Tanktourismus
Definition: Verkehr über Landesgrenzen zwecks Ausnutzung niedriger Kraftstoffpreise
Kategorien: Energieträger, Fahrzeuge
Autor: Dr. Rüdiger Paschotta
Wie man zitiert; zusätzliche Literatur vorschlagen
Ursprüngliche Erstellung: 09.09.2012; letzte Änderung: 20.08.2023
Die Preise für Kraftstoffe wie Benzin und Dieselkraftstoff sind in unterschiedlichen Staaten unterschiedlich hoch. Dies liegt hauptsächlich daran, dass die Staaten verschieden hohe Steuersätze anwenden. Hierdurch entsteht oft ein Anreiz z. B. für Autofahrer, die nahe einer Landesgrenze wohnen, ins Ausland zu fahren, um dort günstiger zu tanken. Den dadurch ausgelösten Verkehr bezeichnet man als Tanktourismus. Natürlich werden die günstigeren Preise auch dann ausgenutzt, wenn man ohnehin schon aus anderen Gründen ins Ausland fährt, etwa bei Urlaubsreisen.
Für kleine Länder kann der Tanktourismus einen erheblichen Einfluss auf den gesamten Absatz haben. Beispielsweise hat eine Studie gezeigt, dass rund 10 % des in der Schweiz verkauften Benzins von Tanktouristen gezapft wird. Für den deutschen Staat gingen durch den Tanktourismus z. B. in 2006 ca. 2,4 Milliarden Euro verloren [1].
Die unterschiedlich hohen Steuersätze kommen nicht unbedingt zufällig zustande. In der Schweiz etwa, die trotz eines allgemein sehr hohen Preisniveaus die Preise für Kraftstoffe relativ niedrig hält, wird die klimapolitisch gebotene und vom CO2-Gesetz eigentlich vorgesehene Erhöhung der Kraftstoffsteuern häufig mit dem Argument bekämpft, dass man so den Tanktourismus und damit die Steuereinnahmen gefährde. Energie- und klimapolitisch ist dies natürlich sehr kontraproduktiv. Zunächst einmal entsteht zusätzlicher Verkehr und damit ein zusätzlicher Energieverbrauch. (Manche Fahrer scheinen selbst dann im Ausland zu tanken, wenn die dadurch entstehenden längeren Wegstrecken die Einsparung zunichte machen.) Vor allem aber vermindert dieser Steuerwettwerb nötige (und kostengünstig mögliche) Energieeinsparungen in der Schweiz und erzeugt gleichzeitig einen Druck auf die umliegenden Länder, die Steuern nicht allzu sehr zu erhöhen. Dies ist ein Beispiel für den Primat kurzfristiger ökonomischer Interessen über den Klimaschutz.
Literatur
[1] | M. Keller et al., Tanktourismus, Schlussbericht vom 6. Mai 2010, http://www.news.admin.ch/NSBSubscriber/message/attachments/19578.pdf |
Siehe auch: Benzin, Dieselkraftstoff, Klimaschutz
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