RP-Energie-Lexikon
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Stromtarif

Definition: eine Struktur für die Berechnung der Kosten des Bezugs elektrischer Energie

Alternativer Begriff: Tarif für den Bezug elektrischer Energie

Englisch: electricity tariff

Kategorien: elektrische Energie, Grundbegriffe

Autor:

Wie man zitiert; zusätzliche Literatur vorschlagen

Ursprüngliche Erstellung: 19.04.2012; letzte Änderung: 20.08.2023

URL: https://www.energie-lexikon.info/stromtarif.html

Wenn ein Endkunde von einem Energieversorgungsunternehmen (EVU) elektrische Energie ("Strom") bezieht, werden ihm die Kosten dafür berechnet, und zwar auf der Basis der folgenden Dinge:

  • Einerseits zählen die mit einem oder mehreren Stromzählern gemessenen Energiemengen (in Kilowattstunden oder Megawattstunden) – entweder nur die Gesamtmenge oder aufgeteilt nach dem Verbrauch in unterschiedlichen Tageszeiten. Nur bei größeren Verbrauchern wird auch der ganze zeitliche Verlauf aufgezeichnet und die Spitzenlast (maximal bezogene Leistung) berücksichtigt.
  • Andererseits gibt es eine Tarifstruktur, die angibt, wie genau sich die Gesamtkosten aus den Energiemengen ergeben. In aller Regel wird nicht einfach ein gewisser Strompreis pro Kilowattstunde berechnet, sondern eine mehr oder weniger komplizierte Tarifstruktur verwendet.

Viele Aspekte der Stromtarife sind gesetzlich reguliert. Beispielsweise besteht für die Energieversorgungsunternehmen (EVU) eine Grundversorgungspflicht, die nicht durch das Anbieten von extrem teuren Tarifen für wirtschaftlich uninteressante Verbraucher (z. B. in dünn besiedelten Regionen) unterlaufen werden darf; es müssen gewisse "allgemeine Preise" angeboten werden.

Da die Endkunden in EU-Ländern heute ihren Stromanbieter (das EVU) frei wählen können, können ihnen die Stromtarife nicht mehr diktiert werden. Ein Stromanbieterwechsel kann auch ökologisch motiviert erfolgen, z. B. um ein glaubwürdigeres Ökostromangebot zu bekommen.

In der Schweiz ist dies etwas anders: Für Privatkunden gibt es inzwischen auch die Möglichkeit, den Stromanbieter selbst auszuwählen, aber mit gewissen Einschränkungen: Der neue Anbieter muss Ökostrom liefern, und ein Wechsel ist höchstens einmal pro Jahr möglich. Darüber hinaus kann man meist auch beim vorgegebenen örtlichen Anbieter Stromprodukte auswählen – insbesondere um die ökologische Qualität zu erhöhen.

Beispiele für Stromtarife

Haushaltskunden

Die typische Struktur eines Stromtarifs für Privatkunden (Haushaltstarif) ist wie folgt:

  • Der Verbraucher zahlt einen monatlichen Grundpreis (auch Bereitstellungs- und Verrechnungspreis genannt) von z. B. 5 bis 10 €, unabhängig von seinem Energieverbrauch.
  • Hinzu kommt der Arbeitspreis für die bezogene Energiemenge – typischerweise rund 0,30 € pro Kilowattstunde. (Siehe auch den Artikel zum Begriff Arbeit.)

Somit zahlt z. B. ein Haushalt mit einem jährlichen Verbrauch von 2500 kWh pro Jahr insgesamt 12 · 10 € + 2500 kWh · 0,30 €/kWh = 870 €, davon 120 € für den Grundpreis. Es gibt aber auch Tarife ohne Grundpreis, mit einem dann etwas höheren Arbeitspreis.

Grund- und Arbeitspreis können viele unterschiedliche Strompreisbestandteile enthalten, die aber für den Endkunden nicht unbedingt von Interesse sind. Der Arbeitspreis enthält Beiträge der Kosten der Stromerzeugung in Kraftwerken, der Netznutzung sowie diverse Steuern, Abgaben und Umlagen (Konzessionsabgabe, EEG-Umlage, KWK-Umlage, Ökosteuer in Form der Stromsteuer, Umsatzsteuer, etc.).

Häufig kann der Verbraucher zwischen unterschiedlichen Tarifstrukturen auswählen:

  • Es gibt Tarife mit niedrigem Grundpreis, aber höherem Arbeitspreis. Diese sind günstiger für Kunden mit geringem Verbrauch (Single-Tarife). Große Familien oder andere Kunden mit höherem Verbrauch streben eher einen niedrigeren Arbeitspreis an, auch wenn der Grundpreis höher ist.
  • Es gibt ebenfalls Tarife ohne Grundpreis, aber mit einer abgerechneten Mindestmenge – was auf dasselbe hinausläuft: Bei sehr geringem Verbrauch zahlt man immer noch diese Mindestmenge, also eigentlich einen nur anders benannten Grundpreis.
  • Es gibt zeitabhängige Tarife z. B. mit günstigerem Nachtstrom (siehe unten), aber höherem Grundpreis.
  • Kunden können Ökostrom beziehen, meist mit einem leicht höheren Arbeitspreis. Bei seriösen Angeboten für Ökostrom kann man davon ausgehen, dass der Ökostrombezug zu einer entsprechenden Ausweitung der Ökostrom-Erzeugungskapazitäten führt. Bei unseriösen Angeboten dagegen ist dies nicht oder nicht nachvollziehbar der Fall; es werden dann nur Strommengen auf dem Papier verschoben, ohne Umweltnutzen.

Kleinverbraucher mit Nachtstromtarif bzw. Schwachlasttarif

Die meisten Großverbraucher und auch manche Kleinverbraucher haben eine zeitabhängige Tarifstruktur, die im einfachsten Fall so aussieht:

  • Ein Hochtarif (HT) mit einem höheren Arbeitspreis gilt für z. B. zwischen 6 Uhr und 22 Uhr.
  • In den restlichen Zeiten (u. U. auch am gesamten Wochenende und an Feiertagen) gilt ein Niedertarif (NT) (auch Schwachlasttarif oder Nachttarif) mit einem deutlich reduzierten Arbeitspreis.

Hier wird also ein Mehrtarif-Stromzähler benötigt, um die Verbrauchsmengen in der Hochtarif- und Niedertarifzeit getrennt zu erfassen. Die dafür anfallenden Kosten (verrechnet über eine höhere Grundgebühr) lohnen sich normalerweise nur, wenn wesentliche Mengen von Nachtstrom verbraucht werden – etwa für eine Nachtspeicher-Elektroheizung oder für Elektroboiler, oder auch, wenn der Stromverbrauch insgesamt relativ hoch ist.

Ein Leistungspreis wird nicht berechnet, da auch keine Leistungsmessung erfolgt. Dies bedeutet aber nicht, dass Kleinverbraucher nicht für die Leistungsbereitstellung zahlen: Deren Anteil wird einfach durch ein Standard-Lastprofil aus dem Energieverbrauch berechnet, also in den Arbeitspreis integriert.

Bei Heizstromtarifen für Elektroheizungen und Elektrowärmepumpen gibt es auch oft Sonderbedingungen, die dem EVU erlauben, das Gerät ferngesteuert für z. B. maximal zwei Stunden pro Tag abzuschalten. Dies dient dem Lastmanagement, ohne den Verbraucher im Regelfall nennenswert einzuschränken.

Gewerbe und industrielle Großverbraucher

Das Kleingewerbe hat ähnliche Stromtarife wie die Haushalte. Großverbraucher erhalten dagegen oft Sondertarife, die jeweils ausgehandelt werden können. Ein solcher Tarif kann z. B. so aussehen:

  • Ein Grundpreis kann Aufwendungen für den Anschluss, die Verbrauchsmessungen, die Miete eines Transformators etc. enthalten.
  • Der Arbeitspreis wird getrennt für den Verbrauch zu Hochtarif- und Niedertarifzeiten berechnet.
  • Hinzu kommt ein Leistungspreis, der sich nach der in einem bestimmten Zeitraum (z. B. ein Jahr oder ein Monat) maximal angeforderten Leistung (gemittelt über 15 Minuten) ergibt. Hierfür erfolgt eine registrierende Leistungsmessung, bei der Leistungsmittelwerte für 15-Minuten-Intervalle regelmäßig automatisch an das Energieversorgungsunternehmen übermittelt werden.
  • Eine weitere Komponente richtet sich nach dem Blindleistungsbedarf, genauer nach der bezogenen Blindarbeit. Blindstrom überträgt zwar netto keine Energie, führt jedoch zu einer zusätzlichen Netzbelastung und somit zu erhöhten Verlusten im Stromnetz. Dieser Teil lässt sich weitgehend einsparen, wenn beim Kunden eine Blindstromkompensation erfolgt. Blindarbeit wird oft nur dann über einen Blindstromzuschlag berechnet, wenn sie z. B. 50 % der Wirkarbeit übersteigt.

Gerade bei industriellen Großverbrauchern werden häufig Vergünstigungen dafür gewährt, dass das EVU bei Engpässen gewisse Anlagen zeitweise ferngesteuert abschalten darf (Lastabwurf). Solche Anlagen tragen nämlich weniger zu den benötigten Stromerzeugungs- und Netzkapazitäten bei.

Variable Stromtarife

Heute werden auch variable Stromtarife angeboten, bei denen der Arbeitspreis nicht im Voraus für bestimmte Zeiten festgelegt ist, sondern je nach Stromnachfrage und dem aktuellen Angebot z. B. an Windenergie schwankt. Die Arbeitspreise können sich an aktuellen Strombörsenpreisen orientieren (mit einem Aufschlag). Die Verbrauchserfassung muss hierfür mit einem "intelligenten Stromzähler" (smart meter) erfolgen.

Der energiewirtschaftliche Vorteil dieses Verfahrens ist, dass für die Verbraucher finanzielle Anreize geschaffen werden, den Verbrauch nach Möglichkeit in Zeiten schwacher Netzlast oder starker Einspeisungen zu verlegen und insbesondere bei Engpässen im Stromnetz zu reduzieren. Auf diese Weise werden Kraftwerke und Stromnetze effizienter und kostengünstiger genutzt; es wird auch weniger Regelenergie benötigt. Mit entsprechender technischer Ausrüstung können zukünftig gewisse Geräte automatisch auf Signale des intelligenten Stromzählers reagieren, so dass hierfür keine Handarbeit nötig ist.

Für die meisten Haushalte ist dieses Verfahren kaum attraktiv. Für sie ist es nämlich schwierig, größere Anteile ihres Verbrauchs zeitlich so zu verschieben, dass damit eine Einsparung entsteht, die den Mehraufwand kompensiert. Jedoch werden Hilfen entwickelt, um eine kostenoptimale Verbrauchsverlagerung für gewisse Verbraucher zu automatisieren. Beispielsweise gibt es Ladestationen für Elektroautos, die via Internet über eine geeignete Software-Schnittstelle (API) den zeitlichen Verlauf des Strompreises vom Anbieter erfahren und geeignet berücksichtigen. Ähnliches ist möglich für Wärmepumpenheizungen.

Da Winterstrom normalerweise knapper ist als Sommerstrom, wird er bei variablen Stromtarifen auch entsprechend teurer.

Rechtfertigung von Grundpreisen

Die Grundpreise der Stromtarife werden von den EVU mit diversen Fixkosten (verbrauchsunabhängigen Kosten) gerechtfertigt: mit Kosten für die Lieferbereitschaft, die Messeinrichtung (Stromzähler), die Zählerablesung sowie administrative Aufwendungen (Kundenverwaltung, Rechnungsstellung, Inkasso). Allerdings sind solche Fixkosten keineswegs ein zwingender Grund für die Verrechnung von Grundpreisen; beispielsweise haben Einzelhandelsgeschäfte ebenfalls hohe Fixkosten, verrechnen diese aber nicht den Kunden (z. B. in Form eines Eintrittsgelds im Laden). Entsprechend kann ein EVU durchaus auf den Grundpreis verzichten und dafür einen etwas höheren Arbeitspreis verrechnen.

Umweltschützer kritisieren seit langem, dass die Grundpreise in Verbindung mit entsprechend niedrigeren Arbeitspreisen die Anreize für Energiesparen und Energieeffizienz vermindern, also zu einem höheren Stromverbrauch führen, was ökologisch und wohl auch volkswirtschaftlich schädlich ist. Aus der Perspektive der Stromwirtschaft ist dagegen eine Maximierung des Umsatzes meistens gewünscht; man bevorzugt also eine absatzfördernde Tarifgestaltung: eher höhere Grundpreise und dafür niedrigere Arbeitspreise. Hierzu können auch günstigere Preise für Großverbraucher, Betreiber von Elektroheizungen u. ä. gehören. Verbraucher, die dies ablehnen, können dagegen nur vorgehen, indem sie einen Stromanbieterwechsel vornehmen. Ansonsten könnte die Politik Grundpreistarife verbieten.

Ein Indiz für den Primat der absatzfördernden Tarifgestaltung ist auch die Bevorzugung der Betreiber von Elektroheizungen. Dies kann vielerorts kaum mehr damit begründet werden, dass diese nur "überschüssigen Strom" (genauer sonst ungenutzte Kraftwerks- und Leitungskapazitäten) nutzen: Häufig sind gerade Elektroheizungen für hohe Lastspitzen im Winter verantwortlich, erfordern also erhöhte Investitionen in Kraftwerke und Hochspannungsleitungen und müssten wegen des jahreszeitlich ungünstigen Lastprofils eher einen Aufschlag zahlen. Dann würden jedoch die meisten Elektroheizungen wirtschaftlich untragbar, so dass die EVU einen wesentlichen Umsatzanteil verlieren würden.

Rechtfertigung von Leistungspreisen

Ein Leistungspreis trägt dem Umstand Rechnung, dass die maximal abgefragte Leistung ein Maß für die Bereitstellungskosten beim EVU ist. Er schafft einen Anreiz zur Minimierung von Leistungsspitzen, beispielsweise durch automatisches Lastmanagement oder Optimierung des Betriebsablaufs. Tendenziell führt dies zu einer Vergleichmäßigung des Stromverbrauchs. Vor der Energiewende entsprach dies auch ziemlich gut dem, was die Stromerzeugung mit dem genutzten Kraftwerkspark am wirtschaftlichsten machte und auch zu einer guten Auslastung der Stromnetze führte.

Die Energiewende verändert die Verhältnisse allerdings dahingehend, dass zunehmend fluktuierende (zeitlich schwankende) Einspeisungen von Windenergie und Photovoltaik erfolgen. Von daher entspricht ein gleichmäßiger Stromverbrauch allmählich immer weniger dem, was für die Stromerzeugung günstig ist. Wünschenswert wäre, dass ein Teil des Verbrauchs flexibel in die Zeiten verlagert wird, in denen ein besonders hohes Angebot an erneuerbaren Energien besteht (soweit die Kapazitäten der Stromnetze hierfür ausreichen). Ein Leistungspreis wirkt dem aber genau entgegen: Lastspitzen auch zu eigentlich erwünschten Zeiten werden damit finanziell bestraft. Deswegen wird es nötig werden, Leistungspreise durch andere Tarifstrukturen abzulösen, die den geänderten Verhältnissen besser entsprechen.

Ungewöhnliche Tarifstrukturen

Manche Stromanbieter verwenden ungewöhnliche Tarifstrukturen:

  • Es gibt Tarife mit einer Mindestverbrauchsregelung, gemäß der immer eine gewisse Mindestverbrauchsmenge zu bezahlen ist, selbst wenn der tatsächliche Verbrauch tiefer lag. Somit entfällt jeder finanzielle Anreiz, diese Mindestverbrauchsmenge zu unterschreiten, was ökologisch fragwürdig ist.
  • Teils gibt es auch eine Mehrverbrauchsregelung, womöglich sogar kombiniert mit der Mindestverbrauchsregelung: Wenn mehr als die Mindestmenge verbraucht wird, wird auf jede zusätzliche Kilowattstunde ein z. T. sogar sehr hoher "Mehrverbrauchspreis" angewandt. Somit ist der durchschnittliche Kilowattstundenpreis immer höher als der ursprünglich genannte Tarifwert, außer man erreicht genau die Mindestmenge.
  • Vereinzelt wurden Strom-Flatrates diskutiert, was einen festen Preis unabhängig vom Verbrauch bedeuten sollte. Das wäre freilich eine Einladung zu maßloser Verschwendung und gleichzeitig eine großes Kostenrisiko für das EVU.
  • In manchen Ländern gibt es Prepaid-Verträge, bei denen die Verbraucher den Strombezug im Voraus bezahlen. Wenn das damit aufgebaute Stromguthaben aufgebraucht ist, wird der Strom abgeschaltet oder zumindest die beziehbare Leistung auf ein Minimum reduziert, um wenigstens den Weiterbetrieb eines Kühlschranks oder einer Tiefkühltruhe zu ermöglichen, aber nicht mehr z. B. den eines Elektroherds. Solche Tarife mögen für EVUs attraktiv sein in Gegenden, wo es große Inkasso-Probleme gibt, sind aber in Deutschland ungewöhnlich.

Verbraucher, die sich auf eine Mindest- oder Mehrverbrauchsregelung einlassen, sollten ihren zukünftigen Verbrauch sehr gut abschätzen können, weil sie sonst sehr leicht unnötig viel zahlen.

Bevorzugung von Großverbrauchern

Die Strompreise für Großkunden sind im Allgemeinen erheblich niedriger als diejenigen für Kleinverbraucher. Dies hat mehrere Gründe:

  • Die Kosten für den Aufbau und Unterhalt des Stromnetzes im Bereich der Feinverteilung an viele Kleinverbraucher sind höher.
  • Die administrativen Aufwendungen sind bei Großverbrauchern relativ gesehen kleiner.
  • Manche Großverbraucher erlauben dem EVU, gewisse Geräte bei Engpässen im Stromnetz zeitweise ferngesteuert abzuschalten. Dieses Lastmanagement reduziert die erforderliche Spitzenlast im Netz und spart daher Investitionen und ist daher sehr sinnvoll, wenn die Betriebsabläufe dadurch nicht zu sehr gestört werden.
  • In besonderen Fällen sehen Verträge den Strombezug hauptsächlich in Schwachlastzeiten vor, im Extremfall sogar nur zu bestimmten Jahreszeiten (nicht im Winter). Beispielsweise betreibt das CERN-Forschungszentrum stromintensive Beschleunigeranlagen vorzugsweise im Sommer und erhält dafür besonders günstige Stromtarife.
  • Industrielle Großverbraucher müssen aufgrund gesetzlicher Regelungen diverse Abgaben nicht zahlen. Beispielsweise in Deutschland sind die stromintensiven Industrien von der EEG-Umlage (Förderung erneuerbarer Energien gemäß dem EEG) befreit. Bestimmte Großverbraucher können sich zudem von der Netzgebühr befreien lassen. Die Politik begründet dies mit dem Schutz energieintensiver Industrien, die im internationalen Wettbewerb stehen. Kritiker sehen hier die für Kleinverbraucher ungerechten Auswirkungen massiver Lobbyarbeit.

Abschlagszahlungen und Vorauszahlungen

Üblicherweise verlangen die EVU von den Endkunden regelmäßige (z. B. monatliche) Abschlagszahlungen (Akontozahlungen) entsprechend dem im Voraus geschätzten Verbrauch. Am Jahresende erfolgt dann eine Zählerablesung für die endgültige Abrechnung. Wenn der Verbrauch niedriger war als geschätzt, erfolgt eine Rückerstattung, oder es wird ein Guthaben registriert.

Manche Stromanbieter bieten günstige Tarife, bei denen sie jedoch Vorauszahlungen für lange Zeiträume (z. B. ein oder zwei Jahre) verlangen. Wenn der Stromanbieter in diesem Zeitpunkt insolvent wird, wird es für den Kunden schwierig, vorausbezahlte Beträge zurückzuerhalten. Einige Stromkunden erlitten auf diese Weise große Schäden.

Tarifanpassungen

Die Stromtarife für die Endkunden werden in der Regel nur gelegentlich der Marktentwicklung angepasst. Die EVU müssen dagegen mit stark schwankenden und nur begrenzt prognostizierbaren Großhandelspreisen an den Strombörsen zurechtkommen. Entsprechend enthalten die Endkundentarife gewisse Reserven, damit die EVU Perioden unerwartet hoher Marktpreise bis zur nächsten Tarifanpassung gut überstehen können. Für größere Kunden kann es vorteilhaft sein, automatische Tarifanpassungen an den Börsenpreis zu vereinbaren, damit solche Reserven nicht mehr nötig sind.

Siehe auch: Strompreis, elektrische Energie, Nachtstrom, Energieversorgungsunternehmen, Stromanbieterwechsel, Ökostrom, Heizstrom, registrierende Leistungsmessung, Lastprofil, Strommarkt

Fragen und Kommentare von Lesern

26.03.2018

Es gibt derzeit (2018) leider kein Angebot der EVU ohne Grundpreis, was nicht gleichzeitig ohne Mindestenergieumwandlungsmenge verbunden ist.

Daher zahle ich z. B. fast genauso viel Grundpreis wie Leistungspreis. Das ist extrem ungerecht und eine Klatsche für Menschen, die durch wenig Energieumwandlung ihren Beitrag zum "Stromsparen" leisten. Mein "Verbrauch" (genauer: die Energieumwandlung) beträgt etwa 600 kWh/a.

Aus meiner Sicht ist dies auch ein Indiz dafür, dass "Stromsparen" nicht wirklich gewollt ist.

Antwort vom Autor:

Das kann man so sehen, nur dass Sie mit "Leistungspreis" eigentlich einen Arbeitspreis gemeint haben.

Die EVUs weisen darauf hin, dass sie ja schließlich Fixkosten haben. Allerdings werden auch sonst nicht immer alle Fixkosten so berechnet; beispielsweise zahlt man üblicherweise keinen Eintritt beim Betreten eines Supermarkts, obwohl dessen Betrieb hohe Fixkosten verursacht, zu deren Deckung ein nichts kaufender Kunde nicht beiträgt.

13.07.2018

Die Argumentation für eine Abschaffung der Grundkosten ist nicht schlüssig. Ein erheblicher Teil der Grundkosten besteht z.B. aus Netzkosten. Diese sind kurzfristig komplett unabhängig vom Verbrauch. Auch wenn Sie weniger Strom verbrauchen, behalten Sie den gleichen Anschluss an das gleiche Stromnetz und verursachen deshalb nach wie vor die gleichen Netzkosten. Da diese auf irgendeine Weise gezahlt werden müssen, wäre es ceteris paribus nicht sinnvoll, den Grundpreis komplett abzuschaffen, bzw. durch einen Tarif mit reinem Arbeitspreis zu ersetzen.

Antwort vom Autor:

Die Netzkosten zahlen wir über die Netznutzungsentgelte, also verbrauchsabhängig. Das ist rechtlich so gesetzt; es kann nicht objektiv bestimmt werden, ob entsprechende Kosten verbrauchsabhängig verursacht werden oder nicht. Sie äußern hier also eine Meinung und nicht eine Tatsache, wie Sie zu glauben scheinen.

Es ist unstrittig, dass bereits für die Vorhaltung eines Anschlusses Kosten entstehen, aber daraus folgt nicht zwangsläufig, dass diese dem Kunden als Fixkosten zu belasten sind. Schließlich zahlen wir auch keinen Eintritt in einen Supermarkt, obwohl dessen Betrieb erhebliche Kosten verursacht, egal ob man etwas kauft oder nicht.

13.09.2020

Ich kann mich erinnern, dass der Grundpreis/Bereitstellungspreis mal nach der Anzahl der Steckdosen festgelegt wurde. Ob die Lichtschalter auch in die Berechnung einflossen entzieht sich meiner Kenntnis. Wann wurde das abgeschafft?

Antwort vom Autor:

Das muss schon lange her sein. Die Zahl der Steckdosen ist natürlich ein sehr schlechter Indikator für irgendetwas, welches für den Energieversorger relevant sein könnte.

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