RP-Energie-Lexikon
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Volllaststunden

Akronym: VLh

Definition: ein Maß für die Ausnutzung eines Kraftwerks

Alternative Begriffe: Vollbenutzungsstunden, Vollbenutzungsdauer

Englisch: full load hours

Kategorien: Grundbegriffe, Kraftmaschinen und Kraftwerke

Autor:

Wie man zitiert; zusätzliche Literatur vorschlagen

Ursprüngliche Erstellung: 20.11.2010; letzte Änderung: 20.08.2023

URL: https://www.energie-lexikon.info/volllaststunden.html

Bei Kraftwerken (und anderen Anlagen, beispielsweise Elektromotoren) werden oft die tatsächlich erreichten oder die voraussichtlich erzielbaren Volllaststunden (oder Vollbenutzungsstunden) pro Jahr angegeben. (Weniger deutlich ist der auch gelegentlich verwendete Begriff Benutzungsstunden.) Dieser Wert ergibt sich, indem man die jährlich erzeugte Energiemenge durch die maximale Leistung der Anlage dividiert.

Als Beispiel möge eine Windenergieanlage, welche eine Maximalleistung von 3 MW = 3 000 kW aufweist, innerhalb eines Jahres 7 Millionen Kilowattstunden (kWh) elektrischer Energie erzeugen. Die Vollbenutzungsdauer errechnet sich dann zu 7 000 000 kWh / 3 000 kW = 2333 h. Die erzeugte Energie entspricht also derjenigen, die das Kraftwerk erzeugen würde, wenn es für diese Anzahl von Stunden mit der maximalen Leistung produzieren würde und in der übrigen Zeit gar nicht. In Wirklichkeit wird die Anlage häufig mit erheblich reduzierter Leistung arbeiten, dafür aber über viel mehr Stunden.

Man beachte, dass die Volllaststunden nicht als die Zahl der Stunden definiert sind, in denen die Anlage mit Volllast arbeitet. Zeiten mit geringerer Leistung (Teillastbetrieb) tragen ebenso zur Energieproduktion bei und somit zu den Volllaststunden. Die Anlage produziert also in einem Jahr insgesamt so viel Energie, wie wenn sie für die jeweilige Anzahl von Stunden mit Volllast und sonst gar nicht produzieren würde – auch wenn es in Wirklichkeit weniger Stunden mit Volllast sind, dafür aber auch viele mit Teillast.

Typischerweise erreichte Volllaststunden

Grundlastkraftwerke (beispielsweise Kernkraftwerke und Braunkohlekraftwerke) sind ausgelegt für den Dauerbetrieb, der meist nur für die Wartung oder im Falle von Störungen unterbrochen wird. In günstigen Fällen erreichen solche Kraftwerke rund 8000 Volllaststunden pro Jahr, zu vergleichen mit den 8760 Stunden, die das Jahr hat (wenn es kein Schaltjahr ist). Die Ausnutzung der Anlage beträgt dann rund 90 %.

Mittellastkraftwerke (z. B. Steinkohlekraftwerke) arbeiten häufig nicht das ganze Jahr über – nicht weil sie nicht länger laufen könnten, sondern weil ihre Erzeugung z. B. nachts nicht benötigt wird, im Sommer ggf. auch tagsüber.

Spitzenlastkraftwerke erreichen nur relativ wenige Volllaststunden, da sie nur in Zeiten besonders hohen Strombedarfs betrieben werden.

Mit erneuerbarer Energie betriebene Kraftwerke produzieren oft nicht gleichmäßig, da beispielsweise Wind und Sonneneinstrahlung nicht jederzeit verfügbar sind. Sie erreichen daher eine deutlich geringere Vollbenutzungsdauer pro Jahr. Beispielsweise erzielt man mit Windenergieanlagen an guten Standorten auf dem Land (z. B. in Küstennähe) oft rund 2000 bis 2500 Volllaststunden, an Offshore-Standorten auch deutlich mehr. Photovoltaikanlagen erreichen in Deutschland an geeigneten Standorten über 900 Volllaststunden pro Jahr, an sehr guten Standorten auch deutlich mehr als 1200.

Berücksichtigung der Vollbenutzungsdauer bei Vergleichen

Wenn unterschiedliche Kraftwerkstypen oder Kraftwerksparks ohne Berücksichtigung der erzielbaren Volllaststunden verglichen werden, kann dies zu irreführenden Resultaten führen. Beispielsweise wird ein Windpark mit einer Gesamtleistung von 100 MW pro Jahr erheblich weniger Energie bereitstellen als ein Kohlekraftwerk mit gleicher Leistung, weil die Zahl der Volllaststunden voraussichtlich viel niedriger liegen wird (z. B. 2200 h statt 4500 h). In diesem Falle müsste der Windpark also etwa die doppelte Maximalleistung haben, um dieselbe jährliche Produktion wie das Kohlekraftwerk zu erreichen.

Andererseits sind die Volllaststunden nicht grundsätzlich ein Kriterium für die Qualität einer Anlage oder für ihren Beitrag zur Versorgungssicherheit. Beispielsweise kann ein mit Erdgas oder Biogas betriebenes Spitzenlastkraftwerk zwar wenige Volllaststunden erreichen, aber trotzdem einen besonders wertvollen Beitrag zur Versorgungssicherheit leisten.

Wirtschaftliche Aspekte

Wenn der Bau eines Kraftwerks hohe Investitions- und Kapitalkosten verursacht, ist eine hohe Vollbenutzungsdauer pro Jahr nötig, um eine angemessene Amortisation der Investition zu erreichen. Dies ist insbesondere für Kernkraftwerke der Fall; vor allem aus diesem Grund werden sie hauptsächlich für den Grundlastbetrieb eingesetzt. Auch für Blockheizkraftwerke wird eine hohe Volllaststundenzahl von z. B. über 4000 pro Jahr angestrebt. Dies wird (bei dem üblichen wärmegeführten Betrieb) nur erreicht, wenn auch im Sommer ein wesentlicher Wärmebedarf besteht und die Anlage nicht zu groß dimensioniert wird.

Kraftwerke, die für den Spitzenlastbetrieb oder gar als Teil der Kaltreserve nur wenige Volllaststunden erreichen, müssen kostengünstig erstellt werden können oder auch alt und bereits abgeschrieben sein. Dies trifft auf etliche Gaskraftwerke und auf alte Kohlekraftwerke in der Kaltreserve zu. Die Betriebskosten (insbesondere durch den Brennstoffverbrauch) sind hier weniger entscheidend, wenn es nur wenige Betriebsstunden gibt und zu diesen Zeiten (etwa bei Engpässen) die Preise an der Strombörse hoch sind. Deswegen wird auch der Kraftwerkswirkungsgrad oft weniger optimiert.

Siehe auch: Energie, Leistung, Kraftwerk, Photovoltaik, Windenergie, Teillastbetrieb

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