Transformatorenstation
Definition: eine Einrichtung zur Übertragung elektrischer Energie von einem Mittelspannungsnetz in ein Niederspannungsnetz
Alternative Begriffe: Transformatorstation, Netzstation, Umspannstation, Ortsnetzstation
Englisch: substation
Kategorie: elektrische Energie
Autor: Dr. Rüdiger Paschotta
Wie man zitiert; zusätzliche Literatur vorschlagen
Ursprüngliche Erstellung: 16.08.2020; letzte Änderung: 20.08.2023
URL: https://www.energie-lexikon.info/transformatorenstation.html
Die meisten Kleinverbraucher elektrischer Energie werden mit Niederspannung versorgt. Dazu werden sie jeweils an ein Niederspannungsnetz angeschlossen, welches über eine oder mehrere Transformatorenstationen aus einem Mittelspannungsnetz gespeist wird. Bereits eine Kleinstadt enthält eine beachtliche Anzahl von Transformatorenstationen, da eine einzelne in der Regel eine Nennleistung zwischen 250 kVA und 1000 kVA verfügt (angegeben als Scheinleistung). Häufig genügt eine Netzstation nur für eine Anzahl von Haushalten über eine Länge von einigen hundert Metern an einer Wohnstraße. Höhere Leistungen sind möglich, aber in der Regel nur dort sinnvoll, wo viel Leistung auf einem kleinen Gebiet gefordert wird, z. B. bei Hochhäusern.
Im Prinzip könnte der Begriff Transformatorenstation auch für Umspannwerke zwischen Hochspannungs- und Mittelspannungsnetz gebraucht werden, nachdem auch diese Stationen auf der Basis von Transformatoren sind. Dort ist dieser Begriff aber nicht üblich.
Transformatorenstationen werden von den Verteilungsnetzbetreibern betrieben. Die entstehenden Kosten werden den Verbrauchern über die Netznutzungsentgelte belastet.
Wesentliche Komponenten einer Transformatorenstation
Das Kernstück einer jeden Transformatorenstation sind typischerweise ein oder zwei Transformatoren (Ortsnetztransformatoren, Verteilnetztransformatoren), die auf der Primärseite mit der Mittelspannung mit einem Effektivwert von beispielsweise 10 kV oder 20 kV und versorgt werden und auf ihrer Sekundärseite die Niederspannung abgeben. Hinzu kommen meist einige Einrichtungen für das Schalten, die Regelung, Verteilung und Überwachung.
Während ältere Transformatorenstationen auf einer ziemlich simplen Technik basieren, werden modernere Stationen oft mit aufwendiger Technik ausgestattet. Beispielsweise verwendet man zunehmend regelbare Ortsnetztransformatoren, die für die Spannungshaltung hilfreich sind, besonders wenn variable dezentrale Einspeisungen z. B. von Photovoltaikanlagen eine große Rolle spielen. Auch ein stabiler Betrieb trotz deutlicher Schieflasten ist nötig, weswegen teils speziell optimierte Transformatordesigns verwendet werden.
Hinzu kommt zunehmend auch Informations- und Kommunikationstechnik, die eine Fernsteuerung und Fernabfrage wichtiger Parameter ermöglicht. Deswegen spricht man teils auch von "intelligenten" Netzstationen. Solche Technik kann Netze stabiler und zuverlässiger machen und gleichzeitig den Personalaufwand reduzieren.
Die erheblichen Investitionen in eine Vielzahl von Transformatorenstationen werden dadurch finanziell gut tragbar, dass diese Anlagen meist über viele Jahrzehnte betrieben werden können und im Laufe ihrer Lebensdauer große Energiemengen umsetzen.
Zu- und Ableitungen
Die Mittelspannung wird in der Regel über ein Dreileitersystem zugeführt, also mit den drei Phasen aber ohne Neutralleiter. In dünn besiedelten Gebieten erfolgt die Speisung meist über eine Freileitung, sonst über Erdkabel.
Für die abgegebene Niederspannung verwendet man praktisch immer ein Vierleitersystem, also drei Phasen plus Neutralleiter. Meist wird die Niederspannung über Erdkabel abgegeben, manchmal aber auch über Freileitungen. Dadurch können Verbraucher auch einphasig angeschlossen werden, also an eine der Phasen und den Neutralleiter, mit einer Effektivspannung von 230 V (in Deutschland). Gleichzeitig kann Drehstrom mit der Außenleiterspannung von 400 V genutzt werden.
Der Niederspannungs-Neutralleiter wird in einer Transformatorenstation geerdet, d. h. elektrisch mit der Erde verbunden. Ein separater Schutzleiter wird normalerweise nicht angeboten; man verwendet ein sogenanntes TN-System (meist bis zum Hausübergabepunkt).
Energieverluste
Vor allem in den Transformatoren selbst entstehen nennenswerte Energieverluste – teils wegen des elektrischen Widerstands der Transformatorwicklungen, teils auch wegen Wirbelströmen und anderen magnetisch verursachten Verlusten (Hysterese-Verluste). Mit Verlusten von vielen hundert Watt bereits im Leerlauf ist bei einem typischen Ortsnetztransformator zu rechnen. Moderne Transformatoren weisen allerdings oft deutlich reduzierte Energieverluste auf. Der Wirkungsgrad hängt übrigens erheblich von der Auslastung der Anlage ab; er sinkt vor allem bei sehr geringer Auslastung massiv und ist meist bei eher geringer, aber nicht zu geringer Auslastung optimal.
Bauformen von Transformatorenstationen
In Deutschland wurden bis ca. 1980 viele Transformatorenstationen als Turmstationen gebaut, d. h. in einem fest gemauerten Gebäude mit der Form eines Turms, bei dem die Mittelspannung meist von oben zugeführt wurde. Eine Station kann auch in eine Fertiggarage eingebaut werden. Heute ist die gebräuchliche Form aber die einer Kompaktstation, die industriell gefertigt als Ganzes angeliefert wird. Wegen ihrer kompakten, unauffälligen Form in Verbindung mit der Speisung über Erdkabel fallen sie im Ortsbild kaum mehr auf.
Für die Anbindung kleiner Verbraucher kommen manchmal auch Maststationen infrage, d. h. auf lokalen Strommasten montierte Anlagen. Eine andere Möglichkeit ist die Integration von Transformatorenanlagen in vorhandene größere Gebäude, zum Beispiel gewerblich genutzte, oder in Kellern von Hochhäusern.
Auswirkungen von Transformatorenstationen auf die Umgebung
In meist nur begrenztem Maße haben Transformatorenstationen Auswirkungen auf ihre unmittelbare Umgebung. Zunächst einmal ist bei Anlagen, die über Freileitungen versorgt worden, auf die Gefahren der immerhin z. B. mit 10 kV oder 20 kV Spannung (teils auch mehr) betriebenen Zuleitungen zu achten. Es muss unbedingt vermieden werden, dass z. B. spielende Kinder mit den Leitungen in Kontakt kommen, auch indirekt beispielsweise über Bäume.
Die Transformatoren erzeugen ein meist deutlich hörbares Brummen in unmittelbarer Nähe, welches aber selten eine erhebliche Belästigung von Anwohnern verursacht.
Der magnetische Streufluss der Transformatoren kann in direkter Nähe der Anlagen erheblich sein, wird aber wegen Elektrosmog-Bedenken gerade bei neueren Anlagen sorgfältig minimiert. Grundsätzlich nimmt die Stärke solcher Wechsel-Magnetfelder, deren gesundheitliche Bedeutung nach wie vor wissenschaftlich weitgehend ungeklärt ist, mit zunehmender Entfernung rasch ab.
Die verwendeten Transformatoren enthalten in der Regel ein mehr oder weniger giftiges und grundwasserschädliches Transformatorenöl als Kühl- und Isolationsmittel. (Es gibt auch Gießharz-Transformatoren, die allerdings tendenziell weniger effizient sind.) Durch entsprechende Vorkehrungen (z. B. Ölrückhaltevorrichtungen) kann fast immer verhindert werden, dass dieses Öl die Umwelt schädigt.
Ausnahmen sind seltene Transformatorenbrände. Diese können allerdings sehr problematisch sein, jedenfalls wenn ein Transformator alter Bauform noch ein Transformatorenöl mit hochgiftigen Bestandteilen wie PCB enthält. Es gab Fälle, in denen ein solcher Brand eine massive Verseuchung der Umgebung verursacht hat. Extremfälle sind einige Hochhäuser, die durch einen Transformatorbrand mit Verteilung des giftigen Rauchs über eine Lüftungsanlage in verseuchte, nie wieder nutzbare Ruinen verwandelt wurden.
Siehe auch: Transformator, Niederspannung, Mittelspannung
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