Taupunkt
Definition: die Temperatur, auf die Luft abgekühlt werden muss, bis sie mit Wasserdampf gesättigt ist, sodass dieser anfangen kann zu kondensieren
Englisch: dew point
Kategorien: Grundbegriffe, physikalische Grundlagen
Autor: Dr. Rüdiger Paschotta
Wie man zitiert; zusätzliche Literatur vorschlagen
Ursprüngliche Erstellung: 18.07.2016; letzte Änderung: 20.08.2023
Luft beispielsweise in einem Wohnraum enthält normalerweise eine gewisse Menge von Luftfeuchtigkeit, d. h. einen Anteil von Wasserdampf. Wenn solche Luft abgekühlt wird, ohne dass ihr gleichzeitig Wasserdampf entzogen wird, bleibt die absolute Luftfeuchtigkeit konstant; jedoch steigt die relative Luftfeuchtigkeit, quasi weil kältere Luft weniger Wasserdampf aufnehmen kann. (Genau genommen wird die Grenze vom Dampfdruck des Wasserdampfs bestimmt; es geht nicht wirklich um eine Eigenschaft von Luft.) Wenn der sogenannte Taupunkt erreicht ist, liegt die relative Luftfeuchtigkeit bei 100 %, d. h. die Luft ist vollkommen mit Wasserdampf gesättigt. Jede weitere Temperaturabsenkung führt dann zur Kondensation von Wasser, häufig an festen Gegenständen wie Raumwänden oder Fenstern. Der Taupunkt ist also die Temperatur, auf die man die Luft abkühlen müsste, damit die Kondensation beginnt. Wenn der Taupunkt durch eine Messung bestimmt wird, kann daraus die absolute und relative Luftfeuchtigkeit der Luft vor dem Abkühlen berechnet werden. Umgekehrt lässt sich der Taupunkt bei bekannter Temperatur und Luftfeuchtigkeit berechnen.
Die Messung des Taupunkts kann direkt auf seiner Definition basierend erfolgen: Man kühlt die Luft ab, bis die Kondensation gerade beginnt, und bestimmt die dazu nötige Temperatur. Hierfür kann beispielsweise ein Taupunktspiegelhygrometer dienen. Dieses enthält einen Spiegel, der bei Abkühlung irgendwann beschlägt, was zu einer leicht messbar reduzierten Reflektivität des Spiegels führt. In manchen elektronischen Messgeräten wird dagegen der Taupunkt aus der Temperatur und der gemessenen relativen Luftfeuchtigkeit berechnet.
Als Beispiel betrachte man Luft in einem Raum bei 20 °C (gemessen irgendwo in der Luft, entfernt von allen Gegenständen) und mit einer relativen Luftfeuchtigkeit von 74 %. In diesem Falle liegt der Taupunkt bei ca. 15 °C. (Die sogenannte Taupunktdifferenz ist dann 20 °C − 15 °C = 5 K.) Dies bedeutet, dass beispielsweise ein Fenster, dessen Oberflächentemperatur unter 15 °C liegt, beschlagen kann: Raumluft, die dorthin gerät, wird auf eine Temperatur nur wenig oberhalb der Oberflächentemperatur des Fensters abgekühlt.
Wesentlich bedenklicher ist es, wenn der Taupunkt beispielsweise an der Innenseite kalter Außenwände unterschritten wird: Wenn Wände dadurch feucht werden, führt dies auf Dauer meist zu Schimmelbildung. Wenn bei gleicher Lufttemperatur (20 °C) die relative Luftfeuchte nur 50 % ist, liegt der Taupunkt mit ca. 8 °C wesentlich tiefer; Fenster oder Wände müssten also wesentlich kühler sein, damit Wasserdampf kondensieren kann. Man beachte aber, dass die Gefahr von Schimmelbildung bereits besteht, wenn die relative Luftfeuchtigkeit an einer Wand oberhalb von 80 % liegt; es ist dafür also keine Kondensation durch Taupunktunterschreitung zwingend notwendig.
Abbildung 1 zeigt den Taupunkt in Abhängigkeit von der Lufttemperatur für verschiedene Raumtemperaturen. Man kann damit die oben genannten Zahlen verifizieren. Generell liegt der Taupunkt umso höher, je höher die relative Luftfeuchtigkeit der Raumluft ist: Feuchte Luft muss nur wenig abgekühlt werden, damit die Kondensation eintritt. Außerdem liegen die Kurven für höhere Raumtemperaturen höher, da bei der gleichen relativen Luftfeuchtigkeit die absolute Feuchtigkeit (d. h. der Wasserdampfgehalt) entsprechend höher ist.
Von schwülem Wetter spricht man, wenn der Taupunkt oberhalb von 16 °C liegt. Dies entspricht zum Beispiel bei 20 °C einer relativen Luftfeuchtigkeit von mehr als 79 %, oder bei 25 °C von mehr als 59 %. Wenn in Innenräumen zusätzlich Feuchtigkeit an die Luft abgegeben wird, empfindet man natürlich entsprechend früher eine Schwüle.
Cumulus-Wolken können sich bilden, wenn feuchte Luft aufsteigt und sich dabei als Folge des abnehmenden Luftdrucks abkühlt, bis ihr Taupunkt unterschritten wird und sich feine Wassertröpfchen bilden. An der Unterkante einer solchen Wolke liegt die Lufttemperatur genau beim Taupunkt.
Die technische Entfeuchtung von Luft z. B. in einem Luftentfeuchter oder in einer Klimaanlage erfolgt meist so, dass die Luft deutlich unter den Taupunkt abgekühlt wird, wobei das anfallende Kondenswasser flüssig abgeleitet wird.
Taupunkt in Wänden
Der Taupunkt kann auch für Wände von Gebäuden berechnet werden, um die Gefahr von Kondensation innerhalb einer Wand abzuschätzen. Wasserdampf kann nämlich mehr oder weniger schnell durch Baumaterialien diffundieren – recht langsam durch massive Backsteinwände, schneller durch poröse Ziegelwände, sehr schnell durch eine Steinwolle-Wärmedämmung und nur ziemlich langsam durch eine Polystyrol-Wärmedämmung. Im Winter entsteht dadurch eine ständige langsame Wanderung von Wasserdampf von innen nach außen, weil die Wasserdampf-Konzentration innen höher ist.
Bei einem konventionellen nicht wärmegedämmte Mauerwerk wird im Winter der Taupunkt häufig irgendwo innerhalb der Wand unterschritten. (Man begegnet manchmal ungenauen Aussagen wie "Der Taupunkt liegt in der Wand"; gemeint ist dann die Stelle, an oder ab der der Taupunkt unterschritten wird. Es gibt dadurch auch den Begriff Taupunktebene.) Dies kann zu einer gewissen Durchfeuchtung der Wand führen, die bei höheren Außentemperaturen allerdings wieder verschwindet und in der Regel keine dauerhaften Probleme verursacht. Der Grund dafür ist im Kern, dass es um nicht sehr große Mengen von Wasser geht und übliche Baumaterialien nicht besonders empfindlich darauf reagieren.
Bei einer (wie heute üblich) von außen wärmegedämmten Wand wird der Taupunkt in aller Regel innerhalb des Mauerwerks nicht unterschritten, da die gedämmte Wand ja warm bleibt. Jedoch ist eine zeitweise Taupunktunterschreitung innerhalb der Dämmschicht durchaus möglich. Im Falle von diffusionsoffenen Wärmedämmmaterialien wie z. B. Steinwolle führt das in der Regel nicht zu Problemen, weil es wiederum nur um begrenzte Mengen von Wasser geht und das Material nicht besonders empfindlich darauf reagiert. Selbst wenn lokal einmal Schimmel entstünde, wären damit zumindest keine gesundheitlichen Gefahren verbunden, da dieses Phänomen ja außerhalb der Mauern auftritt. Im Falle von diffusionshemmenden Stoffen wie Polystyrol treten ebenfalls in aller Regel keine Probleme auf, eben weil die in dieses Material eindringenden Mengen von Wasserdampf sehr gering sind. Die von gewissen "Dämmkritikern" verbreitete Behauptung, gedämmte Wände müssten früher oder später "absaufen", sind weder theoretisch noch empirisch nachvollziehbar.
Problematischer sind innen angebrachte Wärmedämmungen. Hier wird der Taupunkt häufig sowohl in der (kalten) Wand als auch im Inneren des Dämmmaterials unterschritten. Von daher ist es denkbar, das sich mit der Zeit erhebliche Mengen von Feuchtigkeit in der Struktur ansammeln und irgendwann zu Problemen führen – wobei Schimmelbildung in diesem Falle auch wesentlich bedenklicher ist, da Schimmelsporen und gebildete Giftstoffe in die Raumluft gelangen können. Um solche Probleme zu verhindern, müssen für Innendämmungen unbedingt geeignete Dämmstoffe ausgewählt werden – beispielsweise Calciumsilikat. Dieses Material ist stark alkalisch und bietet deswegen dem Schimmel keine Grundlage, selbst wenn es einmal feucht wird. Außerdem führt die Kapillarwirkung in seinem Poren dazu, das entstandene Feuchtigkeit wieder zurückgeleitet werden kann. Damit dies funktioniert, muss das Material allerdings auch sachgerecht verarbeitet werden – beispielsweise unter Vermeidung größerer Ritzen.
Taupunkt bei Abgasen
Die Unterschreitung des Taupunkts in einem herkömmlichen Schornstein (z. B. als Folge einer zu niedrigen Abgastemperatur) ist bedenklich, weil dies auf Dauer zu einer Versottung und langfristig sogar zur Zerstörung des Schornsteins führen könnte. Vor allem bei der Verbrennung von Erdgas liegt der Taupunkt des Abgases relativ hoch.
In einem Brennwertkessels ist es aber wichtig, dass der Taupunkt des Abgases möglichst stark unterschritten wird, um eine möglichst vollständige Kondensation des Wasserdampfs zu erzielen. Das Abgas, welches einen solchen Kessel verlässt, kann und muss mit einer feuchteresistenten Abgasleitung abgeführt werden, die dafür nicht Hochtemperaturfest sein muss (und deswegen auch um einiges billiger sein kann).
Literatur
[1] | W. Eicke-Hennig, "Der Taupunkt ist kein Wandersmann", http://www.energiesparaktion.de/downloads/Altbau/Diffusionsbetrachtung.pdf, eine sehr solide und verständliche Darstellung der Feuchtigkeitsproblematik in Wänden |
Siehe auch: Luftfeuchtigkeit, Schimmel in Wohnräumen, Luftentfeuchter, Klimaanlage, Bauphysik
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