Uran
Definition: ein chemisches Element, welches insbesondere für die Nutzung von Kernenergie benötigt wird
Spezifischere Begriffe: Natururan, angereichertes und abgereichertes Uran
Chemische Formel: U
Englisch: uranium
Autor: Dr. Rüdiger Paschotta
Wie man zitiert; zusätzliche Literatur vorschlagen
Ursprüngliche Erstellung: 15.05.2011; letzte Änderung: 20.08.2023
Uran (Elementsymbol U) ist ein giftiges und schwach radioaktives Schwermetall, welches aus gewissen Erzen gewonnen werden kann. Natururan besteht zum Großteil (ca. 99,3 %) aus dem Nuklid (Isotop) Uran 238 (238U) und nur zu ca. 0,7 % Uran 235. Dies liegt daran, dass die Halbwertszeit des Uran 235 ca. 704 Millionen Jahre beträgt, deutlich weniger als diejenige von Uran 238 (4,5 Milliarden Jahre) und auch viel weniger als das Erdalter; das meiste davon ist also bereits zerfallen. Es gibt noch etliche andere Uran-Isotope, die aber im Natururan nur in verschwindend geringen Mengen vorkommen. Uran 233 lässt sich durch Neutronenbestrahlung von Thorium erbrüten.
Uran als wichtigster Grundstoff für die Kernenergienutzung
Für die Nutzung der Kernenergie hat bisher Uran 235 die größte Bedeutung. Bei diesem lässt sich nämlich durch Neutronenbeschuss (auch mit langsamen, sogenannten thermischen Neutronen) leicht die Kernspaltung auslösen, bei der wieder ca. 2 bis 3 weitere Neutronen freiwerden, so dass eine nukleare Kettenreaktion möglich ist.
Die geringe Konzentration an Uran 235 im Natururan ist jedoch für die meisten Kernreaktoren zu klein (außer für gewisse Schwerwasserreaktoren), so dass zunächst eine Urananreicherung nötig ist, d. h. die Gewinnung von Uran mit einem höherem Anteil (typisch einige Prozent) von Uran 235.
Energiedichte
Die Energiedichte von Uran (ähnlich der von anderen Kernbrennstoffen) ist extrem hoch. Die Spaltung von 1 kg Uran setzt ca. 24000 Megawattstunden = 24 Millionen Kilowattstunden Wärme frei – gleich viel wie die Verbrennung von ca. 3000 Tonnen Steinkohle (also 3 Millionen mal mehr Material). Selbst wenn man von Natururan ausgeht und annimmt, dass nur das enthaltene Uran 235 gespalten wird (unter Vernachlässigung sowohl unvollständiger Nutzung des Uran 235 als auch der Erbrütung von Plutonium 239), erhält man aus 1 kg Uran immer noch ca. 17 Megawattstunden, zu vergleichen mit einem Heizwert von Kohle von ca. 0,0083 Megawattstunden = 8,3 Kilowattstunden.
Erbrüten von Plutonium
In einem Leichtwasserreaktor wird ein kleiner Teil des nicht direkt spaltbaren Uran 238 durch Neutroneneinfang in das leicht spaltbare Plutonium 239 umgewandelt. Soweit dieses nicht bereits im Reaktorbetrieb wieder gespalten wird, befindet es sich dann in den abgebrannten Brennelementen. Es trägt einerseits maßgeblich zum Gefährdungspotenzial der radioaktiven Abfälle bei und kann andererseits bei der Wiederaufarbeitung abgetrennt werden, um einer weiteren Nutzung zugeführt zu werden – entweder in Form von Mischoxidbrennelementen in einem Kernreaktor, um Natururan einzusparen, oder auch in Atombomben (obwohl dieses Reaktorplutonium hierfür nicht ideal geeignet ist).
In einem Brutreaktor lässt sich besonders viel Uran 238 in Plutonium 239 umwandeln, und dies in reinerer Form, d. h. mit geringeren Anteilen anderer Plutonium-Isotope. Auf diese Weise lässt sich also ein viel höherer Teil des Natururans nutzen. Andererseits entstehen große Gefahren nicht nur durch den sicherheitstechnisch problematischeren Betrieb von Brutreaktoren, sondern auch durch die Wiederaufarbeitung, die Handhabung des hochgefährlichen Plutoniums sowie durch die Gefahr des Missbrauchs für Atombomben. (Reines Plutonium 239 ist hierfür ideal geeignet.)
Uranbergbau
Die Gewinnung von Natururan beginnt mit dem Bergbau. In der Regel ist die Urankonzentration der Erze sehr gering. Es gibt zwar Erze mit Urankonzentration bis zu ca. 20 %, aber ein Großteil des Urans findet sich in Erzen mit weitaus niedrigerer Konzentration, oft sogar weit unter 1 %. Dies bedeutet, dass die geförderte Erzmenge weitaus größer ist als die gewonnene Uranmenge. Das Uran muss mit aufwendigen und umweltbelastenden Methoden aus dem Erz extrahiert werden, und der entstehende Abraum enthält eine Reihe problematischer (radioaktiver und giftiger) Stoffe. Da dieser Abraum in vielen Fällen nicht sorgfältig beseitigt, sondern oft sogar unter freiem Himmel gelagert wird, entstehen durch den Uranbergbau massive Umweltbelastungen – häufig wesentlich stärkere als die durch den Betrieb von Kernkraftwerken, solange dort keine wesentlichen Unfälle geschehen.
Größe der Uranvorräte
Über die Reichweite der Uranvorräte der Erde für die Kernenergienutzung sind extrem unterschiedliche Zahlen im Umlauf – zwischen wenigen Jahrzehnten und vielen Jahrtausenden. Der Hauptgrund hierfür ist, dass unterschiedliche Annahmen über die Art der Urannutzung gemacht werden. Bisher wird das Uran in den meisten Fällen in einem Leichtwasserreaktor genutzt, ohne anschließende Wiederaufarbeitung. Auf diese Weise bleibt ein Großteil des Uran 238, also des Hauptbestandteils von Natururan, ungenutzt. Sollte die Kernenergienutzung weiter in dieser Weise erfolgen, und zwar mit dem gleichen Umfang wie heute, dürften die weltweiten Uranvorräte nur noch für einige Jahrzehnte ausreichen, also z. B. deutlich weniger lang als die Kohlevorkommen. Das Uran wird dann nicht plötzlich ausgehen, sondern seine Gewinnung wird allmählich immer aufwendiger und kostspieliger, da immer niedriger konzentrierte Erze verarbeitet werden müssen.
Würde zusätzlich konsequent die Wiederaufarbeitung von Kernbrennstoffen genutzt, ließe sich die Reichweite der Uranvorräte deutlich, aber nicht massiv verlängern. Man würde nämlich immer noch den größten Teil des Uran 238 ungenutzt lassen. Andererseits wäre die Wiederaufarbeitung mit hohen Kosten verbunden, und es entstünden zusätzliche Risiken einerseits durch den Betrieb der Anlagen und andererseits durch die Gefahr der Missbrauch von Plutonium für Atombomben.
Eine massive Vergrößerung der Reichweite des Urans bin hin zu mehreren Jahrtausenden wäre möglich durch die breite Nutzung von Brutreaktoren. Hier würde ein Großteil des Uran 238 in Plutonium 239 umgewandelt und dieses dann der Kernspaltung zugeführt. Zusätzlich könnte mit entsprechend optimierten Brutreaktoren das Atommüllproblem erheblich entschärft werden, jedenfalls was die langfristige Perspektive betrifft. Trotz dieser Vorteile der Brutreaktoren werden solche aber bisher fast nirgends betrieben oder neu gebaut. Dies liegt hauptsächlich an den sehr hohen Kosten und den weltweit sehr negativen Erfahrungen mit der Zuverlässigkeit von Brutreaktoren. (Ein annähernd so zuverlässiger und wirtschaftlicher Betrieb wie mit konventionellen Leichtwasserreaktoren ist bisher mit keinem Typ von Brutreaktor gelungen.) Hinzu käme die besonders hohe Gefahr des Missbrauchs von Plutonium für militärische Zwecke.
Eine andere Option wäre die Gewinnung von Uran aus Meerwasser. Tatsächlich enthalten die Meere wesentlich mehr Uran als die Lagerstätten an Land – allerdings mit einer noch weitaus niedrigeren Konzentration. Deswegen ist die Urangewinnung aus Meerwasser zwar prinzipiell möglich, jedoch sehr teuer.
Gesundheitliche Aspekte
Uran weist wie viele andere Schwermetalle eine hohe chemische Giftigkeit für den menschlichen Körper auf. Hinzu kommt die Strahlenbelastung, die durch in den Körper eingelagertes Uran (v. a. in den Knochen) entsteht. Da Uran wegen seiner sehr langen Halbwertszeit allerdings nur schwach strahlt, überwiegt das Problem der chemischen Giftigkeit.
Der Umstand, dass Uran zu einem gewissen Anteil in vielen Gesteinen enthalten ist, bedeutet meist keine wesentliche gesundheitliche Belastung, da das Uran meist sehr fest an das Gestein gebunden ist, sodass es kaum durch Wasser herausgelöst werden kann. Genau aus diesem Grund konnte das Uran auch über viele Millionen Jahre im Gestein bleiben.
Menschliche Aktivitäten können allerdings das Uran mobilisieren, sodass wesentlich mehr davon aufgenommen werden kann. An wenigen Orten geschieht dies durch Uranbergbau. Starke lokale Belastungen sind möglich, beispielsweise wenn uranhaltiger Abraum ungeschützt auf freiem Gelände gelagert wird, was bei Uranminen häufig vorkommt.
Weitaus größere Mengen von Uran werden z. B. in Deutschland allerdings dadurch freigesetzt, dass mineralische Phosphatdünger auf landwirtschaftlichen Flächen ausgebracht werden. Die dabei verwendeten Phosphatgesteine enthalten wesentliche Mengen von Uran, und die Aufbereitung für die Verwendung als Dünger macht das Uran wesentlich mobiler. Gemäß Schätzungen wurden in Deutschland in den letzten Jahrzehnten bereits tausende Tonnen Uran auf den Äckern verteilt [1]. Dies hat mancherorts auch bereits zu wesentlichen Belastungen des Trinkwassers (auch von Mineralwässern) mit Uran geführt.
In Kriegsgebieten gibt es das Problem, dass uranhaltige Munition beim Aufschlag zerstäubt wird und z. B. den Boden belastet. Solche Munition enthält abgereichertes Uran, um eine hohe Durchschlagskraft zu erzielen – beispielsweise für panzerbrechende Wirkung.
In Gegenden mit relativ hohem natürlichem Urangehalt der Böden treten in Gebäuden oft erhöhte Konzentrationen von Radon auf. Dieses Gas ist ein Zerfallsprodukt von Uran. Es dringt z. B. über undichte Fundamente in Gebäude ein und kann sich bei unzureichender Belüftung in der Atemluft anreichern. Dies erhöht die Gefahr von Lungenkrebs. Ein großer Teil der Lungenkrebsfälle bei Nichtrauchern dürfte von Radon verursacht sein.
Literatur
[1] | Positionspapier der Kommission Bodenschutz beim Umweltbundesamt: Uran-Einträge in landwirtschaftliche Böden durch Düngemittel, http://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/421/publikationen/positionspapier_kbu_uraneintraege_in_landwirtschaftliche_boeden_durch_duengemittel_0.pdf |
Siehe auch: Urananreicherung, Kernbrennstoff, Kernspaltung, Plutonium, Radioaktivität, Brutreaktor, radioaktiver Abfall
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