Wärmerückgewinnung
Akronym: WRG
Definition: die Rückgewinnung von ursprünglich nicht nutzbarer Abwärme
Alternativer Begriff: Rekuperation
Allgemeiner Begriff: Energierückgewinnung
Englisch: heat recovery
Kategorien: Energieeffizienz, Wärme und Kälte
Autor: Dr. Rüdiger Paschotta
Wie man zitiert; zusätzliche Literatur vorschlagen
Ursprüngliche Erstellung: 21.03.2010; letzte Änderung: 20.08.2023
URL: https://www.energie-lexikon.info/waermerueckgewinnung.html
Der Begriff Wärmerückgewinnung bezeichnet unterschiedliche Verfahren zur Nutzung von Wärme, die sonst als Abwärme verloren ginge. In der Regel erfolgt der Einsatz solcher Verfahren zwecks Erhöhung der Energieeffizienz, die wiederum ökonomische und ökologische Vorteile bringt. Teilweise geht es aber auch um die Vermeidung schädlicher ökologischer Wirkungen von Abwärme.
Beispiele
Wärmerückgewinnung wird in den unterschiedlichsten Situationen praktiziert:
- Bei Lüftungsanlagen kann mit Hilfe eines Wärmeübertragers die Wärme der Abluft auf die frische Zuluft übertragen werden. Hierbei lassen sich typischerweise 80–90 % der sonst auftretenden Wärmeverluste vermeiden. Dies trägt in Passivhäusern und Minergiehäusern zu einem niedrigen Primärenergieverbrauch bei.
- Diverse haustechnische und industrielle Anlagen, z. B. Heizungsanlagen mit Heizkesseln, verlieren erhebliche Mengen von Wärme in den Aufstellungsraum. Mit Hilfe einer Wärmepumpe kann der Raumluft dann Energie entzogen und z. B. einem Heizungssystem zugeführt werden oder zur Warmwasserbereitung genutzt werden. Es ist allerdings oft besser, diese Wärmeverluste von vornherein zu minimieren, beispielsweise durch gute Wärmedämmung von Heizkesseln.
- Bestimmte Feuerungsanlagen, vor allem solche für die Erzeugung von Hochtemperaturwärme, nutzen das Verfahren der Rekuperation: In einem Wärmeübertrager wird die Verbrennungsluft mit Hilfe des Abgases vorgewärmt. Alternativ gibt es regenerative Brenner, die Regeneratoren in einem diskontinuierlichen Betrieb einsetzen. In Dampfturbinenkraftwerken und anderen Dampfkesselanlagen kann auch eine Vorwärmung des Speisewassers in einem sogenannten Economiser stattfinden.
- Rechenzentren, Datenzentren und andere große Computeranlagen setzen praktisch die gesamte elektrische Energie in Wärme um, die zur Vermeidung von Überhitzung abgeführt werden muss. Die Abwärmenutzung wird erleichtert durch Wasserkühlung. Wenn das Temperaturniveau ausreichend hoch ist (was eine entsprechende Temperaturbelastbarkeit der Anlagen voraussetzt), kann die Abwärme direkt einem Heizungssystem zugeführt werden. Andernfalls kann der Einsatz einer Wärmepumpe notwendig sein.
- Abwärme von Kältemaschinen und Klimaanlagen ist ebenfalls auf verschiedene Weisen nutzbar, z. B. zur Warmwasserbereitung.
- Bei industriellen Prozessen gibt es Möglichkeiten, Wärme aus zuvor erhitzten Gegenständen oder Medien (z. B. Abwasser) wieder zu nutzen, anstatt sie z. B. in die Umwelt zu entlassen.
- Es gibt Duschwannen mit einem eingebauten Wärmeübertrager, welcher das Kaltwasser vorwärmt. Ebenfalls gibt es zentrale Anlagen für die Wärmerückgewinnung aus Abwasser für die Warmwasserbereitung.
Wärmerückgewinnungsgrad
Den Wärmerückgewinnungsgrad würde man sich im Prinzip einfach vorstellen als den Anteil der Wärme, der wieder einer Nutzung zugeführt werden kann. Jedoch ist die Sachlage oft um einiges komplizierter, als es zunächst aussieht, und zwar aus den folgenden Gründen:
- Bei Lüftungsanlagen geschieht eine gewisse Erwärmung der Luft auch durch die Abwärme der Ventilatoren und der Steuerung, die natürlich letztendlich aus elektrischer Energie stammt. Dieser Anteil ist bei niedrigen Außentemperaturen um einiges kleiner als der Wärmeübergang im Wärmeübertrager, jedoch oft nicht vernachlässigbar. Je nachdem, ob er berücksichtigt wird, ergeben sich etwas unterschiedliche Werte. Wenn die Ventilatoren wie üblich zwischen Raumluft und Wärmeübertrager (und nicht zwischen Wärmeübertrager und Außenluft) arbeiten, wird ihre Abwärme weitestgehend auf die Zuluft und nicht etwa auf die abgeführte Luft übertragen (siehe Abbildung 1). Dieser Fall wird im Folgenden immer vorausgesetzt.
- Sinnvollerweise sollte auch die latente Wärme des Wasserdampfs in der Luft berücksichtigt werden. Dies läuft darauf hinaus, dass Enthalpieströme verglichen werden, die die latente Wärme enthalten, und nicht nur die Temperaturen berücksichtigt werden. Wenn dies unterlassen wird, dann wird beispielsweise nicht berücksichtigt, dass eine Lüftungsanlage mit Feuchterückgewinnung den Energieaufwand für Luftbefeuchtung im Haus (also zumindest die Verdampfungswärme) unnötig macht oder mindestens reduziert.
Folgende Begriffe werden in diesem Zusammenhang bei Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung häufig verwendet:
- Die Rückwärmezahl <$\Phi$> (= Temperaturänderungsgrad, Temperaturaustauschgrad oder Temperaturwirkungsgrad) bezogen auf die Fortluft ist das Verhältnis von der Temperaturabnahme der Abluft im Lüftungsgerät zur Temperaturdifferenz zwischen Abluft und Außenluft. Sie gibt also an, welcher Teil der fühlbaren Wärme der Abluft entzogen wird (unter der Annahme, dass die zugeführten und abgeführten Luftmengen identisch sind). Die so definierte Rückwärmezahl Fortluft wird normalerweise kaum beeinflusst von der Abwärme der Ventilatoren und zeigt deswegen die Energieeffizienz des Wärmeübertragers an. Latente Wärme des Wasserdampfs wird aber nicht berücksichtigt.
- Die Rückwärmezahl (der Temperaturänderungsgrad) kann auch auf die Außenluft bezogen werden. In diesem Falle gibt sie an, welcher Anteil der fühlbaren Wärme der Abluft auf die Zuluft übertragen wird, wobei die Abwärme der Ventilatoren weitestgehend enthalten ist. Die Rückwärmezahl Außenluft kann also im Prinzip über 100 % liegen, wenn die Verluste im Wärmeübertrager geringer sind als die Abwärme von den Ventilatoren.
- Analog werden Rückfeuchtezahlen <$\Psi$> definiert. Die Rückfeuchtezahl Fortluft gibt an, welcher Anteil der Differenz von absoluter Luftfeuchtigkeit (in g/kg) zwischen Abluft und Außenluft der Abluft entzogen wird. Die Rückfeuchtezahl Außenluft dagegen gibt an, welcher Anteil der Differenz von absoluter Luftfeuchtigkeit auf die zugeführte Frischluft übertragen wird. Diese Werte können unterschiedlich sein, wenn im Wärmeübertrager Kondenswasser abgeführt wird.
- Der Wärmerückgewinnungsgrad (WRG) nach VDI 2071 ist das Verhältnis der der Abluft entzogenen Enthalpie zur Enthalpiedifferenz zwischen Abluft und Außenluft. Er gibt also an, welcher Anteil der fühlbaren und latenten Wärme aus der Abluft wieder der Nutzung zugeführt werden kann, und enthält die Abwärme des Geräts nicht. Er entspricht also der Rückwärmezahl Fortluft mit zusätzlicher Berücksichtigung der Luftfeuchte.
- Der Wärmebereitstellungsgrad nach VDI 2071 ist das Verhältnis der der Zuluft zugeführten Enthalpie zur Enthalpiedifferenz zwischen Abluft und Außenluft. Dieser enthält also auch die Abwärme des Geräts und ist deswegen etwas höher als der Wärmerückgewinnungsgrad.
Da die Bedeutung der Luftfeuchte natürlich von den Umständen abhängt, müssen diese für Spezifikationen natürlich definiert sein. Zu beachten ist auch, dass bei starkem Frost häufig die Außenluft vorgewärmt werden muss, um ein Einfrieren des Wärmeübertragers zu verhindern. Offensichtlich kann dieser Aspekt die Energieeffizienz des Systems deutlich beeinflussen, wird aber in der Regel bei den Angaben von Wärmerückgewinnungsgraden nicht berücksichtigt.
Leider herrscht in der Literatur und auch bei Herstellerangaben eine beträchtliche Verwirrung um diese Begriffe. Beispielsweise werden häufig Rückwärmzahlen verwendet, ohne anzugeben, ob sie sich auf Fortluft oder Außenluft beziehen. Der Begriff Wirkungsgrad wird in diesem Zusammenhang oft besonders unscharf verwendet. Andernorts wird der Wärmerückgewinnungsgrad fälschlich mit der Rückwärmezahl gleichgesetzt. Ein weiteres Problem ist, dass häufig die Messbedingungen (z. B. Luftfeuchtigkeit innen und außen) nicht angegeben sind, was Vergleiche verschiedener Geräte erschwert.
Typische Schwierigkeiten bei der Wärmerückgewinnung
Häufig ist das Temperaturniveau von Abwärme für eine direkte Nutzung zu niedrig. Man benötigt dann eine Wärmepumpe, was den Installationsaufwand erhöht und zusätzliche elektrische Antriebsenergie erforderlich macht.
Wärmerückgewinnung wird oft auch dadurch erschwert, dass anfallende Abwärme zeitlich nicht gut zum Wärmebedarf passt. Beispielsweise fällt bei Haushaltsabwässern die Abwärme oft nur kurzzeitig an. Wenn eine Wärmepumpe diese Abwärme nutzen sollte, müsste sie eine relativ hohe Leistung aufweisen, könnte die meiste Zeit dann aber nicht arbeiten. Wesentlich günstiger ist diesbezüglich die Wärmerückgewinnung bei gleichmäßig laufenden Anlagen wie z. B. Lüftungsanlagen.
Siehe auch: Wärme, Abwärme, Energieeffizienz, Wärmepumpe, Rekuperation, Regenerator, regenerativer Brenner
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