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Temperaturspreizung

Definition: eine Temperaturdifferenz, oft im Zusammenhang mit einem System zum Transport von Wärme

Englisch: temperature spread

Kategorie: Wärme und Kälte

Autor:

Wie man zitiert; zusätzliche Literatur vorschlagen

Ursprüngliche Erstellung: 07.11.2014; letzte Änderung: 20.08.2023

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Der Begriff Temperaturspreizung tritt häufig auf im Zusammenhang mit Systemen, die Wärme mithilfe eines Wärmeüberträgermediums (beispielsweise Wasser) transportieren. Beispielsweise liefert ein Zentralheizungssystem warmes Wasser mit der sogenannten Vorlauftemperatur in die Heizkörper, und von dort fließt es mit der niedrigeren Rücklauftemperatur wieder zurück. Die Temperaturspreizung ist dann die Differenz von Vorlauf- und Rücklauftemperatur.

Auch wenn die beiden Temperaturen in aller Regel in Grad Celsius (°C) angegeben werden, ist die technisch korrekte Einheit für die Temperaturdifferenz das Kelvin (K), wobei der Zahlenwert der Differenz der Celsius-Temperaturen entspricht.

Bedeutung der Temperaturspreizung

Die transportierte Wärmeleistung ist proportional zum Volumenstrom des Wärmeüberträgermediums, zu dessen spezifischer Wärmekapazität und zur Temperaturspreizung. Dies bedeutet, dass eine hohe Temperaturspreizung den für eine bestimmte transportierte Leistung nötigen Volumenstrom verringert und damit den Aufwand für die Pumpe.

Andererseits kann es im Sinne der Energieeffizienz ungünstig sein, die Vorlauftemperatur zu erhöhen, um eine erhöhte Temperaturspreizung zu erreichen. Eine höhere Vorlauftemperatur bedeutet nämlich oft eine reduzierte Energieeffizienz bei der Wärmeerzeugung und höhere Wärmeverluste im Leitungsnetz. Dagegen ist es meist günstig, wenn die Rücklauftemperatur herabgesetzt werden kann, weil dann die Energieverluste meist abnehmen. Dies erfordert aber, dass beispielsweise die Heizkörper großzügig bemessen sind und dass keine Heizkörper mit unnötig großem Volumenstrom betrieben werden. Ein korrekter hydraulischer Abgleich der Heizungsanlage trägt hier zu einer optimalen Situation bei.

Unter Umständen kann es hilfreich sein, die Vorlauftemperatur ein wenig anzuheben, wenn dies dazu führt, dass aufgrund weniger stark geöffneter Thermostatventile der Volumenstrom abnimmt und damit auch die Rücklauftemperatur. Es kann vorkommen, dass der Mittelwert von Vorlauf- und Rücklauftemperatur dadurch sogar sinkt, sodass auch die gesamten Wärmeverluste in den Leitungen etwas abnehmen können. Wenn jedoch dauerhaft eine unnötig hohe Temperaturspreizung beobachtet wird, legt dies nahe, es mit einer etwas niedrigeren Vorlauftemperatur zu versuchen.

Da der Energieaufwand für die Heizungs-Umwälzpumpe relativ gering sein kann, vorausgesetzt dass eine korrekt dimensionierte und effiziente Pumpe eingesetzt wird, genügt hier eine moderate Temperaturspreizung von beispielsweise 10 K (vor allem bei Niedertemperaturheizungen). Es gibt auch Systeme, bei denen die Pumpenleistung automatisch reduziert wird, wenn die Temperaturspreizung zu sehr abnimmt. Es ist nämlich sinnlos, kräftig Wasser umzupumpen, wenn diesem die Wärme ohnehin nur sehr unvollständig entzogen wird.

Bei Fernwärme- und Nahwärmenetzen ist die Situation qualitativ dieselbe wie bei einem Zentralheizungssystem innerhalb eines Gebäudes. Auch dort versucht man die Übergabestationen so zu betreiben, dass eine möglichst tiefe Rücklauftemperatur erreicht wird. Gerade durch die großen Leitungslängen bei solchen Netzen ist es hier aber besonders von Interesse, den Aufwand für das Pumpen zu begrenzen, d. h. das Netz mit einer Temperaturspreizung von mindestens 30 oder 40 K zu betreiben. Hierfür kann es beispielsweise hilfreich sein, die Warmwasserbereitung jeweils mit einem Durchlauferhitzer (mit Wärmeübertrager) anstatt mit einem Warmwasserspeicher durchzuführen, falls die Anschlussleistung hierfür ausreicht. Außerdem verwendet man oft relativ hohe Vorlauftemperaturen – vor allem dann, wenn die Effizienz der Wärmeerzeugung davon nicht besonders stark abhängt.

Eine wiederum ähnliche Situation tritt beim Betrieb thermischer Solaranlagen mit Sonnenkollektoren auf. Hier muss die Solarflüssigkeit, die oft wegen des nötigen Frostschutzmittels relativ zähflüssig ist, durch relativ dünne und lange Leitungen z. B. zwischen Heizkeller und Dach gepumpt werden. (Dickere Leitungen würden nicht nur mehr Material benötigen, sondern auch höhere Wärmeverluste verursachen.) Man strebt also einen geringen Volumenstrom an, um den Strombedarf der Zirkulationspumpe gering zu halten, und benötigt deswegen eine ausreichende Temperaturspreizung von beispielsweise mindestens 10 K. Andererseits sollte die Temperatur der Sonnenkollektoren nicht allzu hoch werden, weil dabei ihre Wärmeverluste (durch Wärmeleitung und Wärmestrahlung) zunehmen würden. Also ist es wichtig, dass ein guter Wärmeübergang in dem Wärmeübertrager des Systems erfolgt, und die Anlage funktioniert am besten, wenn die Wärme dort auf einem möglichst niedrigen Temperaturniveau abgegeben werden kann. Deswegen ist die Energieausbeute einer Solaranlage mit Heizungsunterstützung meist deutlich höher als bei einer Anlage für die reine solare Warmwasserbereitung, vor allem wenn das Heizungssystem mit niedriger Vorlauftemperatur arbeiten kann.

Die Temperaturspreizung ist messtechnisch relativ einfach zu ermitteln; man benötigt lediglich zwei ausreichend genaue Temperatursensoren. Wenn zusätzlich der Volumenstrom mit einem geeigneten Messgerät erfasst werden kann, lässt sich die gelieferte Wärmeleistung leicht ermitteln. Durch zeitliche Integration beispielsweise über ein Jahr erhält man die gesamte gelieferte Wärmemenge.

Für die obigen Überlegungen wurde von einem Zweirohrsystem ausgegangen, wie es bei heutigen Zentralheizungen üblich ist. Bei Einrohrheizungen ist die Sachlage teils etwas anders. Insbesondere gibt es hier das Problem, dass die Temperaturspreizung besonders gering wird im Falle, dass viele Heizkörper Thermostate z. B. wegen Sonneneinstrahlung in die Räume schließen. Generell ist es mit solchen Systemen schwieriger, die Temperaturspreizung zu optimieren.

Siehe auch: Temperatur, Vorlauftemperatur, Zentralheizung, Fernwärme, Nahwärme, Solaranlage, hydraulischer Abgleich von Zentralheizungsanlagen

Fragen und Kommentare von Lesern

09.04.2020

Kann ein Heizkörper auch mit 35 °C Vorlauf- und 31 °C Rücklauftemperatur betrieben werden? Oder hat eine so geringe Spreizung Auswirkungen auf den Heizkörper?

Antwort vom Autor:

Das kann man schon machen, nur ist der Energieaufwand für die Umwälzung des Wassers dann vielleicht etwas höher als nötig. Tendenziell könnte also eine etwas höhere Vorlauftemperatur sinnvoll sein, aber natürlich nur, wenn Sie die Umwälzpumpe dann entsprechend niedriger einstellen können.

02.11.2021

Also wenn ich das richtig verstehe kann ich eine Fußbodenheizung mit jeder Vorlauftemperatur betreiben, nur müsste sie halt mindestens die Temperatur des gewünschten Raumes haben?

Antwort vom Autor:

Nein, das reicht nicht: Die Vorlauftemperatur muss deutlich über der Raumtemperatur liegen und so hoch, dass eine vernünftige Temperaturspreizung erreicht wird. Sonst hat man im Verhältnis zur Heizleistung zu viel Pumpaufwand. Andererseits soll die Vorlauftemperatur nicht unnötig hoch sein, um eine gleichmäßige Erwärmung und eine möglichst effiziente Heizwärmeerzeugung zu erzielen.

28.12.2021

Ich lasse das Trink-Warmwasser durch ein Tank-in-Tank-System erzeugen. VL-Temperatur ist 60°C; RL-Temperatur ist 55°C – die Spreizung somit nur 5 K (ist angeblich so in Ordnung).

Die Speicherladepumpe wird mittels Temperatursensor in der Brauchwasserblase gesteuert und kennt nur die Betriebszustände "EIN" und "AUS". Die Ladeleitung hat ca. 50 m Länge (Summe VL & RL). Die Wärme kommt von einer Fernwärmeübergabestation.

Fragen:

  1. Wäre eine variable Pumpe, gesteuert von einem Sensor im Heizwasser-RL, nicht sinnvoller? Er könnte dafür sorgen, dass dem Heizwasser eine größere Wärmemenge entzogen wird und die Spreizung auf ca. 30 K steigt. Energetisch vermutlich sinnvoll.

  2. Es besteht die Gefahr, dass der Fernwärmevertrag zukünftig eine Klausel zur "RL-Temperaturbegrenzung" enthält und daher eine Absenkung der RL-Temperatur bei der Warmwasserbereitung zu überlegen ist (besonders im Sommer ohne weitere Heizenergieverbraucher). Wie soll man das sonst anders umsetzen?

Antwort vom Autor:

Für das Fernwärmesystem ist es in der Tat ungünstig, wenn die Rücklauftemperatur so hoch liegt. Allerdings dürfte es nicht so einfach sein, die Rücklauftemperatur massiv abzusenken. Eine Möglichkeit wäre vielleicht die Verwendung eines Gegenstrom-Wärmeübertragers wie in einer Frischwasserstation, falls die dem Fernwärmesystem entnehmbare Leistung dafür ausreichend ist. Im Prinzip müsste es auch mit einem Tank-in-Tank-System funktionieren, wenn dieses geeignet gestaltet ist – eine eher schlanke, hohe Bauart, in der man eine gute Temperaturschichtung erreicht.

04.10.2022

Wir haben auf Wärmepumpe umgestellt. Liege ich richtig in der Annahme, dass eine größere Spreizung zwischen Ausschalt- und Einschalttemperatur zur Erwärmung des Warmwasserspeichers (200 l, momentan auf 50-38 Grad Celsius eingestellt) die Wärmepumpe schont und somit die Anzahl der Ladezyklen verringert? Für lauwarmes Wasser zwischendurch sollte das ja ausreichend sein.

Antwort vom Autor:

Diese Temperaturdifferenz nennt man eher nicht Temperaturspreizung, sondern Hysterese.

Grundsätzlich sind weniger Ladezyklen sinnvoll, solange Ihnen die Wassertemperatur genügt.

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