Wärmerohr
Definition: eine Vorrichtung, die dem Transport von Wärme dient und die dafür ein bewegliches Arbeitsmedium (z. B. Wasser oder Ammoniak) verwendet, welches in einem Kreislauf verdampft und wieder kondensiert
Englisch: heat pipe
Autor: Dr. Rüdiger Paschotta
Wie man zitiert; zusätzliche Literatur vorschlagen
Ursprüngliche Erstellung: 13.07.2014; letzte Änderung: 19.01.2025
Ein Wärmerohr ist eine längliche Vorrichtung, welche dem Transport von Wärme dient – beispielsweise in Vakuum-Sonnenkollektoren und zum Zwecke der Kühlung von Computer-Chips.
Im Prinzip kann z. B. bereits ein einfacher massiver Stab aus einem gut wärmeleitenden Material (z. B. Kupfer) Wärme transportieren, und zwar durch Wärmeleitung. Allerdings ist die Wärmeleitfähigkeit von Materialien begrenzt; insbesondere beim Wärmetransport über eine größere Distanz ist die Wärmeleitung wenig effektiv. Ein Wärmerohr bietet hier eine weitaus effektivere Lösung, wobei im Wesentlichen nicht die Wärmeleitung ausgenutzt wird, sondern der Transport einer wärmetragenden Substanz, z. B. Wasser oder Ammoniak. Diese Substanz ist zunächst flüssig, wird an einem Ende des Wärmerohrs unter Aufnahme von Wärme (der Verdampfungswärme) verdampft, bewegt sich dann zum anderen Ende, wo es unter Abgabe von Wärme wieder kondensiert. Die Flüssigkeit gelangt dann wieder zum anderen Ende zurück. Wichtig ist dabei, dass das Arbeitsmedium im Wesentlichen nicht fühlbare Wärme, sondern latente Wärme transportiert: Es findet kaum eine Temperaturänderung statt, jedoch ein Verdampfen bzw. Kondensieren, sodass die Verdampfungswärme bzw. Kondensationswärme übertragen wird.
Effektiv entspricht das Transportvermögen eines Wärmerohrs dem eines Wärmeleiters mit einer Wärmeleitfähigkeit, die massiv (z. B. rund tausendfach) über der von verfügbaren Materialien liegt. Ein Wärmerohr mit wenigen Zentimetern Durchmesser kann bereits mehrere Kilowatt Wärmeleitung übertragen. Allerdings funktioniert dies nur in einem gewissen Temperaturbereich und bei manchen Ausführungen nur bei geeigneter Orientierung des Wärmerohrs (siehe unten).
Heatpipe oder Zwei-Phasen-Thermosiphon
Es gibt zwei Bauarten von Wärmerohren: die Heatpipe und den Zwei-Phasen-Thermosiphon. (Man beachte allerdings, dass der englische Begriff heat pipe für beide Bauarten verwendet wird.)

Die Umwälzung des Arbeitsmediums erfordert beim Thermosiphon (siehe Abbildung 1) eine mehr oder weniger vertikale Ausrichtung des Wärmerohrs, und der Wärmetransport funktioniert nur von unten nach oben. Das flüssige Arbeitsmedium fließt nämlich durch die Schwerkraft nach unten (zum Verdampfer), während das dort verdampfte Medium nach oben zum Kondensator steigen kann. (Eine relativ flache Ausrichtung ist möglich, solange das Arbeitsmedium noch zuverlässig nach unten fließen kann.) Da beim Thermosiphon die Schwerkraft (Gravitation) ausgenutzt wird, spricht man auch von einem Gravitationswärmerohr.
Bei der Heatpipe besorgen Kapillarkräfte (wie in einem Docht) den Rücktransport des Arbeitsmediums. Die Heatpipe ist z. B. mit einem Drahtgeflecht (z. B. aus Kupferdraht) gefüllt, um die Kapillarkräfte effektiver zu machen. Bei anderen Ausführungen genügt eine fein gerillte Innenwand des Rohrs, die eine vergrößerte Oberfläche aufweist. Die Funktion der Heatpipe erfordert nicht zwingend eine vertikale Aufstellung; jedoch funktioniert der Wärmetransport besser, wenn die Schwerkraft unterstützend wirkt, und schlechter, wenn er nach unten gerichtet sein soll. Für den Wärmetransport über größere Entfernungen funktionieren solche Heatpipes weniger gut als Thermosiphons, da der kapillare Transport nicht allzu schnell erfolgt.
Für beide Bauarten von Wärmerohren gilt, dass die Bewegung des Arbeitsmediums ohne zusätzliche Maßnahmen (etwa den Einsatz einer Pumpe) erfolgt. Für die Aufrechterhaltung des Kreislaufs des Kältemittels genügt es, dass der Verdampfer nur geringfügig (meist um wenige Kelvin) wärmer ist als der Kondensator.
Ein nicht speziell gegen Überhitzung geschütztes Wärmerohr kann bei starker Überhitzung explodieren, da der innere Druck zu stark ansteigt.
Manche Wärmerohre enthalten einen Dampfkanal aus einer nichtbenetzbaren porösen Struktur, die den Transport des gasförmigen Arbeitsmediums unterstützt. Vielfältige andere Optimierungen führen z. B. zu einem verbesserten Wärmetransport bei minimalen Abmessungen, zur Funktion in weiten Temperaturbereichen oder mit steuerbarem Wärmetransport (siehe unten), oder sie dienen dem Schutz vor Überhitzung.
Arbeitstemperaturbereich des Wärmerohrs, abhängig vom Arbeitsmedium
Wärmerohre funktionieren je nach gewähltem Arbeitsmedium nur in einem gewissen Temperaturbereich. Die Temperatur muss oberhalb des Schmelzpunkts liegen, aber auch unterhalb des kritischen Punkts. Beispielsweise ist die Funktion mit Wasser als Arbeitsmedium möglich zwischen einigen Grad Celsius und ca. 400 °C. (Man beachte, dass ein Wasser-Wärmerohr nur mit Wasser gefüllt ist, nicht etwa zusätzlich Luft enthält; der Druck im Rohr ist deswegen sehr niedrig, so dass ein Sieden schon weit unterhalb von 100 °C möglich ist.) Für höhere Temperaturen können gewisse Metalle wie z. B. Natrium, Lithium und Quecksilber genutzt werden. Gase wie Helium oder Stickstoff erlauben dagegen den Betrieb bei sehr tiefen Temperaturen. Außer dem Aggregatszustand bei der vorgesehenen Arbeitstemperatur spielen auch diverse Materialeigenschaften eine Rolle; günstig sind eine hohe Verdampfungsenthalpie, eine geringe Viskosität und (bei Ausnutzung von Kapillarkräften) eine niedrige Oberflächenspannung.
Steuerbare Heatpipes
Manche Bauarten von Wärmerohren erlauben die Steuerung des Wärmeflusses, d. h. eine weitgehende Unterbrechung, wenn der Wärmetransport nicht erwünscht ist. Dies kann z. B. durch eine Vorrichtung innerhalb des Wärmerohrs erfolgen, die den Transport des Arbeitsmediums beeinflussen (z. B. unterbrechen) kann. Eine andere Möglichkeit ist die externe Wärmesteuerung, wo der Wärmekontakt zwischen zwei Wärmerohren variiert wird.
Anwendungen von Wärmerohren
In manchen Sonnenkollektoren, insbesondere in Vakuum-Röhrenkollektoren, dienen Wärmerohre dem Transport der Wärme vom Strahlungsabsorber zum flüssigen Wärmeübertragungsmedium (der Solarflüssigkeit). Bei solchen Systemen wird die Solarflüssigkeit nur am oberen Rand des Kollektors entlang geführt, wo sie mit dem Wärmerohr in Kontakt steht. Es ist also nicht notwendig, die Flüssigkeit durch die Vakuum-Röhren hindurch zu führen. Dies erleichtert die Abdichtung sehr. Auf diese Weise ist es besser zu gewährleisten, dass das Vakuum über viele Jahre erhalten bleibt; sonst würde der Kollektor deutlich an Effizienz verlieren. Wichtig ist außerdem, dass das Wärmerohr nur eine geringe Temperaturdifferenz zwischen seinen Enden benötigt, da sonst bei gegebener Temperatur der Solarflüssigkeit die Absorber wärmer würden, was deren Verluste durch Wärmestrahlung erhöhen würde. Deswegen käme z. B. ein einfacher Kupferstab als Wärmeleiter nicht in Frage.
Es gibt spezielle Erdwärmesonden, die mit Kohlendioxid (CO2) als Wärmeträger nach dem Prinzip des Wärmerohrs arbeiten. CO2 wird unter Wärmeaufnahme in der Sonde verdampft und oben in einem Wärmeübertrager kondensiert.
Für die Kühlung elektronischer Komponenten z. B. in Computern sind Wärmerohre ebenfalls nützlich. Beispielsweise kann in einem Notebook die beim Prozessor (CPU) oder einem leistungsstarken Grafikchip konzentriert anfallende Abwärme zu den Außenflächen oder zu einem Lüfter (Ventilator) geführt werden. Dabei ist wichtig, dass vom Wärmerohr nur geringe Temperaturunterschiede benötigt werden, da einerseits die Chips nicht allzu heiß werden dürfen und andererseits der weitere Abtransport der Wärme ineffektiv würde, wenn die Temperatur im Gehäuse oder Ventilator allzu nahe bei der Umgebungstemperatur liegen würde. In dieser Hinsicht sind Wärmerohre den herkömmlichen Kühlern überlegen, vor allem bei höheren Wärmeleistungen. Gleichzeitig sind sie einfacher und sicherer zu handhaben als z. B. eine Wasserkühlung.
In Kraftfahrzeugen kann ein Wärmerohr Wärme aus dem Abgas (ggf. nach dem Abgaskatalysator) aufnehmen (→ Wärmerückgewinnung) und z. B. für die Beheizung des Innenraums nutzbar machen. Der Vorteil gegenüber der Verwendung des Kühlwassers des Motors besteht darin, dass die Wärme im Abgas schon kurz nach dem Start des Verbrennungsmotors verfügbar ist. Ebenfalls möglich ist es damit, das Motor-Kühlwasser nach dem Kaltstart schneller auf die optimale Temperatur anzuheben.
Auch bei manchen industriellen Prozessen können Wärmerohre nützlich sein, beispielsweise bei der Biomassevergasung und bei der Winderhitzung für Hochöfen.
Siehe auch: Wärme, Wärmeleitung, latente Wärme, Verdampfungswärme und Kondensationswärme
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