehr auf Deponien gelagert werden, weil der durch die Nutzung von Deponiegas entstehende Energieertrag in der Regel nicht ausreicht, um die hohen Investitions- und Betriebskosten zu decken. Außerdem kann oft nicht alles Deponiegas gefasst werden, sodass ein Teil unkontrolliert in die Atmosphäre gelangt.
Im Falle der Biomassevergasung ist es sinnvoll, die Verfahren daraufhin zu optimieren, dass das erzeugte Gas einen möglichst hohen Heizwert hat – zumindest hoch genug, um eine einfache und effektive Nutzung zu ermöglichen.
Siehe auch: Methan, Deponiegas, Biogas, Heizwert, Klimagefahren, Abfackelung, flammenlose Oxidation, Zündstrahlmotor
Wenn Ihnen diese Website gefällt, teilen Sie das doch auch Ihren Freunden und Kollegen mit – z. B. über Social Media durch einen Klick hier:
Diese Sharing-Buttons sind datenschutzfreundlich eingerichtet!